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Die Akademie fur islamische Untersuchungen arabisch مجمع البحوث الاسلامية DMG maǧmaʿ al buḥuṯ al islamiya auch Islamische Forschungsakademie genannt ist ein Gelehrtengremium der agyptischen Azhar Behorde das sich mit der Klarung kontroverser islamischer Fragen befasst internationale islamische Konferenzen abhalt und in Agypten zum Teil auch Zensuraufgaben wahrnimmt Die Akademie wurde 1961 im Zuge der Reform der Azhar mit dem erklarten Ziel einer Erneuerung der islamischen Kultur gegrundet und ersetzte die vormalige Gemeinschaft der grossen Gelehrten ǧamaʿat kibar al ʿulamaʾ die 1911 geschaffen worden war Anders als diese erhielt sie von vornherein jedoch eine internationale Ausrichtung 1 Viele Elemente der Akademie gehen auf einen Vorschlag von Mahmud Schaltut aus dem Jahre 1941 zur Reform der Gemeinschaft der grossen Gelehrten zuruck Sie haben Eingang in die Artikel 15 32 des agyptischen Azhar Gesetzes Nr 103 von 1961 gefunden das die Angelegenheiten der Akademie fur islamische Untersuchungen regelt 2 Inhaltsverzeichnis 1 Aufgaben 2 Zusammensetzung des Gremiums 3 Organe der Akademie 4 Konferenzen 5 Die Akademie als Zensurbehorde 6 Literatur 7 EinzelnachweiseAufgaben BearbeitenArtikel 15 des Azhar Gesetzes nennt fur das Gremium folgende Aufgaben 3 Die Akademie fur islamische Untersuchungen ist die hochste Korperschaft fur islamische Untersuchungen und befasst sich mit dem Studium all dessen was mit diesen Untersuchungen zusammenhangt Sie bemuht sich um die Erneuerung der islamischen Kultur um deren Befreiung von Uberflussigem von Fehlerhaftem und von Wirkungen des politischen und madhhab basierten Fanatismus um die Offenlegung von deren reinem unverfalschtem Wesen um die Erweiterung des Wissens daruber auf jeder Ebene und in jedem Umfeld um die Beurteilung von neu auftretenden weltanschaulichen und gesellschaftlichen Problemen die mit dem Glauben zusammenhangen und um die Ubernahme der Verantwortung fur den Ruf auf Gottes Weg durch richterliche Tatigkeit und rechte Ermahnung Daruber hinaus wurde die Kommission mit beratenden Aufgaben bei der Festlegung der Curricula fur die hoheren Studiengange der Azhar betraut 4 Zusammensetzung des Gremiums BearbeitenNach Artikel 16 des Azhar Gesetzes setzt sich das Gremium aus bis zu 50 grossen Islam Gelehrten zusammen die die Gesamtheit der islamischen Lehrrichtungen reprasentieren sollen Von ihnen sollen bis zu 20 Gelehrte aus anderen Landern als Agypten stammen Voraussetzungen fur die Mitgliedschaft in dem Gremium sind nach Artikel 17 ein Alter von mindestens 40 Jahren frommer Lebenswandel in Vergangenheit und Gegenwart wissenschaftliche Qualifikation der hochsten Stufe von der Azhar oder einer Fakultat oder einem Institut die sich mit islamischen Studien befassen herausragende wissenschaftliche Produktion oder funfjahrige Aktivitat als Hochschuldozent fur islamische Studien oder in einer islambezogenen Amtsstellung in Rechtsprechung Gutachtenerstellung oder GesetzgebungDie Wahl der Mitglieder der Akademie regelt Artikel 31 Demnach muss bei Ausscheiden eines Mitgliedes innerhalb von drei Monaten ein neues Mitglied nachgewahlt werden Dies erfolgt in der Weise dass zwei Mitglieder einen Kandidaten vorschlagen mussen Uber diesen Kandidaten findet dann eine geheime Abstimmung statt Erhalt der Kandidat die absolute Mehrheit der anwesenden Mitglieder wird er in das Gremium aufgenommen Der Ernennung erfolgt durch den agyptischen Prasidenten auf Vorlage des Scheich al Azhar Dieser hat selbst immer den Vorsitz der Akademie inne Art 18 Eine angemessene Anzahl von Mitgliedern soll der Tatigkeit in der Akademie hauptamtlich nachgehen Uber die Hauptamtlichkeit entscheidet der Minister fur Azhar Angelegenheiten Art 19 Bis in die 1970er Jahre handelte es sich bei der Akademie um ein rein agyptisches Gremium dem nur wenige Auslander angehorten Einige von ihnen waren gleichzeitig Mitglieder der Islamischen Weltliga 5 Zu den bekannten agyptischen Mitgliedern der Akademie gehorte Hamdi Zaqzuq 6 Organe der Akademie BearbeitenNach Artikel 20 des Azhar Gesetzes setzt sich die Akademie fur islamische Untersuchungen aus folgenden Organen zusammen dem Akademierat maǧlis al maǧmaʿ der aus dem Vorsitzenden den agyptischen hauptamtlichen und nebenamtlichen Mitgliedern und dem Generalsekretar besteht der Konferenz der Akademie muʾtamar al maǧmaʿ die aus allen Mitgliedern der Akademie besteht dem Generalsekretariat und der Stadt der islamischen Studienmissionen madinat al buʿuṯ al islamiya Das Generalsekretariat wird nach Art 23 von dem Direktor des Sekretariats fur Kultur und die islamischen Studienmissionen geleitet das eine eigene Korperschaft der Azhar darstellt 7 Heute gibt die Akademie ausserdem die Zeitschrift der Azhar maǧallat al Azhar heraus die monatlich erscheint Sie enthalt auch regelmassig Berichte aus der Akademie 8 Konferenzen BearbeitenNach Artikel 22 des Azhar Gesetzes soll die Akademie fur islamische Forschung jahrlich eine ordentliche Konferenz von vier Wochen Lange einberufen Ausserdem kann sie mit Zustimmung des zustandigen Ministers und auf Vorschlag des Scheich al Azhar ausserordentliche Konferenzen einberufen wenn die Umstande dies erfordern Beschlussfahig sind diese Konferenzen mit einfacher Mehrheit der Mitglieder allerdings nur dann wenn mindestens ein Viertel der Teilnehmer Nicht Agypter sind 9 Insgesamt haben allerdings bisher nur 14 Konferenzen stattgefunden die meisten davon in den 1960er und 1970er Jahren 1 Konferenz Marz 1964 2 1965 3 1966 4 September 1968 5 1970 6 1971 7 1972 8 Oktober 1977 9 1983 10 1986 11 12 13 2009 14 2010 10 Auf der ersten Konferenz die 1964 stattfand ging es vor allem um die Wiederherstellung der Einheit der Umma sowie um die Verbreitung und Verteidigung des Islams 11 Auf der zweiten Konferenz 1965 wurde die Entwicklung des islamischen Versicherungs und Bankwesens behandelt 12 Die vierte Konferenz 1968 diente vor allem der theologischen Verarbeitung der arabischen Niederlage im Sechstagekrieg und hatte eine stark antijudische Tendenz Einige Konferenzteilnehmer riefen zum Dschihad gegen Israel auf 13 Auch in den 1970er und 1980er Jahren blieben das Palastina Problem und der Zionismus noch wichtige Themen der Konferenzen 14 Ab Ende der 1960er Jahre befassten sich die Konferenzen auch mit der Islamisierung des Rechtwesens So beauftragte die vierte Konferenz 1968 die Akademie mit der Einsetzung einer Kommission von Experten des islamischen Rechts Fiqh und des positiven Rechts die auf den Geboten der Scharia basierende Gesetzesvorlagen in den verschiedenen Rechtsfeldern Straf Zivil Handels und Seerecht usw ausarbeiten sollte Diese Gesetzesvorlagen sollten den politischen Verantwortlichen in Agypten und den anderen islamischen Landern zur Verfugung gestellt werden und es ihnen erleichtern an der Scharia ausgerichtete Gesetzesreformen durchzufuhren 15 Die achte Konferenz 1977 wies die Akademie an den Entwurf fur eine islamische Verfassung auszuarbeiten Ein solcher Entwurf mit 141 Artikeln der sich an die agyptische Verfassung von 1971 anlehnte wurde am 22 Juni 1978 vorgelegt 16 An einigen der Konferenzen der Akademie nahmen auch schiitische Gelehrte teil so zum Beispiel ʿAli Kaschif al Ghitha aus dem Irak an der Konferenz von 1965 und Musa as Sadr aus dem Libanon an den Konferenzen von 1970 und 1971 17 1984 ausserte sich der in Qatar ansassige Gelehrte Yusuf al Qaradawi sehr abschatzig uber die Akademie und ihre Konferenzen In einer Denkschrift zum tausendjahrigen Bestehen der Azhar kritisierte er dass die Akademie sich zu sehr politisch instrumentalisieren lasse und dass es ihr nicht gelungen sei bedeutende islamische Personlichkeiten aus dem Ausland zu gewinnen Da sie ein Gebaude ohne Sinn sei musse die Akademie aufgelost werden 18 Auf den letzten Konferenzen der Akademie traten politische Fragen eher in den Hintergrund Auf der 13 Konferenz von 2009 ging es um die islamrechtliche Beurteilung von Organtransplantationen 19 die letzte 14 Konferenz der Akademie im Jahre 2010 befasste sich mit der Beurteilung der dramatischen Darstellung des Lebens der Prophetengefahrten 20 Die Akademie als Zensurbehorde BearbeitenAb den 1980er Jahren fungierte die Akademie fur islamische Untersuchungen auch mehrfach als Zensurbehorde Ihre Zensuraufgabe wurde dabei aus Artikel 15 des Azhar Gesetzes abgeleitet wonach die Akademie die islamische Kultur von allem Uberflussigen Fehlerhaften befreien und ihr Urteil zu weltanschaulichen und gesellschaftlichen Problemen die mit dem Glauben zusammenhangen abgeben soll 21 So wurde zum Beispiel 1980 auf Verlangen der Akademie das Buch Einfuhrung in die arabische Philologie von dem sakularistischen Denker Louis Awad beschlagnahmt 22 Durch das Regierungsdekret Nr 250 aus dem Jahr 1975 das die Anwendung des Azhar Gesetzes regelte und das Gesetz Nr 102 aus dem Jahre 1985 wurden die Zensurbefugnisse der Akademie allerdings eingeschrankt Das Dekret von 1975 besagte dass die Akademie nur das Recht habe gegenuber staatlichen und privaten Organisationen sowie gegenuber Individuen die auf dem Feld der islamischen Kultur arbeiten Empfehlungen auszusprechen das Gesetz von 1985 beschrankte das direkte Zensurrecht der Akademie auf Exemplare des Korans und auf Hadith Sammlungen die ihr vorgelegt wurden 23 Aufgrund dessen setzten sich agyptische Verleger bis zur Mitte der 1990er Jahre auch immer wieder uber Verlautbarungen der Akademie hinweg 24 Trotz der Beschrankung ihrer Befugnisse intervenierte die Akademie ab Ende der 1980er Jahre aber mehrfach direkt so zum Beispiel 1988 auf der agyptischen Buchmesse als sie die Beschlagnahme von mehreren Buchern verlangte Mitglieder der Akademie intervenierten erneut auf der Kairoer Buchmesse von 1992 und forderten die Einstellung des Verkaufs von 28 Buchern darunter funf Buchern des sakularistischen Autors Muhammad Saʿid al ʿAschmawi 25 1993 wurde eine Gedichtsammlung des agyptischen Dichters aus dem Verkauf genommen nachdem die Akademie geurteilt hatte dass mehrere der Sammlung Verse Ahnlichkeiten mit dem Koran aufweisen 26 Einige Werke deren Beschlagnahmung die Akademie empfohlen hat wurden deswegen als anstossig betrachtet weil sie die islamische Religion auf eine Stufe mit anderen Religionen wie den Buddhismus und Konfuzianismus stellen 27 Auch verurteilte die Akademie den Romancier ʿAlaʾ Hamid mit dem Argument dass sein Roman Ideen enthalte die dem Atheismus und Unglauben forderlich sind und die offenbarten Religionen in Abrede stellen und zu einer Veranderung der Gesellschaft durch Revolution aufrufe 28 Gegen die Zensuraktivitaten der Akademie protestierten mehrere agyptische Intellektuelle Sie verwiesen dabei unter anderem auf ein Urteil des agyptischen Kassationsgerichts demzufolge die Akademie nicht das Recht hat die Beschlagnahmung von Buchern zu fordern 29 Die agyptische Organisation fur Menschenrechte warf der Organisation zudem vor dass sie mit bestimmten Gruppen des politischen Islams sympathisiere die ausserhalb der Legalitat operieren 30 Im Jahre 1994 starkte das agyptische Parlament allerdings die Akademie in dieser Auseinandersetzung indem sie ihre Zensurrechte auf nicht religiose Veroffentlichungen ausdehnte und ihre Entscheidungen fur verbindlich erklarte 31 Grosses Aufsehen erregte das Urteil der Akademie in der sogenannten Affare Haidar Haidar im Mai 2000 als Studierende der Azhar gegen die Wiederveroffentlichung des Romans Festbankett fur die Meerespflanzen Walima li aʿsab al baḥr des syrischen Schriftstellers Haidar Haidar durch das agyptische Kultusministerium protestierten Die agyptischen Sicherheitsbehorden beauftragten daraufhin die Akademie zu uberprufen inwieweit der Roman gegen die Scharia verstosst 32 Die Akademie selbst wiederum legte den Fall ihrer Kommission fur rechtswissenschaftliche Untersuchungen vor die der Akademie in einer Sondersitzung am 17 Mai 2000 dazu Gutachten von zwei Mitgliedern vorlegte Aufgrund dieser Gutachten erklarte die Akademie unter dem Vorsitz von Muhammad Sayyid Tantawi dass der Roman blasphemisch sei und gegen die anerkannten Prinzipien der islamischen Religion verstosse und erhob schwere Vorwurfe gegen das Kultusministerium das den Roman publiziert habe ohne die Akademie zu konsultieren 33 In ihrer offentlichen Erklarung hob die Azhar die Pflicht des Kultusministeriums hervor alle literarischen und kunstlerischen Werke die einen Bezug zur islamischen Religion aufweisen der Akademie zur Prufung vorzulegen 34 Literatur BearbeitenMustapha al Ahnaf L affaire Haydar Haydar in Egypte Monde arabe Deuxieme serie 3 2000 URL http ema revues org 807 Bernard Botiveau Penser dire interdire Logiques et enjeux de la censure des ecrits en Egypte in Egypte Monde arabe Premiere serie 14 1993 URL http ema revues org 579 Rainer Brunner Annaherung und Distanz Schia Azhar und die islamische Okumene im 20 Jahrhundert Berlin 1996 S 263 268 Hier online verfugbar Monica Corrado Mit Tradition in die Zukunft Dertaǧdid Diskurs in der Azhar und ihrem Umfeld Ergon Wurzburg 2011 S 102 107 D F Green Arab theologians on Jews and Israel extracts from the proceedings of the 4 conference of the Academy of Islamic Research Ed de l Avenir Genf 1971 Hier online einsehbar Richard Jacquemond Quelques debats recents autour de la censure Egypte Monde arabe Premiere serie 20 1994 URL http ema revues org 491 J Jomier Les Congres de l Academie des Recherches islamiques dependent de l Azhar in Melanges de l Institut dominicain d Etudes orientales 14 1980 85 148 Gudrun Kramer Gottes Staat als Republik Reflexionen zeitgenossischer Muslime zu Islam Menschenrechten und Demokratie Nomos Baden Baden 1999 S 195 201 Wolf Dieter Lemke Maḥmud Saltut 1893 1963 und die Reform der Azhar Untersuchungen zu Erneuerungsbestrebungen im agyptisch islamischen Erziehungssystem Lang Frankfurt a M u a 1980 S 178 187 Reinhard Schulze Islamischer Internationalismus Untersuchungen zur Geschichte der Islamischen Weltliga E J Brill Leiden 1990 S 235 238 Jakob Skovgaard Petersen Defining Islam for the Egyptian State Muftis and Fatwas of the Dar al Ifta Brill Leiden 1997 Einzelnachweise Bearbeiten Vgl Lemke Maḥmud Saltut 1893 1963 und die Reform der Azhar 1980 S 181 Vgl Lemke Maḥmud Saltut 1893 1963 und die Reform der Azhar 1980 S 183 186 Vgl Lemke Maḥmud Saltut 1893 1963 und die Reform der Azhar 1980 S 178f Vgl Lemke Maḥmud Saltut 1893 1963 und die Reform der Azhar 1980 S 179 Vgl Schulze 238 Vgl Corrado 102 Vgl Lemke Maḥmud Saltut 1893 1963 und die Reform der Azhar 1980 S 185 Vgl Corrado 29 31 Vgl dazu auch Schulze 235 Vgl zu den Konferenzen bis 1986 Jakob Skovgaard Petersen 187 Vgl Corrado 71 Vgl Brunner 265 Vgl die auszugsweise Dokumentierung der Konferenz durch die beiden israelischen Autoren David Littman und Fati Harkabi die unter dem Pseudonym D F Green firmierten Vgl Skovgaard Petersen 187f Vgl Jomier 118 Vgl dazu Kramer 275 281 Vgl Brunner 263 265 Vgl Skovgaard Petersen 188 Vgl http www islamfeqh com Nawazel NawazelItem aspx NawazelItemID 151 Vgl http www sauress com sabq 15324 Vgl Botiveau Abs 36 Vgl Jacquemond Abs 18 Vgl Jacquemond Abs 17 Vgl Jacquemond Abs 18 Vgl Jacquemond Abs 13 Vgl Botiveau Fn 24 Vgl Botiveau Fn 17 Vgl Botiveau Abs 48 Vgl Botiveau Abs 37 Vgl Botiveau Abs 48 Vgl Corrado 73 Vgl al Ahnaf Abs 52 Vgl Al Ahnaf Abs 53 und Annexe 7 Vgl al Ahnaf Abs 53 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Akademie fur islamische Untersuchungen amp oldid 235309349