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Reziproker Altruismus ist eine Theorie welche die Evolution von altruistischem Verhalten zwischen nichtverwandten Individuen durch naturliche Selektion erklaren will Einen entscheidenden Anstoss gab Robert Trivers im Jahr 1971 1 Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung und Voraussetzungen 2 Reziproker Altruismus bei Ratten 3 Reziproker Altruismus bei nichtmenschlichen Primaten 4 Entwicklung des Konzepts 5 Literatur 6 EinzelnachweiseBeschreibung und Voraussetzungen BearbeitenAltruismus wird in der Regel als Verhaltensweise eines Individuums zugunsten eines anderen Individuums definiert wobei die Verhaltensweise dem altruistischen Individuum unmittelbar mehr Kosten als Nutzen einbringt Einer solchen Definition steht nicht entgegen dass altruistisches Verhalten langfristig positiv auf den Fortpflanzungserfolg Fitness des altruistischen Individuums oder mit ihm verwandter Individuen zuruckwirkt Vielmehr versucht eine biologisch evolutionare Erklarung aufzuzeigen dass jedes regelhafte altruistische Verhalten genau dies eine Erhohung des Gesamtnutzens mit sich bringt Bedingungen fur den reziproken Altruismus zwischen nicht verwandten Individuen sind 2 Die Individuen mussen die Gelegenheit haben haufiger zu interagieren sie mussen in der Lage sein Buch zu fuhren uber die erhaltene und erwiesene Hilfeleistung sie gewahren Unterstutzung nur denen die ihnen auch helfen Die Individuen einer Spezies konnen auf eigene Kosten Artgenossen ohne Fitness Nachteil einen Vorteil verschaffen wenn der Nutzniesser einen ahnlichen Vorteil zu einem spateren Zeitpunkt erwidert Dies setzt ein Wiedererkennen des Artgenossen und eine innere Buchhaltung und damit ein gewisses Intelligenzniveau voraus Zudem muss angenommen werden dass betrugerisches Verhalten in irgendeiner Weise bestraft wird Denn altruistisches Verhalten ist aus evolutionarer Perspektive stets dafur anfallig von nicht erwidernden Individuen ausgenutzt zu werden Aufgrund dieser Voraussetzungen ist die Evolution von reziprokem Altruismus am ehesten bei intelligenten sozialen und langlebigen Arten zu erwarten Nach einer Hypothese des Psychologen Robin Dunbar konnte sich die menschliche Sprache auch deshalb entwickelt haben weil sie durch Klatsch und Tratsch sowohl die Identifizierung als auch die Bestrafung von Betrugern z B durch Ausgrenzung erleichtert 1 Reziproker Altruismus bei Ratten BearbeitenClaudia Rutte und Michael Taborsky wiesen 2008 nach dass weibliche Wanderratten Rattus norvegicus denjenigen Artgenossen haufiger halfen die ihnen zuvor geholfen hatten Ihres Wissens war dies der erste Nachweis von reziprokem Altruismus bei Nagetieren 3 Reziproker Altruismus bei nichtmenschlichen Primaten BearbeitenViele Primaten leben in stabilen sozialen Gruppen Sie sind intelligent und fahig komplexe Probleme zu losen Reziproke Fellpflege wurde bei mehreren Arten der Makaken Paviane grunen Meerkatzen und Schimpansen beobachtet In manchen Fallen wurden Fellpflege und Unterstutzung gegen Sachleistungen getauscht in anderen Fellpflege gegen Unterstutzung Manche Affen wechseln sich bei der Fellpflege ab so dass die Zeit wahrend jeder Fellpflege Phase zwischen Individuen ausbalanciert ist Andere Affen balancieren diese Zeit uber mehrere Fellpflege Phasen hinweg 2 Bei mannlichen Schimpansen scheinen soziale Bindungen auf reziprokem Austausch vieler verschiedener Leistungen zu basieren Schimpansen im Kibale Nationalpark teilen Fleisch selektiv mit den Individuen die selbst Fleisch mit ihnen geteilt haben oder regelmassig Unterstutzung gewahrleisten Mannchen die zusammen jagen tendieren zu selektiver gegenseitiger Fellpflege und Unterstutzung sowie gemeinsamem Patrouillieren der Grenzen Diese Mannchen sind nicht verwandt Diese Korrelationen sind konsistent mit der Theorie des reziproken Altruismus beweisen jedoch nicht dass diese altruistischen Verhaltensweisen durch Reziprozitat bedingt sind Mehrere Studien legen dies jedoch nahe 2 In einem Experiment wurden grunen Meerkatzen auf Tonband aufgenommene Hilferufe anderer Meerkatzen vorgespielt Das Vorspielen erfolgt in zwei verschiedenen Situationen In der ersten Situation hatte Meerkatze A zuvor Meerkatze B das Fell gepflegt Auf den abgespielten Hilferuf von Meerkatze A reagierte Meerkatze B vergleichsweise schnell In der zweiten Situation hatte vorher keine Fellpflege stattgefunden Auch hier reagierte Meerkatze B auf den abgespielten Hilferuf von Meerkatze A allerdings langsamer 2 In einem weiteren Experiment von Frans de Waal wurden verschiedenen Individuen in einer Gruppe von Schimpansen uber einen Zeitraum von drei Jahren mehrfach Bundel von Blattern gegeben Die Individuen konnten diese Bundel fur sich behalten oft wurden die Bundel jedoch geteilt Dabei waren die Besitzer der Bundel immer denjenigen Individuen gegenuber grosszugiger welche kurze Zeit vorher das Fell des Besitzers gepflegt hatten Auch wehrten sich die Besitzer der Blatter weniger stark gegen Versuche von Individuen sich Teile der Bundel anzueignen wenn diese Individuen vorher das Fell des Besitzers gepflegt hatten 2 Die Zahl der gut dokumentierten Falle von reziprokem Altruismus bei nichtmenschlichen Primaten ist insgesamt noch klein Es ist daher unklar wie haufig er ist Altruismus aussert sich potenziell auf diverse Arten z B Fellpflege Schutz vor Fressfeinden und es ist schwierig die Kosten und Nutzen all dieser altruistischen Verhaltensweisen zu quantifizieren 2 Entwicklung des Konzepts BearbeitenTrivers Konzept des gegenseitigen Altruismus wurde von Axelrod und Hamilton erfolgreich als Tit for Tat Strategie fur Zweipersonen Interaktionen in der Spieltheorie formal umgesetzt Ernst Fehr weist darauf hin dass sich mit diesem Konzept die Kooperation in grossen Gruppen wie z B im Kriegsfall nicht erklaren lasst 4 Literatur BearbeitenRobert Trivers The evolution of reciprocal altruism In Quarterly Review of Biology Band 46 1971 S 35 57 Volltext PDF 2 52 MB Einzelnachweise Bearbeiten a b Stanley A Rice Encyclopedia of evolution Checkmark Books 2007 ISBN 978 0 8160 7121 0 S 16 f a b c d e f Robert Boyd Joan B Silk How Humans Evolved Fourth Edition Norton 2006 ISBN 0 393 92628 1 S 213 217 Claudia Rutte Michael Taborsky The influence of social experience on cooperative behaviour of rats Rattus norvegicus Direct vs generalised reciprocity In Behavioral ecology and sociobiology 62 4 2008 S 499 505 doi 10 1007 s00265 007 0474 3 PDF 338 kB abgerufen am 20 Dezember 2021 Ernst Fehr Human behaviour Don t lose your reputation In Nature Nr 432 25 November 2004 S 449 450 doi 10 1038 432449a uvm edu PDF 345 kB abgerufen am 20 Dezember 2021 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Reziproker Altruismus amp oldid 230609416