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Erdofen sind Gruben in denen Lebensmittel mit Hilfe von im Feuer erhitzten Steinen gegart werden Sie ermoglichten schonendes feuchtes Garen bereits vor Erfindung der Topferei das Zubereiten von Speisen im Erdofen gehort nach dem Grillen und Rosten weltweit zu den altesten Kochtechniken und wird regional noch heute praktiziert z B in Neuguinea Neuseeland und bei nordafrikanischen Beduinen in den Anden in der Form der Watia 1 Die Steine werden zum Beispiel in einer Pyramide aufgeschichtet und uber Feuer erhitzt Querschnitt durch einen Maori ErdofenDie besondere Bedeutung des Kochens im Erdofen und verwandter Techniken liegt darin dass sie erstmals ermoglichte verschiedene trockene und feuchte Zutaten und Gewurze gemeinsam zu garen und dadurch neuartige Geschmackskombinationen zu erzeugen Ahnliche moderne Verfahren sind die Zubereitung von Suppen und Eintopfen Schmorgerichten und Ragouts sowie besonders das Garen in Alufolie und im Romertopf Erdofen werden bis heute auch als einfache Backofen Tandur verwendet Dazu wird ein zylindrischer Schacht in die Erde gegraben mit Lehm oder Ton ausgekleidet und am Boden ein Feuer entfacht Wenn es erloschen ist werden an den Wanden Fladenbrote gebacken Inhaltsverzeichnis 1 Technik 2 Kulturgeschichtliche Bedeutung 3 Literatur 4 Einzelbelege 5 WeblinksTechnik BearbeitenDas Kochen in offenen Erdgruben beobachtete George Catlin im 19 Jahrhundert bei den nordamerikanischen Assiniboinen Wenn sie ein Tier erlegt hatten so gruben sie ein Loch von der Grosse eines gewohnlichen Topfes in die Erde legten ein Stuck der rohen Ruckenhaut des Tieres daruber pressten es mit der Hand hinein dass es eng an den Seiten anschloss fullten es mit Wasser und legten das Fleisch hinein wahrend in einem nahe befindlichen Feuer grosse Steine gluhend gemacht und in das Wasser hineingehalten wurden bis das Fleisch gekocht war Wegen dieses eigentumlichen Gebrauchs haben die Ochippewas ihnen den Namen Assiniboins oder Steinkocher gegeben Jetzt ist dieser Gebrauch langst abgeschafft und kommt nur noch bei Festlichkeiten vor Eine etwas andere geschlossene Methode bei der das Gargut eher gedampft oder geschmort als gekocht wird beschrieb Axel Steensberg in den 1970er Jahren in Neuguinea Sie hoben eine Grube aus etwa 50 Zentimeter Durchmesser und 20 Zentimeter tief und legten sie mit Flachsfasern und Feigenblattern aus Die Susskartoffeln und Taroknollen die gekocht werden sollten legten sie in die Grube und darauf eine Schicht heisser Steine die sie in einem Feuer am Rande der Grube erhitzt hatten Die heissen Steine belegten sie wieder mit Flachs und mit aromatischen Krautern daruber hauften sie Gras und schliesslich legten sie obendrauf Grassoden und pressten sie fest an um den Dampf am Entweichen zu hindern Da nur Taro und Susskartoffeln gekocht wurden dauerte es nur eine Stunde bis die Mahlzeit fertig war Auch grossere Tiere wurden im Ganzen so zubereitet oder Portionen in grosse Blatter gewickelt und zwischen die heissen Steine gelegt eine Technik die auch aus anderen Weltgegenden bekannt ist Kulturgeschichtliche Bedeutung Bearbeiten nbsp Hawaiianer garen ein Schwein fur ein Luʻau in einem Imu dem traditionellen hawaiianischen ErdofenDie Verwendung von Feuer um Lebensmittel zu garen lasst sich anhand von Knochen und Aschefunden bis in die Altsteinzeit nachweisen Die Verwendung von Kochgeschirr zum Garen von Speisen ist dagegen erst vor 9000 bis 10 000 Jahren entwickelt worden und damit eine Entwicklung der Jungsteinzeit 2 Der lange Zeitraum den es von dem Garen direkt uber offenen Feuer hin zur Verwendung von Kochgeschirr benotigte ist darauf zuruckzufuhren dass dies ein nicht unmittelbar eingangiger Schritt war Er setzte auch grosse Kunstfertigkeit bei der Topferei entsprechender Gefasse voraus da diese wiederholt thermischen Schocks widerstehen mussten wenn sie auf eine Kochstelle gesetzt wurden Entsprechend verlief die Entwicklung hin zum Kochgeschirr uber mehrere Schritte Der Entwicklung von Kochgeschirr ist in jedem Fall die Nutzung von heissen Steinen vorausgegangen Viele Nahrungsmittel konnen direkt auf heissen Steinen gegart werden die zuvor aus dem Feuer geholt werden Die Weiterentwicklung dieser Methode war die Verwendung von Erdofen Diese Form der Zubereitung ist mindestens 30 000 Jahre alt Sie machte bereits sehr fruhzeitig den Verzehr von Wurzel und Knollengemuse moglich die ohne langere Erhitzung fur den Menschen ungeniessbar gewesen waren Bei der Verwendung von Erdofen wurden verschiedene Techniken entwickelt Gelegentlich wurden die Steine im Ofen direkt erhitzt Werden die zu garenden Lebensmittel in Pflanzenblatter eingeschlagen und die Erdgrube mit Fellen Erde Moos oder Pflanzen bedeckt wurden die Nahrungsmittel uber Dampfen gar Eine andere Methode war es die Steine an anderer Stelle zu erhitzen und dann mit holzernen Zangen in den Erdofen zu transportieren In einem Erdofen kann auch Wasser zum Kochen gebracht werden indem heissen Steine in das Wasser geworfen werden 3 Diese Form des Kochens ist sofern es die Nahrungsmittel erlauben eine sehr effiziente Zubereitung Bee Wilson verweist auf Polynesier die die Marquesas besiedelten und dort auf Kochgeschirr aus Keramik verzichteten nachdem sie uber Jahrhunderte solches hergestellt hatten Geeigneter Lehm auf der Insel stand zur Verfugung Als Grund fur diesen Wechsel in der Zubereitungsmethode gilt dass die Polynesier sich auf den Marquesas uberwiegend von Susskartoffeln Taro und Brotfrucht ernahrten und diese starkehaltigen Gemuse am besten mit heissen Steinen statt mit Topfen zubereitet werden 4 Literatur BearbeitenGert von Paczensky Anna Dunnebier Kulturgeschichte des Essens und Trinkens Orbis Munchen 1999 ISBN 3 572 10047 X Bee Wilson Consider the Fork A History of How We Cook and Eat Penguin Books London 2013 ISBN 978 0 141 04908 3 Einzelbelege Bearbeiten Filipe Fernandez Armesto Food A History Pan Books London 2002 ISBN 0 330 491 44 X S 15 und S 16 Bee Wilson Consider the Fork S 23 Bee Wilson Consider the Fork S 28 Bee Wilson Consider the Fork S 30 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Erdofen Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Erdofen amp oldid 229495102