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Als Schreibweise im engeren Sinn wird in der Literaturwissenschaft eine Epochen und Kulturen ubergreifende Gruppierung von Texten genannt im Gegensatz zu den historisch und kulturell gebundenen Gattungen Als primare Schreibweisen gelten dabei solche die direkt einer kommunikativen Grundsituation entsprechen etwa die erzahlende bzw berichtende Schreibweise das Narrative oder die dramatische Schreibweise das Dramatische Zum Beispiel sind die griechische Tragodie und das burgerliche Trauerspiel historisch und kulturell zugeordnete Gattungen das Dramatische versucht von diesen historischen und kulturellen Gebundenheiten abstrahierend das Gemeinsame dieser Formen zu erfassen und zu beschreiben Als sekundare Schreibweisen werden solche bezeichnet die von einem kommunikativen Kontext unabhangig sind wie etwas das Komische oder das Satirische Die Differenzierung ahistorisch versus historisch ist neueren Datums Fur die Poetiken von der Antike Aristoteles bis in die Neuzeit galten die Grundformen der Dichtung als uberzeitlich Bei Goethe dann finden wir die Unterscheidung der uberzeitlichen Naturformen Epos Drama und Lyrik und im Gegensatz dazu die historischem Wandel unterworfenen Dichtarten Die entsprechenden Begriffsbildungen Schreibweise versus Gattung fanden in der deutschen Literaturwissenschaft ab Mitte des 20 Jahrhunderts statt Es gab zwar Richtungen welche die Annahme transhistorischer Invarianten ablehnten dem Strukturalismus nahestehende Gattungstheoretiker konnten aber darauf verweisen dass jeder rein historisch orientierte Ansatz in dem Augenblick in dem er zum Beispiel andere Formen als die Komodie als komisch charakterisiert das Komische impliziert und diachrone Begrifflichkeiten solcherart kaum zu vermeiden sind Der Unterscheidung Schreibweise versus Gattung wurde 1972 1 und 1973 von Klaus W Hempfer formuliert Sie entspricht der franzosischen Unterscheidung nach Gerard Genette zwischen mode Schreibweise und genre Gattung 2 Dabei ist zu beachten dass Schreibweise im Sinne Hempfers nicht einfach ein uberhistorischer Oberbegriff von Gattung ist Gattungen konnen eine oder mehrere Schreibweisen historisch realisieren zum Beispiel die Komodie mussen es aber nicht zum Beispiel metrisch bestimmte Formen wie das Sonett Weitere ahnliche bzw konkurrierende Begriffsbildungen wurden vorgeschlagen von Ulrich Gaier der in der Schreibart der Satire sowohl historische als auch uberhistorische Gesichtspunkte unterschied 3 Dieter Lamping 4 und Rudiger Zymner 5 unterschieden systematische Schreibweisen zum Beispiel Manierismus gegenuber historischen Schreibweisen zum Beispiel Preziositat Harald Fricke unterschied uberzeitliche Schreibweisen und deren historische Realisierung in Schreibgenres und erweiterte die Anwendung der Begrifflichkeiten uber die Literatur hinaus auf andere Kunste Gestaltungsweisen bzw Gestaltungsgenres 6 7 und in ahnlicher Richtung die Begriffe erweiternd haben Theodor Verweyen und Gunther Witting medienubergreifende Schreibweisen als Verfahren bezeichnet 8 9 Als Schreibweise im weiteren Sinn wird in Anlehnung an den von Roland Barthes gepragten Begriff der ecriture die Gesamtheit der stilistischen und rhetorischen Merkmal eines Textes bezeichnet die fur dessen Form Inhalt Beziehung konstituierend sind Es wird dabei mit einer oft gewollten Unscharfe beispielsweise von dokumentarischer harter weiblicher realistischer symbolischer etc Schreibweise gesprochen Literatur BearbeitenDieter Burdorf Christoph Fasbender Burkhard Moennighoff Hrsg Metzler Lexikon Literatur Begriffe und Definitionen 3 Auflage Metzler Stuttgart 2007 ISBN 978 3 476 01612 6 S 689 Klaus W Hempfer Schreibweise In Georg Braungart Harald Fricke Klaus Grubmuller Jan Dirk Muller Friedrich Vollhardt Klaus Weimar Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft RLW Band III P Z Walter de Gruyter 2007 S 391 393 Klaus W Hempfer Gattungstheorie Information und Synthese Fink Munchen 1973 ISBN 3 7705 0644 8 Rudiger Zymner Hrsg Handbuch Gattungstheorie J B Metzler 2010 ISBN 978 3 476 02343 8 Einzelnachweise Bearbeiten Klaus W Hempfer Tendenz und Asthetik Studien zur franzosischen Verssatire des 18 Jahrhunderts Fink Munchen 1972 Gerard Genette Introduction a l architexte Seuil 1979 S 17 und 81 und weitere Ulrich Gaier Satire Studien zu Neidhart Wittenwiler Brant und zur satirischen Schreibart Tubingen 1967 Dieter Lamping Probleme der neueren Gattungstheorie In Gattungstheorie und Gattungsgeschichte Hg von Dieter Lamping und Dietrich Weber Wuppertal 1990 S 18 24 Rudiger Zymner Manierismus Paderborn u a 1995 S 59 85 Harald Fricke Norm und Abweichung Eine Philosophie der Literatur Munchen 1981 S 132 146 Harald Fricke Gesetz und Freiheit Eine Philosophie der Kunst Munchen 2000 Theodor Verweyen Gunther Witting Die Parodie in der neueren deutschen Literatur Darmstadt 1979 Theodor Verweyen Gunther Witting Die Kontrafaktur Konstanz 1987 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Schreibweise Literaturwissenschaft amp oldid 213906836