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Der Rudolf Hess Gedenkmarsch war eine jahrlich um den 17 August stattfindende Demonstrationsveranstaltung der deutschen Neonazi Szene Die Demonstrationen fanden zumeist in Wunsiedel statt wurden dort aber teilweise verboten sodass auf andere Stadte ausgewichen wurde Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte der Veranstaltung 2 Literatur 3 Weblinks 4 EinzelnachweiseGeschichte der Veranstaltung BearbeitenBereits einen Tag nach dem Tod von Rudolf Hess im Kriegsverbrechergefangnis Berlin Spandau am 17 August 1987 kam es in Deutschland und Osterreich zu Demonstrationen mit geringen Teilnehmerzahlen so etwa in Hamburg Berlin Munchen und Wien zahlreichen Parolenschmierereien und in Frankfurt zu einem Anschlag gegen ein Fahrzeug der Streitkrafte der Vereinigten Staaten Ausserdem belagerten Neonazis zwei Wochen lang den Friedhof im frankischen Wunsiedel um die Beerdigung nicht zu verpassen von der sie letzten Endes dann doch ausgeschlossen blieben Im Fruhjahr 1988 wurde der erste Rudolf Hess Gedenkmarsch von Berthold Dinter fur den August angemeldet und von einer Gruppe um die Neonazis Michael Kuhnen und Christian Worch organisiert Dabei formulierte Kuhnen das Ziel Wunsiedel niemals zur Ruhe kommen zu lassen Die Veranstaltung wurde zunachst verboten dann aber vom Hamburger Anwalt Jurgen Rieger vor Gericht durchgesetzt Etwa 120 Neo und Altnazis nahmen an dem Gedenkmarsch am 17 August 1988 teil 1989 nahm erstmals eine Gruppe belgischer Neonazis an der Demonstration teil Im Sommer 1990 zahlte die Veranstaltung etwa 1600 Teilnehmer nbsp Neonazis marschierten im Gedenken an Rudolf Hess durch Wunsiedel Diese Entwicklung fuhrte auch zu starkeren Protesten aus burgerlichen und antifaschistischen Kreisen Nicht zuletzt aufgrund dieser Gegenaktivitaten wurde nach 1990 uber den gesamten Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge ein Demonstrationsverbot verhangt was die Veranstalter zwang in andere Stadte auszuweichen 1991 demonstrierten daher etwa 3000 Menschen in Bayreuth gegen das Verbot in Wunsiedel Einer bundesweiten antifaschistischen Mobilisierung folgten rund 2500 Menschen Am 5 Todestag 1992 fand ein Ausweichmarsch in Rudolstadt statt 1 2 3 4 an dem auch die Mitglieder der NSU Kerngruppe teilnahmen Gemeinsam mit dem Saalfelder Neonazi Andreas Rachhausen organisierte Thomas Dienel den Rudolf Hess Gedenkmarsch zu dem am 15 August knapp 2000 Neonazis aus der gesamten Bundesrepublik nach Rudolstadt anreisten 5 Laut den Autoren des Buchs Heimatschutz uber den NSU Komplex Stefan Aust und Dirk Laabs hatte auch der damals 17 jahrige Rudolstadter Tino Brandt die Demonstration mitorganisiert 6 1994 kam es bundesweit zu Blockaden und Demonstrationen gegen die zentralen Figuren der Mobilisierung zu den Hess Marschen wie Worch und Rieger Die Polizei verhinderte nun ebenfalls konsequent alle Versuche der Neonazis in der Bundesrepublik anlasslich des Todestages aufzumarschieren Teilweise wich die Neonazi Szene deshalb in das benachbarte Ausland aus so etwa nach Luxemburg oder 1995 in das danische Roskilde ohne dort aber erfolgreich auftreten zu konnen Demonstrationsverbote im gesamten Bundesgebiet und uber 500 Festnahmen machten 1997 ein offentliches Gedenken fur die Neonazis mehr oder weniger unmoglich Es kam in den drei Folgejahren kaum zu Aktionen Im Jahr 2000 fand schliesslich uberhaupt kein Aufmarsch mehr statt Als 2001 Jurgen Rieger die Demonstration wieder in Wunsiedel anmeldete wurde sie zwar in der ersten Instanz verboten aber in der Berufung vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof genehmigt Die Richter sahen in ihrer Beurteilung des traditionell verhangten Versammlungsverbots im Landkreis Wunsiedel keine Gefahr fur die offentliche Sicherheit und Ordnung die von einem Gedenkmarsch ausgehe und bezogen sich dabei auch auf eine anhaltende Schwache der antifaschistischen Gegenmobilisierung Die Demonstrationen in Wunsiedel wurden von Rieger in diesem Zug bis einschliesslich 2010 angemeldet Zwischen 2001 und 2004 fanden wieder Demonstrationen mit drei bis vierstelliger Teilnehmerzahl statt Seit 2005 wurde die Kundgebung verboten Durch alle Gerichtsinstanzen wurde in dem Marsch eine Storung des offentlichen Friedens in einer die Wurde der Opfer verletzenden Weise gesehen die die nationalsozialistische Gewalt und Willkurherrschaft billigt verherrlicht oder rechtfertigt Volksverhetzung 130 Abs 4 StGB Auch Versuche der Veranstalter Ersatzveranstaltungen durchzufuhren fuhrten zu keinem Erfolg 2009 fallte das Bundesverfassungsgericht letztinstanzlich die sogenannte Wunsiedel Entscheidung die das Verbot der Aufmarsche bestatigte Nach dem Tod Jurgen Riegers im Jahr 2009 wurde allerdings ein Gedenkmarsch zu Ehren Riegers angemeldet und letztinstanzlich auch genehmigt Unter dem Motto Ewig wahrt der Toten Tatenruhm zogen ca 850 Neonazis durch Wunsiedel und hofften auf diese Weise eine Ersatzveranstaltung fur die Hess Marsche zu installieren Im Jahr 2010 wurde diese Veranstaltung wieder angemeldet und genehmigt Es waren 150 Personen anwesend die aber nicht am Friedhof vorbeiziehen durften auf dem Hess begraben war Das Grab von Rudolf Hess wurde nach Ablauf des Pachtvertrags am 20 Juli 2011 aufgelost 7 Am 13 August 2011 fanden sich noch etwa 20 Neonazis in Wunsiedel ein die Polizei setzte die Veranstaltungsverbote durch 8 Am 17 November 2012 versammelten sich ca 230 Rechtsextreme in Wunsiedel Ihnen standen etwa 350 Gegendemonstranten gegenuber Laut den Auflagen war jeder Bezug der Veranstaltung zu Hess untersagt trotzdem waren in den Reden einiger Neonazis entsprechende Assoziationen enthalten Am 16 November 2013 reisten unter denselben Auflagen etwa 220 Neonazis nach Wunsiedel an In einer Rede wurde Erich Priebkes gedacht der kurz zuvor in Rom im Hausarrest verstorben war Indem Priebke als altester und letzter Kriegsgefangener bezeichnet wurde erfolgte erneut eine Anspielung auf Hess 2014 funktionierte die Burgerinitiative Wunsiedel ist bunt die in diesem Jahr anstelle des mittlerweile verbotenen Freien Netzes Sud von der Partei Der III Weg angemeldete Veranstaltung zu einem Spendenlauf um und stellte sie unter das Motto Rechts gegen Rechts Fur jeden von dem Demonstrationszug zuruckgelegten Meter wurden zehn Euro an die Aussteiger Organisation Exit gespendet Das Geld dazu hatten die Veranstaltungsgegner im Vorfeld gesammelt Die Gegendemonstranten zeigten zusatzlich Transparente mit der Aufschrift Der unfreiwilligste Spendenlauf Deutschlands Im Spendenschritt Abmarsch oder Endspurt statt Endsieg Im November 2015 begann die Demonstration mit ca 230 Teilnehmern aus dem Umfeld der neonazistischen Partei Der III Weg erst um 16 Uhr bei einsetzender Dammerung Etwa 500 Gegendemonstranten hatten sich versammelt per Beamer wurden Videos uber den vorjahrigen Spendenlauf an Wande projiziert Auch im November 2016 demonstrierten zwischen 200 und 250 Unterstutzer des III Wegs bei Dunkelheit in Wunsiedel Die Reden waren rassistischen Definitionen des Begriffs Volk gewidmet sowie der Verkorperung einer sogenannten Ahnenkette in jedem Einzelnen An Jurgen Rieger den fruheren Organisator der Marsche erinnerten Reden sowie ein Transparent dessen Aufschrift jedoch eine Refrainzeile eines Rudolf Hess gewidmeten Songs der rechtsextremen Band Stahlgewitter war erneut eine Umgehung des Verbots eines expliziten Veranstaltungsbezugs zu Hess Bis zu 400 Gegendemonstranten versammelten sich in der Innenstadt 9 Anlasslich des 30 Todestages von Hess wollten 2017 rund 800 Neonazis am ehemaligen Kriegsverbrechergefangnis in Berlin Spandau demonstrieren Unter dem Motto Mord verjahrt nicht knupften sie an die Verschworungstheorie einer Ermordung von Hess durch die Alliierten an Rund 2000 Gegendemonstranten blockierten den Aufmarsch bereits nach 150 Metern Durch einen Brandanschlag auf die Bahn erreichten rund 250 Neonazis den Demonstrationsort nicht und fuhrten stattdessen spontane Versammlungen in Falkensee durch 10 Am 17 November 2019 veranstaltete Der III Weg einen Fackelmarsch genannt Heldengedenken bei dem rund 200 Teilnehmende durch Wunsiedel zogen Der Parteivorsitzende Klaus Armstroff diffamierte dabei die Opfer der Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund NSU und ausserte fur Rudolf Hess werde kein Denkmal errichtet da er kein Drogenhandler und nicht schwul gewesen sei sowie keiner ethnischen Minderheit angehort habe Rund 400 Menschen nahmen an einer Gegenveranstaltung teil Zu einer weiteren Gegendemonstration der Antifa unter dem Motto Nicht lange Fackeln kamen nach Veranstalterangaben rund 350 Teilnehmende Ebenfalls unter dem Motto Heldengedenken versammelten sich im thuringischen Schleusingen rund 90 Neonazis vor allem aus der Holocaustleugnerszene Veranstaltet wurde die Versammlung vom rechtsextremen Bundnis Zukunft Hildburghausen Gut drei Dutzend Menschen trafen sich zum Friedensgebet und einer Gegenkundgebung Aufgrund einer behordlichen Auflage waren beim rechtsextremen Aufmarsch nur 20 Fackeln zugelassen und das Landratsamt hatte den Neonazis untersagt an der Holocaust Gedenkstatte vor der alten Synagoge vorbeizuziehen 11 Anfang November 2020 sagte Der III Weg den Gedenkmarsch in Wunsiedel ab da die Corona Auflagen des Landratsamts Maskenpflicht Abstandseinhaltung Teilnehmerbegrenzung Standkundgebung zwischen 15 und 17 Uhr in keinster Weise akzeptabel seien wie es auf der Website der Partei hiess Ausserdem befurchtete die Partei Bussgelder wenn Sympathisanten aus mehreren Hausstanden mit Privatautos anreisen wurden Das Netzwerk Wunsiedel ist bunt bekraftigte seine Absicht die Gegenkundgebung am 14 November abzuhalten 12 Im November 2021 zogen etwa 150 Aktivisten des III Wegs durch ein Wohnviertel am Stadtrand Wunsiedels und hielten eine Gedenkveranstaltung an einem Kriegerdenkmal ab 13 Zum Gedenkmarsch im November 2022 hatten sich ca 120 Rechtsextremisten eingefunden eine Gegenkundgebung umfasste ca 350 Teilnehmer 14 Literatur BearbeitenThomas Dorfler Andreas Klarner Der Rudolf Hess Gedenkmarsch in Wunsiedel Rekonstruktion eines nationalistischen Phantasmas In Mittelweg 36 Heft 4 2004 ISSN 0941 6382 S 74 91 Online Patrick O Hara Daniel Schluter Der Mythos stirbt zuletzt Neonazistisches Gedenken der Kriegsverbrecher Rudolf Hess und antifaschistische Diskussion Hamburg 2002 rat Reihe antifaschistischer Texte ZDB ID 2078494 6 Weblinks BearbeitenBundeszentrale fur politische Bildung Geschaftsstelle des Bundnisses fur Demokratie und Toleranz Wunsiedel ist bunt nicht braun Erstes Treffen bayerischer Kommunen gegen Rechtsextremismus am 24 Oktober 2007 in Wunsiedel Abgerufen am 19 August 2018 Albrecht Kolthoff 2004 Braunes Merchandising die TV Sendung zur DVD zum Buch zur Nazi Demo telepolis Einzelnachweise Bearbeiten Thomas Dorfler und Andreas Klarner Der Rudolf Hess Gedenkmarsch in Wunsiedel Rekonstruktion eines nationalistischen Phantasmas Memento vom 2 August 2007 im Internet Archive Der Rechte Rand Nr 18 Juli August 1992 http www netz gegen nazis de artikel rudolf hess https www antifainfoblatt de artikel rudolf he C3 9F C2 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am 12 November 2022 www bige bayern de Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Rudolf Hess Gedenkmarsch amp oldid 238761171