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Der Spuk von Tegel ist ein Fall von Poltergeist Spuk in Tegel damals Vorort von Berlin im Jahr 1797 der Eingang in die deutsche Literaturgeschichte fand 1 Inhaltsverzeichnis 1 Spuk 2 Nicolai und seine Gegner 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseSpuk BearbeitenAusgangspunkt ist ein Bericht in den Berlinischen Blattern des Aufklarers Friedrich Nicolai vom November 1797 2 Demzufolge hatte sich im Haus des Oberforsters Schulz in Tegel seit einiger Zeit unerklarliches nachtliches Gepolter bemerkbar gemacht und zwar hauptsachlich in Nachten mit Mondschein Diese Ereignisse wurden durch den Oberforstmeister von Burgsdorff der Gesellschaft Naturforschender Freunde zu Berlin bekannt gemacht wo man sich entschloss durch eine Geisterjagd Aufklarung zu schaffen da Berichte uber den Spuk im Berliner Publikum zu kursieren begannen Diese Geisterjagd fand dann am 13 September und 2 Oktober 1797 statt Die Gerausche ertonten jeweils in der Zeit um Mitternacht in einem Korridor in dem sich auch eine eiserne Truhe befand aber nur dann wenn niemand sich in dem Korridor aufhielt Beim ersten Besuch wurden die Gerausche gehort die Herkunft konnte aber nicht festgestellt werden u a weil die Tur des angrenzenden Logierzimmers in dem die Gesellschaft sich aufhielt sich nur mit Verzogerung offnen liess Beim zweiten Mal wurde nach Betreten des Korridors auf der Truhe ein mit einer Gartenschnur umwickeltes Holz gefunden Alle wahrgenommenen Gerausche konnten mit Hilfe dieses Holzes und der Truhe sowie eines uber das Holz einer Tur gleitenden nassen Daumens reproduziert werden wonach man ein Protokoll verfasste und den Spuk als aufgeklart betrachtete Nicolai und seine Gegner BearbeitenDieser an sich triviale Fall eines Poltergeist Phanomens ware vergessen worden hatte ihn nicht Goethe aufgegriffen Im Fruhjahr 1791 hatte Nicolai unter nervosen Storungen gelitten in deren Folge er buchstablich Gespenster sah Diese Storungen wurden damals durch Ansetzen von Blutegeln am Gesass nach Nicolais Ansicht erfolgreich behandelt Auch das ware ohne Folge geblieben hatte Nicolai sich nicht bemussigt gefuhlt von seiner Storung und deren Kur 1799 vor der Berliner Akademie der Wissenschaften zu berichten 3 In dieser Abhandlung erwahnt Nicolai auch den Spuk von Tegel 4 1775 hatte Nicolai eine Freuden des jungen Werthers benannte Parodie auf Die Leiden des jungen Werthers von Goethe verfasst die der erzurnte Dichterfurst sofort mit einem bosen Gedicht Nicolai auf Werthers Grabe quittierte Die Nicolaische Abhandlung uber die Behandlung von Gespenstersehen durch Blutegel am After bot nun eine willkommene Angriffsflache und Goethe nahm die Gelegenheit wahr Nicolai als Proktophantasmist Steissgeisterseher in der Walpurgisnachtszene des 1808 gedruckten Faust I zugleich lacherlich und unsterblich zu machen 5 Hier erscheint dann auch der Bezug auf den Spuk von Tegel PROKTOPHANTASMIST Ihr seid noch immer da Nein das ist unerhort Verschwindet doch Wir haben ja aufgeklart Das Teufelspack es fragt nach keiner Regel Wir sind so klug und dennoch spukt s in Tegel Wie lange hab ich nicht am Wahn hinausgekehrt Und nie wird s rein das ist doch unerhort Dazu einige Verse spater Mephistopheles MEPHISTOPHELES Er wird sich gleich in eine Pfutze setzen Das ist die Art wie er sich soulagiert 6 Und wenn Blutegel sich an seinem Steiss ergetzen Ist er von Geistern und von Geist kuriert Dass der Spuk von Tegel nun Teil des deutschen Literaturkanons war veranlasste Ludwig Bechstein ihn in sein 1853 erschienenes Deutsches Sagenbuch aufzunehmen 7 Bechsteins Darstellung ist allerdings unzutreffend da es nicht in Schloss Tegel gespukt hat sondern eben in der heute nicht mehr existierenden in der Nahe des Schlosses gelegenen alten Forsterei Ausserdem ware nach Bechstein Nicolai der Besitzer des Schlosses gewesen das aber zu der Zeit im Besitz von Wilhelm von Humboldt war Die Quelle der anderen von Bechstein genannten Details beispielsweise der sichtbaren mehrgestaltigen Erscheinung eines Gespensts ist nicht bekannt Die Fassung von Bechstein wurde auch von Johann Georg Theodor Grasse in dessen Sagenbuch des Preussischen Staates ubernommen 8 Nicht zu verwechseln ist diese Spukgeschichte mit der ganz in der Nahe lokalisierten Sage uber die Spukmuhle in Tegel 9 Dabei handelt es sich um eine etwas abgewandelte Fassung der Sage von der zerschlagenen Hexe von Rathenow 10 Literatur BearbeitenGisela Griepentrog Hrsg Berlin Sagen vbb Berlin 2010 S 147 f Der Spuk in Tegel Richard Hennig Der moderne Spuk und Geisterglaube Eine Kritik und Erklarung der spiritistischen Phanomene Schultze Hamburg 1906 S 185 f Weblinks BearbeitenUber das nachtliche Gepolter in TegelEinzelnachweise Bearbeiten Gero von Wilpert Die deutsche Gespenstergeschichte Motiv Form Entwicklung Kroners Taschenausgabe Band 406 Kroner Stuttgart 1994 ISBN 3 520 40601 2 S 100 Uber das nachtliche Gepolter in Tegel 1 Meile von Berlin Berlinische Blatter November 1797 Nr 6 S 161 179 Sitzung vom 22 Februar 1799 Auch in der von Nicolai herausgegebenen Neuen Berlinischen Monatsschrift Beispiel einer Erscheinung mehrerer Phantasmen Nr 203 Mai 1799 S 321 360 Beispiel einer Erscheinung mehrerer Phantasmen S 6 Faust I Vers 4144 ff franzosisch soulager erleichtern entlasten befreien Ludwig Bechstein Deutsches Sagenbuch Meersburg und Leipzig 1930 S 250 online Johann Georg Theodor Grasse Sagenbuch des Preussischen Staates Carl Flemming Glogau 1868 71 Bd 1 S 217 Nr 250 Entsprechend in Griepentrog Berliner Sagen 2010 S 145 Der Poltergeist Griepentrog Berliner Sagen 2010 S 145 f Adalbert Kuhn Markische Sagen und Marchen Reimer Berlin 1843 S 143 Nr 134a Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Spuk von Tegel amp oldid 184148072