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Raja Ram Mohan Roy oder Rammohan Roy Bengalisch র ম ম হন র য Ram Mohan Ray 22 Mai 1772 in Radhanagar Bengalen 27 September 1833 in Bristol England war ein bedeutender Reformer des Hinduismus und der Begrunder des Brahmo Samaj Er war zugleich bengalischer Schriftsteller Journalist und Bekampfer sozialer Missstande Ram Mohan Roy Olgemalde Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Bedeutung 3 Siehe auch 4 Literatur 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenRam Mohan Roy entstammte einer orthodoxen Brahmanenfamilie aus einem Dorf im bengalischen Distrikt Murshidabad die der Mogulherrschaft nahestand 1 Er lernte in Patna Persisch und Arabisch unter anderem an einer Madrasa einer Schule fur islamische Wissenschaften und studierte hier mehrere arabische Ubersetzungen von Aristoteles und Euklid Anschliessend studierte er in Varanasi Sanskrit und Englisch Von 1803 bis 1814 war er Steuerbeamter im britischen Dienst bei der East India Company und wurde durch seinen Vorgesetzten an die englische Literatur herangefuhrt Nach 1814 lebte er von seinem Vermogen und widmete sich dem Studium religioser und sozialer Probleme Durch die kontinuierliche Lekture englischer Zeitungen blieb er auch in Kontakt mit den Geschehnissen in Europa Als Gesandter des Grossmoguls unternahm er 1831 eine Reise nach England und wurde kurz zuvor von diesem mit dem Titel eines Raja ausgestattet Seine Mission war erfolgreich doch er erlag in England 1833 einer Krankheit Bedeutung BearbeitenRam Mohan Roy verfasste einige Schriften in denen er die Bilderverehrung das Kastensystem die Kinderheirat den allgemeinen Aberglauben und die Witwenverbrennung bekampfte Als Vorbilder fur Indien schwebte ihm die liberale Demokratie Englands und ein modernisiertes Unterrichtssystem vor Er war auch der erste der eine Zeitschrift in einer indischen Sprache veroffentlichte Auf sein Bemuhen hin wurde 1829 in Britisch Indien die Witwenverbrennung per Gesetz verboten 2 Als Roy 1815 nach Kolkata kam begann er sich fur eine Abkehr von der Praxis reiner Sanskritschulen und des Studiums nur der vedischen Textuberlieferungen einzusetzen Er war der Ansicht neben der englischen Sprache und der eigenen Muttersprache sei auch eine Ausbildung in Naturwissenschaft und Mathematik notwendig Die Regierung erklarte sich zwar bereit seine Einwande zu prufen zu deren Umsetzung kam es jedoch erst einige Zeit nach seinem Tod Beim Studium der alten indischen Texte gelangte Ram Mohan Roy zu der Uberzeugung dass sich manche Sitten und Gebrauche erst spater eingeschlichen hatten Er sah in der vedischen Religion einen reinen Monotheismus verwirklicht der jedoch spater verunstaltet worden sei Roy grundete 1814 zunachst die Atmiya Sabha einen Verein der zusammenkam um Texte zu lesen und zu diskutieren und dem etliche beguterte und einflussreiche Manner Kolkatas angehorten 1828 grundete Ram Mohan Roy den Brahmo Samaj der im Hinduismus Reformen durchfuhren sollte 3 Das Anliegen war die bildfreie monotheistische Urreligion des Veda wiederherzustellen und dadurch eine zukunftige Universalreligion anzubahnen 4 Obwohl Ram Mohan Roy die Autoritat des Veda der Upanishaden und der Brahma Sutras betonte war der Brahmo Samaj von allen Bewegungen des Neohinduismus die Bewegung die sich dem Christentum am meisten annaherte Roy legte in den vedischen Schriften auf die Aspekte Wert die einer monotheistischen Vorstellung und einer bildfreien Gottesverehrung entsprachen Seine historische Bedeutung liegt trotz niedriger Mitgliederzahlen darin die Diskussion uber eine Erneuerung des Hinduismus angestossen und somit den Weg fur weitere Reformbewegungen Arya Samaj Ramakrishna Mission bereitet zu haben In der Offentlichkeit war nicht selten die Einstellung verbreitet bei dem Brahmo Samaj handele es sich um Christentum in einem anderen Gewand Die antiritualistische Einstellung war sicher ein Grund weshalb der Brahmo Samaj nie eine Religion der Massen wurde Ram Mohan Roy verfasste auch Lyrik und Prosatexte in Bengali Der bekannteste ist Gaudiya Vyakaran In persischer Sprache verfasste er 1803 sein erstes Werk die kurze theologische Abhandlung Tuḥfat al muwaḥḥidin Geschenk der Gottglaubigen 5 1822 grundete er die persischsprachige Zeitschrift Mirat ul akbar Nach 1803 spielt der Islam so Wilhelm Halbfass keine nennenswerte Rolle in seinem Denken und in seinen Schriften 6 Allerdings findet sich bereits in seinem ersten Werk Tuḥfat al muwaḥḥidin die Lehre von der Einheit Gottes und unterscheidet sich demnach nicht in seiner grundlegenden religiosen Position von seinen spateren Werken 7 Dieses persischsprachige Werk mit arabischem Vorwort ist an islamische Leser bzw Leser adressiert die islamisch gebildet waren wie Ram Mohan Roy selbst auch Dass diese Bildung fur das Verstandnis und die Wirkung des Textes wichtig ist zeigt sich zum Beispiel daran dass der Autor eine islamische Terminologie benutzt dass er in der auf der islamischen Tradition beruhenden Form argumentiert oder dass er den Koran zitiert Inhaltlich besteht dennoch eine Distanz zum institutionalisierten Islam In Tuḥfat al muwaḥḥidin erortert Ram Mohan Roy dass alle Religionen sich grundsatzliche Ideen teilen Die Unterschiede die dennoch zwischen den einzelnen Religionen evident sind entstammen historischen Entwicklungen wie zum Beispiel der Etablierung bestimmter religioser Riten und Brauche So nimmt er eine Trennung zwischen naturlicher Religion einer intuitiven Form der Gottesverehrung die in der Natur des Menschen angelegt ist und einer traditionellen Religion vor einer Gottesverehrung die durch Regeln Fuhrer Riten und Brauche institutionalisiert ist 8 Hier kann man auch eine Verbindung zu einem der wichtigsten Themen von Ram Mohan Roys Arbeit ziehen Die Witwenverbrennung entspringt demnach einer traditionellen Religion die der Autor schon in seiner islamisch gepragten Abhandlung von 1803 kritisierte Mit seiner Forderung nach Reformen insbesondere nach Abschaffung der Witwenverbrennung kann Ram Mohan Roy aus drei verschiedenen Perspektiven betrachtet werden Er war ein besonders innovativer Inder der versuchte in der Tradition zuruckzugehen und bewies dass es keine Forderung nach diesem Brauch in den heiligen Schriften der Hindus gibt Er war durch europaische Ideen beeinflusst und weichte im Zuge einer Europaisierung uralte Traditionen auf Er stimmte mit seiner Ablehnung der Witwenverbrennung der allgemeinen Meinung des indischen Islam zu Gerade der letzte Punkt wird in der Biographieschreibung und Forschung oft marginalisiert Ram Mohan Roy stand dem indischen Islam schon allein durch seine Bildung nahe Er besuchte eine Schule fur Islamwissenschaften konnte nicht nur Persisch sondern auch Arabisch veroffentlichte eine persische und eine bengalische Zeitung Auch sein Leben in Bengalen und die direkte oder indirekte Beeinflussung durch den Islam im alltaglichen Leben darf nicht ausser Acht gelassen werden Viele Familien so auch Ram Mohan Roys eigene Familie standen der Mogulherrschaft nahe folgten vielleicht der islamischen Mode lasen viel Persisch oder Arabisch Diese Aspekte des Lebens Ram Mohan Roys werden of benannt ohne dass sie weiter ausgefuhrt oder qualifiziert werden 9 Es stellt sich die Frage ob der europaische Einfluss auf Ram Mohan Roy uberschatzt der islamische Einfluss dafur unterschatzt wird Je nachdem aus welcher Perspektive man auf den Vater der modernen Indien blickt kann man seine Ideen mit Ideen der europaischen Aufklarung verbinden ohne in Betracht zu ziehen dass solche und andere Ideen nicht auf das Europa des 18 Jahrhunderts beschrankt sind Die Bedeutung Ram Mohan Roys ist somit abhangig von der Perspektive In der Regel wird seine Bedeutung fur das modernisierte sich Europa annahernde Indien herausgestellt Ram Mohan Roy war in drei Traditionen der brahmanischen der christlichen und der islamischen Tradition gebildet und sprach drei Traditionen an indem er versuchte sich mit diesen drei Traditionen auseinanderzusetzen Dass dabei direkte Kontroversen nur mit Christen und konservativen Hindus aber nicht mit Muslimen stattfanden trug gewiss dazu bei seine persische Tradition in der er auch stand wie man an seiner Biographie sieht in den Hintergrund geraten zu lassen Im modernen hinduistischen Diskurs erfahrt Ram Mohan Roy oftmals eine Ubersteigerung ins Mythische indem er als Vater des modernen Indien und als derjenige der den Hinduismus aus langer Erstarrung geweckt hat bezeichnet wird 10 Dass der Rahmen dieser Wiedererweckung jedoch massgeblich durch den Einfluss des Kolonialismus sowie auch des Islam gepragt ist zeigen zahlreiche Beispiele der jungeren Forschung auf Ram Mohan Roy selbst nimmt sich dabei gar nicht unbedingt als Neuerer wahr sondern wirft vielmehr seinerseits den orthodoxen Gegnern vor sich von den autorativen Texten der Upanishaden abzuwenden Gerade diese heiligen Texte sind es jedoch auf die Ram Mohan im Bunde mit der Vernunft und dem common sense die Basis fur sein Denken aufbaut Ram Mohans Werk rund um den Brahmo Samaj muss dabei als dezidiert an andere fremde Rezipienten gerichtet gesehen werden In gewisser Weise vollfuhrt Ram Mohan damit eine interkulturelle Selbstdarstellung des hinduistischen Indiens Dass diese als Initiative zur Auslegung der indischen Tradition durch den Westen gesehen werden kann zeigt Ram Mohans Bereitschaft zur Ubernahme westlicher Mittel der Selbstdarstellung Zu nennen ist hier vor allem sein Glaube an die uberlegene Universalitat des Hinduismus den er in den heiligen Schriften der Upanisads und des Vedanta gegeben sieht Ram Mohan zufolge ist die erste Morgenrote des Wissens in Indien aufgegangen weshalb die ubrige Welt in der Schuld der Inder stehe 11 Angesichts solcher Aussagen wird der Mythos um Ram Mohan als Vater des modernen Indien verstandlich und auch wenn dieses Bild ubertrieben erscheint so ist doch seine Reform als Ausloser einer Selbstbesinnung des Hinduismus in seiner Auseinandersetzung mit dem Westen entscheidend fur unser heutiges Bild von der indischen Kultur Rabindranath Tagore widmete Roy zum 100 Todestag 1933 das englischsprachige Gedicht Freiheit von Furcht fur mein Mutterland 12 Er fordert darin die Freiheit fur ihr Land die zuallererst in den Kopfen der Inder Raum greifen muss Siehe auch BearbeitenBengalische RenaissanceLiteratur BearbeitenJan Gonda Die Religionen Indiens II Der jungere Hinduismus Kohlhammer Verlag Stuttgart 1963 Dermot Killingley Rammohun Roy in Hindu and Christian Tradition The Teape Lectures 1900 Newcastle upon Tyne 1993 Einzelnachweise Bearbeiten Dermot Killingley Rammohun Roy in Hindu and Christian Tradition The Teape Lectures 1900 Newcastle upon Tyne 1993 S 5 Kavalam Madhava Panikkar A Survey of Indian History Asia Publishing House Bombay 3 Aufl 1956 S 215 Kavalam Madhava Panikkar Geschichte Indiens Progress Verlad Dusseldorf 1957 S 285 Percival Spear A History of India Bd 2 Penguin Harmondsworth 5 Aufl 1973 S 161 Ram Mohan Roy Tuḥfat al muwaḥḥidin Wilhelm Halbfass Rammohan Roy und seine hermeneutische Situation In Ders Indien und Europa Perspektiven ihrer geistigen Begegnung Schwabe Basel 1981 S 228 Dermot Killingley Rammohun Roy in Hindu and Christian Tradition The Teape Lectures 1900 Newcastle upon Tyne 1993 S 52 Rammohan Roy A Present to the Believers in One God In The English works of Raja Rammohun Roy Mit einer Ubersetzung ins Englische von Tuhfatul Muwahhiddin Band IV Allahabad 1906 S 941 958 So bei Wilhelm Halbfass oder Brian A Hatcher Bourgeoise Hinduism or the Faith of the Modern Vedantists Rare Discourses from Early Colonial Bengal New York 2008 Wilhelm Halbfass Rammohan Roy und seine hermeneutische Situation In Ders Indien und Europa Perspektiven ihrer geistigen Begegnung Schwabe Verlag Basel 1981 S 222 245 Wilhelm Halbfass Rammohan Roy und seine hermeneutische Situation In Ders Indien und Europa Perspektiven ihrer geistigen Begegnung Schwabe Verlag Basel 1981 S 243 Deutsche Fassung siehe Lemma Rabindranath TagoreNormdaten Person GND 119017725 lobid OGND AKS LCCN n80060443 VIAF 14841412 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Roy Ram MohanALTERNATIVNAMEN Roy RammohanKURZBESCHREIBUNG Reformer des Hinduismus Begrunder Brahmo SamajGEBURTSDATUM 22 Mai 1772GEBURTSORT Radhanagar BengalenSTERBEDATUM 27 September 1833STERBEORT Bristol England Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ram Mohan Roy amp oldid 227060502