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Die Akademien der Wissenschaften waren wahrend der NS Zeit mit mehreren Vorgaben und Erwartungen konfrontiert Fur die Akademien der Wissenschaften war Bernhard Rust als Erziehungsminister zustandig Das Fuhrerprinzip wurde aber nur ansatzweise umgesetzt Die Akademien versuchten den traditionellen Betrieb aufrechtzuerhalten zu diesem Zweck waren sie zu Anpassungsschritten bereit u a zur Streichung ihrer judischen Mitglieder Der Anteil der NSDAP Mitglieder an den Akademie Mitgliedern schwankte zwischen einem Viertel und der Halfte Eine Charakterisierung der Akademien zur NS Zeit als gleichgeschaltet ware ubertrieben Andererseits gab es im Rahmen der Akademien nur vereinzelte grundsatzliche Proteste gegen NS Massnahmen das gilt sowohl fur das Inland als auch fur das Ausland Inhaltsverzeichnis 1 Ausschluss judischer Mitglieder 2 Fuhrerprinzip 3 Nur wenige Proteste 4 Anteil an NSDAP Mitgliedern 5 Begriff Gleichschaltung unzutreffend 6 Symposium 1994 7 Siehe auch 8 Literatur 9 EinzelnachweiseAusschluss judischer Mitglieder BearbeitenWahrend die Universitaten bereits 1933 mit dem Berufsbeamtengesetz judenfrei gemacht wurden dauerte es mehrere Jahre bis die Akademien vom Erziehungsminister mit der Judenfrage konfrontiert wurden Die Universitaten als Orte der Studentenausbildung waren den Nationalsozialisten viel wichtiger als die harmloseren Akademien Zuerst wurde der Erziehungsminister durch die Heidelberger Akademie damit konfrontiert Dort versuchten einige nationalsozialistische Mitglieder bereits seit dem Wintersemester 1935 36 die judischen Mitglieder hinauszudrangen Da sich die Akademie in dieser Frage uberfordert fuhlte wandte sie sich an das badische Kultusministerium das seinerseits beim Reichserziehungsministerium nachfragte Dabei stellte sich heraus dass dort noch keine diesbezugliche Entscheidung vorlag Mitte 1936 1 Dass die Akademien ihre judischen Mitglieder erst relativ spat ausschieden hat also nichts mit Widerstand zu tun sondern mit der Unsicherheit des NS Regimes im Abwagen der auf diese Massnahme bezuglichen Pro und Kontra Argumente Erst 1937 wurde der Erziehungsminister aktiv Am 10 Februar forderte er die Akademien auf die Zahl der nichtarischen Mitglieder zu melden Die Akademien reagierten mit der Mitteilung ihrer unbegrundeten wie sich spater herausstellte Befurchtung dass es nach einem Ausschluss ihrer judischen Mitglieder zu Massenaustritten ihrer auslandischen korrespondierenden Mitglieder kommen wurde Im Oktober November 1938 erging ein Erlass des Erziehungsministers an die einzelnen Akademien worin eine konsequente Anwendung der Rassegesetze verlangt wurde In der Leopoldina erfolgte mehr als die Halfte der Streichungen am 30 November 1938 die Leopoldina ist aufgrund der im Vergleich zu den anderen Akademien nahezu zehnmal so grossen Mitgliederzahl sie betrug damals etwa 800 besonders geeignet fur quantitative Betrachtungen Soweit sich bei auslandischen korrespondierenden Mitgliedern amtlich nachweisen liess dass es sich um Juden Mischlinge oder Versippte handelte so sollten deren Namen aus den Mitgliederlisten gestrichen werden ohne diese selbst zu verstandigen Der Anteil der Juden inklusive aller von den Nurnberger Rassengesetzen Betroffenen an den Mitgliedern der einzelnen Akademien betrug ungefahr ein Zehntel Somit war der judische Akademie Anteil wesentlich niedriger als ihr Universitats Anteil Ein Beispiel Der judische Anteil an den Mitgliedern der Wiener Akademie betrug ca 7 an den Professoren der Wiener Universitat etwa 15 und an den ubrigen Lehrern vor allem Dozenten 33 2 Fuhrerprinzip Bearbeiten nbsp Theodor Vahlen namens des Verbandes der Akademien der Wissenschaften uber die Vorsehung am 8 November 1939Nationalsozialistische Tendenzen zu einer eher hierarchischen Struktur der Akademien einzeln und insgesamt kollidierten mit den historisch entstandenen Rechten der Akademien und ihrer Mitglieder Eine vom Prasidenten der Preussischen Akademie betriebene und dem Wunsch des Erziehungsministers nach einer guten Zugriffsmoglichkeit entgegenkommende Vorrangstellung der Berliner Akademie blieb in Ansatzen stecken das wichtigste Ergebnis war dass der Prasident der Berliner Akademie nach aussen hin als Sprecher der Reichsakademie der deutschen Wissenschaft der die einzelnen Akademien als Sozietaten angehorten ohne dadurch in den Entscheidungsbefugnissen fur ihre eigenen Angelegenheiten eingeschrankt zu sein auftreten konnte Das Fuhrerprinzip war in der NS Zeit zwar eine verbreitete Vorstellung konkrete Veranderungen in den Entscheidungs Strukturen der Akademien mussten jedoch in den jeweiligen Satzungen ihren Niederschlag finden wozu es jedoch kaum kam Zwar gab es in der NS Zeit Uberlegungen die Befugnisse gemass dem Fuhrer Prinzip starker in der Hand des jeweiligen Prasidenten zu vereinigen Die im April 1938 von der Wiener Akademie beschlossene und im Juli 1938 vom Erziehungsminister genehmigte bis Kriegsende gultige Vorlaufige Satzung blieb davon jedoch noch unberuhrt und die jeweils gultige Satzung sowie die darauf gegrundete Geschaftsordnung war es die fur die Vorgange in der einzelnen Akademie massgeblich war Eine ahnliche Bestimmung behielten auch die anderen Akademien in ihren Mitte 1939 genehmigten Satzungen bei Allerdings kam es nun zu einem neuen Paragraphen Der Prasident entscheidet uber die Verteilung der Arbeiten unter die Mitglieder und Beamten der Akademie Das Plenum und die Abteilungen dienen der Beratung des Prasidenten Dieser trifft die Entscheidung Die Abgrenzung der Kompetenzen wird hier nicht ganz klar Jedenfalls stieg der Erziehungsminister selbst auf die gelegentlich geforderte radikale Umsetzung des Fuhrerprinzips nicht ein So konnte noch 1942 ein Nationalsozialist in Bezug auf die Bayerische Akademie kritisieren dass Satzung und Geschaftsordnung rein parlamentarisch aufgebaut seien und dass sie das Fuhrerprinzip in ihrer jetzigen Fassung restlos vermissen lassen 3 Dass die Wahlen neuer Mitglieder vom Erziehungsminister bestatigt werden mussten bedeutete fur die Akademien eine gewisse Einschrankung ihrer Freiheit Starkere Einflusse bei der Zuwahl neuer Mitglieder gab es nur dort wo die lokalen Behorden solche anstrebten und zwar ubten das Reichserziehungsministerium das gleichzeitig Preussisches Ministerium war Druck auf die Berliner Akademie aus und das Bayerische Staatsministerium fur Unterricht und Kultus auf die Munchener In diesen beiden Akademien wurde auch der jeweilige Prasident vom Erziehungsminister ernannt ohne dass er eine Wahlentscheidung seitens der betreffenden Akademien abgewartet hatte Dadurch kam es in Berlin durch den Mathematiker Theodor Vahlen sowie in Munchen durch den Historiker Karl Alexander von Muller zur Leitung durch uberzeugte Nationalsozialisten und dementsprechend zu weitergehenden nationalsozialistischen Einflussen Nur wenige Proteste BearbeitenIm Wirken der Akademien gab es kaum grundsatzlichen Protest gegen NS Anordnungen Die Akademien argumentierten gegen den Ausschluss ihrer judischen Mitglieder mit der Befurchtung dass ein solcher Schritt Massenaustritte auslandischer korrespondierender Mitglieder zur Folge haben wurde Diese Folge blieb jedoch aus Derartige Austritte gab es nur vereinzelt Aufgrund der zahlreichen Anfang 1933 erfolgten Entlassungen von Wissenschaftlern in Deutschland legte der Biologe John S Haldane seine Leopoldina Mitgliedschaft nieder Von Inlandern ausgehender Protest war naturlich mit grosserem personlichen Risiko verbunden Albert Einstein trat bereits im Marz 1933 aus der Preussischen und im April aus der Bayerischen Akademie aus Einem vom Erziehungsminister ausgeubten Druck musste nicht unbedingt nachgegeben werden 1941 wurde der Historiker Willy Hoppe von der Preussischen Akademie nicht gewahlt obwohl der Erziehungsminister darauf drangte und drohte im Ablehnungsfall in Zukunft Mitglieder ohne Wahl zu ernennen was allerdings eine leere Drohung blieb 4 Anteil an NSDAP Mitgliedern BearbeitenIn der Preussischen und in der Wiener Akademie waren zu Kriegsende ungefahr die Halfte der ordentlichen Mitglieder Parteigenossen in Berlin allerdings war bei der Wahl einiger Nationalsozialisten Druck ausgeubt worden in Wien nicht In der Bayerischen Akademie dagegen waren nur 26 der ordentlichen Mitglieder Parteiangehorige wobei es auch hier starken Druck gab und zwar seitens des Bayerischen Unterrichtsministeriums Es gab zwischen den Akademien also betrachtliche Unterschiede Begriff Gleichschaltung unzutreffend BearbeitenVom Standpunkt eines Nationalsozialisten waren die Vorgange an Akademien unbefriedigend Inhaltlich war wenig von einer nationalsozialistischen Durchdringung zu spuren Noch 1942 schrieb der Reichsdozentenfuhrer Walther Schultze an das Bayerische Unterrichtsministerium dass die Bayerische Akademie vom nationalsozialistischen Geist auch im zehnten Jahr nach der Machtubernahme noch keinen Hauch verspurt habe 5 Die Charakterisierung als gleichgeschaltet ist nicht geeignet um einen hinsichtlich der wissenschaftlichen Arbeit sowie der Mitgliederwahlen vom Nationalsozialismus kaum beeinflussten Akademiebetrieb zu beschreiben Nichts destotrotz waren selbst nach 1945 noch Verbindungen zum Nationalsozialismus sichtbar So war zum Beispiel der Mediziner Hermann Stieve noch bis zu seinem Tod 1952 korrespondierendes Mitglied der Bayrischen Akademien der Wissenschaften 6 Hermann hatte die sich durch den Nationalsozialismus eroffnende Moglichkeit ergriffen Menschenversuche an toten und lebenden Korpern wie von Hingerichteten sowie KZ Insassinnen zu unternehmen 7 Symposium 1994 BearbeitenDie Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina veranstaltete ein Symposium 9 11 Juni 1994 in Schweinfurt uber die deutschen Akademien in der NS Zeit Dargestellt wurden die Leopoldina von Sybille Gerstengarbe Heidrun Hallmann und Wieland Berg die Koniglich Preussische Akademie der Wissenschaften in Berlin von Rolf Winau die Bayerische Akademie der Wissenschaften in Munchen von Monika Stoermer die Heidelberger Akademie der Wissenschaften von Udo Wennemuth und die Akademie der Wissenschaften in Wien von Franz Graf Stuhlhofer Im gedruckten Tagungsband Die Elite der Nation Literatur wurde noch ein kurzer Beitrag uber die Akademie gemeinnutziger Wissenschaften in Erfurt eingebaut Nicht enthalten sind in diesem Band die Akademie der Wissenschaften zu Gottingen sowie die Sachsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig Siehe auch BearbeitenListe der Hochschulen und Akademien im NS StaatLiteratur BearbeitenFranz Graf Stuhlhofer Das Verhaltnis der deutschen Akademien der Wissenschaften zum Nationalsozialismus In Zeitschrift fur Geschichtswissenschaft 44 1996 S 143 147 Eduard Seidler Christoph J Scriba Wieland Berg Hg Die Elite der Nation im Dritten Reich Das Verhaltnis von Akademien und ihrem wissenschaftlichen Umfeld zum Nationalsozialismus Acta historica Leopoldina 22 Barth Leipzig Berlin Heidelberg 1995 ISBN 3 335 00409 4 Wolfram Fischer Hg Die Preussische Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1914 1945 Akademie Verlag Berlin 2000 ISSN 0949 7285 darin u a Peter Th Walther Arisierung Nazifizierung und Militarisierung Die Akademie im dritten Reich Einzelnachweise Bearbeiten Heidelberger Akademie in Elite der Nation S 116f Graf Stuhlhofer Verhaltnis der deutschen Akademien S 144 Bayerische Akademie in Elite der Nation S 94f 105f Preussische Akademie in Elite der Nation S 81 Bayerische Akademie in Elite der Nation S 100 104 bzw 95 Benno Romeis Nachruf Hermann Stieve In badw Bayrische Akademien der Wissenschaften abgerufen am 2 Februar 2021 deutsch Ernst Klee Das Personenlexikon zum Dritten Reich 2 Auflage Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt am Main 2007 ISBN 978 3 596 16048 8 biologie seite de abgerufen am 2 Februar 2021 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Akademien der Wissenschaften in der NS Zeit amp oldid 230237564