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Sozialistisches Leistungsprinzip heisst das Prinzip der Verteilung und der Massstab der Verteilungsgerechtigkeit in den Staaten des real existierenden Sozialismus Es war ein Grundprinzip des okonomischen und sozialen Lebens in der Phase des Sozialismus als letztem Schritt vor der Endstufe der kommunistischen Gesellschaft Erst diese Endstufe ist durch das Absterben des Staates die Vergesellschaftung der Arbeit und das Ende der Klassen und damit des Klassenkampfes gekennzeichnet Die gesellschaftliche Formation der klassenlosen Gesellschaft ist den Zielvorstellungen der Fruhsozialisten und der sozialistischen Anarchisten ahnlich Anders als diese sehen Marxisten jedoch die Notwendigkeit den dialektischen geschichtlichen Entwicklungsprozess zu durchlaufen um die Produktivkrafte und die gesellschaftlichen Verhaltnisse in der kapitalistischen Phase erst im Vollmass zu entwickeln Daher wurden die abstrakten Positionen der Fruhsozialisten und Anarchisten als utopisch abgelehnt Das Leistungsprinzip kennzeichnet zugleich die Phase des Kapitalismus wie die des sozialistischen Ubergangs zum Kommunismus allerdings mit unterschiedlicher Realisierung und Funktion Inhaltsverzeichnis 1 Leistungsprinzip im Realsozialismus 2 Realitat der sozialistischen Lander 3 Karl Marx Verstandnis von Arbeit und Leistung im Kommunismus 4 Literatur 5 BelegeLeistungsprinzip im Realsozialismus BearbeitenAusgehend von der 1935 einsetzenden Stachanow Bewegung 1 wurde das Leistungsprinzip in der sowjetischen Verfassung von 1936 Stalin Verfassung festgeschrieben 2 Artikel 12 Die Arbeit ist in der UdSSR Pflicht und eine Sache der Ehre eines jeden arbeitsfahigen Burgers nach dem Grundsatz Wer nicht arbeitet soll auch nicht essen In der UdSSR gilt der Grundsatz des Sozialismus Jeder nach seinen Fahigkeiten jedem nach seiner Leistung Dieses Verstandnis bezieht sich auf eine bestimmte Phase der Entwicklung entsprechend dem historischen Materialismus der als Realsozialismus oder als real existierender Sozialismus bezeichnet wird Nach diesem Grundsatz ist die Arbeit gesellschaftlich so zu organisieren dass alle Gesellschaftsmitglieder ihren Fahigkeiten entsprechend an der Arbeit teilnehmen und ihren Anteil an dem individuell verzehrbaren Teil des gesellschaftlichen Produkts entsprechend ihrem Beitrag zu diesem Gesamtprodukt erhalten Dieser Beitrag wird als Leistung betrachtet Arbeit wird als Recht und Pflicht aufgefasst und daher wenn erforderlich auch durch Zwang durchgesetzt Was der einzelne fur die Gesellschaft leistet bestimmt das Mass der Anerkennung seiner Arbeit durch die Gesellschaft 3 4 Realitat der sozialistischen Lander BearbeitenIn Forschungen zur Chancengleichheit der sozialen Mobilitat und der Ordnungsfunktion des Leistungsprinzip wurde festgestellt dass etwa in der DDR die soziale Schicht fur die gesellschaftliche Position wichtig war ausserdem Faktoren wie Geschlecht und Parteizugehorigkeit und zwar mit der Hohe der Position in steigendem Mass Diese Privilegierung setzte sich in der Zeit nach der Wiedervereinigung fort 5 Karl Marx Verstandnis von Arbeit und Leistung im Kommunismus BearbeitenDer Ausgang von der Leistung fur die Gesellschaft als Verteilungsgrundsatz im real existierenden Sozialismus unterscheidet sich wesentlich von Karl Marx Grundsatz des Kommunismus Jeder nach seinen Fahigkeiten jedem nach seinen Bedurfnissen 6 Dieser Grundsatz bezieht sich bei Marx nicht auf Vorstufen der Entwicklung zum Kommunismus in der noch eine Diktatur des Proletariats herrschen muss um die kommunistische Gesellschaft vorzubereiten sondern auf die Vorstellung des notwendigen Ziels der geschichtlichen Entwicklung die davon gepragt ist dass der Antagonismus der Menschen die Arbeitsteilung die Unterdruckung in einem Herrschaftssystem und damit die Entfremdung des Menschen von sich selbst von der Natur und von dem Arbeitsprozess aufgehoben ist In einer hoheren Phase der kommunistischen Gesellschaft nachdem die knechtende Unterordnung der Individuen unter die Teilung der Arbeit damit auch der Gegensatz geistiger und korperlicher Arbeit verschwunden ist nachdem die Arbeit nicht nur Mittel zum Leben sondern selbst das erste Lebensbedurfnis geworden nachdem mit der allseitigen Entwicklung der Individuen auch ihre Produktivkrafte gewachsen und alle Springquellen des genossenschaftlichen Reichtums voller fliessen erst dann kann der enge burgerliche Rechtshorizont ganz uberschritten werden und die Gesellschaft auf ihre Fahne schreiben Jeder nach seinen Fahigkeiten jedem nach seinen Bedurfnissen 7 Der Begriff Bedurfnis bedeutet hier der historischen Begriffsentwicklung entsprechend eher Bedarf als Wunsch oder Verlangen nach dem heutigen Verstandnis und meint das was man zum Leben oder zur Ausubung seiner Fahigkeiten in der Arbeit benotigt Der Kontext klart dass die ideale Form des Lebens in der Befriedigung des menschlichen Grundbedurfnisses nach Arbeit besteht die in ihrer unverfalschten Form produktives Tatigsein in freier Kooperation fur das Gluck aller ist wobei Arbeit und Genuss nicht mehr getrennt sind sondern die produktive Tatigkeit ihren Sinn und ihre Erfullung in sich selbst tragt Leistung gibt es daher nicht mehr in Form einer fur andere in Uberwindung des eigenen Wollens zu erbringende Tatigkeit sondern nur als Selbstverwirklichung der eigenen produktiven Krafte Bedurfnis bedeutet in diesem Zusammenhang gerade nicht das Erleben eines subjektiven Mangels oder die Erfullung eines individuellen Verlangens oder Wunsches sondern lediglich dass das zur Erfullung menschlichen Lebens aller Notwendige und Sinnvolle von allen fur alle erzeugt wird Das Arbeitsergebnis und der Bedarf sind ausserdem auf die Fahigkeiten zuruck bezogen Ein Schriftsteller braucht fur seine Form der produktiven Tatigkeit etwas anderes als der Arzt Es geht also gerade nicht um die Vorstellung eines Schlaraffenlandes sondern um ein Ideal produktiver Tatigkeit als Lebensform das sich seine Lebensbedingungen ohne Ausbeutung anderer schafft und so nach Marx Auffassung der Natur des Menschen voll entspricht 8 Bei diesen Vorstellungen ist sowohl der historische und geistesgeschichtliche Kontext zu beachten als auch die Stellung in der Systematik der Theorie von Marx bzw spaterer marxistischer Theoretiker Marx war in seinen Vorstellungen einmal gepragt von den Utopien der Fruhsozialisten und Anarchisten zum anderen von Hegels Dialektik Die Utopien waren fur ihn in erster Linie insofern utopisch als ihre Vertreter davon ausgingen sie durch einen revolutionaren Sprung nicht durch eine muhsame historische Entwicklung erreichen zu konnen Die von den Fruhsozialisten dargestellten Formen der Vergesellschaftung als solche und die Selbstorganisation der Kommune waren fur Marx nicht per se falsch ebenso wenig die anarchistische Vorstellung einer gesellschaftlichen Selbstorganisation ohne Klassen und deshalb auch ohne Staat Ideologie und Uberbau Durch Hegel war Marx bewusst dass Hoherentwicklung immer auch Bereicherung bedeutete indem die Errungenschaften der durchlaufenen Epochen aufgehoben wurden in einer neuen Form erhalten und zugleich von einem neuen Geist durchdrungen der zugleich das eigentliche Wesen der Sache offenbarte So wird menschliche Arbeit erst am Ende der Geschichte zu dem was sie im Wesen immer schon sein sollte aber noch nicht fur alle ganz sein konnte freie Selbstentfaltung der Lebenskrafte der Menschen in Gemeinschaft mit anderen 9 Wahrend dies unter den Bedingungen des Feudalismus und Kapitalismus nur fur eine kleine Gruppe von Menschen moglich war jedoch zum Preis der Ausbeutung anderer und in sozialen Verhaltnissen die auch die Selbstentfaltung der Privilegierten verfalschte und verfremdete soll dieses Privileg am Ende der Geschichte zum Recht aller werden 10 In den Grundrissen schreibt Marx dazu Personliche Abhangigkeitsverhaltnisse zuerst ganz naturwuchsig sind die ersten vorkapitalistischen Gesellschaftsformen in denen sich die menschliche Produktivitat nur in geringem Umfang und auf isolierten Punkten entwickelt Personliche Unabhangigkeit auf sachlicher Abhangigkeit gegrundet ist die zweite grosse Form der Kapitalismus worin sich erst ein System des allgemeinen gesellschaftlichen Stoffwechsels der universalen Beziehungen allseitiger Bedurfnisse und universeller Vermogen bildet Freie Individualitat gegrundet auf die universelle Entwicklung der Individuen und die Unterordnung ihrer gemeinschaftlichen gesellschaftlichen Produktivitat als ihres gesellschaftlichen Vermogens ist die dritte Stufe der Kommunismus Die zweite schafft die Bedingungen der dritten 11 Literatur BearbeitenWorterbuch der Okonomie Sozialismus Dietz Verlag Berlin 6 Auflage 1989 ISBN 3 320 01267 3Belege Bearbeiten Wolfgang Fritz Haug Hrsg Kritisches Worterbuch des Marxismus Band 7 1988 S 1255 Archivierte Kopie Memento des Originals vom 29 September 2015 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink 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Arbeiterpartei 1875 Abgerufen am 30 Oktober 2020 Hans Christoph Schmidt am Busch Hegels Begriff der Arbeit Walter de Gruyter 2002 ISBN 978 3 05 004765 2 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Eberhard Braun Aufhebung der Philosophie Marx und die Folgen Springer Verlag 2017 ISBN 978 3 476 03440 3 com ph abgerufen am 28 Oktober 2020 Johann Braun Einfuhrung in die Rechtsphilosophie der Gedanke des Rechts Mohr Siebeck 2006 ISBN 978 3 16 148982 2 com ph abgerufen am 28 Oktober 2020 MEW Band 42 S 91 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Sozialistisches Leistungsprinzip amp oldid 237063147