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Das semantische Differential bzw Differenzial auch Polaritatsprofil oder Polaritatenprofil ist ein Verfahren das in der Psychologie entwickelt wurde um herauszufinden welche Vorstellungen Personen mit bestimmten Begriffen Sachverhalten oder Planungen verbinden Es verwendet keine direkten Fragen wie Was halten Sie von und Woran denken Sie bei Stattdessen werden die Personen indirekt befragt indem man ihnen die Moglichkeit gibt mitzuteilen wie stark sie z B den Begriff Einsamkeit oder eine andere Testeinheit mit bestimmten Eigenschaften verbinden Sie bekommen dazu eine Reihe von Eigenschaftspaaren wie gross klein oder stark schwach und konnen jeweils angeben ob sie Einsamkeit eher mit gross oder klein verbinden und in welchem Masse sie das tun Obwohl man oft den Zusammenhang zwischen diesen Eigenschaften und den befragten Begriffen Testeinheiten nicht von vornherein erkennt kommen bei solchen Befragungen sehr oft ubereinstimmende Ergebnisse heraus Das Verfahren soll gegenuber der direkten Befragung den Vorteil aufweisen dass Ergebnisse von Befragungen besser miteinander vergleichbar sind und weniger davon beeinflusst werden was die Befragten als erwartete Antwort einschatzen Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte und Verfahren 2 Faktoren bzw Dimensionen 3 Das semantische Differential in verschiedenen Wissenschaften 4 Literatur 5 Einzelnachweise 6 WeblinksGeschichte und Verfahren BearbeitenEin Semantisches Differential ist in der Einstellungsforschung ein Verfahren zur quantitativen Analyse der affektiven Wortbedeutungen 1 Damit passte Charles E Osgood Konzepte in einen von Adjektiven aufgespannten Raum ein 2 Das semantische Differential wurde von Osgood und Mitarbeitern ab 1952 Osgood Suci und Tannenbaum 1957 entwickelt und im deutschen Sprachraum von Peter Hofstatter in Form des Polaritatsprofils leicht variiert es kombiniert die gelenkte Assoziation mit dem Rating Die Testperson beurteilt in diesem Verfahren ihre affektive Einstellung zu Begriffen und Vorstellungen auf einer meist siebenstufigen Skala an deren Enden bipolare Assoziationsbegriffe wie heiss kalt oder langsam schnell vorgegeben sind Durch die Verbindung der einzelnen Wertungen entsteht ein Polaritatsprofil das mit Hilfe der Berechnung von Mittelwert und Streuungsmass ausgewertet wird Mit der Methode der Korrelationsrechnung und der Hauptkomponentenanalyse findet man wenige Basisdimensionen sogenannte Faktoren die all diesen Ratings zu Grunde liegen So konnten Osgood und Mitarbeiter unter Verwendung von zwanzig prototypischen Begriffen die in allen damals bekannten Sprachen vorkommen darunter Mond Sonne Vater und Mutter zeigen dass kulturubergreifend drei Faktoren 3 ausreichend sind um den affektiven Teil der Wortbedeutung zu beschreiben Faktoren bzw Dimensionen BearbeitenDie Valenzdimension misst die hedonische Qualitat einer Konnotation Wird durch einen Begriff eher ein gutes angenehmes erstrebenswertes Gefuhl ausgelost oder ist dieses eher schlecht unangenehm und abstossend Die Potenzdimension bedeutet die Macht oder Starke die ein Begriff in sich tragt Fuhlt sich etwas gross machtig und dominant an oder eher klein schwach und beherrschbar Die Aktivierungsdimension beschreibt den Grad an Aktivitat der mit einem Begriff verbunden ist Manche Dinge fuhlen sich dynamisch laut und erregt an manche dagegen eher ruhig leise und passiv Diese drei Dimensionen scheinen eine Art sozio emotionale Grundausstattung des Menschen zu bilden unabhangig von seiner Sprache und Kultur Auch Emotionen kann man etwa darin abbilden so ist etwa Angst eine negative Valenz schwache Potenz und erregte Aktivierung Emotion wahrend Zufriedenheit positiv machtig und ruhig ist Das semantische Differential in verschiedenen Wissenschaften BearbeitenIn der Psychologie wird das semantische Differential zum Beispiel im Gebiet der Klientenzentrierten Psychotherapie bzw Gesprachstherapie zur Erfassung des Selbst und dessen Diskrepanz zum Ideal Selbst verwendet Weitere Anwendungsbereiche des semantischen Differentials sind Marktforschung Medienanalyse und Sozialforschung vor allem in Hinblick auf Marken Produkte Unternehmen und Personen deren Image analysiert werden soll Eine Darstellung und Kritik bietet Merten 1995 4 In der Linguistik kann das semantische Differential dazu eingesetzt werden um Konnotationen also Nebenbedeutungen von Wortern zu erforschen und es wird in diesem Zusammenhang auch in etlichen Einfuhrungen in die Linguistik behandelt 5 Das Verfahren ermoglicht auch interkulturelle Vergleiche so dass man erkennen kann ob Menschen verschiedener Weltregionen mit einem Begriff gleiche oder verschiedene Einstellungen verbinden Harro Gross demonstriert dies fur das Wort Revolution am Beispiel deutscher und chinesischer Studenten 6 In der Literaturwissenschaft Quantitativen Literaturwissenschaft kann das semantische Differential dazu eingesetzt werden literarische Wertungen durch Versuchspersonen zu erforschen und damit zu objektivieren 7 Literatur BearbeitenHadumod Bussmann Hrsg unter Mitarbeit von Hartmut Lauffer Lexikon der Sprachwissenschaft 4 durchgesehene und bibliographisch erganzte Auflage Kroner Stuttgart 2008 ISBN 978 3 520 45204 7 Peter R Hofstatter Gruppendynamik Kritik der Massenpsychologie Durchgesehene und erw Neuauflage Rowohlt Reinbek 1971 Erstauflage 1957 ISBN 3 499 55038 5 Hans Hormann Psychologie der Sprache 2 uberarbeitete Auflage Springer Berlin Heidelberg New York 1977 S 114ff ISBN 3 540 08174 7 Charles E Osgood Focus on Meaning Vol 1 Explorations in Semantic Space Mouton The Hague Paris 1976 ISBN 90 279 3114 3 Charles E Osgood G J Suci P H Tannenbaum The Measurement of Meaning Urbana 1957 Einzelnachweise Bearbeiten Vgl Hofstatter 1957 George A Miller Worter Streifzuge durch die Psycholinguistik Herausgegeben und aus dem Amerikanischen ubersetzt von Joachim Grabowski und Christiane Fellbaum Spektrum der Wissenschaft Heidelberg 1993 Lizenzausgabe Zweitausendeins Frankfurt am Main 1995 2 Auflage ebenda 1996 ISBN 3 86150 115 5 S 303 Gustav H Blanke Einfuhrung in die semantische Analyse Hueber Munchen 1973 S 135 137 Klaus Merten Inhaltsanalyse Einfuhrung in Theorie Methode und Praxis 2 verbesserte Auflage Westdeutscher Verlag Opladen 1995 S 247ff ISBN 3 531 11442 5 Bernhard Imhasly Bernhard Marfurt Paul Portmann Konzepte der Linguistik Eine Einfuhrung Athenaion Wiesbaden 1979 S 194 196 ISBN 3 7997 0718 2 David Crystal Die Cambridge Enzyklopadie der Sprache Ubersetzung und Bearbeitung der deutschen Ausgabe von Stefan Rohrich Ariane Bockler und Manfred Jansen Campus Verlag Frankfurt New York 1993 S 103 ISBN 3 593 34824 1 Harro Gross Einfuhrung in die germanistische Linguistik 3 uberarb und erw Aufl neu bearbeitet von Klaus Fischer iudicium Munchen 1998 S 116 ISBN 3 89129 240 6 Bernd Spillner Linguistik und Literaturwissenschaft Stilforschung Rhetorik Textlinguistik Kohlhammer Stuttgart u a 1974 S 93 95 ISBN 3 17 001734 9Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary semantisches Differential Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Semantisches Differenzial amp oldid 233244001