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Patrilokalitat lateinisch pater Vater locus Ort Wohnsitz beim Vater bezeichnet in der Ethnosoziologie eine Wohnfolgeordnung Residenzregel bei der ein Ehepaar nach der Heirat seinen Haushalt am Wohnort des Vaters eines der beiden Ehepartner einrichtet der andere Partner zieht hinzu 1 Die fruhe Sozialanthropologie verstand darunter das Wohnen beim Vater des Ehemannes oder im Herkunftsgebiet des Ehemannes 2 3 Baumhaus des Korowai Volkes in Papua Neuguinea fur bis zu 8 Personen 2006 Virilokalitat am Ort des Mannes ist allgemeiner gefasst und bezeichnet die Einrichtung des ehelichen Wohnsitzes beim Ehemann dessen Vater Familie oder am Ort seiner Abstammungsgruppe Lineage oder Clan die Ehefrau zieht hinzu Virilokal wird mit der Bedeutung mit oder nahe der Familie des Mannes dem missverstandlichen patrilokal vorgezogen 4 Mannerzentrierte Residenzregeln finden sich weltweit bei 96 aller patri linearen nur nach der Vaterlinie geordneten indigenen Volkern und Ethnien 5 die ihrerseits 46 der erfassten 1300 Ethnien ausmachen 6 7 In ihnen entstehen enge Beziehungen zwischen dem Vater und seinen Sohnen sowie zwischen den Brudern und ihren Familien wahrend die Familie der Ehefrau ohne Bedeutung bleibt Gewohnlich bilden Vater Bruder und Sohne eine Kerngruppe 8 bis hin zu umfangreichen Patri Lineages innerhalb derer sich alle Verwandtschaftsbeziehungen auf nur einen gemeinsamen ursprunglichen Stammvater beziehen Weltweit findet sich nur eine Ethnie mit patri linearer Abstammungsregel aber matri lokaler Wohnfolge Bis 1957 war der Virilokalitat entsprechend im bundesdeutschen Burgerlichen Gesetzbuch BGB festgelegt dass als Wohnsitz einer Ehefrau automatisch der Wohnsitz ihres Ehemannes galt ausser der Ehemann begrundete seinen Wohnsitz an einem Ort im Ausland zu dem ihm seine Ehefrau nicht folgte und auch nicht zu folgen verpflichtet war BGB 10 alte Fassung Auf Grund des bis dahin geltenden ehelichen Entscheidungsrechts des Ehemannes Gehorsamsparagraph 1354 konnte er den gemeinsamen Wohnsitz nach eigenem Ermessen festlegen Nur wenn der Ehemann auf die Einrichtung eines ehelichen Wohnsitzes verzichtete oder keinen Wohnsitz hatte konnte die Ehefrau einen eigenen Wohnsitz festlegen Inhaltsverzeichnis 1 Residenzmuster 2 Residenz und Deszendenz 3 Siehe auch 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseResidenzmuster BearbeitenDas in der Praxis vorgefundene Residenzmuster der Wohnsitzwahl kann von der kulturellen Norm der in einer Gesellschaft ublichen Residenzregel abweichen In der Gegenwart wird in vielen Ethnien mit traditionell mannerzentrierten Wohnfolgeregeln die moderne Lebensform der Kernfamilie bevorzugt und ein neuer Wohnsitz gegrundet Neolokalitat vor allem in Stadten Oft hat dies wirtschaftliche Grunde beispielsweise die Abhangigkeit von Arbeitsplatzen 9 Residenz und Deszendenz BearbeitenAuswertungen der Datensatze von rund 1200 Ethnien des Ethnographischen Atlas 6 ergaben folgende Verteilungswerte fur die Wohnfolgeregeln Residenz bei Gesellschaften mit einer patrilinearen Abstammungsregel Deszendenz 5 46 aller Ethnien weltweit ordnen ihre Abstammung patri linear nur nach der Vaterlinie 589 Gesellschaften 95 6 wohnen viri patri lokal beim Ehemann dessen Vater Familie Abstammungsgruppe Lineage oder Clan 0 4 2 wohnen vor allem neo lokal am neuen Ort 0 0 2 wohnt uxori matri lokal bei der Ehefrau ihrer Mutter oder Familie 1 Ethnie Wahrend patrilineare Volker den ehelichen Wohnsitz fast ausschliesslich beim Mann einrichten finden sich bei den Volkern die sich nach der Mutterlinie organisieren alle verschiedenen Moglichkeiten der Residenzwahl 10 Die Sozialanthropologin Gabriele Rasuly Paleczek merkt allerdings 2011 an Heute wird diese Bezugnahme auf die Deszendenzsysteme meist abgelehnt und daher auch dafur pladiert die Termini patri bzw matri lokal nicht zu verwenden Insgesamt gibt es in der Ethnosoziologie trotz umfangreicher Definitions und Prasisierungsvorschlage noch immer keine einheitliche Klassifikation der verschiedenen Residenzformen Eindeutiger sei Virilokalitat bei Verwandten des Ehemannes Uxorilokalitat bei Verwandten der Ehefrau 11 Siehe auch Bearbeitenvater und mutterseitige Verwandtschaft patri oder matrilateral exogame Heiratsregel ausserhalb der eigenen Gruppe einlinige Abstammungsregeln unilineare Deszendenz Literatur BearbeitenThomas Bargatzky Ethnologie Eine Einfuhrung in die Wissenschaft von den urproduktiven Gesellschaften Buske Hamburg 1997 ISBN 3 87548 039 2 S 112 113 Kapitel 5 2 Deszendenzgruppen und Lokalgruppen Seitenvorschauen in der Google Buchsuche Weblinks BearbeitenHelmut Lukas Vera Schindler Johann Stockinger Virilokale Residenz In Interaktives Online Glossar Ehe Heirat und Familie Institut fur Kultur und Sozialanthropologie Universitat Wien 1997 abgerufen am 13 Marz 2020 vertiefende Anmerkungen zur postnuptialen Residenz mit Quellenangaben Gabriele Rasuly Paleczek Darstellung der Residenzformen PDF 705 kB 206 S Nicht mehr online verfugbar In Einfuhrung in die Ethnosoziologie Teil 2 2 Institut fur Kultur und Sozialanthropologie Universitat Wien 2006 S 226 233 archiviert vom Original am 1 Oktober 2008 abgerufen am 13 Marz 2020 Unterlagen zu ihrer Vorlesung im Sommersemester 2006 ausfuhrlicher als im SS 2011 Hans Rudolf Wicker Postmaritale Wohnregeln PDF 387 kB 47 S In Leitfaden fur die Einfuhrungsvorlesung in Sozialanthropologie 1995 2012 Institut fur Sozialanthropologie Universitat Bern 31 Juli 2012 S 13 14 und 30 31 abgerufen am 13 Marz 2020 uberarbeitete Version Brian Schwimmer Patrilocal Residence In Tutorial Kinship and Social Organization Department of Anthropology Universitat Manitoba Kanada 1995 abgerufen am 13 Marz 2020 englisch umfangreiches Verwandtschaftstutorial Einzelnachweise Bearbeiten Thomas Bargatzky Ethnologie Eine Einfuhrung in die Wissenschaft von den urproduktiven Gesellschaften Buske Hamburg 1997 ISBN 3 87548 039 2 S 112 Kapitel 5 2 Deszendenzgruppen und Lokalgruppen Seitenansichtvorschau in der Google Buchsuche Lukas Schindler Stockinger Patrilokale Residenz In Interaktives Online Glossar Ehe Heirat und Familie Universitat Wien 1997 abgerufen am 13 Marz 2020 Brian Schwimmer Patrilocal Residence In Tutorial Kinship and Social Organization Universitat Manitoba 1995 abgerufen am 13 Marz 2020 englisch Lukas Schindler Stockinger Virilokale Residenz In Interaktives Online Glossar Ehe Heirat und Familie Universitat Wien 1997 abgerufen am 13 Marz 2020 a b Hans Rudolf Wicker Postmaritale Wohnregeln PDF 387 kB 47 S In Leitfaden fur die Einfuhrungsvorlesung in Sozialanthropologie 1995 2012 Institut fur Sozialanthropologie Universitat Bern 31 Juli 2012 S 13 14 abgerufen am 13 Marz 2020 uberarbeitete Version Die Zahlen auf S 13 14 589 patrilineare Ethnien ihr ehelicher Wohnsitz nach der Heirat Residenzregel 000 563 95 6 wohnen patrilokal viri patri lokal beim Ehemann oder seinem Vater00000 1 0 0 2 wohnt uxori matri lokal bei der Ehefrau oder ihrer Mutter0000 25 0 4 2 haben andere Wohnsitzregeln neolokal natolokal u a a b Ende 2012 waren im Ethnographic Atlas weltweit genau 1300 Ethnien erfasst von denen oft nur Stichproben ausgewertet wurden beispielsweise im internationalen HRAF Projekt Begrundet wurde der Ethnographic Atlas Anfang der 1950er vom US amerikanischen Anthropologen George P Murdock 1897 1985 zur standardisierten Daten Erfassung samtlicher Ethnien weltweit J Patrick Gray Ethnographic Atlas Codebook In World Cultures Band 10 Nr 1 1998 S 86 136 hier S 104 Tabelle 43 Descent Major Type englisch PDF 2 4 MB 52 Seiten ohne Seitenzahlen eine der wenigen Auswertungen aller damals 1267 erfassten Ethnien Zitat 584 Patrilineal 160 Matrilineal 52 Duolateral 49 Ambilineal 11 Quasi lineages 349 bilateral 45 Mixed 17 Missing data Prozente der 1267 Ethnien 1998 584 46 1 patri linear Herkunft vom Vater und dessen Vorvatern 160 12 6 matri linear Herkunft von der Mutter und deren Vormuttern0 52 0 4 1 bi linear duolateral Unterschiedliches von Mutter und vom Vater0 49 0 3 9 ambi linear Herkunft auswahlbar von Mutter oder Vater0 11 0 0 9 parallel einiges von der Mutter anderes vom Vater Quasi Linien 349 27 6 bilateral kognatisch Herkunft zugleich von Mutter und Vater wie in der westlichen Kultur 0 45 0 3 6 gemischt 17 1 6 fehlende Daten Hans Rudolf Wicker Postmaritale Wohnregeln PDF 387 kB 47 S In Leitfaden fur die Einfuhrungsvorlesung in Sozialanthropologie 1995 2012 Institut fur Sozialanthropologie Universitat Bern 31 Juli 2012 S 13 abgerufen am 13 Marz 2020 uberarbeitete Version Gabriele Rasuly Paleczek ad Residenzregeln und Residenzpraxis PDF 853 kB 52 Seiten Nicht mehr online verfugbar In Einfuhrung in die Formen der sozialen Organisation Teil 3 5 Institut fur Kultur und Sozialanthropologie Universitat Wien 2011 S 95 96 archiviert vom Original am 17 Oktober 2013 abgerufen am 13 Marz 2020 Robin Fox Kinship and Marriage An Anthropological Perspective Cambridge University Press Cambridge 1967 ISBN 0 521 27823 6 S 115 englisch Seitenvorschau in der Google Buchsuche Gabriele Rasuly Paleczek Keine einheitliche Verwendung diverser Termini PDF 853 kB 52 Seiten Nicht mehr online verfugbar In Einfuhrung in die Formen der sozialen Organisation Teil 3 5 Institut fur Kultur und Sozialanthropologie Universitat Wien 2011 S 94 archiviert vom Original am 17 Oktober 2013 abgerufen am 13 Marz 2020 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Patrilokalitat amp oldid 221411537