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Als Substanz oder Massenpolymerisation engl bulk polymerization wird die Polymerisation eines Monomers ohne ein zusatzliches Losungs Dispergier oder Verdunnungsmittel gegebenenfalls aber unter Zusatz eines Initiators verstanden Daraus ergibt sich der Vorteil dass das Polymer in reiner Form anfallt und keine Fremdstoffe enthalt Aus okonomischen und okologischen Aspekten ist die Substanzpolymerisation ebenfalls von Vorteil da eine Ruckgewinnung und Aufreinigung des Losungsmittels oder Abwasseraufbereitungen entfallen konnen Im Allgemeinen sind dadurch hohe Reaktionsgeschwindigkeiten und hohe Molmassen der Polymere zuganglich Nachteile liegen hingegen in erheblichen Schwierigkeiten bei der verfahrenstechnischen Durchfuhrung dieser Polymerisationen wie der Abfuhr der bei der Polymerisation entstehenden Reaktionswarme und die Handhabung viskoser Polymerschmelzen Neben dem Trommsdorff Effekt treten bei hoheren Umsatzen vermehrt Nebenreaktionen wie Kettenubertragungen also der Ubertrag einer Polymerkette auf eine andere auf die zur Beeinflussung der Produkteigenschaften und eventuell zur Verminderung der gewunschten Qualitat fuhren konnen Verlauf einer Substanzpolymerisation von redox initiiertem Methylmethacrylat mit deutlich erkennbarem Trommsdorff Effekt Inhaltsverzeichnis 1 Begrifflichkeit 2 Varianten 2 1 Substanzlosungspolymerisation 2 2 Substanzfallungspolymerisation 2 3 Gasphasenpolymerisation 2 4 Polymerisation in fester Phase 2 5 Polymerisation in Einschlussverbindungen 3 LiteraturBegrifflichkeit BearbeitenDie veraltete Bezeichnung Blockpolymerisation sollte heutzutage nicht mehr verwendet werden da dieser Begriff leicht mit den Blockcopolymeren verwechselt werden kann Der Begriff entstammte dem Polymerisatblock der sich wahrend der Substanzpolymerisation im Reaktor bildet Varianten BearbeitenDie Substanzpolymerisation kann in verschiedenen Varianten darunter als Substanzlosungspolymerisation oder Substanzfallungspolymerisation in fester Phase oder auch in der Gasphase durchgefuhrt werden Allen Varianten gemeinsam ist aber immer dass neben den Monomeren Polymeren und dem Initiator kein weiteres Losungsmittel zugegeben wird Substanzlosungspolymerisation Bearbeiten Bei der Substanzlosungspolymerisation wirkt das Monomer als Losungsmittel fur das sich wahrend dem Fortschreiten der Reaktion bildende Polymer Da bis zum Ende der Polymerisation eine homogene Phase vorliegt wird die Substanzlosungspolymerisation auch als homogene Substanzpolymerisation bezeichnet Die Polymerisation wird zudem oberhalb der Schmelztemperatur des Polymers durchgefuhrt Auf diese Weise werden verschiedene Kettenpolymerisationen Polykondensationen und auch Polyadditionen durchgefuhrt Homogenen Substanzpolymerisationen die nach einem radikalischen Kettenmechanismus ablaufen werden zu Beginn der Reaktion losliche radikalische Initiatoren zugesetzt wobei ein vollstandiger Umsatz angestrebt wird Gemass dem Geschwindigkeitsgesetz fur radikalische Polymerisationen sollte die Bruttopolymerisationsgeschwindigkeit und der Polymerisationsgrad mit steigendem Umsatz linear abnehmen Bei einigen Monomeren besteht dieser Zusammenhang nur bis zu einem Umsatz von etwa 20 danach steigt die Bruttoreaktionsgeschwindigkeit wieder stark an und durchlauft ein Maximum bis die Reaktionsgeschwindigkeit wieder auf Null abfallt eher ein vollstandiger Umsatz erreichbar ist Die Ursache besteht darin dass mit fortschreitendem Polymerisationsgrad das Reaktionsmedium viskoser wird und die Radikale in ihrer Diffusion behindert werden Kleiner Monomermolekule konnen hingegen zunachst noch ungehindert diffundieren Dies fuhrt dazu dass die Wachstumsgeschwindigkeit der Polymerketten gleich bleibt die Abbruchgeschwindigkeit z B Rekombination zweier grosserer Polymerketten jedoch sinkt In der weiteren Folge der Polymerisation bleibt die Konzentration an Radikalen nicht stationar sondern steigt relativ stark an Dadurch nehmen Polymerisationsgeschwindigkeit und grad stark zu Aufgrund der dadurch starker werdenden exothermen Reaktion konnen lokale Uberhitzungen hot spots im Reaktor auftreten und neben multimodalen Molmassenverteilungen Verzweigungen oder Polymerabbau zu niedrigeren Molmassen auch zur Explosion fuhren Wahrend die ersteren Folge zu einer verminderten Polymerqualitat z B Verfarbungen fuhren konnen stellen Explosition oder das Durchgehen des Reaktors ernste Sicherheitsrisiken dar und mussen daher in jedem Fall vermieden werden Diese Reaktionsverlauf wird als Trommsdorff oder Geleffekt bezeichnet Mit weiter steigender Viskositat werden auch die kleineren Monomere in ihrer Diffusion stark eingeschrankt wodurch die Polymerisation durch Einfrieren Glaseffekt zum Erliegen kommt Sie kann nur durch eine Temperaturerhohung wieder in Gang gesetzt und weitergefuhrt werden Um diesen verfahrenstechnischen Problemen entgegenzuwirken kann die Polymerisation als Zweistufenpolymerisation bei der der grosste Teil der Reaktionswarme nach der ersten Stufe entzogen wird und die Polymerisation in der zweiten Stufe in Kapillaren Dunnschichten oder dunnen Strahlen im freien Fall zum Vollumsatz gefuhrt wird Alternativ besteht die Moglichkeit die Polymerisation bei einem Umsatz von 40 bis 60 abzubrechen und das restliche Monomer z B durch Verdampfen zu entfernen Als Beispiele fur Substanzlosungspolymerisationen sind die Turmpolymerisation von Styrol die radikalische Polymerisation von Methylmethacrylat die einphasige Hochdruckpolymerisation des Ethylens die Herstellung von Polycaprolactam und die Polykondensation zu Polyethylenterephthalat PET zu nennen Substanzfallungspolymerisation Bearbeiten Das charakteristische Merkmal der Substanzfallungspolymerisation besteht darin dass das wahrend der Reaktion gebildete Polymer in dem Monomer unloslich ist und ausfallt Es wird unterhalb des Schmelztemperatur des Polymers gearbeitet Im Grunde treten bei der Substanzfallungspolymerisation dieselben Probleme auf wie bei der Fallungspolymerisation also die komplizierte Kontrolle der Selbstbeschleunigung Abfuhr der Reaktionswarme und zusatzlich noch das Anbacken des Polymers an Reaktorwand und Ruhrer Die Substanzfallungspolymerisation wird grosstechnisch zur Durchfuhrung von verschiedenen Polymerisationen genutzt Als Beispiele sind die Herstellung von Polyvinylchlorid PVC Polyvinylidenchlorid und anderer Polyvinylhalogenide sowie die radikalische Polymerisation zu Polyethylen bei mittleren Drucken zu nennen Gasphasenpolymerisation Bearbeiten Auch die Gasphasenpolymerisation stellt einer Variante der Substanzpolymerisation dar da neben dem Monomer und Polymer nur ein Initiator wahrend der Reaktion anwesend ist Die Besonderheit bei diesem Verfahren besteht allerdings darin dass das Polymer in fester Phase vorliegt Der Polymerisationskatalysator und das Monomer z B Ethen oder Propen werden gasformig in einen Wirbelschichtreaktor eingedust wobei die durch die Polymerisationsreaktion gebildeten Polymerpartikel die Wirbelschicht aufrechterhalten Der eigentliche Polymerisationsort ist nicht die Gasphase sondern die festen Katalysatorpartikeln Mit fortschreitender Polymerisation werden die Katalysatorpartikel zunehmend von festen Polymeren umhullt Das Monomer muss dann aus der Gasphase durch die Polymerhulle zu den aktiven Polymerisationszentren diffundieren Die zugegebene Menge an Monomer und Katalysator bestimmen die Polymerisationsgeschwindigkeit Die Isolierung des Polymers erfolgt uber Austrag aus dem Reaktor durch Druckerhohung Beispiele fur die Gasphasenpolymerisation sind die Polymerisation von Ethen und Propen mit Ubergangsmetallkatalysatoren Polymerisation in fester Phase Bearbeiten Bei der Polymerisation fester kristalliner Monomere handelt es sich ebenfalls um eine Substanzpolymerisation sofern kein Losungsmittel eingesetzt wird Die Initiierung erfolgt meist durch ionische Strahlung wobei sowohl radikalische als auch ionische Mechanismen vorgeschlagen wurden Als Beispiel kann die Polymerisation von kristallinem Acrylamid oder Acrylsaure genannt werden Die Bruttopolymerisationsgeschwindigkeit ist von der Kristallstruktur und Gitterfehlstellen abhangig Als Vorteil ergibt sich die Polymerisation im Einkristall Aufgrund der Unbeweglichkeit der wachsenden Polymerketten treten auch hier hohe Radikalkonzentrationen auf Die Addition eines neuen Monomers an die Polymerkette ist hingegen nur sehr langsam Insgesamt ist die Bruttopolymerisationsgeschwindigkeit relativ langsam und der Polymerisationsgrad steigt nur langsam an Aus diesen Grunden besitzt die Substanzpolymerisation in fester Phase nur eine geringe technische Bedeutung und kann beispielsweise bei der Polymerisation von Methacrylsaure Acrylnitril langkettigen Vinylethern Trioxan Trithian und Diacetylen zum Einsatz kommen Gelegentlich findet sich auch Anwendung bei der Nachpolymerisation von Polykondensaten Polymerisation in Einschlussverbindungen Bearbeiten Ein Spezialfall stellt die Substanzpolymerisation in Einschlussverbindungen dar Hierbei wird die Polymerisation von z B Propen Butadien Isopren oder Vinylchlorid in kanalartigen regelmassig angeordneten Hohlraumen Wirtsgitter aus Harnstoff Thioharnstoff Starke Cyclodextrin oder auch Perhydrophenylen durchgefuhrt Das Ziel ist die Herstellung stereoregularer Polymere mithilfe der Geometrie des Wirtsgitters Literatur BearbeitenM Dieter Lechner Klaus Gehrke Eckhard H Nordmeier Hrsg Makromolekulare Chemie Ein Lehrbuch fur Chemiker Physiker Materialwissenschaftler und Verfahrenstechniker 5 Auflage Springer Spektrum Berlin Heidelberg 2014 doi 10 1007 978 3 642 41769 6 Wilhelm Keim Hrsg Kunststoffe Synthese Herstellungsverfahren Apparaturen 1 Auflage Wiley VCH Verlag Weinheim 2006 doi 10 1002 3527608974 Hans Georg Elias Makromolekule 6 Auflage Band 3 Wiley VCH Verlag Weinheim 2001 doi 10 1002 9783527626519 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Substanzpolymerisation amp oldid 237526293