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Die Politische Klausel bezeichnet im Kirchenrecht zwischen dem Vatikan und deutschen Staaten das Recht der deutschen staatlichen Institutionen in Deutschland einer Ernennung kirchlicher Wurdentrager durch den Papst aus politischen Grunden nicht zuzustimmen und damit eine Ernennung nicht gewunschter Amtstrager zu verhindern Inhaltsverzeichnis 1 Die Entwicklung zum staatlichen Erinnerungsrecht 2 Das staatliche Erinnerungsrecht der deutschen Landerkonkordate 3 Die politische Klausel des Reichskonkordats 4 Einzelnachweise 5 Quellen 6 LiteraturDie Entwicklung zum staatlichen Erinnerungsrecht BearbeitenDie politische Klausel der Konkordate hat ihren historischen Ursprung im Recht der protestantischen Landesherrn minder genehme Personen von der Wahl durch die Domkapitel auszuschliessen Die Entscheidung daruber ob ein Kandidat genehm war lag ausschliesslich im Ermessen der Staatsfuhrung Sie war somit im 19 Jahrhundert allein dem Regenten vorbehalten der bei der Ausubung seines Ausschliessungsrechts vollkommen frei war Die Fursten waren nicht verpflichtet dem Heiligen Stuhl ihre Beweggrunde darzulegen und gestanden weder der Kurie noch den Domkapiteln eine Bewertung ihrer Entscheidung zu Fur das letzte Drittel des 19 Jahrhunderts kennzeichnend ist das Bemuhen der Kirche sich aus der staatlichen Ein bzw Unterordnung zu befreien Der Vatikan bemuhte sich deshalb zunachst das staatliche Recht der Ausschliessung mindergenehmer Kandidaten an das politische Erinnerungsrecht der mit Montenegro und Kolumbien geschlossenen Konkordate anzugleichen Die Vorstosse der Kurie blieben jedoch zunachst erfolglos und vermochten das deutsche Bischofswahlrecht nicht grundlegend zu andern Sie hatten das Recht der Vertrage gegen sich oder scheiterten in den Volksvertretungen Die Rechtslage anderte sich erst nach dem Ende des Ersten Weltkriegs als die veranderte territoriale und politische Landkarte den Abschluss einer Vielzahl neuer europaischer Konkordate erforderte Ihre inhaltlichen terminologischen und syntaktischen Entsprechungen bei der Formulierung des staatlichen Erinnerungsrechts kennzeichnen die Politischen Klauseln fur Joseph H Kaiser als ureigene Schopfungen der vatikanischen Diplomatie 1 Das staatliche Erinnerungsrecht der deutschen Landerkonkordate BearbeitenVon den deutschen Landern verstandigte sich die junge bayerische Republik 1924 als erste mit der Kurie auf eine Neuformulierung des staatlichen Erinnerungsrechts Das Nominationsrecht des Konigs ging auf den Heiligen Stuhl uber dem das Konkordat in Artikel 14 die vollig freie Ernennung der Erzbischofe und Bischofe sichert Bei seiner Auswahl eines geeigneten Nachfolgers fur den erledigten Bischofsstuhl hat der Vatikan die regelmassig von allen bayerischen Diozesen eingesandten Triennallisten und die vom Kapitel des betroffenen Bistums speziell unterbreitete Vorschlagsliste lediglich zu wurdigen ohne an sie gebunden zu sein Vor der Publikation seiner Wahlentscheidung ist der Heilige Stuhl jedoch verpflichtet in offizioser Weise mit der bayerischen Regierung in Verbindung zu treten um sich zu versichern dass gegen den Kandidaten Erinnerungen politischer Natur nicht obwalten 2 Funf Jahre spater verstandigte sich Preussen nach zahen Verhandlungen mit dem Vatikan auf ein Konkordat das im Vergleich zum bayerischen einen anderen Wahlmodus und ein scharfer formuliertes Erinnerungsrecht beinhaltet Auch in den preussischen Diozesen werden nach der Erledigung eines bischoflichen Stuhls Kandidatenlisten fur den Heiligen Stuhl erstellt Im Gegensatz zum bayerischen Modus sind in Preussen neben dem Kathedralkapitel der vakanten Diozese auch alle anderen Diozesanbischofe angehalten der Kurie kanonisch geeignete Kandidaten zu benennen Der Heilige Stuhl wurdigt die ihm eingereichten Personalvorschlage und ubermittelt dem Kapitel anschliessend drei Kandidaten aus denen es in freier geheimer Abstimmung den neuen Bischof wahlt Die Ernennung des gewahlten Bischofs ist dem Heiligen Stuhl vorbehalten der sich nach Artikel 6 des Preussenkonkordats vom 14 Juni 1929 verpflichtet hat keinen Kandidaten zum Bischof oder Erzbischof zu ernennen von dem nicht das Kapitel nach der Wahl durch Anfrage bei der Preussischen Staatsregierung festgestellt hat dass Bedenken politischer Art gegen ihn nicht bestehen 3 Eine analoge Regelung sieht das preussische Konkordat in Artikel 7 fur die Bestellung von Koadjutoren mit dem Recht der Nachfolge bzw die eines Praelatus nullius vor Auch in diesen Fallen ist der Heilige Stuhl nicht berechtigt die Ernennung vorzunehmen ohne sich zuvor durch eine Anfrage bei der preussischen Regierung zu vergewissern dass Bedenken politischer Art gegen den Kandidaten nicht bestehen In den Vertragsverhandlungen hatte die preussische Staatsregierung vergeblich versucht das staatliche Erinnerungsrecht auch auf bischofliche Koadjutoren Apostolische Administratoren alle Ortsordinarien Kapitelsdignitaten Generalvikare und die Weihbischofe auszudehnen ohne sich mit ihrem Anliegen gegenuber dem Heiligen Stuhl durchsetzen zu konnen Schon in den Beratungen vom 22 Juni 1926 hatte der Apostolische Nuntius Eugenio Pacelli hervorgehoben dass keines der neueren Konkordate ahnlich weitreichende Zugestandnisse an die staatliche Seite enthalte wie das preussische 4 Die fur das Erzbistum Freiburg in Artikel III des Badischen Konkordats vom 12 Oktober 1932 vereinbarte Nachfolgeregelung folgte weitgehend dem preussischen Modus Wie in den bayerischen und preussischen Diozesen ubermittelt das Kapitel dem Heiligen Stuhl nach der Erledigung des erzbischoflichen Stuhles eine Liste kanonisch geeigneter Kandidaten Bei der Zusammenstellung der entscheidenden Wahlliste fur das Kapitel hat der Vatikan die Vorschlage des Metropolitankapitels ebenso zu wurdigen wie die jahrlich vom Erzbischof einzureichenden Listen ohne an sie gebunden zu sein Das badische Konkordat bindet den Vatikan bei der Zusammenstellung seiner Kandidatenliste nur insoweit dass mindestens einer der drei Kandidaten dem Erzbistum Freiburg angehoren muss Aus der romischen Liste wahlt das Domkapitel anschliessend in freier geheimer Wahl den neuen Erzbischof Vor der Ernennung des neugewahlten Metropoliten hat sich der Heilige Stuhl bei der badischen Staatsregierung zu vergewissern ob gegen denselben seitens der Staatsregierung Bedenken allgemein politischer nicht aber parteipolitischer Art bestehen 5 Das badische Konkordat enthalt damit im Unterschied zu den zuvor abgeschlossenen deutschen Landerkonkordaten zwei Besonderheiten Der Heilige Stuhl verpflichtet sich mindestens einen Kandidaten aus dem Erzbistum Freiburg zu benennen wahrend andererseits das staatliche Erinnerungsrecht insoweit deutlich prazisiert wird dass die gegen den gewahlten Erzbischof vorgebrachten Bedenken nicht parteipolitischer Natur sein durfen Die politische Klausel des Reichskonkordats BearbeitenAls die Nationalsozialisten im Januar 1933 in Deutschland die Macht ubernahmen war das staatliche Erinnerungsrecht durch die mit den demokratisch gewahlten Landerregierungen ausgehandelten Konkordate fur die meisten deutschen Diozesen verbindlich kodifiziert Nur die Bistumer Mainz Meissen und Rottenburg wurden von den bestehenden Regelungen nicht erfasst Fur die neuen Machthaber war jedoch die Verankerung einer politischen Klausel auch auf Reichsebene neben der Entpolitisierung des im Zentrum organisierten katholischen Klerus ein zentrales Motiv fur den Abschluss des Reichskonkordats Obwohl die nationalsozialistischen Machthaber langfristig eine zentralistische Reichsstruktur anstrebten und die Weimarer Reichsverfassung das Reichsrecht uber das der Lander stellte verstandigte sich die Berliner Regierung in Artikel 2 des Reichskonkordats mit dem Vatikan auf eine uneingeschrankte weitere Geltung der in den Landerkonkordaten enthaltenen Regelungen Nur wenn die Artikel des Reichskonkordats uber die Bestimmungen der Landerkonkordate hinausgehen sind sie als Erganzungen auch fur Bayern Preussen und Baden verpflichtend Fur die Bistumer der betroffenen Lander blieb damit besonders hinsichtlich des Vetocharakters der einzelnen politischen Klauseln weiterhin das im jeweiligen Landerkonkordat formulierte Erinnerungsrecht massgeblich auch wenn sich die Entscheidungskompetenz uber die Ausserung politischer Bedenken von der Landes zur Reichsregierung verschoben hatte Den in der Reichsverfassung verankerten Grundsatz des freien Besetzungsrechts fur alle Kirchenamter ohne staatliche Mitwirkung bestatigte das Reichskonkordat in Artikel 14 ebenso wie die politischen Klauseln der Landerkonkordate Gleichzeitig verstandigten sich die Vertragspartner darauf den im Badischen Konkordat fur das Erzbistum Freiburg fixierten Wahlmodus auf die von den Landerkonkordaten noch nicht erfassten Bistumer Mainz Meissen und Rottenburg zu ubertragen Fur die Berufung in ein geistliches Amt sind nach dem Reichskonkordat nunmehr einheitlich fur alle Diozesen drei Voraussetzungen erforderlich der Kandidat muss deutscher Staatsangehoriger sein ein zum Studium an einer deutschen Hochschule berechtigendes Abiturzeugnis erworben und ein mindestens dreijahriges philosophisch theologisches Studium absolviert haben Das Studium kann wahlweise an einer staatlichen deutschen Hochschule an einer kirchlichen akademischen Lehranstalt in Deutschland oder an einer papstlichen Hochschule in Rom absolviert worden sein Im gegenseitigen Einvernehmen kann jedoch von dieser grundsatzlichen Anforderung abgesehen werden Bei der Formulierung des staatlichen Erinnerungsrechts folgten die Vertragsparteien inhaltlich weitgehend den politischen Klauseln des badischen und preussischen Konkordats ohne eine der beiden exakt zu ubernehmen Die Bulle fur die Ernennung von Erzbischofen Bischofen eines Coadjutors cum jure successionis oder eines Praelatus nullius wird erst ausgestellt nachdem der Name des dazu Ausersehenen dem Reichsstatthalter in dem zustandigen Lande mitgeteilt und festgestellt ist dass gegen ihn Bedenken allgemein politischer Natur nicht bestehen 6 Zusatzlich zur Integration der neu geschaffenen Institution der Reichsstatthalter in den Prozess der Konkordatsanfrage prazisierte die politische Klausel des Reichskonkordats den Begriff der politischen Bedenken gegenuber dem Preussenkonkordat als Bedenken allgemein politischer Art verzichtete aber zugleich auf den im badischen Konkordat enthaltenen Zusatz die geausserten Bedenken durften nicht parteipolitischer Art sein Im Schlussprotokoll das nach dem ausdrucklichen Willen der Vertragspartner einen integrierenden Bestandteil des Konkordats bildet bekundeten Kirche und Reich ihr Einverstandnis daruber dass sofern Bedenken allgemein politischer Natur bestehen solche in kurzester Frist vorgebracht werden Liegt nach Ablauf von 20 Tagen eine derartige Erklarung nicht vor so wird der Heilige Stuhl berechtigt sein anzunehmen dass Bedenken gegen den Kandidaten nicht bestehen Zusatzlich zu der Verpflichtung uber die Person des Kandidaten bis zur Publikation der Ernennung volle Vertraulichkeit wahren zu wollen bestatigten die Vertragsparteien einander im Schlussprotokoll explizit dass ein staatliches Vetorecht nicht begrundet werden soll 7 Einzelnachweise Bearbeiten Joseph H Kaiser Die Politische Klausel der Konkordate S 73 Artikel 14 1 Absatz 3 des bayerischen Konkordats vom 29 Marz 1924 zitiert nach L Schoppe Konkordate seit 1800 49 Artikel 6 1 Absatz 3 des Preussischen Konkordats vom 14 Juni 1929 zitiert nach L Schoppe Konkordate seit 1800 65 Vgl D Golombek Die politische Vorgeschichte des Preussenkonkordats 61 Artikel III Absatz 2 des Badischen Konkordats vom 12 Oktober 1932 zitiert nach L Schoppe Konkordate seit 1800 39 Artikel 14 Absatz 2 Ziffer 2 des Reichskonkordats vom 20 Juli 1933 zitiert nach L Schoppe Konkordate seit 1800 31 Schlussprotokoll zum Reichskonkordat Zu Artikel 14 Absatz 2 Ziffer 2 zitiert nach L Schoppe Konkordate seit 1800 34Quellen BearbeitenSchoppe Lothar Konkordate seit 1800 Originaltext und deutsche Ubersetzung der geltenden Konkordate Band XXXV der Reihe Dokumente hg von der Forschungsstelle fur Volkerrecht und auslandisches offentliches Recht der Universitat Hamburg Frankfurt am Main 1964 Literatur BearbeitenBernd Heim Braune Bischofe fur s Reich Das Verhaltnis von katholischer Kirche und totalitarem Staat dargestellt anhand der Bischofsernennungen im nationalsozialistischen Deutschland ISBN 978 3 00 023539 9 Bamberg 2007 URN urn nbn de bvb 473 opus 1261 URL https fis uni bamberg de handle uniba 111 Kaiser Joseph H Die Politische Klausel der Konkordate Berlin Munchen 1949 Weber Werner Die deutschen Konkordate und Kirchenvertrage der Gegenwart Textausgabe mit den amtlichen Begrundungen sowie mit Erganzungsbestimmungen vergleichenden Ubersichten Schrifttumshinweisen und einem Sachverzeichnis Gottingen 1962 Weber Werner Die politische Klausel in den Konkordaten Staat und Bischofsamt Neudruck der Ausgabe Hamburg 1939 Aalen 1966 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Politische Klausel amp oldid 232689586