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Als Roma quadrata wird der nach der Sage wichtigste Siedlungskern Roms auf dem Palatin bezeichnet In der spateren antiken Tradition bezog sich der Name auf die ursprungliche Stadtgrundung des Romulus Zur Entstehung der Bezeichnung gab es schon zur Zeit der spaten Republik mehrere Vermutungen und heutzutage ist es jenseits der Aufzahlung von Moglichkeiten nicht mehr zu klaren 1 Heute wird die Bezeichnung in der Forschung oft verwendet um eine archaologisch nur ungenau nachweisbare meist ins 10 9 Jahrhundert v Chr datierte fruhe Siedlung auf dem Gipfel des Germalo einer der drei Erhebungen des Palatin zu benennen Innerhalb des annahernd quadratischen Grundrisses dunkelbraune Linie wird der ursprungliche Siedlungskern Roms vermutet Inhaltsverzeichnis 1 Orographie 2 Archaologie 2 1 Die Befestigungsanlagen 2 2 Die Siedlung auf dem Germalus 2 3 Anmerkung zur Chronologie 3 Sakraltopographie Pomerium Templum Augurale und Mundus 4 Weitere Nachrichten der Geschichtsschreiber 5 Literatur 6 AnmerkungenOrographie BearbeitenDie ursprungliche Form des Gelandes lasst sich durch Analogiebildungen und anhand von geologischen Befunden dieser und anderer Stellen des Tibertals erschliessen Die Landschaft war durch relativ hohe Hugel gekennzeichnet die teilweise sehr steil sein konnten und sich durch zerkluftete Flanken und eine in der Regel flache Kuppe auszeichneten Diese abgeflachten Kuppen boten gute Moglichkeiten fur die Errichtung von Siedlungen die aus Sicherheitsgrunden eher auf solchen Anhohen als in den darunter liegenden Talern als Siedlungskerne angelegt wurden Die Besonderheit des Palatins war seine trapezahnliche Form die diesem ersten Rom moglicherweise den Beinamen quadrata latein viereckig ins Geviert gesetzt oder vervollkommnet 2 verschaffte Archaologie Bearbeiten nbsp Pfostenlocher eines eisenzeitlichen Hauses auf dem Palatin von dem vermutet wird die Casa Romuli zu sein nbsp Hausurne der Villanova KulturDie Befestigungsanlagen Bearbeiten Zur Verteidigung dieser ersten stadtischen Siedlungen wurde soweit moglich die naturliche Form der Landschaft ausgenutzt so dass etwa Mauern oder Befestigungen nur dort errichtet wurden wo das Gefalle des Hugels nicht steil genug war um unerwunschten Zugang zum Gipfel zu verhindern Oft wurde an der Aussenseite der Mauer zusatzlich ein Graben angelegt um die Angreifbarkeit auf naturlicherseits ungeschutzten Seiten weiter zu verringern Archaologisch nachgewiesen wurde allerdings bislang nur eine Mauer an der Nordseite des Palatins s u daher bleibt vieles Spekulation Der fruher fur diese Zeit angenommene Schutzwall zwischen Germalo und der mit dem Hugel gleichnamigen Kuppe Palatin war wenig mehr als eine Vermutung auf der Grundlage einer etwas zu stark erscheinenden Vertiefung zwischen den beiden Erhebungen Angesichts der antiken Ausformung des Hugels erschien es sehr wahrscheinlich dass eine erste Mauer und der sie begleitende Graben wenn uberhaupt lediglich auf der Seite zwischen Germalo und Palatin errichtet wurden zur Verteidigung der schwachsten Seite auch wenn das Pomerium in seiner Bedeutung als heilige Stadtgrenze sicherlich die gesamte bewohnte Flache umschloss Archaologisch wurde von Andrea Carandini eine Befestigung aus Holz Erde Mauer und Graben am Fuss der Nordseite des Palatins festgestellt Sie stammt etwa aus der Zeit von 730 bis 720 v Chr und ist etwa von der Stelle der Curiae Veteres s u bis fast zum nordwestlichsten Punkt der Erhebung nachgewiesen Diese Mauer wurde im 7 und 6 Jahrhundert zweimal aus bzw umgebaut Auch eine Toranlage wurde entdeckt Da dies kein gunstiger Verlauf fur eine Verteidigungsanlage ist wird vermutet dass die Mauer auch der formellen Abgrenzung s u diente 3 Die sich in der Folgezeit und bis zur Errichtung der Servianischen Mauer vor 390 v Chr 4 entwickelnde urbane Struktur war dezentral organisiert Die einzelnen Erhebungen aus denen die Stadt bestand bildeten dabei keine Verteidigungseinheit sondern besassen jede fur sich voneinander unabhangige militarische Strukturen die starker von den Menschen abhingen als von Befestigungsanlagen Nach gangiger Forschungsmeinung stellte die Einnahme Roms durch die Gallier im Jahr 390 v Chr sic dieses System in Frage und zeigte die Notwendigkeit einer einheitlichen Befestigung auf 5 Bis zum Bau dieser Mauer hatte offenbar die orographische Anlage der Hugel gegebenenfalls von Mauern oder Graben unterstutzt ausreichend Schutz und Verteidigungsmoglichkeiten geboten So erwahnt Varro eine weitere Erdmauer murus terreus Carinarum auf dem Oppius die noch nicht lokalisiert werden konnte 6 Fur den Verlauf einer dem Fuss oder dem Rand des Palatins folgenden Verteidigungslinie gilt das fur die Form des gesamten Hugels Gesagte entsprechend Die Siedlung auf dem Germalus Bearbeiten Das fruhe Rom lag im Bereich der Latialen Kultur Latiums Schon fur die mittlere Bronzezeit ca 1700 1350 v Chr sind Siedlungsspuren im zukunftigen Stadtgebiet nachweisbar Seit etwa 900 v Chr konnen dann u a auf dem Forum mehrere Friedhofe festgestellt werden Auf dem Germalus auch Cermalus da dem alteren Latein der Buchstabe G fehlte sind fur das 9 und 8 Jahrhundert mehrere einfache Hutten festgestellt worden Die zeitliche Stellung dieser Hutten zueinander ist unsicher da sie hauptsachlich durch Pfostenlocher im anstehenden Fels nachgewiesen sind Sie konnen durch andere Siedlungsfunde etwa aus Fidenae die kunstvoll gestalteten Hausurnen der Latial und der Villanova Kultur sowie Beschreibungen der bis in die Spatantike immer wieder errichteten Casa Romuli die in der Nahe dieser Hutten lag rekonstruiert werden Es handelt sich um strohgedeckte Pfostenbauten mit Holzwanden oder lehmverputzten Flechtwerkwanden und ovalen bis rechteckigen Grundrissen Im 8 Jahrhundert gelten Palatin Kapitol Quirinal Caelius Oppius und Velia sowie einige Raume dazwischen als besiedelt und um 700 sind schliesslich Aktivitaten im Umfeld von Orten wie dem Comitium und dem Heiligtum der Vesta festzustellen 7 Anmerkung zur Chronologie Bearbeiten Aus Dendrochronologiemessungen ergeben sich fur die Latiale Kultur fruhere Daten als bisher angenommen Allerdings konnten diese Daten bisher noch nicht mit dem Bild dass sich aus der Abfolge der Keramikstile ergibt harmonisiert werden Daher sind hier wie bei Kathrin Lomas die traditionellen Daten wiedergegeben 8 Die traditionelle Chronologie der Schriftquellen nach den Namen der jeweiligen Konsuln ist vor 300 v Chr ungenau und wird vor dem Galliersturm ca 390 v Chr noch weiter unscharf um in der Romischen Fruhgeschichte nur noch Ungenugendes zu bieten da diese Daten schon in der Antike anhand von ungenugenden und widerspruchlichen Quellen die meist schon dem Bereich der Sage angehoren rekonstruiert wurden 9 Daher werden die traditionellen Verknupfungen einzelner Bauten und Ereignisse mit Personen und Daten hier nicht erklart Sakraltopographie Pomerium Templum Augurale und Mundus BearbeitenDie laut der Sage angeblich von Romulus gezogene Ackerfurche hatte mutmasslich die Funktion des Pomerium also der spateren erweiterten sakral relevanten Stadtgrenze etruskischen Ursprungs Zu solch einem Stadtgrundungsritus gehorte auch die Abgrenzung der Stadtflache als templum augurale Hiermit ist kein Tempel gemeint sondern eine von den Auguren mit ihrem Lituus Stab bezeichnete zumindest als Ideal rechteckige Flache die dazu dient den Kosmos zu symbolisieren Die einzelnen Viertel und Sektoren haben verschiedene Bedeutung wodurch Wahrsagungen ermoglicht werden sollten 10 Varro zitierend versteht Solinus die Roma Quadrata als das so bei der Grundung entstandene templum Er beschreibt seine Ausdehnung mit einer Diagonale oder dem Decumanus der Ost West Achse vom Wald silva auf dem Gelande des Apollo Heiligtums als Startpunkt und den Scala Caci Stiegen die vom Palatin zum Forum Boarium hinab fuhrten in der Nahe der Casa Romuli im Sudwesten des Hugels als Endpunkt 11 Ob er sich auf den von Augustus errichteten Apollotempel ganz in der Nahe der Scala Caci bezieht oder an eine altere geweihte Flache im Nordosten des Palatins denkt wird nicht klar Ovid bezeichnet den ganzen Palatin als der Ort an dem Rom zuerst gegrundet wurde 12 Es wird vermutet dass es sich hier bloss um eine anachronistische Ubertragung der erst spater ubernommenen etruskischen Riten in die vermutete Zeit der Grundung der Siedlung auf dem Palatin handelte 13 Eine andere Erklarung des erst viel spater bezeugten Namens quadrata bieten Sextus Pompeius Festus und Properz nach denen er sich auf den Mondus in klassischem Latein mundus Schmuck Welt Kosmos 14 beziehen konne also jene Opfergrube die im genauen Mittelpunkt des Pomeriums gegraben und mit allen Kult und Orakelgegenstanden gefullt wurde welche die Priester bei der Einweihungszeremonie der neuen Stadt verwandt hatten Es wurde hierbei meist an eine viereckige Baustruktur in Nahe des Apollo Heiligtums gedacht Erst durch Plutarch wird eine Identitat mit dem Mundus Cereris beim Comitium angenommen Ein solcher Mundus galt generell als Verbindung zur Unterwelt die fur bestimmte Riten geoffnet wurde Auf dem Palatin wurde 1914 eine Struktur entdeckt die einige als Mundus interpretierten 15 Die schon lange nur sagenhaft bekannte Roma quadrata die einige der spateren Autoren Dionysios von Halikarnassos Plutarch Cassius Dio Festus und Solinus erwahnen soll wie schon angedeutet die Erhebungen des Palatins mit Ausnahme der Velia umfasst haben Ob diese Jahrhunderte spater entstandenen Berichte einen historischen Kern haben und worin dieser ggf besteht ist umstritten Cassius Dio fand in seinen eigenen Quellen offenbar nur vage Informationen uber die Roma quadrata Tacitus beschreibt den Verlauf eines ersten angeblich durch Romulus angelegten Pomeriums unter Heranziehung von Wegpunkten 16 Vom Grossen Altar des Hercules am Forum Boarium beginnend hatten Grenzsteine als Markierung zunachst zum unterirdischen Altar des Consus also durch das Vallis Murcia mit dem Circus Maximus unterhalb dessen ostlicher Wendemarke der Altar nach Tertullian lag 17 gefuhrt Von dort ging es zu den Curiae Veteres den damals am nordostlichen Abhang des Palatins vermuteten Vorgangern des Comitiums und weiter zum Schrein sacellum der Laren am hochsten Punkt der Via Sacra beim Titusbogen 18 um schliesslich den Rand des Forum Romanums zu erreichen dass wie auch das Kapitol nicht in dieses Pomerium eingeschlossen gewesen sein soll Tacitus sagt ausdrucklich dass die Steine am Fuss des und nicht auf dem Palatin aufgestellt waren Die erwahnte Holz Erde Mauer widerspricht dieser Beschreibung nicht Im Gegensatz zu fruheren Ansichten ist die Abgrenzung des Palatins in der augusteischen Einteilung Roms in zehn Regionen eine andere 19 Auch fur den Verlauf eines dem Fuss oder dem Rand des Palatins folgenden Pomeriums gilt das fur die Form des gesamten Hugels Gesagte entsprechend Weitere Nachrichten der Geschichtsschreiber BearbeitenOb die Mauer die Stadt vollstandig oder nur stellenweise umschloss sie muss in jedem Fall Tore besessen haben Schon die bereits genannten Autoren der Kaiserzeit die mit sechs bis acht Jahrhunderten Abstand schrieben konnten daruber keine genauen Angaben machen weder was die Anzahl noch was die Namen dieser Tore betraf Als Beispiel mag der in solchen Dingen normalerweise sehr genaue Plinius der Altere dienen dem zufolge es drei oder vielleicht vier Tore in einem Mauerstuck zwischen Palatin und Kapitol gab 20 Diese historische Notiz enthalt bereits eine andere Ungenauigkeit da die Einbeziehung des Kapitols in das Stadtgebiet erst einige Jahrhunderte nach Entstehung der ursprunglichen Roma quadrata erfolgte Die weitestverbreiteten Hypothesen vermuten den Hinweisen Varros folgend 21 die Existenz einer Porta Mugionia die sich in der Nahe des Titusbogens befunden haben konnte und mit der Carandini die von ihm festgestellte Toranlage identifizieren wollte 22 einer Porta Romana oder Romanula in der Nahe des Velabrum sowie eines dritten Tores vielleicht Ianuaria Ianualis Trigonia dessen Standort vollig unklar ist Cassius Dio schreibt zur Roma quadrata es habe sich um eine Siedlung gehandelt die mit dem spateren Rom nichts zu tun gehabt habe Vielmehr sei die Roma quadrata lange vorher von einem Paar gegrundet worden das zufallig ebenfalls Romulus und Remus geheissen habe 23 Dies erklart sich durch die Tatsache dass es neben der spater kanonisch gewordenen Tradition zur Grundung Roms auch noch andere Sagen gegeben hat 24 Literatur BearbeitenSamuel Ball Platner Thomas Ashby A Topographical Dictionary of Ancient Rome Oxford University Press London 1929 S 374 377 Digitalisat Laura G Cozzi Le porte di Roma F Spinosi Ed Rom 1968 Attilio Mastrocinque Roma quadrata In Melanges de l ecole francaise de Rome Band 110 112 1998 S 681 697 Digitalisat Mauro Quercioli Le mura e le porte di Roma Newton Compton Rom 1982 Kathryn Lomas Der Aufstieg Roms Stuttgart 2019 Anmerkungen Bearbeiten Kathryn Lomas Der Aufstieg Roms Stuttgart 2019 S 59 S 469 Anm 7 Karl Ernst Georges Ausfuhrliches Lateinisch Deutsches Handworterbuch Band 2 8 Auflage Hannover 1918 Nachdruck Darmstadt 1992 Sp 2113 2117 f Kathryn Lomas Der Aufstieg Roms Stuttgart 2019 S 57 59 Karte S 52 Kathryn Lomas Der Aufstieg Roms Stuttgart 2019 S 185 f 483 Anm 7 Unter der Servianischen Mauer ist eine Mauer des 6 Jahrhunderts festgestellt worden Umstritten ist ob diese Mauer die ganze Stadt oder einzelne Hugel umfasste Kathryn Lomas Der Aufstieg Roms Stuttgart 2019 S 294 f Samuel Ball Platner Thomas Ashby A Topographical Dictionary of Ancient Rome Oxford University Press London 1929 S 355 Digitalisat Zum gesamten Abschnitt T J Cornell The Beginnings of Rome Italy and Rome from the Bronze Age to the Punic Wars c 1000 264 BC London 1995 S 51 Kathryn Lomas Der Aufstieg Roms Stuttgart 2019 S 31 36 51 60 S 469 Anm 4 Samuel Ball Platner Thomas Ashby A Topographical Dictionary of Ancient Rome Oxford University Press London 1929 S 101 Kathryn Lomas Der Aufstieg Roms Stuttgart 2019 S 31 f 467 Anm 11 Kathryn Lomas Der Aufstieg Roms Stuttgart 2019 S 447 f Massimo Pallotino Die Etrusker Frankfurt a M 1965 S 133 136 Solinus De Mirabilibus Mundi I 17 Samuel Ball Platner Thomas Ashby A Topographical Dictionary of Ancient Rome Oxford University Press London 1929 S 448 f hoc primum condita Roma loco est Ovid Tristes III 1 31 Samuel Ball Platner Thomas Ashby A Topographical Dictionary of Ancient Rome Oxford University Press London 1929 S 449 Samuel Ball Platner Thomas Ashby A Topographical Dictionary of Ancient Rome Oxford University Press London 1929 S 448 Karl Ernst Georges Ausfuhrliches Lateinisch Deutsches Handworterbuch Band 2 8 Auflage Hannover 1918 Nachdruck Darmstadt 1992 Sp 1051 f online Plutarch Romulus 11 2 Samuel Ball Platner Thomas Ashby A Topographical Dictionary of Ancient Rome Oxford University Press London 1929 S 346 348 448 f Karl Ernst Georges Ausfuhrliches Lateinisch Deutsches Handworterbuch Band 2 8 Auflage Hannover 1918 Nachdruck Darmstadt 1992 Sp 1051 f Digitalisat Tacitus Annales 12 24 Tertullian de spectaculis 5 7 und 8 6 Samuel Ball Platner Thomas Ashby A Topographical Dictionary of Ancient Rome Oxford University Press London 1929 S 314 ff Walter Leisering Hrsg Historischer Weltatlas Berlin 1997 Nachdruck Wiesbaden 2004 S 17 Plinius der Altere Naturalis historia 3 66 67 Marcus Terentius Varro De lingua Latina 5 164 Kathryn Lomas Der Aufstieg Roms Stuttgart 2019 S 57 Cassius Dio Romische Geschichte 1 5 1 Siehe etwa Kathryn Lomas Der Aufstieg Roms Stuttgart 2019 S 60 71 462 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Roma quadrata amp oldid 234697123