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Die Tumorzytogenetik ist ein Teilgebiet der Zytogenetik Chromosomenforschung das sich mit der genetischen Erforschung von Tumoren befasst Dabei werden vor allem Chromosomenveranderungen in Tumorgewebe erforscht die Hinweise auf den Tumortyp und seinen Malignitatsgrad geben konnen Die Tumorzytogenetik hat eine besondere Bedeutung in der Diagnostik von tumorartigen Erkrankungen des Knochenmarks wie z B Leukamie Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Literatur 3 Weblinks 4 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDie Anfange der Tumorzytogenetik reichen bis ins 19 Jahrhundert zuruck Der deutsche Pathologe David Paul von Hansemann berichtete schon 1890 von auffalligen Strukturen des Zellkerns und gestorten Figuren der Zellteilung in histologischen Schnitten von Karzinomgewebe Er vermutete bereits einen Zusammenhang zwischen diesen Anomalien und der Krebsentstehung 1 Im Jahr 1914 stellte der deutsche Zoologe Theodor Boveri die Chromosomenhypothese der Tumorentstehung auf Danach werden durch Chromosomenveranderungen in einer Zelle die Voraussetzungen fur malignes Wachstum geschaffen 2 Es dauerte dann aber noch viele Jahre bis 1960 erstmals eine spezifische Chromosomenanomalie bei einer menschlichen Tumorerkrankung beschrieben werden konnte Sie erhielt den Namen Philadelphia Chromosom weil sie in einem Labor in Philadelphia entdeckt worden war Dort wurde festgestellt dass in den Zellen aus dem Knochenmark von Patienten mit chronisch myeloischer Leukamie CML ein kleines verkurztes Chromosom so regelmassig auftritt dass sein Nachweis fur diagnostische Zwecke genutzt werden kann 3 Im Jahr 1967 konnte dann beim Meningeom nachgewiesen werden dass bei diesem gutartigen Tumor der Hirnhaut auch eine typische zytogenetische Veranderung in Form des Verlustes eines ganzen Chromosoms vorliegt 4 Durch die schnelle Weiterentwicklung der zytogenetischen Banderungstechniken wurde 1972 der Nachweis moglich dass beim Meningeom ein Chromosom 22 verloren geht 5 Auch bei der Entstehung des Philadelphiachromosoms ist das Chromosom 22 betroffen es geht aber kein Chromosomenmaterial verloren sondern zwischen den Chromosomen 22 und 9 findet ein Stuckaustausch reziproke Translokation statt 6 In den Folgejahren wurden bei einer Vielzahl von menschlichen Tumorerkrankungen mehr oder minder spezifische Chromosomenanomalien entdeckt die sowohl fur die Beurteilung der Malignitat als auch fur die Uberwachung der Therapie eine wichtige Rolle spielen Aufgrund neuer molekulargenetischer Methoden wurde es moglich viele dieser Chromosomenanomalien direkt in den Kernen von Tumorzellen sichtbar zu machen ohne eine vollstandige Chromosomenanalyse durchfuhren zu mussen Dadurch konnten sehr viel einfacher und schneller spezifische Chromosomenanomalien in Tumorgewebe nachgewiesen werden 7 Mit Hilfe der Tumorzytogenetik wurde es auch moglich eine ganze Reihe von Genen im menschlichen Chromosomensatz zu lokalisieren die mit der Entstehung von Tumoren in Zusammenhang stehen Ein Beispiel dafur ist das ABL Onkogen das normalerweise auf Chromosom 9 liegt und dort als streng reguliertes Wachstumsgen fungiert Bei der Bildung des Philadelphia Chromosoms im Rahmen einer 9 22 Translokation wird dieses Gen auf das Chromosom 22 in die BCR Region verlagert wodurch ein BCR ABL Fusionsgen entsteht Dieses Gen produziert weitgehend unkontrolliert ein Fusionsprotein mit einer Tyrosinkinase Aktivitat das im Knochenmark einen bestimmten Zelltyp verstarkt zur Zellteilung anregt wodurch ein leukamischer Zellklon entsteht Dieser Befund hat zur Entwicklung der Tyrosinkinase Hemmer gefuhrt die inzwischen eine wichtige Rolle in der Tumortherapie spielen 8 Literatur BearbeitenC Schaaf J Zsocke Basiswissen Humangenetik Springer Berlin 2018 ISBN 978 3 662 56146 1 J Murken Hrsg Taschenlehrbuch Humangenetik Thieme Stuttgart 2011 ISBN 978 3 13 139298 5 J P Huret Editor Atlas of Genetics and Cytogenetics in Oncology and Haematology onlineWeblinks BearbeitenMitelman Database of Chromosome Aberrations and Gene Fusions in Cancer TumorzytogenetikEinzelnachweise Bearbeiten von Hansemann D Ueber asymmetrische Zellteilung in Epithelkrebsen und deren biologische Bedeutung Virchows Archiv A Pathologie Anatomie Band 119 1890 S 299 236 Boveri T Zur Frage der Entstehung maligner Tumoren Gustav Fischer Jena 1914 Nowell P C Hungerford D A A minute chromosome in human chronic granulocytic leikemia Science Band 132 1960 S 1497 Zang K D Singer H Chromosomal constitution in meningiomas Nature Band 216 1967 S 84 85 Zankl H Zang K D Cytological and cytogenetical studies on brain tumors IV Identification of the missing G chromosome in human meningiomas as no 22 by fluorescence technique Humangenetik Band 14 1972 S 167 169 J D Rowley Letter A new consistent chromosomal abnormality in chronic myelogenous leukaemia identified by quinacrine fluorescence and Giemsa staining In Nature Band 243 Nummer 5405 Juni 1973 S 290 293 PMID 4126434 Zankl H Molekularzytogenetische Tumordiagnostik In Hrsg Raem A M et al Genmedizin Springer Berlin 2001 S 243 264 Goldman J M Melo J V BCR ABL in chronic myelogenous leukemia how does it work Acta Haematologica Band 119 2008 S 212 217 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Tumorzytogenetik amp oldid 232823019