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Uber den Dilettantismus ist die Bezeichnung fur eine Sammlung mehrerer im Sommer 1799 von Friedrich Schiller und Johann Wolfgang von Goethe verfasster fragmentarischer Schemata und dazugehoriger Paralipomena Uber den Dilettantismus besteht aus einer schematischen Ubersicht zum Dilettantismus in den verschiedenen Fachern und seinem Nutzen und Schaden der Herkunft und des Auftretens im Ausland sowie Einzelschemata die sich detaillierter mit dem Vorkommen und der Art des Dilettantismus in den einzelnen Kunsten um 1800 beschaftigen Gleichzeitig ist Uber den Dilettantismus auch eine Arbeit die trotz ihres fragmentarischen Charakters den klassischen Kunst und Geniebegriff dem Goethe und Schiller sich verpflichtet fuhlten deutlich darstellt Die Arbeit war fur eine Veroffentlichung in Goethes Zeitschrift Propylaen bestimmt wurde jedoch erst nach Goethes und Schillers Tod 1833 bzw 1841 veroffentlicht Initiator und treibende Kraft des Projektes war Friedrich Schiller der auch eine praktische Uberprufung der Erkenntnisse in Weimar anregte Am dortigen Musenhof um Herzogin Anna Amalia nahmen sich beide des Epos der dilettierenden Amalie von Imhoff Die Schwestern von Lesbos an an dem sie uberprufen wollten ob daraus durch eigene Verbesserungen ein Kunstwerk entstehen konnte Johann Christian Reinhart Goethe und Schiller im Gesprach 1804 Inhaltsverzeichnis 1 Dilettantismus bei Goethe und Schiller 2 Uber den Dilettantismus 2 1 Entstehung 2 2 Aufbau 2 2 1 Allgemeines Schema 2 2 2 Einzelschemata 2 3 Bewertung des Dilettantismus 2 3 1 Schaden 2 3 2 Nutzen 3 Praktische Uberprufung 4 Paralipomena 5 Rezeption 6 Werk 7 Literatur 8 EinzelnachweiseDilettantismus bei Goethe und Schiller BearbeitenAusserungen uber den Dilettantismus sind sowohl von Goethe als auch von Schiller zahlreich uberliefert Friedrich Schiller hatte sich schon 1784 in seinem Aufsatz Ueber das teutsche Theater mit dem Gegensatz des Schauspielers von Handwerk und des blossen Liebhabers auseinandergesetzt Hier wurde der Dilettant dem Schauspieler von Profession vorgezogen da ersterer die Affekte nicht nur gespielt sondern naturlich wirken lasst Schillers Auseinandersetzung mit dem Dilettanten wurden jedoch zusehends kritischer In seiner Schrift Ueber die nothwendigen Grenzen beim Gebrauch schoner Formen aus dem Jahr 1795 wird der blosse Liebhaber der Kunst vom wahrhaften Kunstgenie unterschieden In den Votivtafeln hatte er 1797 unter der Uberschrift Dilettant bereits das falsche Dichtertum kritisiert Weil ein Vers dir gelingt in einer gebildeten Sprache Die fur dich dichtet und denkt glaubst du schon Dichter zu seyn 1 nbsp Johann Wolfgang von Goethe Die Solfatara von Pozzuoli 1787 als dilettantisches WerkWahrend Friedrich Schiller dem Dilettantismus kritisch gegenuberstand war Goethe eher vom Nutzen des Dilettantismus uberzeugt Er hatte sich 1799 bei Christian Jagemann nach der Bedeutung des Begriffs Dilettantismus der erstmals 1774 in eingedeutschter Form bei Christian Friedrich Daniel Schubart 2 vorkam erkundigt und anschliessend notiert Es bedeutet einen Liebhaber der Kunste der nicht allein betrachten und geniessen sondern auch an ihrer Ausubung Theil nehmen will 3 Damit zahlte er selbst auf dem Gebiet der Malerei und der Naturwissenschaft zu den Dilettanten Goethe und Schiller hatten ab November 1798 bei der Ausarbeitung des Schemas Der Sammler und die Seinigen auch den Dilettantismus angesprochen Die Arbeit zog sich bis Mai 1799 hin der Aufsatz erschien im Juni 1799 in Goethes Zeitschrift Propylaen Darin werden in Briefform verschiedene Typen von Dilettanten also praktisch tatigen Kunstliebhabern entworfen Neben Schilderungen aus dem Leben einer Familie die Kunst sammelt enthalt der achte und damit letzte Brief eine Aufzahlung der verschiedenen Kunstliebhaber und erschaffer die dilettantistische Zuge aufweisen Nachahmer Der Nachahmer ist in erster Linie ein Nachzeichner der Wirklichkeit recht behaglich kann uns das Werk nicht machen denn es fehlt ihm die Kunstwahrheit als schoner Schein 4 Unter die Nachahmer fallt auch der Zeichner von Schattenrissen Imaginanten Sie fuhren die Kunst uber ihre Grenzen hinaus ins Unbestimmte und Unbegrenzte wodurch die Kunst von ihrer eigentlichen Mitte entfernt wird Charakteristiker Sie gehen abstrakt und auf der Basis von Regeln an die Kunst heran und beschranken damit die Kunst selbst Undulisten Sie stehen der Kunst mit gleichgultiger Anmut gegenuber und schaffen seichte nichtssagende Werke Kleinkunstler Sie schaffen Miniaturen und sind als negativ anzusehen wenn sie sich den Nachahmern nahern und ihr Werk nicht in eine Einheit bringen konnen Skizzisten Sie fordern eine Einseitigkeit in der Kunst indem sie nur den Geist und nicht den Sinn ansprechen Kunstler dieser Art konnen nur skizzieren jedoch nie vollenden Jeder dieser dilettantischen Kunstler betrachtet Kunst entweder als Spiel oder mit zu viel Ernst Nur aus innig verbundenem Ernst und Spiel kann wahre Kunst entspringen 5 eine Aussage die Goethe und Schiller in ihren Schemata zum Dilettantismus erneut aufnahmen Uber den Dilettantismus BearbeitenEntstehung Bearbeiten Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller verfassten die Schemata zum Dilettantismus vom 3 bis zum 26 Mai 1799 Wir zeichneten zusammen jene Temperamentenrose wiederholt auch der nutzliche und schadliche Einfluss des Dilettantismus auf alle Kunste ward tabellarisch weiter ausgearbeitet wovon die Blatter beidhandig noch vorliegen Uberhaupt wurden solche methodische Entwurfe durch Schillers philosophischen Ordnungsgeist zu welchem ich mich symbolisierend hinneigte zur angenehmsten Unterhaltung Man nahm sie von Zeit zu Zeit wieder auf prufte sie stellte sie um Johann Wolfgang von Goethe Tag und Jahres Hefte 1799 6 Geplant war eine Veroffentlichung der Arbeit in Goethes Zeitschrift Propylaen die Arbeit zu einzelnen Aspekten des Dilettantismus schien wahrend Goethes Aufenthalt in Jena 1799 Formen anzunehmen Am 27 Mai 1799 reiste Goethe aus Jena ab und nahm das Schema uber den Dilettantismus mit sich Friedrich Schiller als treibende Kraft des Projekts erinnerte Goethe schon bald nach seiner Abreise daran das Schema uber diesen Aufsatz abgeschrieben und mit neuen Bemerkungen bereichert zuruck zusenden 7 doch vertrostete ihn Goethe noch am selben Tag Im Juli 1799 war es erneut Friedrich Schiller der die stockende Arbeit zum Schema uber den Dilettantismus wieder aufnehmen wollte Haben Sie denn uber den Dilettantism indessen nicht weiter nachgedacht Ich sehnte mich nach einer solchen Anregung und wurde gern meine Gedanken dazu beisteuern wenn ich den activen Zustand des gesammelten Materials vor Augen hatte Wenn es abgeschrieben ist und Sie es nicht brauchen so senden Sie mirs doch 8 Dies scheint geschehen zu sein bittet Goethe Schiller im September auf Ihrer gegenwartigen Excursion acht zugeben ob Sie das Schema nicht completiren konnen Es ware doch hubsch wenn man es dahin brachte dass man wusste was die Leute urtheilen mussen 9 Der Aufsatz uber den Dilettantismus kam jedoch nicht zustande die erarbeiteten Schemata wurden erstmals in bearbeiteter Form 1833 gedruckt vgl Abschnitt Paralipomena das Allgemeine Schema sogar erst 1841 Aufbau Bearbeiten Allgemeines Schema Bearbeiten nbsp Allgemeines Schema zum Dilettantismus in der Handschrift Schillers mit Anmerkungen Goethes Das erstverfasste dreiseitige Schema Uber den Dilettantismus ist das Allgemeine Schema das am 3 Mai 1799 entstand Es besteht auf Seite 1 aus einer unstrukturierten Auflistung verschiedener Kunste in Goethes Handschrift mit einem Datumsvermerk seines Dieners Johann Ludwig Geist in denen der Dilettantismus also das liebhaberhafte Wirken vertreten sein kann z B in der Poesie der Architektur der Gartenkunst oder dem Theater Des Weiteren werden die Kunste verschiedenen Trieben zugeordnet aus denen die Beschaftigung des Dilettanten mit der jeweiligen Kunst entstehen kann Goethe und Schiller unterscheiden dabei die Triebe Ausserungstrieb Lusttrieb Nachahmungstrieb und den Bildungstrieb Keinem dieser vier Triebe lasst sich demnach nur das Theater zuordnen Seite 2 und 3 des Allgemeinen Schemas geht tabellarisch die Facher Poesie lyrisch und pragmatisch Zeichnen Malen und Skulptur Musik Ausubung Hervorbringung Tanz Architektur Gartenkunst und Theater durch An jedem Fach werden Uberlegungen zum Nutzen und Schaden furs Subjekt furs Ganze und zu Beispielen im Inland Alte Zeit Neue und Ausland angestellt Das Uberblicksschema ist uberschrieben mit dem Bruchstuck Hauptgesetz Dilettism ist unschuldiger ja er wirkt bildend in solchen Kunsten wo 10 Die Tabelle ist von Schiller geschrieben worden einzelne Worter wurden durch Goethe erganzt Einzelschemata Bearbeiten Bereits am 19 Mai 1799 entstand das Einzelschema zur Zeichnung das wie das Allgemeine Schema nach Nutzen und Schaden fur den Einzelnen und das Ganze und nach dem Vorkommen in alter und neuer Zeit in Deutschland und allgemein im Ausland aufgegliedert ist jedoch detaillierter als das Allgemeine Schema auf die einzelnen Punkte eingeht Einen Tag spater fertigten Goethe und Schiller das Einzelschema zum Tanz an das keine Informationen uber den Dilettantismus im Ausland enthalt Am 21 Mai 1799 entstand das Einzelschema zur Baukunst am folgenden das zur Musik und zur Gartenkunst Letzteres verzeichnet keine Eintrage zum Dilettantismus im Ausland und in der alten Zeit in Deutschland Am 23 und 24 Mai 1799 entstand das Einzelschema zur lyrischen Poesie am 24 Mai zudem noch das Schema zur pragmatischen Poesie das deutlich kurzer als das zur lyrischen ist und zahlreiche Lucken aufweist Wahrend jeder Nutzen des Dilettantismus in der Pragmatischen Poesie negiert wird fehlen Angaben zum Vorkommen des Dilettantismus im In und Ausland Am 26 Mai beschaftigten sich Goethe und Schiller mit dem Schema zur Schauspielkunst am nachsten Tag reiste Goethe aus Jena ab Alle Schemata wurden dabei von Friedrich Schiller geschrieben und von Johann Wolfgang von Goethe erganzt Die Uberschriften wurden nachtraglich von Johann Peter Eckermann hinzugefugt einzelne wenige Anmerkungen finden sich auch von Johann Heinrich Meyers Hand Bewertung des Dilettantismus Bearbeiten Schaden Bearbeiten Dilettantismus ist immer Fertigkeit ohne poetischen Geist 11 da dem Liebhaber der Kunst im Gegensatz zum wahren Kunstler das Interesse am Geschaffenen fehlt der Kunstler der achte Kenner hat ein unbedingtes ganzes Interesse und Ernst an der Kunst und am Kunstwerk der Dilettant immer nur ein halbes er treibt alles als ein Spiel als Zeitvertreib 12 Fur den achten Kenner wird der Dilettant auch eine Gefahr fur den eigenen kunstlerischen Erfolg da er auch eine als negativ zu betrachtende Macht uber das Publikum besitzt Er nimmt der Kunst ihr Element und verschlechtert ihr Publicum dem er den Ernst und den Rigorismus nimmt Er bringt diejenigen Kunstler welche dem Dilettantism naher stehen auf Unkosten der achten Kunstler in Ansehen 13 Als die achten Kunstler sehen sich Goethe und Schiller selbst was ihnen nicht gleicht wird verworfen Alle neuern Kunstler gehoren in die Klasse des Unvollkommenen 14 Unvollkommenheit und Mittelmassigkeit 15 kennzeichnen den Dilettanten auch weil er sich auf subjektiven Irrwegen verliert 16 dies jedoch nicht erkennt weil er seinen subjektiv geschaffenen Stoff mit wahrer Kunst verwechselt Als Schauspieler z B wird der Dilettant so immer nur Rollen wahlen die seinem eigenen Charakter entsprechen und nie den Gegenstand immer nur sein Gefuhl uber den Gegenstand schildern 17 Alle dilettantischen Geburten werden nur die Neigung und Abneigung ihres Urhebers ausdrucken 18 Ihre geschaffene Kunst ist also immer eine subjektive Der Dilettant kann sich zu keiner Zeit von dem Gegenstand uber den er schreibt emotional losen er kann nie aus sich heraustreten und somit eine objektive Wahrheit finden Da sein Werk ausschliesslich subjektiv ist wird es nie Allgemeingultigkeit erlangen konnen Das Werk eines Dilettanten kann also nach Goethe und Schiller nie echte Kunst werden da diese nach Objektivitat verlangt Alle Dilettanten sind Plagiarii 19 Dilettanten schaffen ihre Werke also in Anlehnung an die achte Poesie 20 sie nutzen Phrasen und Ausdrucke bereits bekannter Werke und werden dadurch nicht selbst kunstlerisch aktiv Die Stofffindung geschieht auf passivem Wege indem auf Bestehendes zuruckgegriffen wird Der Dilettant wird also zu keinem Schopfer im kunstlerischen Sinne sondern nur zu einem Nachahmer Copist en Schattenrissler 21 wie es bereits im Schema zu Der Sammler und die Seinigen heisst welches sich ebenfalls mit dem Dilettantismus beschaftigt Gleichzeitig fuhrt eine Uberschatzung des eigenen kunstlerischen Konnens wie auch der spielerische Umgang mit Kunst bei den meisten Dilettanten zu einem baldigen Motivationsverlust der wenn uberhaupt mittelmassige mechanisch geschaffene und oberflachliche Werke hervorbringt den Schaffer dieser Werke jedoch im Glauben auf diesem Weg Kunst produziert zu haben nach Anerkennung seines Werkes trachten lasst Nutzen Bearbeiten Dilettantismus hat auch positive Seiten Da sich der Dilettant beim Schaffen seiner Kunst mit der Kunst selbst auseinandersetzt kann er sich in Einzelfallen derart weiterbilden dass er fur die achte Kunst empfanglich wird Die asthetische Ausbildung 22 kann den Dilettanten dazu fuhren die Gesetze kennen zu lernen wonach wir sehen 23 In der Kunst kann ein Dilettant zwar kein Kunstler werden doch kann er durch eine Perfektion des Handwerklichen das Handwerk zu einer gewissen Kunstahnlichkeit fuhren Dadurch kann er als Vorstufe der Kunst auch fur andere nutzlich sein und z B den Rezipienten des dilettantischen Werkes schliesslich zur Kunst selbst fuhren In einem Brief an Friedrich Heinrich Jacobi vom 2 Januar 1800 erkannte Johann Wolfgang von Goethe im Zuge der Auseinandersetzung mit dem Dilettantismus auch sein eigenes Wirken in der bildenden Kunst als dilettantisch an 24 Praktische Uberprufung Bearbeiten nbsp Johann Lorenz Kreul Miniaturportrait Amalie von ImhoffGenerell als dilettantisch angesehen wurde die Literatur von Frauen 25 die um 1800 verstarkt auf den literarischen Markt drangten Neben Kritik an Werken von Caroline von Wolzogen Agnes von Lilien Sophie Mereau oder Charlotte von Stein war vor allem Amalie von Imhoffs episches Gedicht Die Schwestern von Lesbos fur Goethe und Schiller eine Moglichkeit die Grenzen und Moglichkeiten dilettantischer Literaturproduktion zu untersuchen Amalie von Imhoff hatte Friedrich Schiller ihr Epos in sechs Gesangen fur eine Veroffentlichung in Schillers Musenalmanach bereits im Marz 1799 geschickt Es kreist um den Brauch auf der Insel Lesbos nach dem nur die erstgeborene Tochter heiraten darf und ihre Schwestern ihr als Magd dienen mussen In Die Schwestern von Lesbos verlieben sich jedoch die jungere Schwester und der Brautigam der altesten ineinander jedoch findet die jungere Schwester am Ende die Kraft zur Entsagung Schiller zeigte sich zunachst begeistert und lobte den schonen Geist des Werkes und die klassische die zarte und doch bestimmte Zeichnung die reinen edlen und doch dabey wahrmenschlichen Gestalten die einfachen und doch zureichenden Mittel durch die alles geschieht Die Exposition ist mit grosser Geschicklichkeit gemacht die Auflosung ist durch eine hohe Simplicitat und Zartheit ruhrend Es bleibt alles in der Natur und Wahrheit und tragt demungeachtet einen schonen idealen Charakter 26 Er sandte das Werk an Goethe weiter der es verriss Johann Wolfgang von Goethe setzte sich bereits am 13 Mai 1799 also wahrend der intensiven Beschaftigung mit den Schemata zum Dilettantismus mit Amalie von Imhoff in Verbindung und hielt einen poetischen Kongress bei Caroline von Wolzogen ab in dessen Folge er Kritik an den Schwestern von Lesbos ubte und Umarbeitungen verlangte Amalie von Imhoff stimmte nach der Vermittlung von Johann Heinrich Meyer einer Uberarbeitung ihres Werkes zu jedoch war Goethe mit ihren Anderungen nicht zufrieden und begann eigene Verbesserungen Den ersten Gesang des Gedichtes habe ich von unserer Freundin erhalten gegen den aber leider alle Gravamina die ich Ihnen schon vorerzahlt gewaltig gelten Es fehlt alle epische Retardation dadurch drangt sich alles auf und uber einander und dem Gedicht fehlt wenn man es liest durchaus Ruhe und Klarheit In dem ganzen Gesange ist kein einziger Abschnitt angegeben und wirklich sind die Abschnitte schwer zu bezeichnen die sehr langen Perioden verwickeln die Sache mehr als dass sie durch eine gewisse Vollendung dem Vortrag eine Anmuth geben Es entstehen viele dunkle Parenthesen und Beziehungen die Worte sind oft ohne epischen Zweck umgestellt und der Gebrauch der Partizipien nicht immer glucklich Ich will sehen das mogliche zu thun um so mehr als ich meine hiessigen Stunden nicht hoch anrechne Goethe an Schiller Brief vom 29 Mai 1799 27 Ziel der Intervention Goethes war dabei einerseits die Verbesserung des Gedichtes das bei der Veroffentlichung im Musenalmanach auf das Jahr 1800 uber 100 Seiten fullte und andererseits auch eine Uberprufung ob aus einem dilettantischen Werk durch die Verbesserung eines Genies Kunst werden konnte Auch Schiller wertete die Veranderung des Epos Die Schwestern von Lesbos als wissenschaftliche Forschungsarbeit indessen mussen Sie die Arbeit als eine sectionem cadaveris zum Behuf der Wissenschaft ansehen da dieser praktische Fall bei der gegenwartigen theoretischen Arbeit den Dilettantismus Studien nicht ganz ungelegen kommt Schiller an Goethe Brief von 31 Mai 1799 28 Die gemeinsame Umarbeitung der Schwestern von Lesbos kam nur langsam voran und obwohl Goethe im Juni und Anfang August noch der Meinung war durchaus ein nach seinem Anspruch kunstlerisches Werk schaffen zu konnen war sein Fazit Ende August negativ Es ist immer keine Frage dass das Gedicht viel Anlage und viel Gutes hat nur bleibt es in der Ausfuhrung zu weit hinter dem zuruck was es seyn sollte obgleich inzwischen dass Sie es nicht gesehen haben viel daran geschehen ist Goethe an Schiller Brief vom 21 August 1799 29 Das Fazit der praktischen Beschaftigung mit einem nach Goethe und Schillers Untersuchungen dilettantischen Werk fiel negativ aus und Goethe liess auch seinen Anteil der Mitarbeit nicht im Heft selbst verlauten Bei seinem Erscheinen erhielt Die Schwestern von Lesbos dennoch positive Kritiken und erlebte als Einzelveroffentlichung mehrere Auflagen Paralipomena Bearbeiten nbsp Uber den sogenannten Dilettantismus oder die praktische Liebhaberey in den Kunsten 1799 erschienen 1833Es existieren verschiedene kurzere Nachtrage und Erganzungen zu den Schemata die teilweise in der Handschrift Schillers und teilweise in der Goethes mit Anmerkungen von Johann Ludwig Geist oder Johann Heinrich Meyer uberliefert sind Im Winter 1823 24 wurden die Schemata und Paralipomena zum Dilettantismus von Johann Peter Eckermann fur die Ausgabe letzter Hand von Goethes Werken redigiert Eckermann bearbeitete bis zum 24 April 1824 die Schemata auch von Schillers Hand die sich in Goethes Besitz befanden und fugte alles in neuer Anordnung zu einem Aufsatz zusammen der mit Uber den sogenannten Dilettantismus oder die praktische Liebhaberey in den Kunsten uberschrieben war und in der Ausgabe letzter Hand 1833 gedruckt wurde Eckermann hatte hier die tabellarischen Schemata in Fliesstext umgewandelt und somit eine Neubearbeitung des Stoffes angefertigt die die zahlreichen Einzelnotizen ordnete und am Ende 36 Seiten zahlte Das Allgemeine Schema hat Eckermann jedoch nicht in seine Bearbeitung einbezogen Es erschien erst 1841 in einer Nachlese zu Schillers Werken 30 Zuerst sollte der Ursprung des Wortes Dilettant aus dem Italienischen untersucht werden um schliesslich auf die Verbreitung und Definition des Wortes um 1800 einzugehen Als Dilettant gilt demnach nicht wer mit wirklichem Kunstlertalent geboren ware aber durch Umstande ware gehindert worden es als Kunstler zu excoliren sondern der der ohne kunstlerisches Talent nur den wahren Kunstler nachahme 31 Wahrend der Dilettant haufig aus ausserlich gesicherten Lebensumstanden agiert lebt das Genie oft in einer freiwilligen Armut und ist ausserlich deutlich gefahrdeter Genie und Talent haben zwar das innere gewisse stehen aber nach aussen ausserst ungewiss Sie treffen nicht immer mit den Bedingungen und Bedurfnissen der Zeit zusammen In barbarischen Zeiten werden sie als etwas Seltsames geschatzt Sie sind des Beifalls nicht gewiss Goethe Uber den sogenannten Dilettantismus 1799 32 Der Dilettant wird nicht als Kunstler geboren und versucht sich nur an der Kunst da er am Beispiel der echten Kunstler das Gelingen sieht Kunst begreift der Dilettant als einfaches Spiel Eine genauere Untersuchung des Dilettantismus der Weiber Reichen Vornehmen 33 wurde angestrebt jedoch nicht umgesetzt Der Kunstler hebt sich nach Goethes Definition neben dem angeborenen Talent durch folgende Merkmale vom Dilettanten ab Ausubung der Kunst nach Wissenschaft Annahme einer objektiven Kunst Schulgerechte Folge und Steigerung Beruf und Profession Anschliessung an eine Kunst und Kunstler Welt Schule 34 Folgend sollte der Wert oder der Schaden des Dilettantismus fur die einzelnen Kunste bestimmt werden der nach dem Grad der objektiven Schaden oder subjektiven Nutzen Ausrichtung einzelner Kunste ermittelt werden sollte Es folgen die Einzelschemata Rezeption BearbeitenMerkmale die Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller anfuhren um dilettantische Werke von echten kunstlerischen Werken abzugrenzen sind haufig unbestimmt Voraussetzungen fur eine wahre Kunst ist eine Regelhaftigkeit und ein grosseres Wissen im Gegensatz zum Dilettanten aber auch eine hohere Berufung die schliesslich im Begriff des Genies mundet Ein Dilettant kann sich daher zwar das Wissen des Kunstlers aneignen kann dieses Wissen jedoch nicht wie das Genie gebrauchen da Genie selbst nicht erlernbar sondern dem wahren Kunstler angeboren ist Wie sich Genie selbst definiert wird dabei nicht erlautert wodurch der Geniebegriff im Schema zum Dilettantismus z B von Koopmann als ein Bollwerk von dem aus sich Schiller und Goethe gegen die andringende Flut des Dilettantismus mit Erfolg zu verteidigen wussten 35 kritisiert wurde In der Forschung wurde Uber den Dilettantismus im spaten 20 Jahrhundert vor allem von der feministischen Literaturwissenschaft aufgegriffen Christa Burger stellte 1990 die These auf dass Goethe und Schiller die Schemata uber den Dilettantismus als Werk uber den Dilettantismus weiblicher Literaturverfassung geschrieben hatten da z B die Kriterien der Paralipomena die Dilettanten von wahren Kunstlern abgrenzen unverruckbar auf burgerliche Autorinnen um 1800 zugetroffen hatten Ausubung der Kunst nach Wissenschaft Frauen war der Zugang zu Universitaten verwehrt Annahme einer objektiven Kunst Frauen konnten oft nur aus der subjektiven Sicht ihres Haus und Ehefrauendaseins schreiben Schulgerechte Folge und Steigerung Frauen schrieben autodidaktisch Beruf und Profession Frauen war die offene Ausubung eines Berufes in einer Ehe nicht moglich Anschliessung an eine Kunst und Kunstler Welt Frauen waren um 1800 in der Mehrzahl auf die hausliche Sphare beschrankt Schule sh Punkt 1 Die feministische Literaturkritik kritisiert Uber den Dilettantismus daher als Versuch Goethes und Schillers Dilettantismus im negativen Sinn als grundsatzlich weiblich bzw Literatur von Frauen per se als minderwertiger zu kennzeichnen Werk BearbeitenJohann Wolfgang von Goethe Uber den sogenannten Dilettantismus oder die praktische Liebhaberey in den Kunsten In Goethes Werke Vollstandige Ausgabe letzter Hand 44 Band Goethes nachgelassene Werke Cotta Stuttgart und Tubingen 1833 S 256 285 Digitalisat Benno von Wiese Helmut Koopmann Hrsg Schillers Werke Nationalausgabe 21 Band Philosophische Schriften Zweiter Teil Weimar Hermann Bohlaus Nachfolger 1963 S 60 63 Faltblatter der Schemata als Beilage Literatur BearbeitenGerhart Baumann Goethe Uber den Dilettantismus In Euphorion 46 1952 S 348 369 Ursula Wertheim Das Schema uber den Dilettantismus In Weimarer Beitrage Sonderheft 1960 S 965 977 Helmut Koopmann Dilettantismus Bemerkungen zu einem Phanomen der Goethezeit In Helmut Holtzhauer und Bernhard Zeller Hrsg Studien zur Goethezeit Festschrift fur Liselotte Blumenthal Hermann Bohlaus Nachfolger Weimar 1968 Christa Burger Dilettantism der Weiber In Christa Burger Leben schreiben Die Klassik die Romantik und der Ort der Frauen Metzler Stuttgart 1990 S 19 31 Sigrid Lange Uber epischen und dramatische Dichtung Weimarer Autorinnen Uberlegungen zu Geschlechterspezifika in der Poetologie In Zeitschrift fur Germanistik Neue Folge 1 1991 S 341 351 Dilettantismus In Gero von Wilpert Goethe Lexikon Kroners Taschenausgabe Band 407 Kroner Stuttgart 1998 ISBN 3 520 40701 9 S 223f Einzelnachweise Bearbeiten Friedrich Schiller Votivtafeln Dilettant In Friedrich Schiller NA 1 S 302 Christian Friedrich Daniel Schubart Deutsche Chronik aufs Jahr 1774 Stage Augsburg 1774 S 232 Johann Wolfgang von Goethe Weimarer Ausgabe Abt 1 Bd 47 Reprint dtv Munchen 1987 S 321 Der Sammler und die Seinigen In Johann Wolfgang von Goethe Berliner Ausgabe Band 19 Aufbau Berlin 1973 S 261 Johann Wolfgang von Goethe Berliner Ausgabe Aufbau Berlin 1973 S 268 Johann Wolfgang von Goethe Weimarer Ausgabe Abt 1 Bd 35 Reprint dtv Munchen 1987 S 83f Brief vom 29 Mai 1799 Schiller NA 30 S 50 Brief vom 15 Juli 1799 In Schiller NA 30 S 72 Brief vom 4 September 1799 In Schiller NA 38 1 S 154 Uber den Dilettantismus In Karl Richter Hrsg Johann Wolfgang von Goethe Samtliche Werke nach Epochen seines Schaffens Band 6 2 Hanser Munchen 1988 S 152 Schiller NA 21 2 Anhang Falttafel Uber den Dilettantismus 7 Lyrische Poesie Schiller NA 21 2 Anhang Falttafel Uber den Dilettantismus 2 Zeichnung Schiller NA 21 2 Anhang Falttafel Uber den Dilettantismus 2 Zeichnung Goethe an Schiller Brief vom 22 Juni 1799 In Schiller NA 38 1 S 108 Schiller NA 21 2 Anhang Falttafel Uber den Dilettantismus 1 Schiller NA 21 2 Anhang Falttafel Uber den Dilettantismus 2 Zeichnung Schiller NA 21 2 Anhang Falttafel Uber den Dilettantismus 8 Pragmatische Poesie Schiller NA 21 2 Anhang Falttafel Uber den Dilettantismus 8 Pragmatische Poesie Schiller NA 21 2 Anhang Falttafel Uber den Dilettantismus 7 Lyrische Poesie Schiller NA 21 2 Anhang Falttafel Uber den Dilettantismus 7 Lyrische Poesie Schiller NA 21 2 Anhang Falttafel Schema zu Der Sammler und die Seinigen Schiller NA 21 2 Anhang Falttafel Uber den Dilettantismus 1 Schiller NA 21 2 Anhang Falttafel Uber den Dilettantismus 2 Zeichnung Nachdem ich den vergeblichen Aufwand eines dilettantischen Strebens nach bildender Kunst eingesehen habe wollte ich mir zuletzt noch ein reines Anschauen des hochsten was uns davon ubrig ist verschaffen Goethe an Jacobi Brief vom 2 Januar 1800 In Dorr Oellers Hrsg Johann Wolfgang von Goethe Samtliche Werke Bd 32 Abt 2 Bd 5 Deutscher Klassiker Verlag Frankfurt am Main 1999 S 11 So fallen Frauenzimmergedichte unter den Dilettantismus der neuen Zeit in Deutschland und Goethe notierte in seinen Notizen uber den Dilettantismus Dilettantism der Weiber Schiller an Amalie von Imhoff Brief vom 25 Marz 1799 In Schiller NA 30 S 40 Schiller NA 38 S 94 Schiller NA 30 S 51 Schiller NA 38 S 148 Vgl Karl Hoffmeister Hrsg Nachlese zu Schillers Werken Band 4 Cotta Stuttgart und Tubingen 1841 S 571 574 Uber den sogenannten Dilettantismus S 256 Uber den sogenannten Dilettantismus S 257 Uber den sogenannten Dilettantismus S 259 Uber den sogenannten Dilettantismus S 261 Koopmann S 200 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Uber den Dilettantismus amp oldid 213685651