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Ein Schema ist ein Hilfsmittel des Menschen um Informationen die er uber seine Sinnesorgane aufnimmt eine Bedeutung zuzuordnen Schemata ermoglichen dem Menschen sich in jeder Situation schnell und muhelos zurechtzufinden und sinnvoll zu verhalten Nur in uberraschenden oder besonders wichtigen Situationen werden nicht Schemata sondern kontrollierte bewusste Kognitionen handlungsleitend Schemata sind Inhalte des impliziten Gedachtnisses werden also in die jeweilige Situation mitgebracht und bestimmen durch Wiedererkennen top down uber Auswahl Filterung der eingehenden Information deren Bedeutung und im Weiteren uber Speicherung und Einordnung des neuen Wissens Weiterhin fullen sie Informationslucken aus und entscheiden daruber wie mehrdeutige Reize interpretiert werden Schemata steuern somit die Wahrnehmung und Informationsverarbeitung des Menschen und in der Konsequenz sein Handeln Wenn die Realitat Unterschiede zum aktiven Schema aufweist werden diese nur wahrgenommen wenn sie sehr auffallig nicht zu ubersehen sind 1 Jean Piaget Entwicklungspsychologe 1896 1980 pragte den Begriff Schema um eine kognitive Struktur in die unsere Erfahrungen eingeordnet werden 2 zu benennen Grundlegende Arbeiten zur Schema Forschung stammen von Bartlett 1932 3 und Markus 1977 4 Es gibt keine einheitliche Auffassung daruber wie sich der Begriff Schema von den Begriffen Skript Reprasentanz RIG oder Arbeitsmodell abgrenzen lasst 5 Es gibt vielmehr starke Uberschneidungen der Begriffe Stern habe sich oft auf Arbeiten von Piaget bezogen und die Bezeichnung Schema fur innerpsychische Konstrukte der prasymbolischen Periode verwendet Reprasentanz hingegen fur Konstrukte in der Periode der Symbolisierung 6 Fachlich beschrieben wird als Schema in der Psychologie eine mentale Wissensstruktur bezeichnet die Information uber ein bestimmtes Objekt oder Konzept in abstrakter generalisierter Form enthalt Schemata sind nicht als Entitaten im Gedachtnis zu verstehen sondern als Veranschaulichung wie erlerntes Wissen in der Informationsverarbeitung genutzt werden kann 7 Inhaltsverzeichnis 1 Vereinfachte Beschreibung mittels Analogie und Beispiel 1 1 Analogie 1 2 Beispiel zur Anwendung 2 Allgemeine Funktionsweise von Schemata 3 Perseveranz 4 Wissenspsychologie 4 1 Reprasentationsebenen 4 2 Gesellschaftliche Aspekte von Schemata 5 Alternative Begriffe 6 Psychotherapie 7 Siehe auch 8 Literatur 9 EinzelnachweiseVereinfachte Beschreibung mittels Analogie und Beispiel BearbeitenAnalogie Bearbeiten Schemata lassen sich als viele verschieden etikettierte Schubladen eines Schrankes verstehen in denen die zugehorigen Dinge gesammelt werden Beispiel zur Anwendung Bearbeiten In Publikationen wird als klassisches Beispiel fur die Schema Anwendung mehrfach das Schema fur den Restaurant Besuch beschrieben Das Schema umfasst Merkmale zur Unterscheidung beispielsweise eines Restaurants von einem Bahnhof und Merkmale von zugehorigen Prozessen wie beispielsweise die Speisekarte lesen bestellen Nahrungsaufnahme Rechnung erbitten Ein solches Restaurant Schema steuert die Erwartungen des Menschen lenkt seine Wahrnehmung und steuert seine Handlungen und Interaktionen Beim Erwerb dieses Schemas ist es noch einfach konzipiert spater kann es sich auf eine grosse Vielfalt in und auslandischer Restaurants ausdifferenzieren mit Unterscheidungen untereinander Schemata konnen nicht nur Informationen aufnehmen interpretieren und in Wissen umwandeln sie konnen ebenso als Instrument systematischer Suche nach passender Information eingesetzt werden Vermutet der Mensch beispielsweise es konne sich bei einem Gebaude um ein Restaurant handeln so sucht er vielleicht nach einer Speisekarte im Aushang um seine Vermutung zu prufen 8 Allgemeine Funktionsweise von Schemata BearbeitenSchemata konnen explizit oder implizit aktiviert werden Eine Moglichkeit Schemata explizit zu aktivieren ware uber den Inhalt des Schemas nachzudenken eine implizite Moglichkeit ware die Verarbeitung von Informationen die das Schema beinhaltet So ist es beispielsweise moglich das Schema Aggressivitat zu aktivieren indem eine Person uber Aggressivitat nachdenkt explizit aber auch wenn die Person eine Geschichte uber aggressives Verhalten einer anderen Person liest implizit Die Zuganglichkeit also die Leichtigkeit der Aktivierung von Schemata ist abhangig von der Benutzungshaufigkeit So sind haufig benutzte Schemata zuganglicher als nicht so haufig benutzte Leicht zugangliche d h leicht aktivierbare Schemata werden zur Interpretation von Informationen aus der Umwelt eher benutzt als schwer aktivierbare Schemata sind unabhangige kognitive Entitaten Falls ein Schema aktiviert ist bedeutet das nicht dass ein Schema das ahnliche Inhalte aufweist ebenfalls aktiviert ist Schemata beinhalten Informationen und konnen die Interpretation von Informationen beeinflussen Nicht eindeutige Informationen werden somit mittels des aktivierten Schemas interpretiert Falls bei jemandem beispielsweise durch eine Person mit Glatze das Schema Skinhead aktiviert wird wird zum Beispiel das Verhalten der Person anhand der Information die im Schema Skinhead enthalten ist interpretiert Dieser Effekt wird als Assimilation bezeichnet Schemata konnen die Aufmerksamkeit abhangig von den Umstanden auf schemakonsistente oder schemainkonsistente Informationen lenken Aktivierte Schemata konnen die Erinnerung von Informationen beeinflussen wenn die eigentliche Erinnerung an ein Ereignis nicht eindeutig ist Perseveranz BearbeitenSelbst wenn jemand bereits weiss dass ein Schema dysfunktional ist wird es dennoch so lange wie moglich beibehalten ein so genannter Perseveranzeffekt Wissen besteht also nicht im Empfang von Informationen sondern in ihrem Einbau in vorhandene Schemata also ihrer Aufnahme ins implizite Gedachtnis Im klassischen Experiment von Ross Lepper und Hubbard 1975 wurde den Versuchspersonen zunachst weisgemacht sie hatten in einem Test besser als der Durchschnitt Erfolgs Feedback oder schlechter als der Durchschnitt Versagens Feedback abgeschnitten Dann wurden sie daruber aufgeklart dass dieses Feedback frei erfunden war In der eigentlichen Testphase sollten die Versuchspersonen nun einschatzen a wie gut sie in dem Test tatsachlich waren und b wie gut sie in einem weiteren Test abschneiden wurden Beide Selbsteinschatzungen erwiesen sich als konsistent mit dem rein zufalligen Feedback auf den ersten Test das heisst die Versuchspersonen folgten der Aussage des Feedbacks trotz Wissens uber deren Willkurlichkeit 9 10 11 Wenn das eigene Verhalten zur Perseveranz eines Schemas beitragt spricht man auch von einer sich selbsterfullenden Prophezeiung Wissenspsychologie BearbeitenIn der Wissenspsychologie definieren Mandl und Spada Schemata als Wissensstrukturen die auf Erfahrungen basieren und typische Zusammenhange eines Realitatsbereichs reprasentieren 12 Danach lassen sich Schemata nach sechs Merkmalen beschreiben Schemata sind kognitive Strukturen fur allgemeines Wissen im Gedachtnis Innerhalb dieser Strukturen zeigt sich wie dieses Wissen reprasentiert wird Schemata organisieren typische Zusammenhange aus dem Bereich der Realitat Schemata besitzen Leerstellen die mit unterschiedlichen Werten besetzt werden konnen Schemata konnen ineinandergefugt sein Schemata verfugen uber episodisches und generisches Wissen Neben einer Struktur verfugen Schemata ebenso uber eine ausgepragte Prozesskomponente Das in Schemata reprasentierte Wissen ist nicht auf einzelne Inhaltsbereiche beschrankt Wie bei Quinn und Holland so werden allgemein Wahrnehmungsschemata und Handlungsschemata voneinander unterschieden Als Modelle von der Welt beinhalten sie Deutungs und Erklarungswissen Als Modelle fur die Welt beinhalten sie Wissen zur Losung von Problemen und fur das Handeln Reprasentationsebenen Bearbeiten Das Abbilden von Ereignissen im Gedachtnis des Menschen wird Reprasentation genannt Dabei dienen die Schemata zur Umformung der durch die Sinnesorgane wahrgenommenen Informationen Neben den angeborenen Reprasentationen wie Lidschlussreflex und Sprachkompetenz konnen nach Karl Heinz Flechsig in vier Ebenen der Reprasentation basierend auf erlernte Schemata unterteilt werden 8 episodische Reprasentation einfache Sachverhalte beispielsweise das Anzunden einer Zigarette kategorische Reprasentation abstrakte Schemata die Vorstellung einer Zigarettenschachtel vom Rauchen von der Suchtbefriedigung Diese Ebene ist mit anderen Ebenen verbunden einfache hypothetische Reprasentation einfache kulturelle Modelle cultural models wie Krankheit Eigentum komplexe hypothetische Reprasentation Weltbilder Menschenbilder Mythen Lebensmuster Gesellschaftliche Aspekte von Schemata Bearbeiten Schemata werden individuell dargestellt konnen jedoch nicht losgelost von gesellschaftlichen Aspekten betrachtet werden Sehr verallgemeinert lassen sich dabei alle Schemata nach drei Aspekten befragen 8 Wie verbreitet sind diese Schemata unter den Mitgliedern einer Gesellschaft Wie selbstverstandlich sind diese Schemata unter den Mitgliedern dieser Gesellschaft Welche Bedeutung fur die Mitglieder dieser Gesellschaft kommt den Schemata fur das Weltverstandnis und das Verhalten zu Alternative Begriffe BearbeitenSeit Mitte 1980 findet die wissenschaftliche Bearbeitung von Schematheorien in unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen Beachtung Es existieren dazu Beitrage aus dem Bereich der Psychologie der Linguistik der Informatik Erforschung kunstlicher Intelligenz der Neurophysiologie und der Wissenstheorie Der Sprachgebrauch und die Theoriebildung weisen eine grosse Vielfalt auf und es gibt derzeit keine einheitliche Definition der Schematheorie Zu Schema vergleichbare Begriffe sind Skript Modell Muster Szenario Kontext Modul Frame oder auch Prototyp Die unterschiedlichen Theorien konnen das Schemakonstrukt je nach konkretem Gegenstand unterschiedlich benutzen In der Kernaussage nach Mandl S 124 sind Schemata Wissensstrukturen in denen auf Grund von Erfahrungen typische Zusammenhange eines Realitatsbereichs reprasentiert sind Ahnlichkeiten bestehen in der gemeinsamen Annahme mehrerer Stufen oder Ebenen der Schemabildung wobei vorwiegend von einer Verbindung oder Vernetzung untereinander ausgegangen wird 8 Psychotherapie BearbeitenAaron T Beck der Grunder der Kognitiven Therapie weist darauf hin dass der Begriff Schema auf Arbeiten von F C Bartlett 1932 1958 und Jean Piaget 1926 1952 zuruckgeht 13 Bereits Jean Piaget unterschied zwischen kognitiven und affektiven Schemata 14 Laut Beck Emery und Greenberg 1985 spielen sogenannte negative kognitive Schemata eine zentrale Rolle bei der Entstehung psychischer Erkrankungen Sie unterscheiden dabei zwei Formen 15 Unkonditionale Annahmen Das sind Grunduberzeugungen die unabhangig absolut von ausseren Bedingungen sind Ein Beispiel fur eine unkonditionale Annahme ist Ich bin nicht liebenswert 15 Konditionale Annahmen Das sind Grunduberzeugungen nach denen etwas unter bestimmten Bedingungen Konditionen eintritt Es ist eine Wenn dann Verknupfung Kausalannahme Ein Beispiel dafur ist Wenn andere merken dass ich angstlich bin werden sie mich ablehnen 15 Beide Formen hatten unterschiedliche Auswirkungen 16 Im Rahmen der spater entwickelten Schematherapie nach Jeffrey E Young wird angenommen dass lebensgeschichtlich fruher entstandene Schemata unkonditionale Annahmen uber sich und andere sind wahrend spater entstandene Schemata konditional seien 17 Wahrend Beck im Rahmen der Kognitiven Therapie versuchte kognitive Schemata zu bearbeiten richtete Young angeregt durch Piaget den Fokus auch auf emotionale Schemaanteile und entwickelte die Schematherapie bei der er Techniken der Gestalttherapie wie Stuhle Arbeit mit einbezog 18 Siehe auch BearbeitenDeutungsmuster Genetische Epistemologie von Jean Piaget Schematismus mit Erlauterung des Schema Begriffs bei Immanuel Kant Antizipationsschema nach Oswald KulpeLiteratur BearbeitenDonald Davidson Was ist eigentlich ein Begriffsschema In Donald Davidson Wahrheit und Interpretation Suhrkamp Frankfurt am Main 1990 S 261 282 E R Smith S Queller Mental Representations In A Tesser N Schwarz Hrsg Blackwell handbook of social psychology Intraindividual processes Blackwell Publishers London 2001 H Mandl H Spada Hrsg Wissenspsychologie Munchen Weinheim 1988 D Holland N Quinn Hrsg Cultural Models in Language and Thought Cambridge Mass 1987 Einzelnachweise Bearbeiten E Aronson T D Wilson R M Akert Sozialpsychologie 4 Auflage Pearson Studium 2004 ISBN 3 8273 7084 1 David G Myers Psychologie 3 vollst uberarb u erw Auflage Springer Heidelberg 2014 ISBN 978 3 642 40781 9 F C Bartlett Remembering Memento vom 20 Februar 2012 im Internet Archive Cambridge University Press H R Markus Self schemata and processing information about the self In Journal of Personality and Social Psychology 35 S 63 78 Martha Koukkou Marianne Leuzinger Bohleber Erinnerung von Wirklichkeiten Bestandsaufnahme Verlag Internat Psychoanalyse 1998 ISBN 3 608 91954 6 S 161 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Christiane Ludwig Korner Der Selbstbegriff in Psychologie und Psychotherapie Eine wissenschaftshistorische Untersuchung Springer Verlag 2013 ISBN 978 3 663 14648 3 S 308 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Eliot R Smith Sarah Queller Mental Representations In Abraham Tesser Norbert Schwarz Hrsg Blackwell Handbook of Social Psychology Intraindividual Processes Blackwell Publishing 2002 a b c d Karl Heinz Flechsig Kulturelle Schemata und interkulturelles Lernen Lee Ross Mark Lepper Michael Hubbard Perseverance in self perception and social perception Biased attributional processes in the briefing paradigm In Journal of Personality and Social Psychology 32 S 880 892 M F Davies Belief persistence after evidential discrediting The impact of generated versus provided explanations on the likelihood of discredited outcomes In Journal of Experimental Social Psychology 33 S 561 578 C A Anderson Implicit personality theories and empirical data Biased assimilation belief perseverance and change and covariation detection sensitivity In Social Cognition 13 S 25 48 H Mandl H Spada Hrsg Wissenspsychologie Munchen Weinheim 1988 S 124 Aaron T Beck Denise D Davis Arthur Freeman Cognitive Therapy of Personality Disorders Third Edition Guilford Publications 2015 ISBN 978 1 4625 2581 2 S 33 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Alice Sendera Martina Sendera Skills Training bei Borderline und Posttraumatischer Belastungsstorung 2 Auflage Springer Wien 2007 ISBN 978 3 211 71784 4 S 21 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche a b c Ulrich Stangier David M Clark Anke Ehlers Soziale Phobie Fortschritte der Psychotherapie Band 28 Hogrefe Gottingen 2006 ISBN 3 8017 1102 1 S 14 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Franz Caspar Sabine C Herpertz Christoph Mundt Was ist eine Psychische Storung In Sabine Herpertz Franz Caspar Christoph Mundt Hrsg Storungsorientierte Psychotherapie 1 Auflage Elsevier Munchen 2008 ISBN 978 3 437 23730 0 S 18 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Jeffrey E Young Janet S Klosko Marjorie E Weishaar Schema Therapy A Practitioner s Guide guilford Press New York 2003 ISBN 1 57230 838 9 S 22 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Praxis der Schematherapie Lehrbuch zu Grundlagen Modell und Anwendung mit 33 Tabellen Schattauer 2011 ISBN 978 3 7945 2767 0 S 2 3 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Schema Psychologie amp oldid 234198786