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Ein Wasserwirtschaftsverband ist eine flussgebietsbezogene offentlich rechtliche Organisationsform zur Losung wasserwirtschaftlicher Aufgaben wie Hochwasserschutz Abwasserableitung und reinigung Gewasserunterhaltung Grundwasserbewirtschaftung u v m Ein Wasserwirtschaftsverband unterscheidet sich rechtlich wegen der hierfur erlassenen Sondergesetze und der Einbindung der Privatwirtschaft und durch seine sehr viel umfassenderen wasserwirtschaftlichen Aufgaben von einem Wasser und Bodenverband 1 der sich ublicherweise nur um die Gewasserunterhaltung der Anlieger kummert einem gemeindlichen Zweckverband der sich ublicherweise aus offentlichen Tragern konstituiert oder einem Abwasserzweckverband dessen Aufgabe im Wesentlichen auf die Abwasserreinigung und ableitung beschrankt ist Die Selbstverwaltungsorgane eines Wasserwirtschaftsverbandes entsprechen in etwa denen eines Zweckverbandes Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Entstehung 1 2 Wasserwirtschaftsverbande im Zeichen der Industrialisierung 2 Wasserwirtschaftsverbande in Nordrhein Westfalen 3 Wasserwirtschaftsverbande in den Niederlanden 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenEntstehung Bearbeiten Wasserwirtschaftsverbande haben sich in Deutschland und hier insbesondere in Nordrhein Westfalen als Organisationsform zur Bewaltigung wasserwirtschaftlicher Aufgaben seit langem bewahrt Als erste Spezialgenossenschaften zu Entwasserungszwecken gab es bereits im 13 Jahrhundert Sielverbande die vornehmlich an der Nordseekuste in Verbindung mit Deichverbanden fur die Durchleitung von Binnen und Durchstauwasser aus dem Marschland durch die Deiche sorgten Hier waren alle Grundstucksbesitzer deren Grund und Boden entwassert wurde Zwangsmitglieder Diese fruhen fortschrittlichen Zusammenschlusse wurden im 17 Jahrhundert einer strengen polizeilichen Kontrolle unterworfen die eine Weiterentwicklung des genossenschaftlichen Gedankens und damit der Selbstverwaltung unterband 2 Eine Renaissance dieser Genossenschaftskultur setzte erst im 19 Jahrhundert wieder ein In Preussen entstand eine gesetzliche Grundlage mit dem Privatflussgesetze vom 28 Februar 1843 das zunachst nur Bestimmungen uber Genossenschaften fur Bewasserungsanlagen enthielt Am 11 Mai 1853 wurde das Gesetz dann auch auf Entwasserungsanlagen ausgedehnt allerdings mit beschrankter Autonomie und Selbstverwaltung 3 Auf dieser Grundlage wurde beispielsweise im Jahr 1859 die Genossenschaft fur die Melioration der Erftniederung gegrundet aus der spater die Erftgenossenschaft bzw ab 1959 der Grosse Erftverband wurde 4 Eine weitere Offnung kam mit dem preussischen Gesetz vom 1 April 1879 zur Bildung von Wassergenossenschaften das auf der schon sehr fortschrittlichen franzosischen Gesetzessystematik beruhte Die Mitgliedschaft erstreckte sich hierbei auf alle Grundstuckseigentumer unter bestimmten Umstanden auch durch Zwangsmitgliedschaft Die Staatsaufsicht uber die Genossenschaften war der Kommunalaufsicht gleichgestellt die offentlichen Genossenschaften waren quasi kommunale Verbande 3 Die erfolgreiche Durchfuhrung der Gesetze in Preussen fuhrte in den Folgejahren zur Ubernahme dieser genossenschaftlichen Regelungen in die Gesetze der anderen deutschen Staaten Waren bis 1892 nur etwa 100 Genossenschaften entstanden so fuhrte der danach auch in Baden Wurttemberg Bayern und Sachsen eingefuhrte gesetzliche Rahmen bis 1911 zur Bildung von rund 3 800 Genossenschaften mit einem durchschnittlichen Entwasserungsgebiet von etwas uber 3 km Darin enthalten waren auch die in den Jahren zuvor durch Verordnungen ermoglichten Zusammenschlusse zur Bewirtschaftung von Talsperren und zur gewerblichen Wassernutzung 2 Wasserwirtschaftsverbande im Zeichen der Industrialisierung Bearbeiten In der Folge des preussischen Gesetzes vom 1 April 1879 zu Bildung von Wassergenossenschaften wurde 1885 erstmals ein Gesetzesentwurf betreffend die Regulierung der Vorflut und Reinhaltung der Wasserlaufe im Emschergebiet der Staatsregierung durch den Oberprasidenten der Provinz Westfalen vorgelegt Dieser Entwurf sah bereits den Zusammenschluss von Schadensverursachern auf Grundlage einer Genossenschaft vor 3 Hintergrund war das stetige Bevolkerungswachstum durch die zunehmende Industrialisierung des uber 800 km grossen Emschergebietes die heutige Kernzone des Ruhrgebietes von Natur aus eher ein flaches Bruchland im 19 Jahrhundert Verstarkt durch Bodensenkungen in Folge des Bergbaus mit Storung der Abflussverhaltnisse und grossen Uberschwemmungen kam es hier zu einem Entwasserungsnotstand Vor allem durch infiziertes Trinkwasser und wegen der mangelhaften Abwasserbeseitigung kam es immer wieder zur Ausbreitung von Krankheiten wie Typhus Malaria und Cholera Die vorgeschlagenen Entwasserungsmassnahmen und die geforderte Staatsbeihilfe von 2 5 Mio Mark wurden zwar abgelehnt man baute aber einige Teilstrecken in den besonders betroffenen Abschnitten der Emscher zwischen Herne und Oberhausen aus 5 Die fortschreitende Besiedlung und die aufbluhende Montan und Chemieindustrie verschlechterten die wasserwirtschaftlichen und hygienischen Zustande dramatisch Allmahlich setzte sich die Erkenntnis durch dass hier nur durch ubergreifendes Handeln eine Losung gefunden werden konnte der Emscherbezirk zerfiel damals administrativ in 2 Provinzen 3 Regierungsbezirke 6 Stadt und 8 Landkreise 43 Amter und 137 Gemeinden Auf einer durch den Arnsberger Regierungsprasidenten einberufenen Versammlung der Vertreter der Kommunalverbande des Bergbaus und der Industrie im Standehaus zu Bochum am 14 Dezember 1899 wurde dann wurde dann die Grundung einer Organisationsform beschlossen die die Herstellung einer ausreichenden Vorflut Errichtung von Sammelkanalen zur Abwasserableitung und reinigung und insgesamt die Wahrnehmung von Aufgaben im offentlichen Interesse gewahrleisten sollte Ziel war von Anfang an eine verursachergerechte Kostenbeteiligung 3 Die Planungen fur die Behebung des Entwasserungsnotstandes wurden einer Kommission ubertragen in der Vertreter der betroffenen Interessensgruppen vereint wurden Kommunal Landkreis Industrie und Bergbauvertreter suchten gemeinsam mit technischen und hygienischen Sachverstandigen nach Problemlosungen Schnell wurde deutlich dass das Gesetz uber die Bildung von Wassergenossenschaften von 1879 einen viel zu engen Rahmen fur den grossen dicht besiedelten Raum steckte so dass am 14 Juli 1904 das Gesetz betreffend Bildung einer Genossenschaft zur Regelung der Vorflut und zur Abwasserreinigung im Emschergebiet vom preussischen Konig bestatigt wurde Die hier festgelegten genossenschaftlichen Grundsatze Vertretung aller demokratisch gewahlten Stadte und Stadtkreise gemeinschaftliche Veranlagung aller Verursacher an den Genossenschaftslasten Unterstellung und Kontrolle durch Aufsichtsbehordensind heute noch aktuell und gultig Zwar wurde dieses Sondergesetz im Laufe der Jahrzehnte an z T geanderte Rahmenbedingungen angepasst Grundsatze und wesentliche Aufgaben sind jedoch geblieben ebenso die Tragerschaft durch industriell gewerbliche sowie kommunale Mitglieder und den Bergbau 6 Wasserwirtschaftsverbande in Nordrhein Westfalen BearbeitenDas Emschergenossenschaftsgesetz diente in den Folgejahren als Modell fur die Grundung der anderen nordrhein westfalischen Wasserwirtschaftsverbande wobei Genossenschaft und Verband hier synonym verwendet werden Im Land Nordrhein Westfalen mit rund 18 Mio Menschen sind heute insgesamt die folgenden elf grossen Wasserwirtschaftsverbande tatig Aggerverband Bergisch Rheinischer Wasserverband Emschergenossenschaft Lippeverband Erftverband Linksniederrheinische Entwasserungs Genossenschaft LINEG Niersverband Ruhrverband Wahnbachtalsperrenverband Wasserverband Eifel Rur WupperverbandSie betreuen fast der Bevolkerung von NRW an den Nebenflussen von Rhein und Maas Ostwestfalen und einige Rheinanliegerstadte liegen beispielsweise nicht im Zustandigkeitsbereich eines Wasserwirtschaftsverbands 7 Charakteristisch fur die Arbeit der Verbande ist ihre Zustandigkeit fur ganze Flussgebiete oder wesentliche Teile davon und ihr ubergreifendes Tatigwerden auf den Gebieten des Wasserabflusses und der Wassergute als non profit Unternehmen Damit die wasserwirtschaftlichen Aufgaben landeseinheitlich wahrgenommen werden unterstehen die sondergesetzlichen Wasserverbande der direkten Rechtsaufsicht des NRW Umweltministeriums besitzen also keine hoheitlichen Aufgaben Da sie jedoch ihren Verbands und Genossenschaftsmitgliedern gegenuber Rechenschaft uber Wirtschaftlichkeit und Angemessenheit der kostenwirksamen Massnahmen ablegen mussen besteht latentes Konfliktpotenzial Einerseits werden von behordlicher Seite Anforderungen formuliert andererseits wird von der Kundenseite ein kostensparendes Handeln erwartet Die Organisation ist in der Regel gleich Sogenannte Verbandsorgane sind die Verbandsversammlung der Verbandsrat und der Vorstand analog Genossenschaftsversammlung Genossenschaftsrat Vorstand Das operative Geschaft wird uber eine Satzung geregelt Hier werden unter anderem Mitgliedsbeitrage Stimmrechte Haushalts Kassen und Rechnungswesen festgelegt Diese flussgebietsbezogene Organisationsform ist eine historisch gewachsene Besonderheit die es in Deutschland so nur in Nordrhein Westfalen sowie in den benachbarten Niederlanden gibt Die Wasserwirtschaftsverbande in Nordrhein Westfalen sind in einer Arbeitsgemeinschaft der Wasserwirtschaftsverbande AGW als eingetragener Verein zusammengeschlossen Wasserwirtschaftsverbande in den Niederlanden BearbeitenDie Niederlande haben ein Nordrhein Westfalen sehr vergleichbares System die Waterschappen Traditionell gibt es eine Zusammenarbeit insbesondere der grenznahen Wasserwirtschaftsverbande in NRW und in den Niederlanden 8 Die Kooperationen werden auch durch die Europaische Union z B im Rahmen des Europaischen Fonds fur regionale Entwicklung EFRE im grenzuberschreitenden Programm Interreg gefordert 9 Literatur BearbeitenAlfred Bochalli Die Wassergenossenschaften Verlag Paul Parey Berlin 1913 Alfred Bochalli Das Wassergenossenschaftsrecht Carl Heymanns Verlag Berlin 1921 Ralf Peters 100 Jahre Wasserwirtschaft im Revier Peter Pomp Verlag Bottrop Essen 1999 ISBN 3 89355 197 2 Weblinks BearbeitenHomepage Opiniuris Seite des nordrheinwestfalischen Umweltministeriums zum Thema Wasserverbande Seite der Arbeitsgemeinschaft der Wasserwirtschaftsverbande in Nordrhein WestfalenEinzelnachweise Bearbeiten Wasserhaushaltsgesetz des Bundes 40 a b Alfred Bochalli Die Wassergenossenschaften Verlag Paul Parey Berlin 1913 a b c d Alfred Bochalli Das Wassergenossenschaftsrecht Carl Heymanns Verlag Berlin 1921 Seite des Erftverbandes Emschergenossenschaft Selbstverlag 50 Jahre Emschergenossenschaft 1906 1956 Essen 1957 Ralf Peters 100 Jahre Wasserwirtschaft im Revier Peter Pomp Verlag Bottrop Essen 1999 ISBN 3 89355 197 2 Seite des nordrheinwestfalischen Umweltministeriums zum Thema Wasserverbande Memento vom 13 September 2015 im Internet Archive Dachorganisation der niederlandischen Wasserwirtschaftsverbande niederlandisch www nweurope eu Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Wasserwirtschaftsverband amp oldid 229785508