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Das Paenga Haus Rapanui Hare paenga ist ein Haus der klassischen Osterinsel Kultur das der religiosen und politischen Elite vorbehalten war und dessen Form an einen umgedrehten Bootskorper erinnert Fundamentsteine eines Paenga Hauses Inhaltsverzeichnis 1 Siedlungsstruktur der Osterinsel 2 Bauweise 3 Fruhe europaische Berichte und Beschreibungen 3 1 Georg Forster 3 2 Jean Francois de La Perouse 3 3 James Cook 4 Nutzung 5 Hausweihe 6 Legende 7 EinzelnachweiseSiedlungsstruktur der Osterinsel BearbeitenDie typische Siedlung der Osterinsel in klassischer Zeit etwa von 1000 bis 1650 n Chr lag nahe der Kuste um Zugriff zu der wichtigen Nahrungsquelle Meer zu haben Sie umfasste Wohnhauser Erdofen Umu umhegte Garten Manavai und Huhnerhauser Hare moa Zum Dorf gehorte auch eine Zeremonialplattform Ahu als religioses und machtpolitisches Zentrum Am nachsten zur Kuste und prestigetrachtig unweit der Zeremonialplattform gruppierten sich die Paenga Hauser die den Familien des Adels und der Priesterschaft vorbehalten waren Bei grosseren und bedeutenden Siedlungen gab es zudem ein grosses Versammlungshaus Hare nui das in der Bauweise den Paenga Hausern vergleichbar war Manche Versammlungshauser hatten nach zeitgenossischen Berichten eine Lange von uber 100 Metern 1 Weiter zum Inselinnern schlossen sich inmitten weiterer Garten und Felder die schlichter gebauten meist rechteckigen aber auch runden oder ovalen Hutten der einfachen Stammesmitglieder an In unmittelbarer Nachbarschaft lagen die aus Stein errichteten Huhnerhauser Hare moa Huhner waren ein wertvolles Gut sodass dadurch eine standige Uberwachung gewahrleistet war 2 91Bauweise BearbeitenDas Wort paenga hat in der Sprache der Osterinsel eine Doppelbedeutung es bezeichnet sowohl den geschnittenen bzw bearbeiteten Stein bedeutet aber auch Grossfamilie oder Familienverband 3 Hare Paenga heisst also sowohl Haus fur die Grossfamilie das bezieht sich auf die Nutzung als auch Haus aus Stein das bezieht sich auf das beim Bau verwendete Material Grundlage des Paenga Hauses waren sorgfaltig bearbeitete Fundamentsteine aus hartem Basalt etwa in Grosse und Gestalt unserer heutigen Bordsteine die in Form einer langgestreckten Ellipse ausgelegt und 30 bis 100 cm in den Boden eingegraben wurden Die Oberseite jedes Steines wies zwei oder mehr Bohrungen auf in die dunne Aste wahrscheinlich aus Toromiro Holz gesteckt wurden Die Holzstangen zog man als Rahmenwerk kuppelformig zusammen und band sie an eine lange Firststange sodass ein langlichrundes korbformiges Gebilde entstand Die Eindeckung war dreischichtig Auf den Holzrahmen schnurte man als innerste Schicht geflochtene Matten aus Totora Schilf Darauf kam eine Lage aus Zuckerrohrblattern Toa oder Rau toa und als ausserste Schicht dienten Grasbundel Mauku die an den Querstreben befestigt wurden 4 Moglich ist auch aber heute nicht mehr nachvollziehbar dass man ursprunglich Palmwedel einer Honigpalmenart der Gattung Jubaea schuppenartig ubereinandergelegt zur Dacheindeckung verwendete Als die Palmwalder durch Raubbau bereits vernichtet waren musste man nach alternativen Pflanzenmaterialien suchen Das Gebaude besass als Eingang nur einen niedrigen Tunnel nicht breiter und hoher als einen Meter sodass das Haus nur kriechend betreten werden konnte An jeder Seite des Eingangstunnels steckte eine kleine Holz oder Steinfigur als Schutz gegen bosartige Geister Aku Aku Der halbkreisformige Vorplatz war mit Rollkieseln Poro gepflastert und diente als Aufenthaltsort fur die Bewohner und fur die alltaglichen Verrichtungen wie zum Beispiel Nahrungszubereitung und handwerkliche Tatigkeiten Unmittelbar daneben lag der Erdofen Umu eine quadratische funf oder sechseckige mit Basaltsteinen ausgekleidete Erdgrube Der Innenraum des Hauses war nicht unterteilt und wies wie Roggeveen berichtet keinerlei Mobiliar auf lediglich einige holzerne Haken die von der Decke hingen und Kalebassen fur die Aufbewahrung von Wasser 5 Carl Friedrich Behrens nach eigener Behauptung Kommandeur der Seesoldaten Roggeveens erwahnt auch geflochtene Schlafmatten und rot weiss gefarbte Decken aus Tapa Rindenbaststoff 6 Hare Paenga waren durchschnittlich zwischen 10 und 15 Metern lang und etwa 1 5 bis 2 m breit Es gab aber auch vereinzelt grossere Hauser zu Wohnzwecken bis 40 m Lange Versammlungshauser waren noch grosser 2 51Fruhe europaische Berichte und Beschreibungen BearbeitenVom europaischen Entdeckern des 18 Jahrhunderts liegen Reiseberichte vor die noch intakte und genutzte Paenga Hauser beschreiben Georg Forster Bearbeiten waren nicht mehr als zehn bis zwolf Hutten zu sehen Eine der stattlichsten war auf einem kleinen Hugel gebaut und die Neugier trieb uns hin aber es war eine elende Wohnung Wer hinein oder hinaus wollte musste auf allen vieren kriechen Das Innere war leer und kahl und man fand nicht einmal ein Bund Stroh darin Unser Begleiter erzahlte uns dass sie die Nacht in diesen Hutten zubrachten allein das muss ein elender Aufenthalt sein zumal sie wegen der wenigen Hutten einer uber dem anderen liegen mussen Georg Forster 7 Jean Francois de La Perouse Bearbeiten da ich mir beinahe mit Gewissheit zu behaupten getraue dass sich die samtlichen Einwohner eines Dorfes oder Districtes der Wohnungen gemeinschaftlich zu bedienen pflegten Ich mass einige dieser Wohnungen die nicht weit von dem Orte wo wir Posto gefasst hatten befindlich war Sie war 310 Fuss lang 10 Fuss breit und in der Mitte 10 Fuss hoch Ihrer Form nach glich sie einer umgekehrten Pirogue Sie hatte nicht mehr als zwei Thuren diese waren nur zwei Fuss hoch so dass man auf Handen und Fussen hineinkriechen musste und das ganze konnte mehr als zweihundert Personen fassen Dem Oberhaupte dieses Volkes konnte sie keineswegs zum Aufenthalte angewiesen sein denn es befanden sich keine Gerathschaften darin auch wurde ihm ein solcher Umfang zu nichts gedient haben sondern sie macht vielmehr nebst noch zwei oder drei anderen Hutten welche nicht weit davon liegen ein ganzes Dorf aus Andere Wohnungen hingegen sind aus Binsen verfertigt welches zum Beweis dienet dass es im Innern dieser Insel sumpfige Gegenden giebt Diese Binsen sind auf eine sehr kunstliche Art in einander verflochten so dass kein Regen durchdringen kann Das Gebaude selbst ruhet auf einer Grundlage von zugehauenen Steinen zwischen denen man in abgemessenen Distanzen hie und da Locher angebracht und Stangen hineingesteckt hat die an dem oberen Theile bogenformig gekrummt sind und auf diese Art das Sparrenwerk formiren Die zwischen diesen Stangen befindlichen leeren Stellen sind mit Matten ausgefullt die man aus Binsen zu flechten pflegt Jean Francois de La Perouse 8 James Cook Bearbeiten Ihre Hauser sind niedrig lang und schmal und haben in vielem das Erscheinungsbild eines grossen umgekippten Bootes dessen Kiel gerundet und verbogen ist das langste von ihnen welches ich sah mass 60 Fuss in der Lange 8 oder 9 in der Hohe im Mittelteil und 3 oder 4 an jedem Ende ihre Breite indes war nahezu uberall gleich die Tur befand sich inmitten der einen Seite gebaut gleich einer Veranda so niedrig und eng dass es gerade einem einzigen Mann moglich war auf allen Vieren hindurchzukriechen Die Wande bestehen aus kleinen Zweigen und die Deckung der Dacher aus Zuckerrohr und Feigenblattern und reicht von den Grundfesten bis zum Dach so dass sie kein Licht haben ausser jenem welches der kleine Eingang gestattet James Cook 9 Da die ersten europaischen Entdecker sich jeweils nur wenige Stunden auf der Osterinsel aufhielten sind die Berichte luckenhaft und eurozentrisch gepragt Sie sind aber insoweit interessant als sie Tatsachen enthalten die durch archaologische Befunde heute nicht mehr zu sichern sind wie zum Beispiel die verganglichen Materialien zur Dacheindeckung die Nutzung als Generationenhauser fur die Grossfamilie oder das Fehlen jeglicher Inneneinrichtung Nutzung BearbeitenPaenga Hauser waren sehr aufwendig gebaut und daher der Machtelite des Stammes den Familien der Hauptlinge und Priester vorbehalten Genutzt wurden sie von der gesamten Grossfamilie gemeinsam Wie bereits die fruhen Berichte andeuten dienten die Hauser nur zum Schlafen und nicht zum standigen Aufenthalt Gekocht wurde fur die gesamte Familie in dem nahebei gelegenen Erdofen die Mahlzeiten auf dem gepflasterten Vorplatz eingenommen Auf dieser Terrasse spielte sich ansonsten auch das gesamte Familienleben ab Jede Siedlung umfasste nur wenige Paenga Hauser die bisherigen Ausgrabungen deuten selbst bei grossen Dorfern auf maximal ein halbes Dutzend hin Die gewohnlichen Stammesangehorigen wohnten in einfach gebauten und wesentlich kleineren Hutten die mitten in den Anbauflachen versteckt deutlich weiter von der Kuste und der Zeremonialplattform entfernt lagen Insoweit ist es verstandlich dass die Europaer sie bei ihren Kurzbesuchen nicht wahrnahmen bzw weitgehend nicht fur erwahnenswert fanden Hausweihe BearbeitenEs ist einleuchtend dass die Errichtung eines Hauses von solcher Bedeutung auch besonderer Riten bedurfte Einen Hinweis darauf gibt der Bericht von Katherine Routledge Ngaara der letzte Hauptling des Miru Clans gestorben in peruanischer Sklaverei Mitte 19 Jahrhundert assistierte selbst bei der Einweihung eines jeden Hauses von Bedeutung Die holzernen Eidechsen wurde zu beiden Seiten des Einganges dem Vorplatz zugewandt in den Boden gesteckt Der ariki Hauptling Stammesfuhrer und kunftige Besitzer des Hauses und ein ivi atua Priester von besonders hohem Rang der wie ein tatane Geist Gespenst mit ihm ging waren die ersten die in dem Haus ihre wahrscheinlich rituelle Mahlzeit einnahmen Nur die Hauser mit Steinfundamenten wurden auf diese Weise beehrt Der Ariki wurde an einem bestimmten Monat im Jahr von allen Leuten den Clan Mitgliedern besucht die ihm die Pua Pflanze eine zu den Ingwergewachsen gehorende heute auf der Osterinsel sehr seltene Pflanze am Ende eines Stockes ins Haus reichten und sich dann ruckwarts entfernten 10 nbsp Moko Ablepharus boutonii als geschnitzte anthropomorphe FigurDie in dem Bericht genannten holzernen Eidechsen sind anthropomorphe Figuren eine Kombination von Mensch und Eidechse Die aus Holz geschnitzten Statuetten wie das gleichnamige Tier moko genannt haben den Kopf und den Korper der auf der Osterinsel haufigen Echse Ablepharus boutonii syn Cryptoblepharus boutonii Cryptoblepharus ater aus der Gattung der Natternaugen Skinke Gleichzeitig besitzen sie aber auch menschliche Attribute wie Ruckgrat Rippen Arme und Hande Haufig ist auf dem Korper eine Vulva eingekerbt auf anderen Exemplaren ein beschnittener Penis 11 Der Echsenschwanz ist unnaturlich verlangert und lauft in einer Spitze aus was die Beschreibung Routledges die Figur habe im Boden gesteckt bestatigt Nach dem Bericht von Thomson 12 vergrub man geweihte Steine unter dem Tureingang die das Haus und die Bewohner vor Unheil schutzen sollten Legende BearbeitenDer Sage nach waren die Paenga Hauser keine ureigene Erfindung der Osterinsel Kultur sondern wurden wie viele andere nutzliche Errungenschaften Rongorongo Schrift Tapa Rindenbaststoff Moai u a von Hotu Matua dem mythischen Grundervater von der Insel Hiva auf die Osterinsel gebracht Unter Hotu Matuas Gefolgsleuten befand sich ein Mann namens Nuku Kehu der legendare erste Baumeister der Osterinsel 13 Einzelnachweise Bearbeiten La Perouse ns Entdeckungsreise in den Jahren 1785 1786 1787 und 1788 M C A Milet Mureau Hrsg Vossische Buchhandlung Berlin 1799 aus dem Franzosischen ubersetzt von Johann Reinhold Forster und E L Sprengel S 205 a b Beschreibung nach Patrick C McCoy Easter Island Settlement Patterns in the Late Prehistoric and Protohistoric Periods In Bulletin of Easter Island Committee International Fund for Monuments Nr 5 New York 1976 J Flenley und P Bahn The Enigmas of Easter Island Oxford University Press Oxford New York 2002 2 Auflage ISBN 0 19 280340 9 S 94 Jo Anne van Tilburg Easter Island Archaeology Ecology and Culture Smithsonian Institution Press Washington D C 1994 ISBN 1 56098 510 0 S 69 Jakob Roggeveen Tweejaarige reyze rondom de wereld met drie schepen Joannes van Braam Dordrecht 1728 auszugsweise deutsche Ubersetzung in Friedrich Schulze Maizier Die Osterinsel Insel Verlag Leipzig 1926 S 220 Carl Friedrich Behrens Der wohlversuchte Sudlander Reise um die Welt 1721 22 Johann Georg Monath Leipzig 1739 Nachdruck Brockhaus Verlag Leipzig 1923 S 67 68 Georg Forster Entdeckungsreise nach Tahiti und in die Sudsee 1772 1775 Nachdruck bei Erdmann Verlag Tubingen 1997 ISBN 978 3 86503 134 1 S 226 La Perouse ns Entdeckungsreise in den Jahren 1785 1786 1787 und 1788 aus dem Franzosischen ubersetzt von J R Forster und E L Sprengel Berlin 1799 S 205 207 James Cook Zitiert nach James Cook Entdeckungsfahrten im Pacific die Logbucher der Reisen von 1768 bis 1779 Horst Erdmann Tubingen 1972 S 223 Katherine Routledge The Mystery of Easter Island London 1919 Nachdruck bei Cosimo New York 2007 ISBN 978 1 60206 698 4 S 243 Heide Margaret Esen Baur 1500 Jahre Kultur der Osterinsel Schatze aus dem Land des Hotu Matua Katalog zur Ausstellung veranstaltet von der Deutsch Ibero Amerikanischen Gesellschaft Frankfurt a M vom 5 April bis 3 September 1989 Philipp von Zabern Mainz 1989 ISBN 3 8053 1064 1 S 203 William Thomson Te pito te henua or Easter Island Report of the National Museum 1888 89 Washington 1891 S 470 Sebastian Englert Island at the center of the world New light on Easter Island Charles Scribner s Sons New York 1970 S 49 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Paenga Haus amp oldid 231310808