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Als Sportherz Sportlerherz oder Athletenherz wird in der Sportmedizin eine Vergrosserung des Herzens Kardiomegalie bezeichnet die durch korperliches Training im Rahmen von Leistungssport insbesondere Ausdauersport bedingt ist Intensives korperliches Training fuhrt zu einer Vermehrung der Muskelmasse Muskelaufbau Dies gilt nicht nur fur die Skelettmuskulatur sondern auch fur den Herzmuskel Diese Hypertrophie des Herzmuskels gilt als angemessene physiologische Antwort auf eine vermehrte Belastung Die durch Sport herbeigefuhrte Herzvergrosserung birgt fur den Sportler nach bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen kein Gesundheitsrisiko 1 Daruber hinaus kommt es beim Sportler zu typischen direkt oder indirekt durch den Sport hervorgerufenen pathologischen Veranderungen Diese konnen durch eine der erhohten Belastung angemessene gesundheitliche Uberwachung weitestgehend vermieden werden Physiologische und pathologische Veranderungen konnen sich uberlagern Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte und Bezeichnung 2 Training 3 Exzentrische und konzentrische Hypertrophie 4 Auswirkungen von Training 5 Korperliche Untersuchung 6 Apparative Untersuchungen 6 1 Elektrokardiografie EKG 6 2 Rontgen 6 3 Echokardiografie Herzecho 7 Sport und Herzerkrankung 8 Literatur 9 EinzelnachweiseGeschichte und Bezeichnung Bearbeiten1899 stellte der schwedische Arzt Salomon Eberhard Henschen durch Perkussion des Brustkorbs bei finnischen Skilanglaufern vor und nach dem Wettkampf eine Herzvergrosserung fest Er kam zu dem Schluss dass ein durch Training vergrossertes Herz mehr leisten konne als ein untrainiertes Herz von normaler Grosse 2 3 Dies wird Athletenherz Sportlerherz Sportherz oder Leistungsherz genannt Der englische Ausdruck lautet athlete s heart Medizinische Wissenschaftler beobachteten auch dass nach volliger korperlicher Erschopfung eine zusatzliche Vergrosserung des Herzens folgte und werteten dies als Herzversagen Diese Beobachtung wurde viele Jahre als falsch angesehen bis im Jahre 2000 4 echokardiografische Untersuchungen an Triathleten nach langerfristiger korperlicher Erschopfung im Rahmen von Wettkampfen eine vorubergehende Vergrosserung der linken Herzkammer mit Leistungsminderung dokumentieren konnten Das Athletenherz findet sich nur bei Sportlern mit Ausdauertraining und umso wahrscheinlicher je mehr Muskeln sie einsetzen Training BearbeitenDauer und Art des korperlichen Trainings beeinflussen das Ausmass der Veranderungen von Herzgrosse und struktur Kurzzeittraining vermag zwar noch nicht die Grosse des Herzens zu beeinflussen wohl aber den maximalen Sauerstoffverbrauch und die submaximale Herzfrequenz zu verbessern Langzeittraining hingegen erzeugt eine Vergrosserung der linken Herzkammer die sich nach Beendigung des Trainings ohne schadliche Auswirkungen vollstandig zuruckbildet Spezielle Arten des Trainings determinieren zwar die strukturellen Veranderungen des Herzmuskels aber das Ausmass der Reaktion auf Training variiert individuell betrachtlich Im Allgemeinen ist die Herzfrequenz in Ruhe auch bei durchschnittlich trainierten Ausdauersportlern deutlich niedriger als bei Untrainierten und kann dann im Bereich von 30 bis 50 Schlagen pro Minute liegen Exzentrische und konzentrische Hypertrophie BearbeitenIsoton also dynamisch trainierende Sportler entwickeln haufig eine exzentrische Herzmuskelhypertrophie Die Wanddicken steigen ebenso wie das enddiastolische Volumen gering an wodurch das Verhaltnis von Volumen und Wanddicke der linken Herzkammer normal bleibt Im pathologischen Falle findet man bei diesen Sportlern haufiger mehrfache Herzklappeninsuffizienzen gleichzeitig bei den beiden Segelklappen wahrscheinlich durch eine Dehnung ihrer Ringe Im Gegensatz dazu bekommen Sportler mit einem isometrischen also statischen Training eine konzentrische Herzmuskelhypertrophie also eine gleichmassige Wandverdickung aller Herzmuskelabschnitte der linken Herzkammer Bei der konzentrischen Hypertrophie tritt keine Veranderung der Dehnbarkeit Compliance der linken Herzkammer auf anders aber bei Sportlern die anabole Steroide einnehmen In Studien konnte gezeigt werden dass diese Doping Substanzen die normale physiologische Hypertrophie verandern und zu einer pathologischen Versteifung des Herzmuskels fuhren 5 6 Diese Verminderung der Dehnbarkeit Compliance der linken Herzkammer kann eine Vorstufe einer diastolischen Herzinsuffizienz darstellen Auswirkungen von Training BearbeitenEs gibt keine Hinweise dass korperliches Training ein gesundes Herz schadigen kann Ganz im Gegenteil fuhrt Training zu einer verbesserten funktionellen Leistungsfahigkeit des Herzens mit grosserem Schlagvolumen und Herzzeitvolumen Daruber hinaus sind eine Verminderung der Sympathikusaktivitat und vor allem eine Aktivierung des parasympathischen Nervensystems zu beobachten Korperliche Untersuchung BearbeitenOft ist es schwierig physiologische Anpassungsvorgange bei Sportlern von Veranderungen mit Krankheitswert zu unterscheiden die bei Sportlern genauso haufig wie in der Normalbevolkerung vorkommen Hierzu dienen die einfache korperliche Untersuchung und erganzende apparative Untersuchungsmethoden Bei der korperlichen Untersuchung von Leistungssportlern fallen eine Ruhebradykardie durch erhohten Vagotonus und eine besonders ausgepragte respiratorische Herzfrequenzvariation auf Solange keine Beschwerden damit verbunden sind konnen selbst so niedrige Herzfrequenzen wie 30 bis 40 Schlage pro Minute toleriert werden Auffallig sind ausserdem ein etwas verlagerter Herzspitzenstoss ein dritter und vierter Herzton besonders im Liegen sowie systolische Herzgerausche alles normal bei Leistungssportlern Apparative Untersuchungen BearbeitenElektrokardiografie EKG Bearbeiten Bei Hochleistungssportlern finden sich oftmals EKG Veranderungen Entsprechend ihrem erhohten Vagotonus gehoren hierzu eine Sinusbradykardie mit Pausen und Ersatzrhythmen sowie atrioventrikulare Blockbilder ersten und zweiten Grades vom Typ Mobitz I Durch korperliche Belastung oder die Gabe von Atropin konnen diese Veranderungen leicht beendet werden Zeichen der linksventrikularen Hypertrophie stellen die hohen Amplituden der Erregungskurve dar Die pseudoischamische Erregungsruckbildungsstorung kann eine Aussenschichtschadigung des Herzmuskels wie sie durch eine koronare Durchblutungsstorung hervorgerufen wird oder eine Herzbeutelentzundung vortauschen und sollte durch ein Belastungs EKG weiter abgeklart werden Rontgen Bearbeiten Im Rontgenbild des Brustkorbs zeigt sich eine Herzvergrosserung mit einem Verhaltnis von Herz zu Thoraxbreite von 0 5 bis 0 6 was in diesem Fall nicht als pathologisch anzusehen ist Echokardiografie Herzecho Bearbeiten Am besten geeignet zur Beurteilung der Dimensionen des Herzens ist jedoch die Echokardiografie Wichtig ist die trainingsbedingte physiologische Herzmuskelhypertrophie von der angeborenen pathologischen hypertrophen Kardiomyopathie HCM zu unterscheiden weil die HCM gerade bei korperlicher Anstrengung zu einer hohen Rate von plotzlichem Herztod bei jungeren Menschen fuhrt Verdachtig sind eine asymmetrische Hypertrophie der linken Herzkammer und eine Wanddicke uber 13 mm wie sie bei Ausdauersportlern wie Radrennfahrern oder Ruderern ubertroffen werden kann In diesen Fallen wird eine Untersuchung von Verwandten und oder ein vorlaufiger Stopp des Trainings empfohlen um zu sehen ob sich eine Ruckbildung der Wandverdickung einstellt Wenn diese ausbleibt oder wenn es unklare plotzliche Todesfalle in der Verwandtschaft gibt sind eine HCM und somit ein ernstes Risiko fur den Sportler wahrscheinlicher Die Echokardiografie deckt auch eine Erweiterung der Herzhohlen auf und hilft bei der Abgrenzung zur dilatativen Kardiomyopathie Meist bleibt der enddiastolische Durchmesser der linken Herzkammer unter 55 mm selten ubersteigt er 65 mm bei einzelnen Ausdauersportlern 7 Sport und Herzerkrankung BearbeitenAuch beim Sportler kommen vorbestehende Herzerkrankungen wie in der Durchschnittsbevolkerung vor Auch bei leichteren Erkrankungen des Herzens kann es unter Wettkampfbedingungen zu schweren Zwischenfallen kommen In sehr seltenen Fallen gibt es bei ausgepragten Risikofaktoren wie starkem Nikotinabusus und schwerer Fettstoffwechselstorung und vor allem bei einer entsprechenden Vorgeschichte von Familienangehorigen die koronare Herzkrankheit auch bei jungeren Sportlern Angina Pectoris Herzinfarkt und plotzlicher Herztod sind mogliche Folgen Ohne warnende Symptome tritt der plotzliche Herztod bei der hypertrophen Kardiomyopathie auf Sie ist eine angeborene Erkrankung Bei auffalligen EKG Befunden vorzeitigen unerwarteten und unklaren Todesfallen in der Familie und Synkopen muss nach dieser Erkrankung geforscht werden Von dieser Erkrankung betroffenen Menschen durfen keinen Leistungssport mehr ausuben Als wesentlich gefahrlicher aber in Mitteleuropa seltener gilt die arrhythmogene rechtsventrikulare Kardiomyopathie eine angeborene Erkrankung in deren Verlauf es zu einer fettigen Umbildung v a der rechten Herzkammer kommt und die bei Sport todliche Herzrhythmusstorungen hervorrufen kann Leistungssportler mit Beinahe Herztod mussen abtrainieren und bekommen einen Rhythmuswachter implantiert Nach fieberhaften banalen Infekten kann es zu einer Herzmuskelentzundung kommen Bei korperlicher Belastung konnen lebensbedrohliche Herzrhythmusstorungen auftreten Eine Folgeerkrankung stellt die dilatative Kardiomyopathie dar die bei korperlicher Anstrengung todliche Herzrhythmusstorungen zur Folge haben kann Deshalb sollte bei Herzrhythmusstorungen unter Belastung und Herzbeschwerden nach Infektionskrankheiten eine langere Trainingspause eingehalten werden Angeborene Herzkrankheiten wie Anomalien der Herzkranzgefasse konnen bei Sportlern kritische Durchblutungsstorungen auslosen Auch die Aortenstenose ist eine Risikoerkrankung fur Sportler Hochgewachsene jugendliche Sportler haufig Basketballer und Balletttanzer konnen ein latentes Marfan Syndrom haben und beim Sport eine Aortenruptur erleiden Bei schlagartig einsetzenden und heftigen Herzschmerzen darf deshalb keine Zeit verloren werden bis diese Verdachtsdiagnose notfallmassig ausgeschlossen oder bestatigt werden kann Ionenkanaldefekte die heute zu den primaren Kardiomyopathien gerechnet werden konnen bei korperlicher Belastung zu Herzrhythmusstorungen und plotzlichem Herztod fuhren Literatur BearbeitenBarry J Maron Antonio Pelliccia Contemporary Reviews in Cardiovascular Medicine The Heart of Trained Athletes Cardiac Remodeling and the Risks of Sports Including Sudden Death In Circulation 114 2006 S 1633 1644 Jurgen Scharhag Herbert Lollgen Wilfried Kindermann Herz und Leistungssport Nutzen oder Schaden In Dtsch Arztebl Int 110 1 2 2013 S 14 24 Einzelnachweise Bearbeiten V Fuster W Alexander R A O Rourke Hrsg Hurst s The Heart 11 Auflage McGraw Hill New York 2004 ISBN 0 07 142264 1 S 2249 R Rost The athlete s heart Historical perspectives solved and unsolved problems In Cardiol Clin 15 1997 S 493 512 W Kindermann Das Sportherz In Deutsche Zeitschrift fur Sportmedizin 51 2000 S 307 308 L R Thomas P S Douglas Echocardiographic findings in athletes In P D Thompson Hrsg Exercise and Sports Cardiology McGraw Hill New York 2000 S 43 70 A C Pearson u a Left ventricular diastolic function in weight lifters In Am J Cardiol 58 1986 S 1254 1259 PMID 2947454 A Urhausen u a One and two dimensional echocardiography in bodybuilders using anabolic steroids In Eur J Appl Physiol 58 1989 S 633 640 PMID 2731533 R Engberding Dilatative Kardiomyopathie In F A Flachskampf Praxis der Echokardiographie Das Referenzwerk zur echokardiographischen Diagnostik Georg Thieme Verlag Stuttgart New York 2002 S 221 Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt nicht eine Diagnose durch einen Arzt Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Sportherz amp oldid 227765589