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Adolf Johann Hinrich Lentze 19 Juni 1900 in Hamburg 4 Oktober 1983 in Hilden war ein Widerstandskampfer gegen den Nationalsozialismus Leben BearbeitenAdolf Lentze war Sohn des Eisendrehers Karl Albert Adolf Lentze aus Magdeburg und der Bremer Arbeiterin Johanne Elisabeth Lentze geb Michalowsky Nach dem Besuch der Volksschule in Lehe im Emsland wohin die Eltern gezogen waren erhielt er ein Stipendium zur Ausbildung als Volksschullehrer und besuchte die Praparandenanstalten in Wunstorf und Bederkesa 1919 meldete er sich freiwillig zum Grenzschutz Ost und wurde dort und bei der 3 Matrosenartillerie Abteilung in Wesermunde eingesetzt 1 1921 schloss er in Stade seine Ausbildung mit dem Lehrer Examen ab Da er anschliessend arbeitslos war weil er als Junglehrer nicht eingestellt wurde entschloss er sich auszuwandern 1922 migrierte er illegal in die USA musste 1928 aber das Land wieder verlassen Die Grunde sind nicht genau bekannt Eine Meinung lautet er habe aufgrund der Illegalitat seines Aufenthalts die USA verlassen mussen eine andere dies sei wegen politischer oder gewerkschaftlicher Betatigung notwendig gewesen 2 Fruhes Interesse an Fragen der Politik aus einer linken Perspektive ist nachgewiesen Es ist moglich aber nicht gesichert dass er 1919 der KPD beitrat 3 Als Student in Stade habe er die lokale Gruppe der KPD geleitet 4 und fur die KPD Fortbildungskurse in Deutsch Franzosisch und Esperanto in den Unterweserorten durchgefuhrt Noch im Jahr seiner Ruckkehr aus den USA gelang es Lentze in Emden in seinem Lehrerberuf eingestellt zu werden Schon wenige Monate darauf aber wurde er auf Betreiben der SPD Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung und ortlicher Behorden wieder entlassen Der Vorwurf lautete er habe sich politisch zu radikal geaussert 5 Lentze blieb nun durchweg erwerbslos war aber in verschiedenen Funktionen in der Revolutionaren Gewerkschafts Opposition RGO aktiv Ende 1932 leitete er die Bezirks Angestelltenkommission der RGO 6 Bekannt ist aus diesen Jahren seine Unterstutzungsleistung fur einen von der Polizei angeschossenen Teilnehmer einer Kundgebung gegen eine Zwangsraumung in Emden Emder Aufruhr Er und ein zweiter Helfer sorgten im Juni 1932 fur die Einlieferung des Verletzten in eine Klinik 7 Nach der Machtubernahme durch die NSDAP und ihrer deutschnationalen Bundnispartner und nach der Zerstorung der organisatorischen Strukturen der KPD im Weser Ems Gebiet Bezirk Nord West und zahlreichen Verhaftungen organisierte die KPD sich neu Mitglieder trafen sich zu diesem Zweck auf der Strasse und in Lentzes Wohnung Mitte September kamen Paul Beermann Hermann Fenske Adolf Lentze Max Renne Mathias Thesen und Heinrich Werno zusammen um eine provisorische Bezirksleitung zu bilden in der Lentze die Rolle des Agitpropleiters ubernahm Trotz gleich anschliessender Festnahmen von Teilnehmern der Beratung gelang es unter Lentzes und Wernos Leitung ein neues besser abgesichertes Widerstandsnetz Funfergruppen im Untergrund aufzubauen das von Emden uber die ostfriesischen und ammerlandischen Fehnorte bis Wilhelmshaven entlang der Wesermarsch uber Oldenburg Delmenhorst und weiter bis Bremen wo Lentze lebte reichte Teil der Aktivitaten war die Herausgabe einer in Abstanden erscheinenden Schrift Rote Fahne fur die der unermudliche Lentze Marssolek Ott allein oder doch als Hauptverfasser schrieb und deren technische Herstellung von einzelnen mit der KPD sympathisierenden Kaufleuten unterstutzt wurde 8 Nach der Festnahme von Werno ubernahm Lentze auch die Organisationsleitung Kuriere verbanden die illegalen Kleingruppen miteinander Allerdings gelang es der Gestapo in das Netz Spitzel einzuschleusen Einer Verhaftungsaktion unter dem Titel Lentze und Genossen im August 1933 konnte Lentze entgehen und mit falscher Identitat unter dem Namen Rodenburg untertauchen Seine Aktivitaten gegen das Regime setzte er fort Nach Meinung seiner Biografen Gunter Heuzeroth und Johannes Petrich bewies er dabei eine uberaus wendige Figur und Cleverness Er habe uberaus mutig und zugleich diszipliniert gehandelt 9 Anfang 1934 wurde er von der Gestapo in seiner Bremer Wohnung festgenommen in der sich auch die Drucktechnik fur die Rote Fahne befand Insgesamt wurden mehr als 70 Personen festgenommen Es folgte eine mehr als einjahrige Untersuchungshaft in der es Lentze zunachst noch gelang Verbindung zu den Genossen in Freiheit zu halten und von dort mit etwas Geld unterstutzt zu werden 10 Nach Abschluss der Ermittlungen gegen die Gruppe Lentze wurden 1935 durch das Oberlandesgericht Hamburg mit ihm weitere 35 Kommunistinnen und Kommunisten angeklagt Lentze erhielt wegen Vorbereitung zum Hochverrat als Kopf der Bewegung drei Jahre Zuchthaus 11 Auf seine Verurteilung reagierte er im Gerichtssaal mit einer umfangreichen Gegenrede Mit Vorbereitung zum Hochverrat war jede Aktivitat zum Wiederaufbau der verbotenen KPD gemeint Die gesetzliche Hochststrafe lag bei drei Jahren und sechs Monaten 12 Nach Verbussung seiner Haft in der Strafanstalt Bremen Oslebshausen schlossen sich sechs Wochen in einer Strafkompanie an Danach wurde er von der Gestapo in Schutzhaft genommen und im KZ Sachsenhausen inhaftiert das er erst mit dem Zusammenbruch des Nationalsozialismus 1945 verlassen konnte Uber Lentze in Sachsenhausen liegen verschiedene stets positive Testate vor darunter des judischen Bakteriologen und Mithaftlings Kurt Marcuse 13 der ihm bescheinigte sich in der schwierigen Rolle des Arbeitsaufsehers menschlich anstandig und hilfsbereit besonders auch den judischen Haftlingen gegenuber verhalten zu haben Lentze gehorte zu den Haftlingen die nach der Raumung des Lagers am 21 April 1945 einen der sich anschliessenden Todesmarsche uberlebte Er war dem Haftlingsmarsch nach Lubeck zugeteilt und wurde nach Aussage des Mithaftlings Rudolf Sundermann 14 einer der Lageraltesten im Lager Selow Er habe so Sundermann es verstanden die unglaublichen Strapazen des Haftlingsmarsches den Massen zu erleichtern Zuletzt sei er bis zur Befreiung durch die Rote Armee mit den Jugendlichen der verschiedenen Nationen wie Polen Tschechen Ukrainer usw auf allen Wegen und Strassen Mecklenburgs unterwegs gewesen Mit seiner Befreiung hatte er mehr als elf Jahre ununterbrochener Haft unter schwierigsten Bedingungen hinter sich 15 Bereits wenige Wochen spater wurde Lentze von der Sowjetischen Militarverwaltung als Kulturdezernent und Schulrat nach Parchim berufen 16 Da der prominente vom NS Regime hoch wertgeschatzte und vielfach dekorierte Schriftsteller Friedrich Griese in Parchim lebte erarbeitete Lentze eine politische Anklage gegen ihn die vor allem auf die enge Verbindung von Griese und Regimefuhrung abhob Der namenlose Ex KZ Haftling fuhrte den Goethe Preistrager 1940 in Parchim als Wegbereiter Mittrager und Nutzniesser des NS Systems 17 indem er offentlich dessen Bibliothek auf den Mull schaffen liess Seine Angaben bildeten die inhaltliche Grundlage fur Grieses Festnahme und Internierung als NS belastet im Sommer 1945 18 Die Episode um Lentze und den NS Schriftsteller endete mit einer Niederlage Lentzes denn Griese dessen Replik auf einer gefalschten Zitierung von Lentze beruhte 19 wurde schon im Marz 1946 wieder auf freien Fuss gesetzt Er sollte fur die neuen politischen Verhaltnisse gewonnen werden 20 Schon im Herbst verliess Lentze Parchim 1946 war er als Regierungsrat in Schwerin tatig 1949 verliess er die SBZ und wechselte aus unbekannten Grunden nach West Berlin fand aber in der weiteren Folge offenbar keinen neuen Zugang zum Schuldienst 1951 ging er mit der inzwischen gegrundeten Familie nach Aurich Ostfriesland Ob er nach wie vor einer kommunistischen Organisation angehorte jetzt oder spater zu einer anderen parteipolitischen Richtung wechselte oder sich von allen derartigen Formationen fernhielt ist nicht bekannt Jedenfalls aber war er einer der Initiatoren der Gesellschaft fur christlich judische Zusammenarbeit in Ostfriesland In deren Namen protestierte er 1955 gegen die Ernennung des rechtsextremistischen Politikers Leonhard Schluter zum Kulturminister von Niedersachsen Fall Schluter was auch im Ausland aufmerksam registriert wurde Er bezeichnete sie als Kulturschande 21 1956 wandte er sich mit einer Petition zum Thema Politische Tatigkeit der Emigranten in der Bundesrepublik an den Bundestag 22 Lentze und Griese stiessen 1952 ein weiteres Mal aufeinander Griese beabsichtigte gegen seinen Kontrahenten den er als Verbrecher am Menschentum aus jener dusteren Zeit bezeichnete gemeint war die Zeit nach dem Zusammenbruch des NS Regimes unter den ihm gunstig erscheinenden westdeutschen Bedingungen zu klagen Das misslang Informell teilte man ihm mit Erfolg sei nicht zu erwarten Lentze sei kein Vorwurf zu machen Grieses Vorstoss blieb ohne amtliche Resonanz Zu den Unterstutzern Lentzes gehorten in diesen Jahren ehemalige Mithaftlinge darunter der zeitweilige Oberburgermeister der Stadt Koln MdB und Sozialdemokrat Robert Gorlinger der ihn als stets grundehrlichen anstandigen und charaktervollen Menschen beschrieb 1957 trennte die Familie sich Lentze zog alleine nach Koln Dort war er nun als Hilfsarbeiter tatig Von hier aus bemuhte er sich juristisch um Wiedergutmachung fur die Verfolgung der er ausgesetzt gewesen war Uber das Ergebnis ist nichts bekannt 23 1983 starb er im St Josefs Krankenhaus Hilden Im Kontext einer Rehabilitierung des NS Schriftstellers Friedrich Griese kam der Autor Reinhard Rosler 2003 auf Lentzes Vorwurfe gegen diesen Schriftsteller zuruck Lentze habe Griese mit einem Sammelsurium von Vorwurfen Verdachtigungen Anklagen falschlich als Parteiganger der Nazis beschrieben mit der Folge schwerer Monate fur den Angeschuldigten Den mehr als elf Jahre wegen seiner Widerstandstatigkeit gegen das NS Regime inhaftierten Lentze diffamierte er dabei als nur vorgeblichen Antifaschisten 24 Diese Bewertungen stehen im Schrifttum zu Griese und dessen Internierung allein Explizit spricht der Griese Biograph Stefan Busch von berechtigten Vorwurfen Lentzes und hebt dessen Engagement und Haftzeit hervor 25 Literatur BearbeitenGunter Heuzeroth Johannes Petrich Unter der Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus 1933 1945 Dargestellt an den Ereignissen in Weser Ems Bd I Verfolgte aus politischen Grunden Osnabruck 1989 Inge Marssolek Rene Ott Bremen im Dritten Reich Anpassung Widerstand Verfolgung Bd 3 Bremen 1986Einzelnachweise Bearbeiten Gunter Heuzeroth Johannes Petrich Unter der Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus 1933 1945 Dargestellt an den Ereignissen in Weser Ems Bd I Verfolgte aus politischen Grunden Osnabruck 1989 S 188ff Gunter Heuzeroth Johannes Petrich Unter der Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus 1933 1945 Dargestellt an den Ereignissen in Weser Ems Bd I Verfolgte aus politischen Grunden Osnabruck 1989 S 190 Inge Marssolek Rene Ott Bremen im Dritten Reich Anpassung Widerstand Verfolgung Bd 3 Bremen 1986 S 488 Inge Marssolek Rene Ott Bremen im Dritten Reich Anpassung Widerstand Verfolgung Bd 3 Bremen 1986 S 488 Gunter Heuzeroth Johannes Petrich Unter der Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus 1933 1945 Dargestellt an den Ereignissen in Weser Ems Bd I Verfolgte aus politischen Grunden Osnabruck 1989 S 190 Inge Marssolek Rene Ott Bremen im Dritten Reich Anpassung Widerstand Verfolgung Bd 3 Bremen 1986 S 488 Siehe die Seite der Ubbo Emmius Gesellschaft Emden 1 Inge Marssolek Rene Ott Bremen im Dritten Reich Anpassung Widerstand Verfolgung Bd 3 Bremen 1986 S 252ff Diese wie die vorausgegangenen Angaben Gunter Heuzeroth Johannes Petrich Unter der Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus 1933 1945 Dargestellt an den Ereignissen in Weser Ems Bd I Verfolgte aus politischen Grunden Osnabruck 1989 S 190ff Siehe die Seite der Ubbo Emmius Gesellschaft Emden 2 Gunter Heuzeroth Johannes Petrich Unter der Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus 1933 1945 Dargestellt an den Ereignissen in Weser Ems Bd I Verfolgte aus politischen Grunden Osnabruck 1989 S 190 Ingo Muller Die juristische Behandlung der KPD im Weser Ems Raum 1934 35 in Gunter Heuzeroth Johannes Petrich Unter der Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus 1933 1945 Dargestellt an den Ereignissen in Weser Ems Bd I Verfolgte aus politischen Grunden Osnabruck 1989 S 208 211 hier S 210 Rivka Elkin Das Judische Krankenhaus in Berlin zwischen 1938 und 1945 Berlin 1993 S 39 Clemens Marcus Gedenken zum 9 November 1938 Judisches Kulturgut welches der Zerstorung entging in Auenzeitung Neues aus der Evangelischen Auen Kirchengemeinde Berlin Wilmersdorf Nr 22 2013 S 10 Neues aus der evangelischen Auen Kirchengemeinde Berlin Wilmersdorf Memento vom 15 Februar 2015 im Internet Archive Zu Sundermann siehe 3 Zu den Todesmarschen nach Auflosung des KZ Sachsenhausen HP der Stiftung Brandenburgische Gedenkstatten Brandenburg Ravensbruck Sachsenhausen Archivierte Kopie Memento des Originals vom 14 Februar 2014 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original 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Nationalsozialismus 1933 1945 Dargestellt an den Ereignissen in Weser Ems Bd I Verfolgte aus politischen Grunden Osnabruck 1989 S 194 Reinhard Rosler Autoren Debatten Institutionen literarisches Leben in Mecklenburg Vorpommern 1945 bis 1952 Hamburg 2003 S 194 Stefan Busch Und gestern da horte uns Deutschland Wurzburg 1998 S 45 PersonendatenNAME Lentze AdolfALTERNATIVNAMEN Lentze Adolf Johann HinrichKURZBESCHREIBUNG deutscher Politiker KPD GEBURTSDATUM 19 Juni 1900GEBURTSORT HamburgSTERBEDATUM 4 Oktober 1983STERBEORT Hilden Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Adolf Lentze amp oldid 193328303