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Die Preussensiedlung ist eine Plansiedlung im Berliner Ortsteil Altglienicke die von 1910 bis 1913 von den Architekten Max Bel und Franz Clement erster Bauabschnitt und Hermann Muthesius zweiter Bauabschnitt errichtet wurde Das Bauensemble aus 54 Kleinhausern ist eines der altesten Beispiele einer nach englischem Vorbild geplanten Gartenstadt in Deutschland Seit 1997 steht es als Gesamtanlage unter Denkmalschutz 1 Ihren Namen verdankt die Siedlung der angrenzenden und im Dezember 1911 benannten Preussenstrasse 2 Durchgang zwischen Germanen und Preussenstrasse Im Vordergrund zu beiden Seiten des Weges sind Hauser des ersten im Hintergrund Hauser des zweiten Bauabschnitts zu sehen Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Erster Bauabschnitt 1 2 Zweiter Bauabschnitt 1 3 Schicksal der Siedlung nach 1913 1 4 Sanierung 2 Gesamtanlage und Architektur 2 1 Erster Bauabschnitt 2 2 Zweiter Bauabschnitt 2 3 Sanierung 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenErster Bauabschnitt Bearbeiten Ende des 19 Jahrhunderts wurde die Verkehrsverbindung zwischen Altglienicke und dem benachbarten Berlin durch den Anschluss an das Strassen und Eisenbahnnetz entscheidend verbessert In der Folge siedelten sich am Ort vor allem wohlhabende Familien an die das Wohnen im Grunen bei gleichzeitiger Nahe zur Hauptstadt schatzten Das Dorf Altglienicke entwickelte sich mit der Zeit zu einer Vorstadt Berlins Um 1910 entstanden auf Initiative der Gemeindeverwaltung neben Villen auch Kleinhaussiedlungen wie die Tuschkastensiedlung Im Sinne des Reformwohnungsbaus und der Lebensreformbewegung wollte man auch Arbeitern und geringverdienenden Angestellten preisgunstigen Wohnraum schaffen der dem hygienischen und haustechnischen Standard der Zeit entsprach und es den Nutzern ermoglichte sich zumindest teilweise selbst zu versorgen Im Jahr 1910 begann unter Bauherrschaft der Landwohnstatten Gesellschaft der Bau der Preussensiedlung sudostlich des Ortskerns von Altglienicke Die Landwohnstatten Gesellschaft war auf Initiative des linksliberalen Politikers und damaligen Berliner Stadtrates Hugo Preuss gegrundet worden Zu den Begrundern gehorten auch Mitglieder der SPD 3 4 Die Architektengemeinschaft von Max Bel und Franz Clement errichtete bis 1911 insgesamt 28 Kleinhauser mit Nutzgarten Kleintier stallen und zwei Erschliessungsstrassen Die Ausfuhrung ubernahm das Baugeschaft Paul Funck Nach Fertigstellung erschien im Vorwarts der Parteizeitschrift der SPD ein Beitrag der die Hauser als zu klein und die Grundrisse als unfunktional kritisierte dem Entgegnungen und eine erneute Antwort des ursprunglichen Autors folgten 5 Moglicherweise war dies der Grund weshalb die Landwohnstatten Gesellschaft die Zusammenarbeit mit dem Architektenburo Bel und Clement beendete Zweiter Bauabschnitt Bearbeiten nbsp Gartenseite von Hausern des zweiten Bauabschnitts um 1913Mit der Planung des zweiten Bauabschnitts mit weiteren 26 Reihenhausern wurde 1913 Hermann Muthesius beauftragt Im Gegensatz zu seinen Vorgangern besass Muthesius Erfahrungen im Bau von Gartenstadten Ab 1909 war er an der Planung der Hellerau in Dresden beteiligt gewesen Seine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem englischen Wohnhausbau hatte bereits 1904 in dem vielbeachteten Buch Das englische Haus ihren Niederschlag gefunden Schicksal der Siedlung nach 1913 Bearbeiten Die Preussensiedlung blieb im Zweiten Weltkrieg nahezu unbeschadigt Wie haufig bei geplanten historischen Siedlungen litt das Erscheinungsbild der Gesamtanlage unter nicht aufeinander abgestimmten Umbaumassnahmen die die Bewohner an ihren Hausern durchfuhrten Sanierung Bearbeiten nbsp Reihenhausgruppe des zweiten Bauabschnitts 2013Nach der politischen Wende kam die Preussensiedlung in den Besitz der Stadt und Land Wohnbauten Gesellschaft kurz Stadt und Land eine Tochtergesellschaft der zu dieser Zeit stadteigenen Gemeinnutzigen Siedlungs und Wohnungsbaugesellschaft Berlin GSW Diese verkaufte sie 1998 an die Gesellschaft Denkmal die sie nur ein Jahr spater an die Bavaria Objekt und Baubetreuung GmbH weiter verausserte Diese wiederum beauftragte die S T E R N GmbH als Sanierungsbeauftragte des Landes Berlin mit der Entwicklung von Sanierungsplanen die aber nicht umgesetzt wurde 2005 wurde die Siedlung an die Arthos Walther GbR aus Berlin Wilmersdorf verkauft die hier zwei sanierte Musterhauser einrichtete 6 Mit Ausnahme von vier Hausern die bereits in anderen Besitz ubergegangen waren erwarb die durch den Geschaftsfuhrer Erik Rossnagel vertretene terraplan Gruppe aus Nurnberg 7 2009 die Siedlung sanierte und erweiterte sie mit finanzieller Forderung des Landesdenkmalamtes Berlin 8 Das Projekt wurde vom Architekturburo Kubeneck Berlin durchgefuhrt 9 In einem dritten Bauabschnitt erganzte der Berliner Architekt Peter Brenn das Konzept des ersten Bauabschnitts um zwei Doppelhauser in der zeitgemassen Formensprache der Gartenstadtidee Um das Gemeinschaftsgefuhl in der Siedlung zu bewahren wurden den bisherigen Mietern Ausweichwohnungen angeboten damit sie nach Abschluss der Sanierung in ihre Hauser zuruckkehren konnten Im Jahr der Fertigstellung 2012 wurde terraplan unter anderem fur die Sanierung der Preussensiedlung mit der Ferdinand von Quast Medaille dem Denkmalpreis des Landes Berlin ausgezeichnet 10 Gesamtanlage und Architektur BearbeitenDie Preussensiedlung zahlt zu den ersten Gartenstadten nach englischem Vorbild die in Deutschland verwirklicht wurden Die Anlage entstand ab 1910 in weitgehend unbebautem Gebiet abseits des Ortszentrums von Altglienicke Im Unterschied zu den Mietshausprojekten in den Innenstadten bei denen man auf bestmogliche Ausnutzung der Grundflache achtete ist die Siedlung von Grunflachen umgeben und durchzogen Diese naturnahe Umgebung sollte den Bewohnern ein hygienisches und lebensbejahendes Zuhause schaffen Neben den Gemeinschaftsflachen verfugen alle Hauser uber einen privaten Garten Kuchen Bader und Toiletten In Zeiten in denen viele Mietshauser nur uber Gemeinschaftskuchen und Etagentoiletten verfugten und das Baden oft nur im Zuber oder gegen Gebuhr in einer Badeanstalt moglich war stellte dies einen Luxus fur die damaligen Bewohner dar Erster Bauabschnitt Bearbeiten nbsp Doppelhauser des ersten Bauabschnitts an der Germanenstrasse 2013Die 28 Doppel und Vierfamilienhauser des ersten Bauabschnittes sind in sieben Gruppen angeordnet die von zwei langen parallel verlaufenden Erschliessungswegen von der Preussenstrasse aus zuganglich sind Zur Bauzeit hatten die Hauser drei Zimmer mit im Durchschnitt 40 m Gesamtwohnflache Wie fur die Reformarchitektur und den Heimatstil typisch belebten Bel und Clement die Fassaden und Dacher der Hausgruppen durch malerische Elemente wie Mansarddacher geschweifte Giebel und Altane in Holzbauweise die an den Villenbau der Zeit um 1910 erinnern Zweiter Bauabschnitt Bearbeiten nbsp Typisch englische Dach Giebel und Schornsteinformen am zweiten Bauabschnitt 2013Im Unterschied zum ersten Bauabschnitt sind die 26 Reihen und Doppelhauser des zweiten Bauabschnitts an der Preussenstrasse um einen langgezogenen Platz gruppiert In der Art eines Dorfangers dient er der Bewohnergemeinschaft als Ort der Begegnung als Garten und Kinderspielflache Die Fassaden der beiden Hausgruppen an den Schmalseiten sind symmetrisch gestaltet und dienen als Blickpunkte der Platzanlage Die Geschlossenheit und Reihenbauweise hatten laut Muthesius wirtschaftliche Vorteile fur Bauherrin und Bewohner Sie schutzten die Hausfassaden vor der Witterung sparten Heizkosten ein und benotigten nur kurze Erschliessungswege 11 Bei der Gestaltung orientierte sich Muthesius an der kleinteiligen und funktionsorientierten Architektur englischer Landhauser Anstelle der verspielten Altane und Dachformen des ersten Bauabschnitts traten verschiedene Spielarten des Spitzgiebels Walm und Satteldacher und fur den englischen Wohnhausbau typische hohe und schlanke Schornsteine rundbogige Durchfahrten und Versprunge lockerten die Fassaden auf Grosse querrechteckige Fenster liessen viel Tageslicht in die Raume fliessen Mit durchschnittlich rund 50 m war die Wohnflache der Hauser etwas grosser als bei jenen des ersten Bauabschnittes Sanierung Bearbeiten Die Grundrisse der Hauser des ersten Bauabschnitts mussten bei der Sanierung wegen der schon 1911 kritisierten funktionalen Mangel weitgehend verandert werden Historische Gestaltungselemente wie die Schornsteine im englischen Landhausstil die Biberschwanzdeckung der grobkornige Besenputz Hausturen und Fenster mit Sprossenteilung wurden denkmalgerecht restauriert und erganzt 8 Bei den Gebauden des zweiten Bauabschnitts wurden lediglich Kuche und Wohnraum mit einem Durchbruch verbunden um eine bessere Nutzbarkeit der Raumflache und die Belichtung aus zwei Himmelsrichtungen zu ermoglichen Ferner wurden Wannenbader eingebaut die historischen Grundrisse ansonsten aber erhalten 12 13 Die Preussensiedlung im Wandel nbsp 1913 nbsp 2008 nbsp 2012 nbsp 2013Literatur BearbeitenMichael Berning Michael Braum Berliner Wohnquartiere Ein Fuhrer durch 70 Siedlungen Reimer Berlin 2003 S 102 103 Michael Bienert Elke Linda Buchholz Kaiserzeit und Moderne Ein Wegweiser durch Berlin Berlin Story Berlin 2007 S 164 Jeanette Kunsmann Wiederentdeckte Gartenstadt In Baumeister Marz 2013 S 48 53 wordpress com Gerda Gericke Preussensiedlung im neuen Glanz In Immobilien Zeitung 14 Marz 2013 Mathias Grunzig Gib mir das was bleibt Wiederentdeckung eines Baujuwels Die Berliner Preussensiedlung In Frankfurter Allgemeine Zeitung 27 Oktober 2012 Hermann Muthesius Kleinhaus und Kleinsiedlung F Bruckmann Munchen 1918 Hermann Muthesius Landhauser Entwurfe und ausgefuhrte Bauten F Bruckmann Munchen 1922 S 153 158 159 uni duesseldorf de Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Preussensiedlung Sammlung von Bildern Eintrag 09045248 in der Berliner Landesdenkmalliste Video uber die Sanierung der Preussensiedlung vom Burgerverein Altglienicke e V Michael Zajonz Der Traum ist raus In Der Tagesspiegel 14 Dezember 2012 abgerufen am 15 April 2013 Einzelnachweise Bearbeiten Eintrag in die Berliner Landesdenkmalliste In stadtentwicklung berlin de Abgerufen am 30 Oktober 2015 Preussenstrasse In Strassennamenlexikon des Luisenstadtischen Bildungsvereins beim Kaupert Gartenstadte Einfamilienhauser In Vorwarts Beilage Berliner Volksblatt Ausgabe vom 20 August Eberstadt Rudolf Handbuch des Wohnungswesens und der Wohnungsfrage Jena 1917 Online auf delibra bg polsl pl PDF S 258 Gartenstadte Einfamilienhauser In Vorwarts Beilage Berliner Volksblatt Ausgabe vom 5 August 1911 Entgegnung in der Ausgabe vom 20 August 1911 erneute Entgegnung und ein weiterer Leserbrief in der Ausgabe vom 25 August 1911 Diskutiert wurde an diesem Beispiel die grundsatzliche Frage ob Einfamilienhauser in Gartenstadten eine fur Arbeiter bezahlbare und zugleich raumlich und funktional ausreichende Alternative zum klassischen Mietshaus sein konnten Aktuelles zur Preussensiedlung Bei altglienicke24 de Die Preussensiedlung Terraplan Immobilien und Treuhandgesellschaft mbH a b Preussensiedlung Muthesius Kubeneck Architekten Kubeneck Architekten Berliner Denkmalpflegepreis Quast Medaille Senatsverwaltung fur Stadtentwicklung und Umwelt Berlin In stadtentwicklung berlin de Abgerufen am 28 Juli 2020 Hermann Muthesius Kleinhaus und Kleinsiedlung F Bruckmann Munchen 1920 S 181 184 Kunsmann Gartenstadt Gericke Preussensiedlung 52 412955 13 555721 Koordinaten 52 24 46 6 N 13 33 20 6 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Preussensiedlung amp oldid 236995370