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Die Theodotos Inschrift ist die Stifterinschrift einer antiken Jerusalemer Synagoge Sie wird mehrheitlich in das 1 Jahrhundert n Chr datiert und ist in diesem Fall der einzige epigraphische Zeuge fur die Existenz von Synagogen neben dem Herodianischen Tempel Das griechische Wort Synagoge bezeichnete eine Gruppe von Menschen Versammlung es wird aber kontrovers diskutiert ob im 1 Jahrhundert n Chr auch ein Gebaude so benannt werden konnte weil es als Ort der Versammlung diente Sollte die Theodotos Inschrift vor 70 n Chr zu datieren sein ware ein solcher Bau belegt Theodotos Inschrift Prasentation im Israel Museum Die Inschrift befand sich fruher im Rockefeller Museum Jerusalem IAA Inv S 842 wird aber jetzt im Israel Museum ausgestellt Inhaltsverzeichnis 1 Fundort 2 Inschriftentrager 3 Inschrift 3 1 Griechisch 3 2 Deutsche Ubersetzung 4 Interpretation 5 Literatur 6 EinzelnachweiseFundort Bearbeiten nbsp Raymond Weills Ausgrabung Jerusalem um 1913 Raymond Weill untersuchte 1913 bis 1914 ein Steinbruchgelande am Ostabhang der sogenannten Davidsstadt sudlich vom Tempelberg Da der Hiskija Tunnel diesen Bereich in einem grossen Bogen umgeht vermutete Weill hier die Graber biblischer Konige Weill fand vier Felskammern mit Bestattungen in einer davon auch eisenzeitliche Keramik Damit glaubte er die beraubten Konigsgraber entdeckt zu haben Das wurde von der nachfolgenden Forschergeneration bestritten 1 Ausser den vermeintlichen Konigsgrabern fand Weill eine Reihe von Zisternen und Mikwen In einer Zisterne kam die Theodotos Inschrift ans Licht zusammen mit Stucken von Steinornamenten 2 behauenen Steinen und Ollampen Wenige Meter ostlich davon befanden sich ein Felsschacht und eine Gruppe von vier Ritualbadern Es kann sich bei dem Schacht von Weill als Grab angesprochen gut um einen Keller handeln Zusammen mit den Mikwen und der Zisterne sind dies moglicherweise die unterirdischen Reste des grosszugigen Gebaudekomplexes auf den sich die Inschrift bezieht 3 Eine ahnliche Situation mit Kellern und Ritualbadern fanden auch die Ausgraber des Herodianischen Quartiers der Jerusalemer Oberstadt vor 3 Von Weill gefundene Kalksteingefasse und Reste von Kalksteintischen bildeten eine weitere Parallele 4 Die in der Zisterne zusammen mit dem Inschriftblock gefundenen Architekturfragmente und Ollampen legen eine Datierung vor dem Jahr 70 n Chr nahe Diese Datierung wird von der Mehrheit der Forscher vertreten 5 Die Minderheitsmeinung vertritt Howard Clark Kee 1990 die Entwicklung des Synagogenbaus habe erst im 3 Jahrhundert n Chr ein Gebaude mit den im Text genannten Funktionen hervorgebracht Kee bestreitet insbesondere dass es fur Juden unmoglich gewesen sei nach 70 in der Aelia Capitolina zu wohnen und eine Synagoge zu unterhalten was als Hilfsargument bei der Datierung der Theodotos Inschrift eine Rolle spielte 6 Inschriftentrager BearbeitenDie Inschrift befindet sich auf einem rechteckigen Kalksteinblock 75 cm lang und 41 cm hoch 7 Ein Rahmen umschliesst das Textfeld welches 63 cm lang und 36 cm hoch ist 8 Die Buchstaben sind 2 bis 3 cm hoch Der Text ist in griechischen Majuskeln geschrieben umfasst zehn Zeilen und ist sehr gut lesbar Die Zeilen 4 bis 8 sind deutlich kleiner als der Rest der Inschrift als hatte der Steinmetz nach Zeile 3 Bedenken gehabt den Text auf dem zur Verfugung stehenden Platz unterbringen zu konnen die Buchstaben wurden in den letzten beiden Zeilen dann wieder grosser da ihm deutlich war dass der Platz ausreichen wurde 9 Die Ausfuhrung der Inschrift hat ihr nachstliegendes Vergleichsmaterial in zwei Warninschriften vom Herodianischen Tempel Benjamin Mazars Ausgrabungen sudlich des Tempelberges haben 1983 eine dritte vergleichbare Inschrift hinzugefugt eine Stifterinschrift fur eine Pflasterung des Tempelplatzes dat 18 17 v Chr 10 Die Theodotos Inschrift passt recht gut zu diesen drei Inschriften Der Stil der Buchstaben bleibt innerhalb des Spektrums das von diesen drei offentlichen Dokumenten illustriert wird 11 Die Schrift ist also konsistent mit einer Datierung vor 70 n Chr umgekehrt fehlen die Transformationen von Buchstaben die fur das 2 Jahrhundert und spater typisch sind 11 Allerdings kann eine spatere Datierung auch nicht ausgeschlossen werden weil der Steinmetz auf Buchstabenformen des 1 Jahrhunderts zuruckgegriffen haben konnte um die Inschrift altertumlich wirken zu lassen Inschrift Bearbeiten nbsp Zeilen 1 bis 5 Ausschnitt Griechisch Bearbeiten 8EODOTOS OYETTHNOY IEREYS KAI ARXISYNAGWGOS YIOS ARXISYN AGW G O Y YIWNOS ARXISYN A GWGOY WKO DOMHSE THN SYNAGWG H N EIS AN AG NW S IN NOMOY KAI EIS D IDAX H N ENTOLWN TON 3ENWNA KA I TA DWMATA KAI TA XRH S T HRIA TWN YDATWN EIS KATALYMA TOI S X RHZOYSIN APO THS 3E N HS HN E8EME L IW SAN OI PATERES A YTOY KAI OI PRE S B YTEROI KAI SIMWN I DHS 12 Deutsche Ubersetzung Bearbeiten Theodotos des Vettenos Sohn Priester und Synagogenvorsteher Sohn eines Synagogenvorste hers Enkel eines Synagogenvorstehers er baute die se Synagoge zur Vorle sung des Gesetzes und zum Unterricht in den Geboten ebenso auch das Fremdenhaus und die Kammern und die Was seranlagen fur die Pilger aus der Fremde die eine Herberge brauchen Den Grundstein dazu hat ten gelegt seine Vater und die Al testen und Simonides 13 Interpretation BearbeitenDie Theodotos Inschrift ist bemerkenswert einerseits weil der Stifter sich in eine Tradition stellte der schon Vater und Grossvater angehorten diese waren zugleich Priester und Synagogenvorsteher Andererseits beschreibt die Inschrift eine Art Gemeindezentrum zu dem folgende Einrichtungen gehorten 14 Synagogengebaude Gastehaus Kammern dwmata wohl Nebenraume des Gastehauses 15 Wasserinstallationen xrhsthria tῶn ὑdatwn ein vager Begriff der Zisternen bezeichnen kann aber auch eine aufwandige Form der Wasserversorgung 15 Zweck des Synagogenbaus ist das Lesen des Gesetzes und das Studium der Gebote Aus zeitgenossischen Quellen erfahrt man dass die Lesung am Sabbat an Festen und am Monatsanfang stattfand 16 Die Synagoge ist also nicht oder nicht vorrangig Ort fur das Gebet 17 Die Erwahnung der Altesten Zeile 9 f stellt klar dass es sich um eine Einrichtung der Gemeinde und nicht um eine Familienstiftung handelte Charles Clermont Ganneau 1920 schlug vor Vettenus den Vater des Theodotos als Freigelassenen oder als Adoptivsohn eines Mitglieds der gens Vettia in Rom zu interpretieren viele Forscher sind dieser Deutung gefolgt 18 Es ist aber belegt dass judische Eltern ihren Kindern griechische oder lateinische Namen gaben ohne dass es sich dabei um Freigelassene handelte 19 Ein ofter vermuteter Bezug zu Personen mit dem Nomen gentile Vettius besteht nicht 20 Nach Roland Deines war die Theodotos Synagoge ein Quartier fur griechisch sprechende judische Pilger aus der Diaspora Hier konnten sie nicht nur wohnen sondern sich auch auf ihren Tempelbesuch angemessen vorbereiten 21 Mit Tauchbadern in den Mikwen begaben sich die Pilger in den Zustand ritueller Reinheit Unterricht im Gesetz erleichterte ihnen das Verstandnis der Tempelrituale Literatur BearbeitenJonathan J Price Synagogue building inscription of Theodotos in Greek 1 c BCE 1 c CE In Hannah M Cotton u a Hrsg Corpus Inscriptionum Iudaeae Palaestinae Bd 1 Jerusalem Teil 1 De Gruyter Berlin 2010 S 53 56 teilweise online Adolf Deissmann Licht vom Osten Das Neue Testament und die neuentdeckten Texte der hellenistisch romischen Welt 4 vollig neubearbeitete Auflage Mohr Tubingen 1923 S 379 380 Roland Deines Judische Steingefasse und pharisaische Frommigkeit Ein archaologisch historischer Beitrag zum Verstandnis von Johannes 2 6 und der judischen Reinheitshalacha zur Zeit Jesu Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament 2 Reihe Band 52 Mohr Siebeck 1993 ISBN 9783161460227 teilweise online Rachel Hachlili Ancient Synagogues Archaeology and Art New Discoveries and Current Research Handbook of Oriental Studies Section 1 Ancient Near East Band 105 Brill Leiden 2013 S 523 526 online Howard Clark Kee The Transformation of the Synagogue After 70 C E Its Import for Early Christianity In New Testament Studies Band 36 Nr 1 1990 S 1 24 Extract Howard Clark Kee Defining the First Century CE Synagogue Problems and Progress In New Testament Studies Band 41 Nr 4 1995 S 481 500 Extract John S Kloppenborg The Theodotos Synagogue Inscription and the Problem of First Century Synagogue Buildings In James H Charlesworth Hrsg Jesus and Archaeology Eerdmans Grand Rapids 2006 S 236 282 Max Kuchler Jerusalem Ein Handbuch und Studienreisefuhrer zur Heiligen Stadt Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2007 ISBN 978 3 525 50170 2 Raymond Weill La Cite de David Campagne de 1913 1914 Geuthner Paris 1920 Digitalisat Einzelnachweise Bearbeiten Klaus Bieberstein Jerusalem In WiBiLex Juni 2016 abgerufen am 9 Marz 2018 Max Kuchler Jerusalem S 82 a b Max Kuchler Jerusalem S 83 Roland Deines Judische Steingefasse S 71 Rachel Hachlili Ancient Synagogues S 525 John S Kloppenborg The Theodotos Synagogue Inscription 258 Rachel Hachlili Ancient Synagogues S 523 Corpus Inscriptionum S 53 John S Kloppenborg The Theodotos Synagogue Inscription S 269 Corpus Inscriptionum S 45 47 a b John S Kloppenborg The Theodotos Synagogue Inscription S 273 Corpus Inscriptionum S 53 54 Adolf Deissmann Licht vom Osten Das Neue Testament und die neuentdeckten Texte der hellenistisch romischen Welt 4 vollig neubearbeitete Auflage Mohr Tubingen 1923 S 380 demgegenuber ubersetzt Max Kuchler Jerusalem Ein Handbuch und Studienreisefuhrer zur Heiligen Stadt 2 Auflage Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2014 S 70 Theodotos des Vettenos Sohn Priester und Synagogenvorsteher Sohn eines Synagogenvorste hers eines Sohnes eines Synagogenvorstehers er baute die Synagoge zur Vorle sung des Gesetzes und zur Lehre der Gebote und das Fremdenhaus und die Kammern und die An lagen der Wasser fur d ie es Gebrauchenden aus der Fremde diese Synagoge haben grund gelegt seine Vater und die Pre sbyter und Simonides Rachel Hachlili Ancient Synagogues S 524 a b Corpus Inscriptionum S 55 Rachel Hachlili Ancient Synagogues S 524 Diese Quellen sind Josephus Contra Apionem 2 175 Mischna Megilla 4a bMegilla 27a Lukas 4 17 20 Apostelgeschichte 13 15 und 15 21 Nota bene das Neue Testament ist hier Quelle fur das Judentum zur Zeit des Zweiten Tempels Corpus Inscriptionum S 55 Rachel Hachlili Ancient Synagogues S 525 John S Kloppenborg The Theodotos Synagogue Inscription S 266 Damit entfallt auch das Argument dafur die Synagoge des Theodotos sei eine Synagoge von Freigelassenen gewesen und identisch mit der Synagoge der Libertiner die in der Apostelgeschichte erwahnt wird Corpus Inscriptionum S 54 Roland Deines Judische Steingefasse S 71 72 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Theodotos Inschrift amp oldid 185910354