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Dieser Artikel behandelt den Psychiater Zum Opernsanger siehe Rudolf Lemke Opernsanger Rudolf Hermann Lemke 6 April 1906 in Gollnow 27 Oktober 1957 in Jena war ein deutscher Psychiater Neurologe und Hochschullehrer der an der Universitat Jena wirkte Grab von Rudolf Lemke auf dem Nordfriedhof in Jena Inhaltsverzeichnis 1 Erste Jahre Studium und Berufseinstieg 2 Zeit des Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg 3 Hochschullehrer in der DDR 4 Wirken 5 Mitgliedschaften und Ehrungen 6 Familie 7 Malender Nervenarzt 8 Schriften Auswahl 9 Literatur 10 Weblinks 11 EinzelnachweiseErste Jahre Studium und Berufseinstieg BearbeitenLemke war der Sohn eines Schulleiters und spateren Mediziners Er wuchs in Storkow auf und beendete seine Schullaufbahn 1923 an der Oberrealschule in Jena mit dem Abitur Anschliessend absolvierte er an den Universitaten Jena Wien Freiburg und Berlin ein Studium der Medizin das er 1928 mit Staatsexamen abschloss Im selben Jahr wurde er in Jena zum Dr med promoviert Danach war er unter anderem Volontarassistent an der Medizinischen Klinik und am Pathologischen Institut der Universitat Jena Zwischenzeitlich war er tuberkulosekrank genas aber spater vollstandig Ab 1931 war er an der Psychiatrischen und Nervenklinik der Universitat in Jena unter Hans Berger als Assistenzarzt beschaftigt den er bei dessen Forschungen zur Elektroenzephalographie EEG unterstutzte Er habilitierte sich 1935 in Jena mit einer Schrift uber ein Problem der Schizophrenie 1 Anschliessend war er als Oberarzt und Privatdozent sowie ab 1942 als ausserordentlicher Professor an der Universitatsnervenklinik Jena tatig 2 Zeit des Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg BearbeitenZur Zeit des Nationalsozialismus wirkte Lemke ab 1934 nebenamtlich am Erbgesundheitsgericht und spater am Erbgesundheitsobergericht in Jena und war auch Mitarbeiter am Amt fur Volksgesundheit 2 1937 wurde er Parteianwarter und 1939 Mitglied der NSDAP 3 Zuvor war er bereits dem NS Arztebund und dem NS Lehrerbund beigetreten 2 Gerhard und Schonberg attestieren ihm jedoch eine politisch kritische Haltung wahrend der NS Zeit da er u a im Gegensatz zu dem Grossteil seiner Kollegen nicht der SA beitrat 4 Lemke forschte unter anderem zur Ursache und Entstehung der Homosexualitat in deren Bekampfung er 1940 eine vordringliche Aufgabe sah und eine rassenhygienische Betreuung empfahl 5 Als Sachverstandiger trat er in Strafverfahren gegen Homosexuelle auf 2 Seine diesbezuglichen Untersuchungen und Beobachtungen aus der klinischen und gutachterlichen Tatigkeit fasste er in der 1940 erschienenen Publikation Uber Ursache und strafrechtliche Beurteilung der Homosexualitat zusammen 5 Er vertrat ein Theoriekonzept dass Homosexualitat ursachlich einer endokrinen Storung des Zwischenhirns zu Grunde liegt und rein erbbiologische Erklarungen in Frage stellte 6 Wahrend des Zweiten Weltkrieges war er zeitweise als Arzt in der Nervenabteilung des Lazaretts in Jena eingesetzt 1 Hochschullehrer in der DDR BearbeitenNach Kriegsende konnte Lemke trotz seiner bekannten Verstrickungen in die NS Gesundheitspolitik seine Hochschulkarriere fortsetzen Er galt aufgrund antisemitischer Bemerkungen seiner Empfehlung zur Sterilisation Homosexueller und der Mitwirkung am Erbgesundheitsobergericht als belastet wurde jedoch trotz Vorbehalten mittels einer Ausnahmeregelung der SMT rehabilitiert und entnazifiziert 7 Sein Kollege der Psychiater Erich Drechsler hatte ihm in einem Persilschein bescheinigt ein unerbittlicher Gegner des Nationalsozialismus gewesen zu sein und damit ein einwandfreier Antifaschist 8 Lemke war schliesslich ab 1945 als Nachfolger des entlassenen Berthold Kihn zunachst kommissarisch Direktor der Psychiatrischen und Nervenklinik der Universitat Jena Ab Mai 1948 vertrat er den Lehrstuhl fur Psychiatrie und Neurologie an der Universitat Jena und wurde dort 1950 zum Ordinarius ernannt Er starb am 27 Oktober 1957 an den Komplikationen eines chronischen Ulcus duodeni 1 Seine Grabstatte befindet sich auf dem Nordfriedhof in Jena Wirken BearbeitenLemke machte sich in vielfaltiger Weise um die Entwicklung der Psychiatrie verdient Anfang der 1950er Jahre schuf er an der Psychiatrischen und Nervenklinik der Universitat Jena eine vom Erwachsenenbereich separierte kinderneuropsychiatrische Abteilung in der Kinder und Jugendliche auch tagesklinisch behandelt wurden Seinerzeit aktuelle Therapiestandards in der Erwachsenenpsychiatrie wie beispielsweise Insulinschockverfahren ubertrug er auf den Kinder und Jugendbereich ebenso fanden psychotherapeuthische Verfahren Eingang in sein Behandlungskonzept 9 Er war Autor vieler Veroffentlichungen zur Psychiatrie und Neurologie aus dem gesamten fachspezifischen Spektrum Die durch ihn eingefuhrte Bezeichnung Vegetative Depression fand Eingang in die psychiatrische Fachliteratur Er verfasste das Lehrbuch Neurologie und Psychiatrie welches nach seinem Tod durch den Psychiater Helmut Rennert weitergefuhrt wurde Gerhard und Schonberg bezeichnen ihn daher als Nestor der Nervenheilkunde in der ehemaligen DDR 10 Mitgliedschaften und Ehrungen BearbeitenLemke ubernahm in der 1956 neu begrundeten Gesellschaft fur Psychiatrie und Neurologie der DDR den Vorsitz ebenso bei der Arbeitskreis fur Elektrencephalographie Langjahrig sass er der medizinisch wissenschaftlichen Gesellschaft fur Psychiatrie und Neurologie in Jena vor Zudem war er Vorstandsmitglied und Vertreter der Lehrstuhlinhaber der Deutschen Gesellschaft fur Psychiatrie und Nervenheilkunde 1 Er wurde in der DDR mit dem Titel Verdienter Arzt des Volkes geehrt 2 Familie BearbeitenIn erster Ehe war er seit August 1939 mit Antje Bultmann Lemke 1918 2017 einer Tochter des Theologieprofessors Rudolf Bultmann und spatere Bibliothekarin verheiratet 11 Die Ehe wurde jedoch bereits am 26 Februar 1942 wieder geschieden Kurz nach Kriegsende heiratete er erneut seine Ehefrau starb jedoch am 24 Dezember 1945 durch Suizid Mit seiner dritten Ehefrau einer Arztin hatte er funf Sohne 4 Malender Nervenarzt BearbeitenDer passionierte Hobbymaler Lemke war ein langjahriger Freund des ostfriesischen Malers Hans Trimborn mit dem er einen ausgiebigen Schriftwechsel fuhrte Dieser von 1931 bis 1957 gefuhrte Briefwechsel wurde von seinem Sohn 2004 veroffentlicht 4 Moglicherweise durch seine erste Ehefrau lernte er die Dichterin Ricarda Huch kennen die mit Antje Bultmann Lemke eng befreundet war Bultmann Lemke gelang es Huch zu uberreden sich 1941 von ihrem Mann portratieren zu lassen zuvor hatte Huch ein entsprechendes Angebot von Otto Dix nicht angenommen 12 Von 1952 bis 1957 fuhr er immer wieder nach Weimar um mit dem Grafiker und Drucker Arno Fehringer zu experimentieren und eigene Ideen lithografisch umzusetzen Schriften Auswahl BearbeitenGeschichtliche Darstellung der Theorien uber die Entstehung des Krebses Langensalza 1928 zugleich Jena Med Dissertation 1929 Uber die soziale Prognose der Schizophrenie unter besonderer Berucksichtigung des encephalographischen Befundes Habilitationsschrift an der Universitat Jena 1935 Uber Ursache und strafrechtliche Beurteilung der Homosexualitat Fischer Jena 1940 Neurologie und Psychiatrie Grundlinien f d Studium u d Praxis J A Barth Leipzig 1956 bis 1970 erweitert in funf Auflagen erschienen Psychiatrische Themen in Malerei und Graphik VEB G Fischer Jena 1958 bearbeitet von Helmut Renner Atlas der Pneumoenzephalographie bei Hirntumoren VEB Verlag Volk und Gesundheit Berlin 1959 Unter Mitarb u abschliessender Bearb von Roland Werner Literatur BearbeitenGunter Grau Lexikon zur Homosexuellenverfolgung 1933 1945 Institutionen Personen Betatigungsfelder Lit Verlag Berlin 2011 ISBN 978 3 8258 9785 7 S 196f Ernst Klee Das Personenlexikon zum Dritten Reich Wer war was vor und nach 1945 2 Auflage Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt am Main 2007 ISBN 978 3 596 16048 8 Uwe Jens Gerhard Anke Schonberg Die Rolle von Rudolf Lemke bei der Etablierung der Kinderneuropsychiatrie in der Nachkriegszeit In Uwe Hossfeld Tobias Kaiser Heinz Mestrup Hrsg Hochschule im Sozialismus Studien zur Geschichte der Friedrich Schiller Universitat Jena Band 1 Bohlau Koln Weimar Wien 2007 ISBN 978 3 412 34505 1 S 1971 1980 Sebastian Lemke Hrsg Das Malen bringt mich uber die Krise der Jetzt Zeit hin weg Briefe zwischen Hans Trimborn und Rudolf Lemke 1931 bis 1957 Stadtische Museen Jena 2004 ISBN 3 930128 61 6 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Rudolf Lemke im Katalog der Deutschen NationalbibliothekEinzelnachweise Bearbeiten a b c d Helmut Rennert In memoriam Rudolf Lemke 1906 1957 In Archiv fur Psychiatrie und Nervenkrankheiten Band 196 Ausgabe 6 14 Februar 1958 S 539 541 a b c d e Ernst Klee Das Personenlexikon zum Dritten Reich Wer war was vor und nach 1945 Frankfurt am Main 2007 S 365 Manfred Heinemann Die Wiedereroffnung der Friedrich Schiller Universitat Jena im Jahre 1945 In Dieter Voigt Hrsg DDR Wissenschaft im Zwiespalt zwischen Forschung und Staatssicherheit Duncker amp Humblot Berlin 1995 ISBN 3 428 08342 3 S 32 a b c Uwe Jens Gerhard Anke Schonberg Die Rolle von Rudolf Lemke bei der Etablierung der Kinderneuropsychiatrie in der Nachkriegszeit In Uwe Hossfeld Tobias Kaiser Heinz Mestrup Hrsg Hochschule im Sozialismus Studien zur Geschichte der Friedrich Schiller Universitat Jena Band 1 Koln Weimar Wien 2007 S 1974 a b Gunter Grau Lexikon zur Homosexuellenverfolgung 1933 1945 Institutionen Personen Betatigungsfelder Berlin 2011 S 196f Florian Mildenberger Der Diskurs uber mannliche Homosexualitat in der deutschen Medizin von 1880 bis heute In Dominik Gross Sabine Muller Jan Steinmetzer Hrsg Normal anders krank Akzeptanz Stigmatisierung und Pathologisierung im Kontext der Medizin Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsges Berlin 2008 S 97 Tobias Kaiser Hans Maestrup Die Universitat Jena in der Zeit der Sowjetischen Besatzungszone und der DDR In Senatskommission zur Aufarbeitung der Jenaer Universitatsgeschichte im 20 Jahrhundert Hrsg Traditionen Bruche Wandlungen Die Universitat Jena 1850 1995 Bohlau Koln 2009 ISBN 978 3 412 20248 4 S 649 Ernst Klee Deutsche Medizin im Dritten Reich Karrieren vor und nach 1945 S Fischer Frankfurt 2001 S 243 Uwe Jens Gerhard Anke Schonberg Die Rolle von Rudolf Lemke bei der Etablierung der Kinderneuropsychiatrie in der Nachkriegszeit In Uwe Hossfeld Tobias Kaiser Heinz Mestrup Hrsg Hochschule im Sozialismus Studien zur Geschichte der Friedrich Schiller Universitat Jena Band 1 Koln Weimar Wien 2007 S 1978 Uwe Jens Gerhard Anke Schonberg Die Rolle von Rudolf Lemke bei der Etablierung der Kinderneuropsychiatrie in der Nachkriegszeit In Uwe Hossfeld Tobias Kaiser Heinz Mestrup Hrsɖg Hochschule im Sozialismus Studien zur Geschichte der Friedrich Schiller Universitat Jena Band 1 Koln Weimar Wien 2007 S 1971 Nachlassverzeichnisse der Universitatsbibliothek Tubingen Band 2 Rudolf Bultmann 1884 1974 Harrassowitz Verlag Wiesbaden 2001 S 243f Eberhard Hauschildt Rudolf Bultmanns Predigten S XVI Anmerkung 13 Traugott Wolf Protestantismus und Soziale Marktwirtschaft Eine Studie am Beispiel Franz Bohms Munchen 1997 S 101 Katrin Lemke Das Ricarda Huch Portrat des Jenaer Arztes Rudolf Lemke Ein Bild und seine Hintergrunde In Weimar Jena Die grosse Stadt Das kulturhistorische Archiv 7 2 2014 S 113 125 Digitalisat Normdaten Person GND 102109427 lobid OGND AKS NDL 00447333 VIAF 56994305 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Lemke RudolfALTERNATIVNAMEN Lemke Rudolf Hermann vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG deutscher Psychiater Neurologe und HochschullehrerGEBURTSDATUM 6 April 1906GEBURTSORT GollnowSTERBEDATUM 27 Oktober 1957STERBEORT Jena Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Rudolf Lemke amp oldid 238633536