www.wikidata.de-de.nina.az
Eine generative Transformationsgrammatik kurz auch Transformationsgrammatik TG ist eine generative Grammatik Erzeugungsgrammatik mit Transformationsregeln Die Bezeichnung dient als Name fur das Modell das in den 1950er Jahren von Noam Chomsky konzipiert 1957 formuliert und spater mehrfach revidiert und erweitert wurde Chomskys Modelle sind sowohl generativ als auch transformationell daher beziehen sich die Bezeichnungen Generative Grammatik und Generative Transformationsgrammatik in der Regel auf dieselbe Theorie 1 eine generative Grammatik besitzt als solche aber nicht notwendigerweise auch Transformationen Inhaltsverzeichnis 1 Motivation der Theorie 2 Konzepte 3 Die Lakoff Variante 4 Synopse als Zusammenfassung 5 Kritik 6 Siehe auch 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseMotivation der Theorie BearbeitenDie generative Transformationsgrammatik stellt nach der Theorie Noam Chomskys eine Uberwindung des taxonomischen Strukturalismus dar Chomsky fragte wie ein Sprecher einer beliebigen Sprache mit einer endlichen Anzahl von Regeln eine unendliche Anzahl von Satzen produzieren kann und wie ein Horer Satze versteht die er zuvor nie gehort hat Eine generative Transformationsgrammatik erklart also auf einer abstrakten Ebene die Fahigkeiten die sich in der Sprachproduktion und Sprachrezeption zeigen reprasentiert also die Fahigkeit des idealen Sprechers Horers grammatikalische Ausdrucke zu erzeugen und zu verstehen Kompetenz Es handelt sich nicht direkt um eine psycholinguistische Darstellung der konkreten Ablaufe bei der Sprachproduktion Die Vorstellung eines idealen Sprechers ist verbunden mit dem Entwurf einer naturlichen Logik Dabei orientierten sich die strukturellen Grammatiktheorien u a an Rudolf Carnap Als Vertreter des logischen Empirismus arbeitete er an einer logischen Analyse der Sprache nach dem Muster der physikalischen Sprache die er als Universalsprache der Wissenschaft betrachtete Eine weitere Voraussetzung fur einen solchen Ansatz ist das Postulat dass das Sprachsystem im Gehirn ahnlich funktioniert wie ein Computer Nach Jerry Fodors Ansicht konnen die vielfaltigen Strukturen und Bedeutungen der sprachlichen Ausserungen Oberflachenstruktur auf einen verborgenen grammatikalischen Regelapparat die Tiefenstruktur zuruckgefuhrt werden der einerseits die beobachtete Sprache zu erzeugen generieren erlaubt und andererseits das Verstehen ermoglicht Entsprechend ubernahmen die Linguisten bei ihren Notationen die in der Informatik verwendeten mathematischen Symbole der Graphentheorie in Verbindung mit Algorithmen Grundform fur die Konstituentenanalyse ist der Baumgraph Durch die Gliederung in Tiefenstruktur und Oberflachenstruktur wird eine Operation notig die zwischen beiden vermittelt diese Aufgabe haben Transformationen Es sind Regeln welche die Umordnung von Phrasenstrukturkomponenten ermoglichen 2 Jerry Fodor bezeichnet die abstrakten Basisstrukturen als Sprache des Geistes die in einzelnen Gehirnregionen lokalisiert sei und durch kausale Abfolgen und Regeln nachgebildet werden konnte Da er wie Chomsky unter dem Schlagwort Cartesianische Linguistik 3 von einer genetischen Disposition ausgeht nimmt er an dass jeder Mensch uber diese Sprachkompetenz verfugt und es moglich ist eine die Teilsprachen ubergreifende universelle Basissprache fur einen idealen Sprecher Horer zu modellieren Beim Sprechenlernen musse das Kind nur noch die lexikalischen Einheiten und Morpheme erwerben und sie mit den Strukturen verbinden Chomsky u a setzten diesen Ansatz in der Generativen Transformationsgrammatik um Der Horer versteht die sprachlichen Ausserungen indem er die Bedeutung des Satzes aus der Bedeutung der einzelnen Bestandteile der Formative erschliesst interpretiert Die Vorstellung eines idealen Sprechers Horers und das Transformationsregelsystem werden von neuen Forschungen der Kybernetik und der Kognitionswissenschaften in Frage gestellt Die Sprachverwendung dagegen bezeichnet Chomsky als Performanz Die Standardversion besteht bei ihm aus einem Erzeugungsteil Basis der Tiefenstrukturen erzeugt die im Transformationsteil nach einzelsprachlich z B englisch deutsch unterschiedlichen Transformationen in die Oberflachenstrukturen uberfuhrt werden und anschliessend eine semantische und eine phonologische Interpretation erfahren Die Basis dieser Grammatik ist syntaktisch Eine solche Grammatik liefert also fur jeden Satz den sie generiert hervorbringt eine Tiefen und eine Oberflachenstruktur sowie die Bedeutung und die lautliche Realisation Konzepte BearbeitenKonzept BeschreibungAngeborene Sprachfahigkeit Die Fahigkeit aller Menschen eine Sprache zu erlernen und zu verwenden die unabhangig von der spezifischen Sprache ist Universelle Grammatik Eine Grammatik die allen Sprachen gemeinsam ist und es einem Sprecher ermoglicht aus einem begrenzten Satz von Regeln eine unendliche Anzahl von Satzen zu generieren Generierungsregeln Regeln die es einem Sprecher ermoglichen Satze aus einer begrenzten Anzahl von Elementen zu generieren Tiefenstruktur Die zugrunde liegende Bedeutung eines Satzes Oberflachenstruktur Die tatsachlichen Worter und Satzzeichen die verwendet werden um einen Satz auszudrucken Transformationen Regeln die es ermoglichen die Tiefenstruktur eines Satzes in die Oberflachenstruktur umzuwandeln Passivtransformationen Eine Transformation die es ermoglicht einen Satz in der Aktivform in einen Satz in der Passivform umzuwandeln Rekursion Die Fahigkeit einer Grammatik unendlich lange Satze zu generieren indem sie sich selbst wiederholt Formalismus Der Fokus auf formale Strukturen von Satzen anstatt auf deren Bedeutung Die Lakoff Variante Bearbeiten Siehe auch Jerrold Katz Die Semantische Theorie 1 1 Vorgeschichte 1 2 Das Modell der semantischen Interpretation 1 3 Diskussion 1 4 LiteraturAls Reaktion auf die Kritik an der Aspects Version erweiterte Chomsky sein Modell der Transformationsgrammatik um die semantische Komponente wahrend Lakoff u a mit ihrer Generativen Semantik einen anderen Ansatz wahlten Im Gegensatz zu Chomskys Modell erzeugen die den Satzen einer Sprache zugrunde liegenden abstrakten Basiskomponenten Formationsregeln in der Generativen Semantik nicht mehr syntaktische Tiefenstrukturen sondern semantische Satzreprasentationen auch Tiefenstrukturen genannt aber nicht in Chomskys Definition welche die Satzbedeutung vollstandig beschreiben Das geschieht durch kleinste bedeutungstragende Bausteine atomare Pradikate die in Grossbuchstaben geschrieben werden Deshalb kommt die Generative Semantik im Unterschied zur Transformationsgrammatik ohne auf den Tiefenstrukturen operierende semantische Komponenten aus Die Transformationsgrammatik Chomskys geht dagegen bei den Ableitungsstufen von einer syntaktischen Komponente aus welche die Basiskomponente Formationsregeln Lexikon und die Tiefenstrukturen produziert Diese wird erweitert um die Semantische Komponente semantische Regeln die in der Tiefenstruktur die Semantische Reprasentationen generiert Mit Hilfe von Transformationsregeln Transformationskomponente entstehen die Oberflachenstrukturen Bei der Generativen Semantik ersetzt die an die semantische Satzreprasentation anschliessende Transformationskomponente die abstrakten atomaren Pradikate die bereits Bedeutungstrager sind durch Formative Diese brauchen nur noch mit den bisher fehlenden phonologischen und syntaktischen Eigenschaften ausgestattet zu werden und stellen korrekt geformte normalsprachliche syntaktische Oberflachenstrukturen her Synopse als Zusammenfassung BearbeitenEs besteht eine prinzipiell unterschiedliche Auffassung bezuglich des Verhaltnisses von Syntax und Semantik Die Transformationsgrammatik setzt sich aus zwei unterschiedlichen Regelapparaten zusammen generative Syntax und Semantik welche die durch die Syntax aufgebauten Strukturen interpretiert Strukturierungen und semantische Beziehungen sprachlicher Ausdrucke sind demnach zwei verschiedene sprachliche Aspekte In der Generativen Semantik gibt es dagegen keine prinzipielle Differenz zwischen semantischen und syntaktischen Erscheinungen und deshalb nur einen einzigen semantischen Regelapparat Vertreter der Transformationsgrammatik kritisieren dass die Generative Semantik die zentralen semantischen Phanomene nicht mit ihrem Regelapparat sondern durch die zusatzlichen Bedeutungspostulate erklart Es handele sich also nur um einen Zusatz zur Syntaxbeschreibung Die Generative Semantik organisiert den Baumgraphen nicht in Nominalphrase NP Subjekt und Verbalphrase VP mit V NP Verb Pradikat Objekt als unmittelbare Konstituenten des Satzes S sondern stellt das Verb mit den NP Subjekt und Objekt gleich Damit erhalt S eine Pradikat Argument Struktur wie in der Pradikatenlogik Ausserdem formalisiert die Generative Semantik Satzvoraussetzungen Prasuppositionen und Implikationen nach Gottlob Freges Notationen die in der generativen Syntax der Transformationsgrammatik nicht modelliert werden konnen S NP V NP Die Katze frass den Kuchen Anders als die Transformationsgrammatik hat die Generative Semantik den Anspruch auch sprachliche Kontextbeziehungen und Sprechsituationen in ihr Modell einzubeziehen stosst dabei jedoch an Grenzen der mathematischen Formalisierbarkeit und wird deshalb von Vertretern der linguistischen Pragmatik kritisiert Kritik BearbeitenObwohl die Generative Transformationsgrammatik einen bedeutenden Beitrag zur Erforschung der menschlichen Sprachfahigkeit geleistet hat hat sie auch viel Kritik erfahren Einer der Hauptkritikpunkte ist dass sie zu formalistisch ist und sich zu sehr auf die formale Struktur von Satzen konzentriert anstatt auf deren tatsachliche Verwendung in der Sprache 4 Kritiker argumentieren auch dass die Grammatik zu sehr von der zugrunde liegenden Annahme ausgeht dass alle menschlichen Sprachen eine gemeinsame universelle Grammatik haben was von einigen Sprachforschern in Frage gestellt wird Ein weiterer Kritikpunkt ist dass die Grammatik nicht in der Lage ist den gesamten Umfang menschlicher Sprachfahigkeit zu erklaren insbesondere die pragmatischen Aspekte von Sprache wie Ironie Metapher und Sprachvariationen Daruber hinaus haben einige Kritiker argumentiert dass die Grammatik zu wenig Aufmerksamkeit auf den sozialen und kulturellen Kontext von Sprache legt und somit nicht in der Lage ist die Bedeutung von Sprache in ihrer vollen Komplexitat zu erfassen Trotz dieser Kritik bleibt die Generative Transformationsgrammatik eine wichtige Theorie in der Sprachwissenschaft und hat viele Fortschritte in der Erforschung der menschlichen Sprachfahigkeit ermoglicht Siehe auch BearbeitenSprachanalyse X Bar Theorie Phrasenstrukturgrammatik TuringmaschineLiteratur BearbeitenKlaus Baumgartner Hugo Steger Hrsg Funkkolleg Sprache Eine Einfuhrung in die moderne Linguistik Band 9 S 33 38 Kritik an Fragestellung und Pramissen der Semantiktheorien innerhalb der Transformationsgrammatik Band 10 S 7 ff Kritik an der Sprachtheorie der Transformationsgrammatik Beltz Weinheim 1972 Noam Chomsky Syntactic Structures Mouton s Gravenhage 1957 Noam Chomsky Aspekte der Syntaxtheorie Ubersetzung von Aspects of the Theory of Syntax 1965 Frankfurt 1969 Noam Chomsky Cartesianische Linguistik Ein Kapitel in der Geschichte des Rationalismus Tubingen 1971 Ubersetzung R Kruse von Noam Chomsky Cartesian linguistics a chapter in the history of rationalist thought University Press of America Lanham Maryland 1965 Reprint University Press Cambridge 2009 Jerrold J Katz Jerry A Fodor Die Struktur einer semantischen Theorie In Hugo Steger Hrsg Vorschlage fur eine strukturale Grammatik des Deutschen Darmstadt 1970 S 202 268 George Lakoff Linguistik und naturliche Logik Frankfurt 1971 Hugo Steger Hrsg Vorschlage fur eine strukturale Grammatik des Deutschen Wege der Forschung Band 146 Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1970 F Newmeyer Functionalism versus formalism The role of the individual Annual Review of Anthropology 1991 20 S 1 24 P J Hopper S A Thompson Transitivity in grammar and discourse Language 1980 56 2 S 251 299 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary generative Transformationsgrammatik Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen nbsp Wiktionary idealer Sprecher Horer Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenEinzelnachweise Bearbeiten Helmut Gluck Michael Rodel Hrsg Metzler Lexikon Sprache 5 Auflage Verlag J B Metzler Stuttgart 2016 ISBN 978 3 476 02641 5 Lemma Generative Transformationsgrammatik S 229 und GG S 242ff George A Miller Worter Streifzuge durch die Psycholinguistik Herausgegeben und aus dem Amerikanischen ubersetzt von Joachim Grabowski und Christiane Fellbaum Spektrum der Wissenschaft Heidelberg 1993 Lizenzausgabe Zweitausendeins Frankfurt am Main 1995 2 Auflage ebenda 1996 ISBN 3 86150 115 5 S 255 Noam Chomsky Cartesianische Linguistik Ein Kapitel in der Geschichte des Rationalismus Tubingen 1971 Ubersetzung R Kruse von Noam Chomsky Cartesian linguistics a chapter in the history of rationalist thought University Press of America Lanham Maryland 1965 Reprint University Press Cambridge 2009 Newmeyer 1991Normdaten Sachbegriff GND 4071705 7 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Generative Transformationsgrammatik amp oldid 233258635