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Die UR 100 GRAU Index 8K84 sowjetische Vertragsbezeichnung RS 10 DIA Code SS 11 NATO Codename Sego war eine Interkontinentalrakete die in der Sowjetunion entwickelt gebaut und stationiert wurde Sie war in den 1970er Jahren das Ruckgrat der Strategischen Raketentruppen der Sowjetarmee Die letzten Exemplare wurden bis 1994 von den Strategischen Raketentruppen Russlands ausgemustert Die UR 100N eine Weiterentwicklung ist derzeit noch im Einsatz Stand 2023 Von einem MAZ 537 gezogene UR 100 in ihrem Startkanister Inhaltsverzeichnis 1 Entwicklung 2 Technik 3 Status 4 Technische Daten der UR 100 5 Siehe auch 6 Einzelnachweise 7 Literatur 8 WeblinksEntwicklung BearbeitenIm April 1962 beschloss die sowjetische Regierung die Entwicklung der zweiten Generation von Interkontinentalraketen ICBM welche die mangelhaften Systeme der ersten Generation die R 16 SS 7 Saddler und die R 9 SS 8 Sasin ablosen sollten Der Beschluss sah die Entwicklung von vier Raketentypen vor eine leichte feststoffgetriebene Rakete als Gegenstuck zur US amerikanischen Minuteman die in grosser Stuckzahl stationiert werden sollte eine schwere Rakete als Gegenstuck zur US amerikanischen Titan eine uberschwere Rakete zum Tragen von Sprengkopfen mit mehr als 50 MT Sprengkraft sowie eine orbitale Rakete die es erlauben sollte die nach Norden ausgerichteten amerikanischen Fruhwarnradare zu umgehen Mit der Entwicklung der leichten feststoffgetriebenen ICBM wurde das OKB 1 von Sergej Koroljow beauftragt Allerdings stiess dieses Programm RT 2 auf grossere technische Hurden und die negativen Erfahrungen mit den vorangegangenen ICBM Projekten Koroljows die R 7 und R 9 fuhrten zu zwei parallelen Projekten fur eine leichte Rakete mit flussigen Treibstoffen bei den Konstruktionsburos SKB 586 unter Michail Jangel R 38 und OKB 52 unter Wladimir Tschelomei UR 100 Die Entwicklung der UR 100 wurde am 30 Marz 1963 genehmigt Das R 38 Programm wurde beendet da Jangels Konstruktionsburo sich auf die Entwicklung der schweren R 36 konzentrieren sollte 1 2 Die Entwicklung der UR 100 kam ohne grossere Probleme voran im Gegensatz zur RT 2 Das Flugerprobungsprogramm fur die UR 100 begann auf dem Testgelande in Baikonur Tjuratam nahezu ein Jahr vor dem der RT 2 am 19 April 1965 und wurde am 27 Oktober 1966 beendet Die Stationierung der UR 100 begann im Jahr 1966 In den folgenden 6 Jahren wurden insgesamt 990 Raketen an 11 Standorten in der Sowjetunion stationiert hauptsachlich entlang dem Verlauf der Transsibirischen Eisenbahn Im Gegensatz dazu wurden von der RT 2 ab 1971 nur 60 Raketen stationiert 1 2 Aufgrund der sich in den 1960er Jahren stetig verschlechternden Beziehungen der Sowjetunion zur Volksrepublik China wurden die strategischen Raketentruppen 1968 damit beauftragt einen Kriegsplan fur den Fall eines Konfliktes mit China zu entwickeln Dies stellte die Raketentruppen vor ein Problem da die Steuerungssysteme der damaligen Raketen oftmals ein schnelles Reprogrammieren von Zielkoordinaten nicht zuliessen oder wichtige Ziele unterhalb der Minimalreichweite vieler sowjetischer ICBM lagen Daher wurden im Juli 1968 zwei Testfluge von UR 100 Raketen mit Flugweiten von nur 925 km bzw 1100 km durchgefuhrt um sie gegen Ziele in relativ geringer Entfernung zu testen Die letzten beiden Divisionen von UR 100 Raketen die stationiert wurden waren gegen Ziele in China gerichtet Daneben ubernahmen die UR 100 Raketen auch eine Mittelstreckenrolle gegen Ziele in Europa und Japan 2 Ende der 1960er Jahre fuhrte eine Studie in der Sowjetunion an der unter anderem Jangels Konstruktionsburo beteiligt war zu heftigen Auseinandersetzungen innerhalb des sowjetischen Verteidigungsapparates da diese auch die strategischen Raketen der zweiten Generation als unzureichend befand Die damit verbundenen Kampfe zwischen den beteiligten Ministerien Entwicklungsburos dem Politburo sowie dem sowjetischen Generalstab wird auch als kleiner Burgerkrieg bezeichnet In dessen Folge kam es zu einer Ausschreibung fur ein Nachfolgesystem fur die UR 100 an der sich wiederum SKB 586 Jangel und OKB 52 Tschelomei beteiligten Letzteres Buro trat mit zwei Entwurfen an die UR 100N eine vollige Neuentwicklung trotz ahnlichem Namen sowie einer verbesserten Version der UR 100 die UR 100K Jangels Buro trat mit der MR UR 100 an Obwohl die ursprunglichen Plane vorsahen sich schon nach der Entwurfsphase auf ein Modell festzulegen wurde der Wettbewerb fur alle drei Raketen in die Flugerprobungsphase verlangert Schlussendlich wurde beschlossen alle drei Systeme in die Bewaffnung aufzunehmen Sie sollten die Basisversion der UR 100 graduell ersetzen 1 2 3 Nachdem die UR 100 1971 ihre maximale Stationierungszahl von 990 Raketen erreicht hatte wurde schon 1972 damit begonnen Raketen auszumustern und die Silos fur die Stationierung der Nachfolgemodelle zu modifizieren Die UR 100K Rakete war rund 8 t schwerer als die Basisversion und wurde in zwei Subvarianten stationiert eine Version mit Einzelsprengkopf und eine mit drei Mehrfachsprengkopfen nicht individuell steuerbar Die UR 100K verfugte als erste sowjetische Interkontinentalrakete uber Tauschkorper zur Uberwindung von Raketenabwehrsystemen Die Einzelsprengkopfvariante der UR 100K wurde ab 1974 stationiert und erreichte schon 1975 ihre Maximalanzahl von 200 Raketen Die Mehrfachsprengkopfvariante folgte ab 1975 und erreichte 1976 ihre maximale Stationierungszahl von 220 Raketen Daneben wurde ab 1975 auch noch 120 Raketen des Modells UR 100U stationiert das ebenfalls drei Sprengkopfe trug 3 Da durch den 1972 geschlossenen SALT I zwischen den USA und der UdSSR die Anzahl von Raketensilos fur Interkontinentalraketen in beiden Staaten eingefroren wurde ubernahm ab 1976 die neu entwickelte RSD 10 SS 20 die Rolle gegen kontinentale Ziele in Europa und Asien von den UR 100 Raketen und ebenso graduell von den R 12 und R 14 Raketen so dass man die maximale Anzahl von Silos in der UdSSR fur interkontinentale Ziele in den USA nutzen konnte 2 Die Ausmusterung der UR 100 begann wie beschrieben durch das graduelle Ersetzen der Raketen durch die UR 100K U UR 100N und MR UR 100 ab 1972 Bis 1984 wurde die Basisvariante ausgemustert wobei die letzten 100 Raketen zwischen 1980 und 1984 keine Sprengkopfe trugen Die UR 100U wurde zwischen 1979 und 1983 ausgemustert Die UR 100K Raketen blieben am langsten stationiert ihre langsame Ausmusterung fand zwischen 1985 und 1994 statt 4 Technik BearbeitenDie UR 100 Raketen einschliesslich der UR 100K und UR 100U Versionen waren zweistufig mit lagerfahigem Treibstoff Sie nutzten in beiden Stufen Unsymmetrisches Dimethylhydrazin UDMH als Treibstoff und Distickstofftetraoxid NTO als Oxidator Neben den R 36 Raketen waren sie die ersten sowjetischen Raketen die NTO als Oxidator nutzten die vorangegangenen Raketen verwendeten konzentrierte Salpetersaure Tschelomeis OKB 52 optimierte den Entwurf auf billige Massenproduktion und nutzte dabei seine Erfahrungen aus der Flugzeugindustrie Ebenso wurde das Startkonzept von Tschelomeis Erfahrung aus der Entwicklung von seegestutzten Marschflugkorpern ubernommen Die Rakete wurde im Werk in ihren Startkanister verpackt und in diesem zum Stationierungsort gebracht Im Kanister wurde sie in den Silo eingelassen und betankt Nachfolgend wurde der Kanister versiegelt um die Rakete vor Umwelteinflussen zu schutzen So konnte sie mehrere Jahre im Silo startbereit gelagert werden im Gegensatz zu nur sechs Monaten beim Vorganger R 16 Zwischen Startkanister und Silowand befand sich ein Zwischenraum uber den beim Start die heissen Abgase abgeleitet wurden Um eine moglichst schnelle und billige Stationierung zu ermoglichen waren die Silos der UR 100 nur gering gegen Kernwaffenexplosionen gehartet Sie waren bis zu einem Uberdruck von 200 kPa ausgelegt Status Bearbeiten1986 waren SS 11 im Raum Perm Kostroma Teikowo nordostlich von Lessosibirsk ostlich des Baikalsees nahe Ulan Ude in der Nahe von Tschita Tschita 46 und bei Nowy Urgal in der Region Chabarowsk stationiert Im Zuge des START 1 Abkommens wurden samtliche Systeme ausgemustert Das letzte System wurde 1994 verschrottet Technische Daten der UR 100 BearbeitenSystem UR 100 UR 100K UR 100UVertragsbezeichnung RS 10 RS 10 RS 10GRAU Index 8K84 15A20 15A20UDIA Code SS 11 mod 1 SS 11 mod 2 SS 11 mod 3NATO Code Sego Sego SegoEinsatzzeit 1966 1984 1973 1990 1975 1983Antrieb 2 Stufen Flussigtreibstoff 2 Stufen Flussigtreibstoff 2 Stufen FlussigtreibstoffTreibstoff Oxidator UDMH NTO UDMH NTO UDMH NTOLange 16 70 m 18 90 m 19 10 mRumpfdurchmesser 2 000 mm 2 000 mm 2 000 mmGewicht 42 300 kg 50 100 kg 50 100 kgNutzlast 760 1 500 kg 1 200 kg 1 200 kgSprengkopf 1 RV nuklear 1 1 MT 1 RV nuklear 1 0 MT 3 MRV Nuklear 220 kT plus Tauschkorper 3 MRV nuklear 220 kT plus TauschkorperEinsatzreichweite 11 000 km 12 000 km 10 600 kmTreffergenauigkeit CEP 1 4 km 0 96 km 1 1 1 2 km 1 1 1 2 kmSiehe auch BearbeitenListe von nuklearen Boden Boden RaketenEinzelnachweise Bearbeiten a b c P Podvig Hrsg Russian Strategic Nuclear Forces MIT Press 2004 ISBN 978 0 262 16202 9 a b c d e S J Zaloga The Kremlin s Nuclear Sword The Rise and Fall of Russia s Strategic Nuclear Forces 1945 2000 Smithsonian Institution Press 2001 ISBN 1 58834 007 4 a b Pavel Podvig The Window of Vulnerability That Wasn t Soviet Military Buildup in the 1970s A Research Note International Security Summer 2008 Vol 33 No 1 118 138 Nuclear Notebook U S and Soviet Russian intercontinental ballistic missiles 1959 2008Literatur BearbeitenRussian Strategic Nuclear Forces by Frank vonHippel Pavel Podvig JANE S STRATEGIC WEAPON SYSTEMS Edition 2003 Jane s Verlag Landgestutzte sowjetische russische ballistische Lenkwaffen DTIG Defense Threat Informations Group Juli 2005Weblinks Bearbeiten nbsp Commons UR 100 Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Globalsecurity org www dtig org Memento vom 29 Oktober 2013 im Internet Archive Ubersicht ballistischer Lenkwaffen aus russischer Produktion deutsch Missilethreat com UR 100 in der Encyclopedia Astronautica englisch Abgerufen von https de wikipedia org w index php title UR 100 amp oldid 232360094