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Die Unruhen in Goschenen fanden am 27 und 28 Juli 1875 in der gerade selbstandig gewordenen Schweizer Gemeinde Goschenen im Kanton Uri statt Inhaltsverzeichnis 1 Unruhen 2 Intervention 3 Untersuchung 4 Literatur 5 EinzelnachweiseUnruhen BearbeitenWahrend des Baus des Gotthardtunnels erhohte sich die Einwohnerzahl von Goschenen auf ein Mehrfaches Die Bauarbeiter lebten in prekaren Verhaltnissen 1 Am 27 Juli traten italienische Tunnelarbeiter in einen Streik forderten mehr Lohn und verursachten einen Aufruhr im Dorf Ausloser war ein Streit zwischen einem Postenchef und den Mineuren die sich weigerten weiterzubohren bevor sich der Rauch nach den Sprengungen verzogen hatte Darauf entbrannte ein Wortgefecht bis die Mineure wutentbrannt die Arbeitsstelle verliessen Auf dem Weg nach draussen verbreitete sich das Gerucht dass eine Dynamitkiste brenne Dies fuhrte dazu dass auch die restliche Tunnelmannschaft ins Freie rannte Die ubliche Antwort Keiner ist gezwungen im Tunnel zu arbeiten Wer nicht will kann morgen seinen Lohn holen von Oberingenieur Ernest von Stockalper funktionierte diesmal nicht Die Arbeiter zogen weiter ins Dorf wo sie vor der Post Halt machten wo der Gemeindeprasident und gleichzeitig Posthalter wohnte und ihrem Zorn Luft verschafften Hier stellte Luigi Dissune unter Beifallsbezeugungen die Forderungen der Arbeiter vor einen Franken mehr Lohn pro Tag eine funktionierende Ventilation und bessere Sicherheitsvorschriften Der Drohung es gehe kein Mineur mehr in den Tunnel bis dies vollumfanglich erfullt sei wurde Nachdruck verschafft indem man vor dem Tunnelportal Posten bezog so dass am Schichtwechsel um 22 Uhr kein Mineur in den Tunnel gelassen wurde Ein Teil verbrachte die Nacht vor dem Portal mit Diskutieren und Singen Auch am 28 Juli um 6 Uhr liess man keine Mineure in den Tunnel nur die Steinhauer und Angestellten des Unternehmens Intervention BearbeitenDer Oberingenieur von Stockalper verlangte vom Gemeindeprasidenten Hilfe und telegrafierte ans Bauburo nach Altdorf Das in Franzosisch gehaltene Telegramm lautete Mineurs font greve et empechent travailleurs Envoyez 50 hommes armes et Fr 30 000 Stokalper 2 Er forderte darin 50 bewaffnete Manner und 30 000 Franken Zeitgleich erbat der Gemeindeprasident Karl Arnold von der Urner Regierung Verstarkung fur die von einem Landjager befehligte Goschener Burgerwehr Um acht Uhr beschlossen der Landammann und der Landeshauptmann das Entsenden samtlicher Landjager der Stationen Altdorf bis Amsteg mit Hilfsmannschaft und Waffen nach Goschenen Die Mannschaft sollte langs der Strasse engagiert werden Wachtmeister Trosch fuhrte diese Burgerwehr an In Altdorf sammelte er eiligst sieben Mann zusammen und fuhr mit den Landjagern Richtung Goschenen in Wassen wurden weitere acht Mann rekrutiert Er kam um 16 Uhr mit 22 Mann in Goschenen an Beim ersten Vorstoss zur Post leisteten die Arbeiter Widerstand so dass sich Wachtmeister Trosch zuruckziehen musste Erst als die Goschener Burgerwehr zu ihm stiess wagte er einen erneuten Vorstoss Zu dem Zeitpunkt gab es unter der Ordnungsmacht schon Verletzte Die rund dreissig Mann sahen ein wenig lacherlich aus in ihren Kaputen und Militarmutzen 3 und waren zahlenmassig den wutenden und Steine werfenden Demonstranten unterlegen Warum der erste Schuss fiel und von wem er abgefeuert wurde ist nicht bekannt ein Schiessbefehl wurde nicht erteilt Auch der genaue Ablauf der Schiesserei ist unklar Nachher zerstreuten sich die Demonstranten Unter ihnen waren vier Tote und etliche Verletzte zu beklagen Je nach Quelle starben zwei oder drei unmittelbar vor Ort ein weiterer erlag seinen Verletzungen einen Tag spater laut Untersuchungsbericht der vierte erst mehrere Tage spater Nach dem Streik erfolgte vom 29 Juli bis 2 August ein Aktivdienst Einsatz kantonaler Infanterie in Goschenen und anschliessend eine unbewaffnete Bundesintervention unter Leitung eines eidgenossischen Kommissars Standerat und Oberst Hans Hold Untersuchung BearbeitenDie vom Bundesrat geforderten Untersuchungsberichte des Kantons Uri waren ihm ungenugend gerade weil darin praktisch nur die strafrechtlichen Aspekte des Streiks abgehandelt wurden Deshalb beschloss der Bundesrat eine erganzende Untersuchung die drei Schwerpunkte umfasste 1 die Beziehung zwischen Unternehmen und Arbeiter 2 die sanitarischen Verhaltnisse 3 die Berechtigung der polizeilichen und militarischen Massnahmen des Kantons Uri Mit dieser Untersuchung wurde Hans Hold beauftragt der am 23 September seine Arbeit aufnahm 4 Standerat Hold erstattete dem Bundesrat danach zwei Berichte von denen einer im Bundesblatt abgedruckt wurde Darin beschrieb Hold neben dem Hergang der Ereignisse vor allem die schwierigen Arbeits und Wohnbedingungen der Gastarbeiter Viele Arbeiter die gemeinsam Menage machen ernahren sich mit einem Aufwande von taglichen Cts 60 80 was bei der consumirenden Tunnelarbeit nach Angabe der Aerzte durchaus unzulanglich ist und zu mehrfachen Krankheitserscheinungen Veranlassung gibt Hans Hold Bericht vom 16 Oktober 1875 5 Im zweiten nicht veroffentlichten Bericht kritisierte er die mangelhafte Rechtsstaatlichkeit und die sanitaren Zustande auf der Grossbaustelle Fast zu gleicher Zeit wurde zu Airolo beim Tunneleingang ein Arbeiter ermordet gefunden Es wurde nicht einmal der Name desselben ermittelt geschweige denn weitere Untersuchung gepflogen Hans Hold Bericht vom 27 Oktober 1875 Der Schweizer Gesandte Giovanni Battista Pioda in Rom berichtete am 29 Dezember 1875 dass der veroffentlichte Bericht von Oberst Hold die italienische Regierung die zuvor noch Entschadigungsforderungen fur die Hinterbliebenen und Verletzten angekundigt hatte zunachst zufriedenstellte 6 Literatur BearbeitenBericht des eidg Kommissars Hrn Hold uber die Unruhen in Goschenen am 27 und 28 Juli 1875 BBl 1875 IV 621 ff Untersuchung zu den Arbeiterunruhen von Goschenen vertrauliches Schreiben von Hans Hold an das Justiz und Polizeidepartement vom 27 Oktober 1875 Handschrift Schweizerisches Bundesarchiv Bestand E 53 166 Tobias Kastli Der Streik der Tunnelarbeiter am Gotthard 1875 Quellen und Kommentar Z Verlag Basel 1977 Konrad Kuoni Der Bau des Gotthard Eisenbahntunnels 1872 1881 In Ferrum Nachrichten aus der Eisenbibliothek Band 80 2008 S 99 112 Alfred A Hasler Gotthard Als die Technik Weltgeschichte schrieb Huber Frauenfeld 1982 ISBN 3 7193 0806 5 S 163 172 Einzelnachweise Bearbeiten Laurenz Sonderegger und Hector Egger Bericht vom 30 Marz 1876 abgedruckt in Edwin Hofmann Medizingeschichtliche Beitrage zur Baugeschichte der Gotthardbahn Dissertation Bern 1950 S 16 19 beschreiben die Arbeiterunterkunfte wie folgt Die Gange sind schmutzig wie nasse Feldwege vor den Thuren liegt Kehricht an manchen Fensterbrustungen kleben Excremente BBl 1875 IV 623 Alfred A Hasler Gotthard 1982 S 169 Alfred A Hasler Gotthard 1982 S 172 BBl 1875 IV 632 633 Der schweizerische Gesandte in Rom G B Pioda an den Bundesrat in der Datenbank Dodis der Diplomatischen Dokumente der Schweiz 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