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Der Trikont Verlag war eines der bekanntesten Publikationshauser der Protest und Alternativ Bewegung in den 1960er und 1970er Jahren Er wurde 1967 von zwei Mitgliedern des SDS Herbert Rottgen der spater sein Autorenpseudonym Victor Trimondi als Namen annahm und Gisela Erler in Koln gegrundet und kurz darauf nach Munchen verlagert 1969 stiess Achim Bergmann dazu Inhaltsverzeichnis 1 Verlagsgeschichte 2 Der Fall Bommi Baumann 3 Weitere Publikationen 4 Ausstellungen 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseVerlagsgeschichte BearbeitenDer Verlagsname bezog sich auf Trikont einen Ersatzbegriff fur die als diskriminierend beurteilten Bezeichnungen Dritte Welt und Entwicklungslander fur die drei Kontinente Afrika Asien und Lateinamerika die in der damaligen radikalen Linken als Ausgangspunkt einer weltweiten revolutionaren Befreiungsbewegung angesehen wurden Dementsprechend publizierte der Verlag zunachst vor allem Schriften radikaler Bewegungen aus der Dritten Welt Sudamerika Kuba Afrika Vietnam und der amerikanischen Protest Bewegungen Black Panther Party darunter eine deutsche Ubersetzung des beruhmten Bolivianischen Tagebuchs von Che Guevara Weitere Autoren aus dieser Publikationsphase waren Fidel Castro Ho Chi Minh Regis Debray Rudi Dutschke Neben der eigenen Verlagsproduktion verbreitete Trikont Bucher Zeitschriften Plakate und Schallplatten aus der Volksrepublik China unter anderem Worte des Vorsitzenden Mao Tsetung Mao Bibel In den 1970er Jahren war Trikont das Publikationshaus das die einschlagigen Schriften der so genannten Sponti Bewegung veroffentlichte jener radikalen libertaren alternativen und ausserparlamentarischen Opposition zu der damals Joschka Fischer und Daniel Cohn Bendit beide Trikont Autoren zahlten Ab 1973 gab der Verlag die Theoriezeitschrift der Spontis heraus Autonomie Materialien gegen die Fabrikgesellschaft Bereits 1972 war das Trikont Platten Label Unsere Stimme entstanden mit der Veroffentlichung des Albums Wir befreien uns selbst der Munchner Sponti Gruppe Arbeitersache der die Mitglieder des Trikont Verlagskollektivs angehorten Aus dem Label entstand spater der Trikont Musikverlag Nach dem Vorbild von Lotta Continua einer Organisation des italienischen Operaismus sangen sie selbstkomponierte Kampflieder 1 Seit 1974 publizierte der Verlag die Reihe Frauenoffensive die von Frauen aus der Munchener Frauenbewegung herausgegeben wurde In dieser Reihe erschienen Texte des deutschen amerikanischen englischen italienischen und franzosischen Feminismus Wenig spater grundeten die Herausgeberinnen dieser Reihe unter dem gleichen Namen Frauenoffensive den ersten autonomen feministischen Verlag in der Bundesrepublik 2 Ende der 1970er Jahre anderte der Trikont Verlag sein Programm und publizierte Themen die spater unter dem Begriff New Age klassifiziert wurden Um die neue Ausrichtung anzuzeigen wurde der Verlag 1980 in Dianus Trikont Verlag umbenannt und vom Plattenlabel getrennt das als Trikont Unsere Stimme eine eigenstandige Firma wurde mit Achim Bergmann als einzigem Gesellschafter 3 Aus dem Buchverlag schied Gisela Erler aus Herbert Rottgen blieb und fuhrte ihn zusammen mit der franzosischen Schriftstellerin Christiane Singer Thurn Valsassina bis 1986 fort 4 Trikont Unsere Stimme hat inzwischen rund 500 Alben verschiedenster Musikstile herausgebracht von Liedermachern und Rockmusik uber Punkrock Swamp Musik Klezmer und weiteren Folklore Adaptionen bis hin zu Kindermusik 5 Im Juli 1986 meldete der Verlag Konkurs an 6 Die ehemalige Lektorin Christine Dombrowsky grundete 1991 aus der Konkursmasse das sog Archiv 451 Der Name ist eine Anspielung auf den Truffaut Film gt Fahrenheit 451 lt In dem Archiv sind nach eigenen Angaben durch systematische Ankaufe alle 254 Titel des Verlages inzwischen wieder vorhanden Zusatzlich gibt es einen Fundus mit Plakaten Zeitschriften und Grauem Material auch von anderen sozialen und antiautoritaren Bewegungen aus Munchen Dembrowsky will den Verlag Trikont nicht zuerst als Esoterikverlag sehen sondern in der linken Munchner Tradition von Erich Muhsam und Ernst Toller gt politisch bissig nachdenklich intelligent und kompromisslos lt angesiedelt wissen 7 Am 20 Juli 2010 verstarb Christine Dombrowsky im Alter von nur 59 Jahren Kurz vor ihrem Tod ubergab sie das Archiv noch an das Archiv der Munchner Arbeiterbewegung 8 Der Fall Bommi Baumann BearbeitenWie viele der kleinen linksorientierten Verlage dieser Zeit veroffentlichte der Trikont Verlag Bucher die den bewaffneten Widerstand gegen Faschismus und Kolonialismus sowie die revolutionare Gewalt als Mittel radikaler Gesellschaftsveranderung reflektierten Die Gewalt Thematik wurde von Anfang an differenziert und kontrovers im Verlags Team spater insbesondere in der Zeitschrift Autonomie diskutiert Wie bei vielen ihrer Verleger Kollegen und Weggefahrten fuhrte die zunehmende Eskalation des RAF Terrors bei Herbert Rottgen und Gisela Erler zu der Einsicht revolutionare Gewalt als Mittel der Politik abzulehnen Sie demonstrierten ihren Gesinnungswandel indem sie unter anderem die Autobiographie Bommi Baumanns Wie alles anfing herausbrachten Baumann ein ehemaliges Mitglied der linken Terror Gruppe Bewegung 2 Juni pladierte mit uberzeugenden Erfahrungsberichten fur einen Ausstieg aus der bewaffneten Szene Genossen werft die Knarre weg 9 Viele Intellektuelle darunter an exponierter Stelle Heinrich Boll sahen in dem Buch den authentischsten Beitrag um die Gewaltspirale zu stoppen Schon vor Erscheinen von Wie alles anfing erhielt Verleger Rottgen mehrere Morddrohungen aus dem RAF Milieu Er entschloss sich trotzdem zur Publikation Paradoxerweise bewirkte die bayerische Staatsanwaltschaft ein Verbot des Buches Die Verleger Rottgen und Erler wurden angeklagt weil der Text angeblich zur Gewalt aufriefe obgleich er gerade das Gegenteil tat In den Raumen des Trikont Verlages in zahlreichen Buchhandlungen und privaten Wohnungen fanden Hausdurchsuchungen statt um das Buch zu beschlagnahmen Der vielbeachtete Prozess gegen die beiden Verleger erstreckte sich uber drei Jahre und alle Instanzen Er endete 1978 mit einem umfassenden Freispruch In der Zwischenzeit fand eine der spektakularsten Kampagnen um ein verbotenes Buch seit 1945 statt Herbert Rottgen hatte eine Reprint Ausgabe von Wie alles anfing organisiert die nicht vom Trikont Verlag sondern von mehr als 400 namhaften Personen Verlagen Buchhandlungen Druckereien und Institutionen publiziert wurde unter anderem von Jean Paul Sartre Peter Handke Wolfgang Abendroth Bernt Engelmann Inge Feltrinelli Helmut Gollwitzer Jakob Moneta Luise Rinser Alice Schwarzer Peter Weiss und Gerhard Zwerenz Wahrend des Gerichtsverbotes der Trikont Ausgabe zwischen 1975 und 1978 war der Reprint im Buchhandel erhaltlich und wurde zu einem Bestseller Mit den Baumann Memoiren beginnt die nach esoterische Phase des Verlages Der Duisburger TRIKONT Verleger Bernd Kalus produziert seitdem pop theoretische sozialhistorische und Theater Literatur 10 Weitere Publikationen BearbeitenMit dem Trikont Verlag schufen die Verleger Herbert Rottgen Gisela Erler und das Verlags Team einen Trendsetter der Protest und Alternativ Literatur In ihm erschienen die fruhesten deutschsprachigen Bucher und Ubersetzungen zum Feminismus zur Grey Panther Bewegung zur Homosexuellen und Mannerbewegung zu verschiedenen alternativen Lebensformen zu unterdruckten Volkern zur neuen Indianerbewegung zum Regionalismus Bekannte Autoren und Titel revolutionare Klassiker aus dieser Zeit waren Rudi Dutschke Der Lange Marsch 1968 Daniel Cohn Bendit Der grosse Basar 1975 Rainer Langhans und Fritz Teufel Klau mich 1977 Jerry Rubin Do it 1976 Volker Elis Pilgrim Manifest fur den freien Mann 1977 Einen besonderen Ruf hat sich Trikont mit profunden und schillernden Zusammenstellungen nachgerade obskurer Genres und wenig beachteter Gattungen gemacht schrieb Michael Scheiner in Der neue Tag vom 27 September 2007 Ausstellungen BearbeitenArchiv 451 Trikont Verlag Haus der Kunst Munchen 2023 11 Weblinks BearbeitenOffizielle Website des Verlages Trikont Duisburg Achim Bergmann Geschaftsfuhrer des Trikont Platten Labels Unsere Stimme berichtet bei Memoro von den Anfangszeiten des Trikont Verlages Klaus Korner Der Trikont Verlag und das Archiv 451 bei Protest muenchen Hubert Seliger Der Munchner Trikont Prozess in Kurt Groenewold Alexander Ignor Arnd Koch Hrsg Lexikon der Politischen Strafprozesse Online Stand Oktober 2018 Einzelnachweise Bearbeiten Christof Meueler Franz Dobler Die Trikont Story Munchen 2017 S 29 S 38 Hieruber schrieb die Suddeutsche Zeitung 1999 unter dem Titel Das susse Gift des Feminismus Uber die Frauenoffensive im Trikont Verlag Christof Meueler Franz Dobler Die Trikont Story Munchen 2017 S 136 Durst nach Mythen Von Mao zum Dalai Lama von Che Guevara zur Mutter Gottes der einstige Links Verlag Trikont ist auf dem spirituellen Trip Verlage 4 Oktober 1982 https trikont de category themen die trikont story Der Spiegel Ausgabe Nr 30 1986 online abgerufen am 15 Dezember 2018 15 43 online abrufbar Homepage Protest Munchen 1967 Der Trikont Verlag und das Archiv 451 online abgerufen am 15 Dezember 2018 15 56 Uhr online abrufbar taz blogs vom 28 Juli 2010 Die Seele des Archivs 451 ist gestorben online abgerufen am 15 Dezember 2018 online abrufbar Stadtguerilla als Zeuge der Stasi In Der Spiegel 2 Dezember 2008 vergleiche Index Trikont Verlag Memento des Originals vom 5 Marz 2011 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www trikont duisburg de https www hausderkunst de ausstellungen archiv 451 trikont verlagNormdaten Korperschaft GND 2024629 8 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Trikont Verlag amp oldid 236106524