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Als Surrogatmarker synonym Surrogat Parameter von lateinisch surrogatum Ersatz und englisch marker Kennzeichen bezeichnet man in klinischen Studien einen Messwert dessen Beeinflussung die Wirkung einer Intervention also z B einer Therapie auf ein ubergeordnetes medizinisches Phanomen z B das Auftreten einer Krankheit oder eines Symptoms anzeigen soll Die Mindestvoraussetzung an einen Surrogatmarker ist die dass zwischen ihm und dem Phanomen bereits ein statistisch signifikanter Zusammenhang besteht Diese Voraussetzung ist jedoch nicht hinreichend Dabei ist der Surrogat Marker meist einfacher und schneller zu bestimmen als das Phanomen selbst und wird daher oft aus Grunden der Wirtschaftlichkeit bevorzugt Es kann auch vorkommen dass das interessierende Phanomen uberhaupt nicht messbar ist sondern nur durch Surrogat Marker erfasst werden kann siehe Beispiele Sowohl das Phanomen als auch der Surrogat Marker konnen als sogenannte Endpunkte der Studie definiert werden also als Zielgrossen anhand derer das Studienergebnis interpretiert und gewertet wird Die Messbarmachung biologischer und anderer Phanomene bezeichnet man als Operationalisierung Als stringente Definition eines Surrogat Markers wird die von Prentice 1989 1 angesehen In diesem Zusammenhang spricht man daher auch von den Prentice Kriterien 2 Die Definition arbeitet mit dem Begriff der bedingten stochastischen Unabhangigkeit Nach ihr ist eine Intervention die den interessierenden Endpunkt beeinflussen soll von diesem Endpunkt bedingt unabhangig gegeben den Surrogat Marker Anders ausgedruckt bietet zur Prognose eines Patienten die Therapie die er erhalten hat keine uber den Surrogatmarker hinausgehende Information An diesem Kriterium gemessen sind die gewahlten Endpunkte in den Beispielen zu Antiarrhythmika und Fluoriden keine echten Surrogatmarker Zu beachten ist dass die Wirkung einer Therapie auf einen Surrogat Marker nur sehr bedingt auf das eigentlich interessierende medizinische Phanomen ubertragen werden kann denn erstens beweist ein statistischer Zusammenhang nicht unbedingt eine Kausalitat und zweitens hangt das Auftreten von Krankheiten fast nie nur von einem einzigen krankhaft veranderten Parameter ab Seriose Studienprasentationen weisen darauf hin unseriose lenken davon ab Da in der Medizin eine Therapie letztlich nur dann einer anderen uberlegen ist wenn sie Krankheiten verhindert oder heilt und Symptome lindert und nicht wenn sie lediglich Laborwerte beeinflusst definiert ein gutes Studiendesign moglichst viele eindeutig bestimmbare medizinische Ereignisse als Endpunkte wie z B Tod durch Herzinfarkt und moglichst wenige Surrogat Marker Inhaltsverzeichnis 1 Beispiele 2 Probleme 2 1 Beispiele falscher Surrogat Marker 2 1 1 Klasse 1c Antiarrhythmika und vorzeitige ventrikulare Kontraktionen 2 1 2 Fluoride und erhohte Knochendichte 2 1 3 Postmenopausale Hormonersatztherapie 2 1 4 Homocystein und kardiovaskulares Risiko 2 1 5 LDL Cholesterin Simvastatin Ezetimib und Intima Media Dicke der ausseren Halsschlagader 2 1 6 HDL und kardiovaskulares Risiko 3 Fazit 4 Siehe auch 5 Literatur 6 EinzelnachweiseBeispiele BearbeitenDie Angst die ein Mensch in einer Situation empfindet lasst sich nicht direkt messen Stattdessen wird z B die Steigerung der Herzfrequenz die mit einer Angstsituation einhergeht erfasst Der Nachweis der Wirksamkeit der Thrombosetherapie bei akuter tiefer Beinvenenthrombose wird uber eine Verbesserung des radiologischen Befundes der Thrombusgrosse Marker Score festgelegt Die Messung des Blutfettwertes in einer klinischen Studie uber fettsenkende Medikamente anstelle der Uberlebensrate das eigentliche Ziel von Lipidsenkern ist die Verlangerung des Lebens nicht nur die dazu beitragende Senkung des Lipidspiegels Surrogat Marker werden auch in den klinischen Studien zur Wirksamkeit der HPV Impfstoffe verwendet Mit den HPV Typen 16 und 18 assoziierte Vorstufen des Gebarmutterhalskrebs die cervikalen intraepitheliale Neoplasien CIN und das cervikale Adenokarzinom in situ AIS werden als primare Endpunkte anstelle des Gebarmutterhalskrebs selbst benutzt Probleme BearbeitenHaufig besteht lediglich eine statistische Beziehung zwischen Marker und Krankheitsaktivitat ohne dass ein Zusammenhang zwischen Marker und eigentlich interessierendem klinischen Endpunkt z B der Uberlebensrate besteht In diesem Fall spricht man von einer Korrelation 3 Beispiele falscher Surrogat Marker Bearbeiten Klasse 1c Antiarrhythmika und vorzeitige ventrikulare Kontraktionen Bearbeiten Treten nach einem Herzinfarkt vorzeitige ventrikulare Kontraktionen eine bestimmte Form der Herzrhythmusstorung auf ist die Gefahr des plotzlichen Herztodes erhoht Klasse 1c Antiarrhythmika Medikamente die in den Herzrhythmus eingreifen sind in der Lage diese Rhythmusstorung effektiv zu unterdrucken Klasse 1c Antiarrhythmika wurden daher zur Behandlung von ventrikularen Rhythmusstorungen nach Herzinfarkt zugelassen Eine spatere Placebo kontrollierte Studie CAST Studie zeigte dann dass Klasse 1c Antiarrhythmika die Haufigkeit des plotzlichen Herztodes erhohten trotz effektiver Hemmung von Herzrhythmusstorungen 4 Fluoride und erhohte Knochendichte Bearbeiten Bei verminderter Knochendichte ist die Gefahr von Knochenbruchen erhoht Natriumfluorid erhoht zwar die Knochendichte die Wahrscheinlichkeit von Frakturen steigt aber 5 Im Gegensatz dazu ist die Substanzklasse der Bisphosphonate in der Lage sowohl die Knochendichte zu steigern als auch die Haufigkeit von Knochenbruchen zu vermindern Postmenopausale Hormonersatztherapie Bearbeiten Nach den Wechseljahren kommt es bei Frauen zu einem Anstieg von Schlaganfallen und Herzinfarkten Dies wurde auf abfallende Hormonspiegel zuruckgefuhrt Die Gabe von Hormonen nach den Wechseljahren fuhrt bei Frauen zu einer Verbesserung der Blutfette Uber Jahrzehnte wurden daher Ostrogen und Progesteron verabreicht bis grosse randomisierte kontrollierte Studien zeigten dass unter Hormonersatztherapie koronare Herzerkrankungen Schlaganfalle Lungenembolien und Brustkrebserkrankungen deutlich haufiger auftraten 6 7 Homocystein und kardiovaskulares Risiko Bearbeiten Erhohte Homocystein Spiegel sind mit einem deutlich erhohten Risiko an Herzinfarkten und Schlaganfallen assoziiert insbesondere bei Patienten mit chronischer Nierenkrankheit Durch Gabe von Vitamin B Kombinationspraparaten konnen erhohte Homocystein Spiegel effektiv gesenkt werden Dennoch wird dadurch das Risiko einer Herz Kreislauf Erkrankung nicht vermindert 8 LDL Cholesterin Simvastatin Ezetimib und Intima Media Dicke der ausseren Halsschlagader Bearbeiten Die Behandlung mit Statin fuhrt zur Reduktion des LDL Cholesterins und zur signifikanten Abnahme kardiovaskularer Endpunkte wie Tod durch Herzinfarkt 9 Die Kombination des Cholesterin Synthese Hemmers Simvastatin mit dem Cholesterin Resorptions Hemmer Ezetimib fuhrt zwar zu einer deutlich besseren Senkung des LDL Cholesterins nicht aber zu einer starkeren Abnahme der Intima Media Dicke in der Arteria carotis externa und der Arteria carotis communis 10 die mit einer Verminderung des kardiovaskularen Risikos assoziiert werden 11 12 HDL und kardiovaskulares Risiko Bearbeiten Ein verminderter Spiegel an High Density Lipoprotein HDL wird ebenfalls mit einem erhohten Herz Kreislauf Risiko assoziiert Einem erhohten HDL Spiegel wird ein Schutz vor Herzinfarkt und Schlaganfall zugeschrieben Das Medikament Torcetrapib fuhrt zu einem deutlichen Anstieg der HDL Spiegel dennoch steigen unter Torcetrapib Herz Kreislauf Komplikationen und Mortalitat an 13 Fazit BearbeitenIn manchen Fallen ist der Einsatz von Surrogat Markern durchaus nutzlich oder sogar unumganglich Erkenntnisse die aus ihrem Einsatz resultieren sind aber immer mit der notwendigen Skepsis zu betrachten da durch die mittelbare Messung eine unbemerkte Verfalschung des Ergebnisses moglich ist Siehe auch BearbeitenKlinische Studie OutcomeLiteratur BearbeitenI Muhlhauser M Berger Surrogat Marker Trugschlusse In Deutsches Arzteblatt 93 49 1996 S A 3280 Einzelnachweise Bearbeiten R L Prentice Surrogate endpoints in clinical trials definition and operational criteria In Statistics in Medicine 8 4 Apr 1989 S 431 440 John O Quigley Philippe Flandre Quantification of the Prentice Criteria for Surrogate Endpoints In Biometrics Band 62 Nr 1 Marz 2006 S 297 300 doi 10 1111 j 1541 0420 2006 00538 x wiley com abgerufen am 15 Mai 2019 B Manns u a Surrogate Markers in Clinical Studies Problems Solved or Created In American Journal of Kidney Diseases Nr 48 2006 S 159 166 Volltext The Cardiac Arrhythmia Suppression Trial CAST Investigators Preliminary report Effect of encainide and flecainide on mortality in a randomized trial of arrhythmia suppression after myocardial infarction In N Engl J Med 321 1989 S 406 412 content nejm org B L Riggs S F Hodgson W M O Fallon u a Effect of fluoride treatment on the fracture rate in postmenopausal women with osteoporosis In N Engl J Med 322 1990 S 802 809 content nejm org S Hulley D Grady T Bush u a Heart and Estrogen progestin Replacement Study HERS Research Group Randomized trial of estrogen plus progestin for secondary prevention of coronary heart disease in postmenopausal women In JAMA 280 1998 S 605 613 jama ama assn org J E Rossouw G L Anderson R L Prentice u a Risks and benefits of estrogen plus progestin in healthy postmenopausal women Principal results from the Women s Health Initiative randomized controlled trial In JAMA 288 2002 S 321 333jama ama assn org K H Bonaa u a Homocysteine Lowering and Cardiovascular Events after Acute Myocardial Infarction In N Engl J Med Nr 354 2006 S 1578 1588 Abstract J Kastelein u a Comparison of ezetimibe plus simvastatin versus simvastatin monotherapy on atherosclerosis progression in familial hypercholesterolemia Design and rationale of the Ezetimibe and Simvastatin in Hypercholesterolemia Enhances Atherosclerosis Regression ENHANCE trial In American Heart Journal Nr 149 2005 S 234 239 PMID 15846260 John J P Kastelein u a Simvastatin with or without Ezetimibe in Familial Hypercholesterolemia In N Engl J Med Nr 358 2008 S 1431 1443 Artikel B Greg Brown Allen J Taylor Does ENHANCE Diminish Confidence in Lowering LDL or in Ezetimibe In N Engl J Med Nr 358 2008 S 1504 1507 Artikel Jeffrey M Drazen u a Cholesterol Lowering and Ezetimibe In N Engl J Med Nr 358 2008 S 1507 1508 Artikel Barter u a Effects of Torcetrapib in Patients at High Risk for Coronary Events In N Engl J Med Nr 357 2007 S 2109 2122 Artikel Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Surrogatmarker amp oldid 235842433