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Unter Spanbildung versteht man in der Fertigungstechnik die Entstehung von Spanen bei der spanenden Bearbeitung von Werkstucken Der Schneidkeil am Zerspanungswerkzeug staucht dabei zunachst das Material an wodurch sich die Druckspannungen erhohen Es kommt zu elastischen und plastischen Verformungen die auch zusatzlich zu Scherspannungen fuhren Nach Uberschreiten der Scherfestigkeit beginnt der Werkstoff sich vom Werkstuck zu losen und lauft uber die Spanflache des Werkzeuges ab Durch die hohen Temperaturen von mehreren hundert C und dem mehrachsigen Spannungszustand kommt es haufig auch bei Werkstoffen die bei Raumtemperatur hart und sprode sind zu duktilem Werkstoffverhalten Inhaltsverzeichnis 1 Spanbildung im Scherebenenmodell 2 Spanbildung bei realen Prozessen 3 Spanbildung beim Schleifen 4 Spanbildung beim Lappen 5 Spanbildung beim Hochgeschwindigkeitsspanen 6 Spanbildung bei der Hartbearbeitung 7 Untersuchungsmethoden 7 1 Mikrokinematographie 7 2 Schnittunterbrechung 8 Siehe auch 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseSpanbildung im Scherebenenmodell Bearbeiten nbsp Spanbildung im Scherebenenmodell Die Scherebene ist rot eingezeichnet Das Scherebenenmodell ist eine stark vereinfachte Vorstellung der Prozesse die bei der Spanbildung ablaufen Es geht vom sogenannten freien orthogonalen Schnitt aus bei dem man sich die Spanbildung als in einer Ebene ablaufend vorstellen kann Der Werkzeug Einstellwinkel betragt dabei 90 orthogonal und es ist nur die Hauptschneide im Eingriff frei Diese Voraussetzungen sind beispielsweise beim Langs Plandrehen eines Rohres gegeben sofern das Werkzeug breiter ist als die Wandstarke des Rohres Die Spanbildung verlauft dann in einer Ebene die senkrecht zur Schneide liegt In diesem Modell wird der Werkstoff in der sogenannten Scherebene abgeschert die mit der Werkzeug Schneidenebene den Scherwinkel F displaystyle Phi nbsp bildet Die im Werkstoff vorliegende Struktur andert sich dabei da sie in einer Richtung gestreckt und in einer anderen gestaucht wird Dadurch bilden sich Strukturlinien im Gefuge des Spanes aus Der Winkel zwischen diesen verformten Linien und der Scherebene wird als Strukturwinkel h displaystyle eta nbsp bezeichnet Der Winkel zwischen den Strukturlinien und der Spanflache als Fliesswinkel PS displaystyle Psi nbsp 1 Spanbildung bei realen Prozessen Bearbeiten nbsp Spanbildungsprozess schematische Darstellung mit mehreren Scherzonen Die tatsachlichen Verhaltnisse unterscheiden sich wegen der Vereinfachungen des Scherebenenmodells davon zum Teil Die Scherung findet tatsachlich in einem raumlich ausgedehnten Gebiet der Scherzone statt Die Spanbildung ist ein ublicherweise kontinuierlich ablaufender Prozess Bei sproden Werkstoffen wie Gusseisen kann es jedoch bereits in der Scherzone zum Uberschreiten der Bruchspannung kommen sodass das Material hier abgetrennt wird und der Spanbildungsprozess von neuem beginnt Falls das Formanderungsvermogen des Werkstoffs ausreicht was bei Stahlen und den meisten Metallen der Fall ist so verformt er sich plastisch und geht in den Span uber Der Werkstoff wird dann erst direkt vor der Schneidkante getrennt Auf der Unterseite des Spanes bzw auf der Oberseite der Spanflache herrschen hohe Zug und Druckspannungen Die Spanunterseite unterliegt daher hohen Verformungen die sich in der sekundaren Fliesszone auf der Spanunterseite bemerkbar machen Hier herrschen sehr hohe Temperaturen die bei der industriellen Zerspanung von Stahl uber 1000 C betragen konnen sowie sehr hohe Spannungen die im Mittel 250 350 N mm betragen Die Scherdehnung in diesem Bereich betragen zwischen 0 8 und 4 Beim Zugversuch zur Ermittlung der Festigkeitswerte dagegen betragen sie nur etwa 0 2 Die Scherdehnungsgeschwindigkeit liegt bei der Zerspanung etwa 10 000 1 s beim Zugversuch dagegen bei etwa 0 001 1 s 2 Bei niedrigen und mittleren Schnittgeschwindigkeiten kann es auch zur Ausbildung einer Aufbauschneide kommen Hierbei bleibt ein Teil der Spanunterseite auf der Schneidkante kleben und fungiert nun selbst als Schneide bis sie vom nachstromenden Werkstoff weggerissen wird Siehe auch Zerspankraft und Energieumwandlung und Warme beim SpanenSpanbildung beim Schleifen BearbeitenDie Spanbildung beim Schleifen unterscheidet sich wegen der viel kleineren Spanungsdicken von der Spanbildung beim Drehen Bohren oder Frasen Beim Schleifen werden die einzelnen Korner die als Schneiden fungieren ublicherweise in Schleifscheiben oder steinen gebunden die uber den Werkstoff bewegt werden Die genaue Form der Korner ist nicht bekannt in der Regel wirken jedoch negative Spanwinkel Wegen der sehr geringen Spanungsdicken konnen elastische Verformungen nicht mehr vernachlassigt werden Ein einzelnes Korn gleitet nach der Kontaktherstellung zunachst uber den Werkstoff ohne in ihn einzudringen Das Korn wird dann immer weiter in Richtung des Werkstuckes bewegt der jedoch elastisch nachgibt Wenn das Korn schliesslich in den Werkstoff eingedrungen ist kommt es noch nicht sofort zur Spanabnahme Zunachst wird der Werkstoff seitlich vom Korn durch plastisches Fliessen verdrangt was als Pflugen bezeichnet wird Wenn mehrere benachbarte oder aufeinander folgende Korner das Material immer weiter zur Seite drangen und weiter verformen kann es dadurch auch zum Abtrennen von Material kommen Wenn das einzelne Korn noch tiefer in den Werkstoff eingedrungen ist kommt es schliesslich zur Spanbildung die von weiteren elastischen und plastischen Verformungen begleitet wird Kurz bevor das Korn den Werkstoff wieder verlasst enden die plastischen Verformungen wahrend die elastischen noch erhalten bleiben bis zum Kontaktverlust Der Spanbildungsprozess verlauft somit ahnlich wie beim Spanen mit geometrisch bestimmten Schneiden Die wichtigsten Unterschiede liegen darin dass beim Spanen der Werkstoff seitlich von der Schneide verdrangt wird und dass der Spannungszustand dreiachsig ist und nicht zweiachsig 3 4 Spanbildung beim Lappen BearbeitenBeim Lappen werden die Schneiden von losen Kornern gebildet die sich in einer Flussigkeit zwischen der Werkstuckoberflache und dem Lappwerkzeug befinden letzteres druckt die Korner auf die Oberflache und bewegt sich uber diese hinweg Es kommen mehrere Abtragsmechanismen in Frage Zwischen Lappscheibe und Werkstuck abrollende Korner dringen mit ihren Kanten und Spitzen in die Werkstuckoberflache ein und verdrangen den Werkstoff dabei plastisch ahnlich wie beim Schleifen Durch die nachfolgenden Korner wird der Verformungsgrad der Oberflache erhoht sodass sie sich verfestigt bis einzelne Stellen abplatzen Die Lappkorner konnen sich auch verhaken und dadurch in den Werkstoff eindringen und so echte Spane abtragen Bei der Bearbeitung von harten sproden Werkstoffen kommt es zur Ausbildung von Mikrorissen die sich ausbreiten und vergrossern bis Teile der Oberflache abgetrennt sind 5 6 Spanbildung beim Hochgeschwindigkeitsspanen Bearbeiten nbsp Spanbildung von segmentierten Spanen bei der HSC BearbeitungDie Spanbildung beim Hochgeschwindigkeitszerspanen weist einige Besonderheiten auf Die Schnittkraft sinkt mit zunehmender Schnittgeschwindigkeit bei allen duktilen metallischen Werkstoffen wie Stahl und Aluminium Der Scherwinkel wird grosser was zu einer geringeren Spanstauchung fuhrt Bei der Trockenbearbeitung von Stahl Ck45N mit einer Spanungsbreite von 0 6 mm und einem Vorschub von 0 2 mm nimmt der Scherwinkel bis etwa 1000 m min zu Danach bleibt er naherungsweise konstant Der Span selbst weist eine deutliche Segmentierung auf Die plastischen Verformungen sind in bestimmten Bereichen konzentriert die Details hangen jedoch stark vom Werkstoff ab Die genauen Zusammenhange und Ursachen dafur sind noch nicht abschliessend geklart Vermutlich sorgt ein adiabatischer Abfall der Formanderungsfestigkeit der durch die hohen Geschwindigkeiten verursacht wird zu dem grosseren Scherwinkel Veranderungen der Reibwerte und der segmentierte Span sind vermutlich keine Ursachen fur andere Veranderungen Segmentierte Spane treten bei ausreichend festen Werkstoffen auf bei Titan schon bei relativ niedrigen Schnittgeschwindigkeiten Stahle hoher Festigkeit zeigen den Effekt erst bei hoheren Geschwindigkeiten bei besonders weichen Stahlen kommt keine Segmentspanbildung vor Sie entsteht durch abwechselndes Stauchen und Abscheren des Werkstoffs was bei der konventionellen Bearbeitung parallel geschieht Zunachst wird der Werkstoff angestaucht Je weiter sich die Schneide auf das Werkstuck zubewegt desto hoher werden die erzeugten Spannungen Bei Uberschreiten der Scherfestigkeit schert dann ein Teil des Werkstoffes seitlich ab Dadurch verringert sich wieder die Stauchung sodass erneut angestaucht werden muss 7 Spanbildung bei der Hartbearbeitung BearbeitenVon Hartzerspanen spricht man bei der Bearbeitung von Werkstoffen mit einer Harte von mindestens 47 HRC falls dabei Verfahren genutzt werden die zum Spanen mit geometrisch bestimmter Schneide zahlen Diese Werkstoffe verhalten sich unter normalen Bedingungen Druck Temperatur ublicherweise sprode Dennoch kann bei der Hartbearbeitung duktiles Werkstoffverhalten beobachtet werden Bereits v Karman bemerkte jedoch dass selbst Marmor plastisch verformbar ist wenn die auftretenden Druckspannungen gross genug sind Eine Erklarung hierfur liefert die Theorie des hydrostatischen Drucks Dabei muss beachtet werden dass bei der Hartbearbeitung in der Praxis nur sehr geringe Spanungsdicken auftreten Die Spanbildung lauft daher vollstandig im Bereich der Schneidkantenverrundung oder der Fase ab Somit wirken effektiv stark negative Spanwinkel die am Werkstoff in einer grosseren Zone zu hohen hineinwirkenden Druckspannungen fuhren Fur das Versagen des Werkstoffes kommen mehrere Mechanismen und Festigkeitskennwerte in Frage Falls der Werkstoff nur in zwei Achsen auf Zug belastet wird kommt es bei Uberschreiten der Zugfestigkeit zum Trennbruch Wird der Werkstoff dagegen in zwei Achsen auf Druck beansprucht so kommt es zum plastischen Fliessen beim Uberschreiten der Schubfliessgrenze 8 Untersuchungsmethoden BearbeitenFur die Untersuchung der Spanbildung haben sich mehrere Methoden etabliert Bei der Schnittunterbrechung wird der Zerspanprozess schlagartig unterbrochen sodass eine Spanwurzel am Werkstuck verbleibt die unter dem Mikroskop analysiert werden kann Die Mikrokinematographie benutzt Hochgeschwindigkeitskameras um die Spanbildung zu filmen Ausserdem lassen sich mit der FEM Methode Simulationen erstellen 9 Mikrokinematographie Bearbeiten Mit der Mikrokinematographie lasst sich im Gegensatz zur Schnittunterbrechung die Spanbildung auch im Zeitablauf beobachten Ausserdem ist sie fur sehr kleine Spanungsdicken geeignet wie sie bei der Mikrozerspanung typisch sind Andererseits mussen die Schnittgeschwindigkeiten relativ niedrig sein um den Prozess noch beobachten zu konnen Sie liegen in der Grossenordnung von einem m min Ein weiterer Nachteil liegt darin dass nur die Spanbildung an der Oberflache der Probe beobachtet wird und nicht die in der Mitte Eine zu zerspanende Probe wird geschliffen poliert und geatzt und mit der praparierten Seite auf eine Quarzglasscheibe gedruckt Diese wird in das Spanfutter der Maschine eingesetzt Auf der anderen Seite der Scheibe befindet sich die Kamera und gegebenenfalls noch Einrichtungen zur Beleuchtung und Mikroskope Wegen der geatzten Oberflache ist das Gefuge des Werkstucks und seine Verformung gut zu erkennen Zusatzlich kann auf die Oberflache auch ein Raster aufgebracht werden das bei der Verformung ebenfalls verzerrt wird und so die Verformung sichtbar macht Diese Methode wird als Visioplastizitat bezeichnet 10 11 Das Verfahren geht auf die Anfange der Zerspanungsforschung zuruck Bereits 1905 wandte Kurrein diese Methode an Es folgte 1923 H Klopstock sowie 1936 Friedrich Schwerd und 1945 M E Merchant die das Verfahren verbesserten Weitere Arbeiten stammen von C Spaans 1971 und G Warnecke 1974 12 Schnittunterbrechung Bearbeiten Bei der Schnittunterbrechung wird das Werkzeug oder Werkstuck sehr schnell von der Wirkstelle wegbewegt um die Spanbildung schlagartig zu unterbrechen Die entstandene Spanwurzel kann dann unter dem Mikroskop analysiert werden Sie zeigt dann den Zustand des Materials zu einem bestimmten Zeitpunkt der Bearbeitung an Der zeitliche Ablauf kann daher nicht untersucht werden Dafur eignet sich das Verfahren auch fur hohe Schnittgeschwindigkeiten und durch das Schleifen der Spanwurzel konnen auch die Zustande in der Mitte des Spanes untersucht werden Eine Moglichkeit zur Erzeugung von Spanwurzeln besteht darin einen Drehmeissel drehbar zu lagern und durch eine Explosion wegzubewegen Eine andere Moglichkeit besteht in der Verwendung von Federn Ausserdem lassen sich Sollbruchstellen im Werkstuck einbringen wodurch die gesamte Spanwurzel und Teile des Werkstucks abgetrennt werden Ausserdem werden Prallplatten genutzt um entweder das Werkstuck oder das Werkzeug abzubremsen 13 Die notwendige konstante Beschleunigung a displaystyle a nbsp fur das Abbremsen ergibt sich aus dem zulassigen Bremsweg D x displaystyle Delta x nbsp der etwa 10 der Spanungsdicke betragt und der Schnittgeschwindigkeit v c displaystyle v c nbsp Es gilt 14 a v c 2 2 D x displaystyle a frac v c 2 2 Delta x nbsp Siehe auch BearbeitenVerschleiss Spanen Standzeit Zerspanen Schneidteil Zerspanbarkeit HolzspanWeblinks BearbeitenVideos Zerspanen von Stahl und Spanbildung Institut fur den Wissenschaftlichen Film IWF zur Verfugung gestellt im AV Portal der Technischen Informationsbibliothek TIB Videos Zerspanen von Gusseisen und Spanbildung Institut fur den Wissenschaftlichen Film IWF zur Verfugung gestellt im AV Portal der Technischen Informationsbibliothek TIB Videos Zerspanen metallischer Werkstoffe Institut fur den Wissenschaftlichen Film IWF zur Verfugung gestellt im AV Portal der Technischen Informationsbibliothek TIB Videos Zerspanen einer Aluminium Legierung Institut fur den Wissenschaftlichen Film IWF zur Verfugung gestellt im AV Portal der Technischen Informationsbibliothek TIB Video Zerspanen von Messing Ms 58 F 51 Spanbildung beim Drehen Institut fur den Wissenschaftlichen Film IWF 1965 zur Verfugung gestellt von der Technischen Informationsbibliothek TIB doi 10 3203 IWF E 764 Einzelnachweise Bearbeiten Alfred Herbert Fritz Gunter Schulze Fertigungstechnik Springer 11 Auflage 2015 S 289 291 Wilfried Konig Fritz Klocke Fertigungsverfahren 1 Drehen Bohren Frasen 5 Auflage Springer 1997 ISBN 978 3 540 23458 6 S 50 53 Berend Denkena Hans Kurt Tonshoff Spanen Grundlagen Springer 3 Auflage 2011 S 261 263 Fritz Klocke Wilfried Konig Fertigungsverfahren 2 Schleifen Honen Lappen 4 Auflage Springer 2005 S 8 13 Uwe Heisel Fritz Klocke Eckart Uhlmann Gunter Spur Hrsg Handbuch Spanen Hanser 2014 S 908 Fritz Klocke Wilfried Konig Fertigungsverfahren 2 Schleifen Honen Lappen 4 Auflage Springer 2005 S 384 f Berend Denkena Hans Kurt Tonshoff Spanen Grundlagen Springer 3 Auflage 2011 S 224 206 Berend Denkena Hans Kurt Tonshoff Spanen Grundlagen Springer 3 Auflage 2011 S 125 f Berend Denkena Hans Kurt Tonshoff Spanen Grundlagen Springer 3 Auflage 2011 S 25 Berend Denkena Hans Kurt Tonshoff Spanen Grundlagen Springer 3 Auflage 2011 S 28 f Wilfried Konig Fritz Klocke Fertigungsverfahren 1 Drehen Bohren Frasen 8 Auflage Springer 2008 S 50 f 55 f Wilfried Konig Fritz Klocke Fertigungsverfahren 1 Drehen Bohren Frasen 8 Auflage Springer 2008 S 55 f Wilfried Konig Fritz Klocke Fertigungsverfahren 1 Drehen Bohren Frasen 8 Auflage Springer 2008 S 56 f Berend Denkena Hans Kurt Tonshoff Spanen Grundlagen Springer 3 Auflage 2011 S 25 f Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Spanbildung amp oldid 235811089