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Als Stendaler Wahlbetrug wird die Falschung der Kommunalwahlen am 25 Mai 2014 in Stendal bezeichnet Dabei wurden fur die Stadtrats und Kreistagswahl mehr Briefwahlunterlagen an bevollmachtigte Personen herausgegeben als erlaubt Zudem wurden Vollmachten gefalscht und Briefwahlunterlagen von Dritten ausgefullt 1 Bei der Wiederholung der Briefwahl der Stadtratswahl wurden erneut Unterlagen manipuliert Der Stadtrat entschied deshalb die Wahl des Stendaler Stadtrates in Ganze zu wiederholen Die Wiederholungswahl fand am 21 Juni 2015 statt Der Kreistag des Landkreises Stendal erkannte hingegen das Ergebnis der Kreistagswahl als gultig an Gegen die Wiederholung der Stadtratswahl wurden erneut Manipulationsvorwurfe erhoben Inhaltsverzeichnis 1 Verlauf 1 1 Manipulation der Wiederholungswahl 2 Landtag 3 Juristische Aufarbeitung 4 Weblinks 5 Siehe auch 6 EinzelnachweiseVerlauf BearbeitenVor der Wahl wurden gefalschte Vollmachten auf den Namen der Suppenfabrikanten Antje und Wolfgang Mandelkow und zwei weitere Personen ausgestellt in denen diese angeblich ermachtigt wurden die Briefwahlunterlagen fur den Ausstellenden abzuholen 2 Mitarbeiter der Firma holten die Wahlunterlagen aus dem Rathaus und gaben sie an den damaligen Stadtrat Holger Gebhardt CDU weiter der die Unterlagen zu seinen Gunsten ausfullte 3 Bei der Stadtratswahl am 25 Mai 2014 konnte die CDU uber funf Prozentpunkte im Vergleich zur Wahl 2009 zugewinnen und erreichte 40 7 Prozent Bei der Bekanntgabe der genauen Ergebnisse im Juni 2014 wurde festgestellt dass CDU Kandidat Holger Gebhardt laut Volksstimme im Stendaler Stadtrat eher ein Hinterbankler mit 837 Stimmen den vierten Platz unter allen CDU Bewerbern erreichte Auffallig war dass Gebhardt bei der Briefwahl 689 Stimmen erhalten haben soll was einem Anteil von mehr als 11 Prozent aller per Brief abgegebenen Stimmen entsprechen wurde In den 37 Wahllokalen die von uber 80 Prozent der Wahler genutzt wurden erhielt er hingegen nur 148 von rund 29 000 Stimmen Stadtwahlleiter Axel Kleefeldt CDU behauptete am 3 Juni 2014 vor dem Wahlausschuss die Wahl sei ordnungsgemass abgelaufen Drei Wochen spater raumte er jedoch ein dass Mitarbeiter der Stadtverwaltung nicht beachtet hatten dass ein Wahlberechtigter nur bis zu vier Vollmachten einreichen darf In Stendal hatten zwolf Bevollmachtigte insgesamt 179 Unterlagen fur die Stadtrats und die Kreistagswahl abgeholt In einem Fall waren es sogar mehr als 30 Unterlagen Am 3 Juli 2014 erklarte Carsten Wulfanger CDU vor dem Kreistag des Landkreises Stendal dass eine Verfalschung des Wahlerwillens nicht erkennbar sei Wolfgang Kuhnel Kreisvorsitzender der CDU verteidigte im Kreistag die betreffenden Bevollmachtigten denen unerlaubt viele Briefwahlunterlagen ausgehandigt wurden verschwieg jedoch dass er selbst zu diesen gehorte Der Kreistag beschloss anschliessend die Gultigkeit der Kreistagswahl Bei der Sitzung des Stendaler Stadtrates am 7 Juli 2014 hingegen erkannten nur CDU und Grune die eine gemeinsame Fraktion bildeten das Briefwahlergebnis der Stadtratswahl an Die Mehrheit aus Die Linke SPD FDP und Piraten stimmte hingegen fur eine Wiederholung der Briefwahl Der Vorsitzende der CDU Stadtratsfraktion Hardy Peter Gussau sprach sich in der Debatte gegen die Wiederholung der Briefwahl und einen Sonderausschuss zu Aufklarung der Wahlfalschung aus und bezeichnete die Wiederholungsentscheidung als Politmobbing Stadtwahlleiter Kleefeldt CDU sprach sich dafur aus die Wahl fur gultig zu erklaren Der Landeswahlleiter hatte hingegen eine Teil Wiederholung empfohlen Zuvor hatte am 3 Juli der Wahlberechtigte Florian M eidesstattlich erklart dass seine Unterschrift unter der ihm im Briefwahllokal vorgelegten Briefwahlvollmacht nicht von ihm gezeichnet worden war Der Stadtwahlleiter stellte daraufhin Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Urkundenfalschung und Wahlbetrugs Florian M gehorte zu den zehn der 189 vermeintlichen Briefwahler die am Wahltag ins Wahllokal gingen um zu wahlen Dort wurde ihnen die Stimmabgabe verweigert da fur sie ein Sperrvermerk bestehe weil sie angeblich bereits per Briefwahl gewahlt hatten Im Juli 2014 bestatigte sich bei einem Termin bei der Polizei dass auch die Unterschrift von Christine T auf der Vollmacht gefalscht wurde Da die vermeintlichen Briefwahler eine Teilnahme per Brief bestritten wurden die in ihrem Namen eingegangenen Briefwahlunterlagen aufbewahrt und bei der Auszahlung nicht berucksichtigt Spater konnte so von der Polizei eine Zuordnung der vom jeweiligen Wahler abgegebenen Stimme vorgenommen werden Auf den vermeintlich von T ausgefullten Stimmzetteln waren Stimmen fur die CDU abgegeben worden Christine T war beim Jobcenter registriert Dort arbeitete damals auch CDU Stadtrat Holger Gebhardt delegiert von der Stadt Stendal Gebhardt wurde Ende 2011 durch Oberburgermeister Klaus Schmotz CDU in der Stadtverwaltung eingestellt ohne interne oder externe Ausschreibung die sonst uberwiegend ublich ist Inzwischen liegt deswegen eine Strafanzeige gegen den Oberburgermeister wegen Amtsmissbrauchs und Vorteilsgewahrung im Amt vor Zahlreiche der 189 Wahlberechtigten fur die die zwolf Frauen und Manner im Rathaus Unterlagen abgeholt hatten wurden in den Wochen danach von der Polizei befragt Bei etlichen von ihnen gab es ebenfalls eine Verbindung zum Jobcenter Anfang November 2014 wurden Durchsuchungen des Arbeitsplatzes von Holger Gebhardt und der CDU Geschaftsstelle durch die Polizei durchgefuhrt 4 Insgesamt ermittelte die Staatsanwaltschaft gegen mehr als zehn Personen darunter auch gegen CDU Kreischef Wolfgang Kuhnel und eine Mitarbeiterin der CDU Geschaftsstelle Am 8 November 2014 erklarte Holger Gebhardt seinen Austritt aus der CDU und seinen Rucktritt vom Stadtratsmandat Spater kundigte ihm auch die Stadt fristlos das Arbeitsverhaltnis CDU Landesvorsitzender Thomas Webel erklarte auf einem Landesparteitag im November dass es sich nur um einzelne schwarze Schafe gehandelt habe Innenminister Holger Stahlknecht CDU stellte jedoch wenige Tage spater fest der stellvertretende Leiter des in der Sache ermittelnden Stendaler Polizeireviers sei CDU Kreistags und Kreisvorstandsmitglied Stahlknecht veranlasste deshalb dass die Ermittlungen von der Polizeidirektion Magdeburg weitergefuhrt wurden Bei der Wiederholung der Briefwahl am 9 November 2014 busste die CDU 9 Prozentpunkte ein Da auch die Nachwahl von den Folgen der Wahlfalschung uberschattet wurde musste am 21 Juni 2015 der Stadtrat komplett neu gewahlt werden Der CDU Stadtvorstand bezeichnete den Skandal als Vorgange die ein Einzelner verubt habe Einer Mitarbeiterin der Stadtverwaltung wurde gekundigt Sie soll an der Wahlfalschung beteiligt gewesen sein 5 Im Marz 2017 wurde Gebhardt wegen Wahlfalschung in rund 300 Fallen vom Landgericht Stendal zu zwei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt Das Gericht kam zu der Uberzeugung dass er auf Druck von Hintermannern gearbeitet habe Der CDU Kreisvorstand trat daraufhin geschlossen zuruck 6 Gebhardts Anwalt legte gegen das Urteil Revision ein 7 Im August 2017 verwarf der Bundesgerichtshof die Revision in weiten Teilen Er erkannte lediglich auf weniger Falle der Urkundenfalschung setzte das Strafmass aber nicht herab Das Urteil des Landgerichts ist damit rechtskraftig 8 Zeitgleich wurde bekannt dass die Staatsanwaltschaft Vorermittlungen wegen einer moglichen Wahlfalschung bei der Landratswahl im Herbst 2012 aufnehmen wird Zudem wurde wahrend des Wahlfalschungsprozesses deutlich dass es zuvor bereits bei der Kommunalwahl 2009 Falschungen gegeben hat Diese werden allerdings nicht weiter verfolgt da sie inzwischen juristisch verjahrt sind 9 Manipulation der Wiederholungswahl Bearbeiten WW Stadtratswahl Stendal 2015 Wahlbeteiligung 31 5 4 5 p 403020100 36 426 620 57 23 22 22 01 9 CDULinkeSPDEBFDPGruneAfDPiraten Gewinne und Verluste im Vergleich zu 2009 p 6 4 2 0 2 4 6 4 3 0 5 0 0 4 2 0 6 1 3 2 0 0 5CDULinkeSPDEBFDPGruneAfDPiratenVorlage Wahldiagramm Wartung Fehler in der Farbeingabe Dunkel Im Vorfeld der Wiederholung der Stadtratswahl am 21 Juni 2015 kam es erneut zu Manipulationen Die eingereichte Liste der FDP enthielt mehr Bewerber und mit anderer Reihenfolge als durch die Nominierungsversammlung beschlossen 10 Dies wurde durch Einspruche eines Rechtsanwaltes sowie des AfD Kandidaten Tom Klein bekannt 11 Marcus Faber Stendaler Kreisvorsitzender und stellvertretender Landesvorsitzender der FDP Sachsen Anhalt der auch Spitzenkandidat seiner Partei zur Wiederholungswahl ist bezeichnete die Manipulation der Wahlliste als dummen Verfahrensfehler der umgehend behoben worden sei Nach der Volksstimme vorliegenden Dokumenten wurde Faber der bei der Listenaufstellung als Schriftfuhrer fungiert hatte jedoch bereits Wochen zuvor von einem FDP Mitglied diesbezuglich angesprochen 11 Der Stadtwahlausschuss strich in der Folge zwei Kandidaten von der Wahlliste der FDP 12 die somit trotzdem zur Wiederholung der Stadtratswahl am 21 Juni 2015 antreten konnte Gegen die Wiederholungswahl wurde vor dem Oberverwaltungsgericht Einspruch durch Tom Klein erhoben 13 Er bemangelte dass die FDP trotz nachgewiesener Manipulation ihres Wahlvorschlages zur Wahl zugelassen worden sei Zudem hatten SPD und FDP bei der Aufstellung ihrer Kandidaten den Grundsatz der geheimen Wahl verletzt Ausserdem sei der FDP Spitzenkandidat Marcus Faber nicht wahlbar gewesen da er nach eigenen Angaben seinen Lebensmittelpunkt nicht in Stendal sondern in Berlin habe Der Einspruch wurde am 17 Oktober 2017 abgewiesen und samtliche Klagepunkte von Klein gegen die Stadt Stendal und das Verfahren bei der FDP und den Wohnsitz ihrer Kandidaten verworfen Die Wiederholungswahl bleibt damit gultig 14 Landtag BearbeitenDie Wahlfalschung in Stendal war auch Gegenstand einer Debatte im Landtag von Sachsen Anhalt Dabei kam es zu heftigen Vorwurfen gegen die CDU Sachsen Anhalt Der SPD Abgeordnete Tilman Togel dessen Wahlkreis Stendal ist schrieb in einem Facebookkommentar die Stendaler CDU solle doch uberlegen sich in Camorra von der Uchte umzubenennen und warnte dass Sumpf Filz und kriminelle Aktivitaten erhalte wer CDU wahle 15 Im Zusammenhang mit dem Wahlbetrug trat Hardy Peter Gussau von seinem Amt als sachsen anhaltischer Landtagsprasident am 15 August 2016 mit Wirkung zum 21 August 2016 zuruck 16 Der Landtag von Sachsen Anhalt richtete im April 2017 zu dem Betrug einen Untersuchungsausschuss ein 17 Nach 31 Sitzungen konnte im April 2021 der Abschlussbericht vorgelegt werden 18 Der Ausschuss hatte 85 Zeugen gehort und Dutzende Aktenordner der Justiz durchgearbeitet Es konnte nicht zweifelsfrei belegt werden inwiefern der spater verurteilte Wahlfalscher wissentliche Hilfe bekommen hatte Allerdings konnte Behordenversagen auf verschiedenen Ebenen festgestellt werden Juristische Aufarbeitung BearbeitenDas Landgericht Stendal verurteilte im November 2020 in einem Zivilverfahren den verurteilten Wahlfalscher Holger Gebhardt sowie den langjahrigen Chef der CDU im Landkreis Stendal Wolfgang Kuhnel zu Schadensersatz in Hohe von rund 49 000 Euro Die Stadt Stendal hatte wegen der Wiederholungswahlen zum Stadtrat Briefwahl 2014 und Stadtrat 2015 das Geld eingeklagt Gebhardt akzeptierte das Urteil Kuhnel ging dagegen in Berufung Im Juli 2022 wies das Oberlandesgericht Naumburg die Berufung zuruck 19 Weblinks BearbeitenUmfangreiche Darstellung des Falles durch die VolksstimmeSiehe auch BearbeitenWahlfalschungsskandal von DachauEinzelnachweise Bearbeiten Verdacht auf Wahlfalschungen Neuwahl in Stendal nicht mehr ausgeschlossen Memento vom 11 Februar 2015 im Internet Archive mdr de 10 November 2014 Marc Rath Wahlfalschung Die zwei Gesichter der Antje M volksstimme de vom 22 Februar 2017 abgerufen am 27 Februar 2020 Details zur Briefwahlaffare in Stendal Nicht mehr online verfugbar Mitteldeutscher Rundfunk 2 August 2017 archiviert vom Original am 29 September 2017 abgerufen am 13 Oktober 2017 Kreisburo der CDU in Stendal durchsucht in volksstimme de 7 November 2014 Wegen Falschungsvorwurfen Stadtratswahl in Stendal wird komplett wiederholt Memento vom 11 Februar 2015 im Internet Archive mdr de 30 Januar 2015 Urteil in Briefwahlaffare Stendal Fruherer CDU Stadtrat Gebhardt muss ins Gefangnis mdr vom 15 Marz 2017 abgerufen am 18 Marz 2017 Stendaler Wahlaffare Ex Stadtrat geht in Revision In Volksstimme Magdeburg 21 Marz 2017 abgerufen am 10 April 2017 Urteil in Stendaler Briefwahlaffare rechtskraftig Welt 19 September 2017 abgerufen am 13 Oktober 2017 Marc Rath Jetzt auch Landratswahl im Fokus In volksstimme de 14 Marz 2017 abgerufen am 10 April 2017 FDP Spitze verfalscht Wahlliste In volksstimme de 2 Mai 2015 abgerufen am 3 Februar 2022 a b Heyy wie kommt s das die Nr 18 geandert wurde In volksstimme de 5 Mai 2015 abgerufen am 3 Februar 2022 Stendals FDP verliert zwei Kandidaten In volksstimme de 5 Mai 2015 abgerufen am 3 Februar 2022 Unregelmassigkeiten bei der FDP In volksstimme de 13 Juli 2015 abgerufen am 3 Februar 2022 Wiederholungswahl des Stadtrates in Stendal gultig Memento vom 21 Oktober 2017 im Internet Archive juris de Oktober 2017 Wahlfalschung sorgt fur Eklat im Landtag Memento vom 11 Februar 2015 im Internet Archive mdr de 12 Dezember 2014 Kommentar zu Gussau Uneinsichtig bis zum Schluss Mitteldeutsche Zeitung vom 15 August 2016 abgerufen am 16 Juni 2021 Untersuchungsausschuss Parlamentarisches Nachspiel in Stendaler Briefwahlaffare Memento vom 13 Oktober 2017 im Internet Archive mdr de vom 5 April 2017 abgerufen am 13 Oktober 2017 Bericht des 16 Parlamentarischen Untersuchungsausschusses des Landtages von Sachsen Anhalt In Landtags Sachsen Anhalt Landtag Sachsen Anhalt 14 April 2021 abgerufen am 16 Juli 2022 deutsch Bernd Volker Brahms Wahlfalschung in Stendal Ehemaliger CDU Chef muss Schadenersatz leisten In mdr de Mitteldeutscher Rundfunk 14 Juli 2022 abgerufen am 16 Juli 2022 deutsch Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Stendaler Wahlbetrug amp oldid 229364928