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Orthographia Bohemica deutsch Bohmische d h tschechische Rechtschreibung ist eine anonym erstellte lateinische Schrift vom Anfang des 15 Jahrhunderts in der fur die Tschechische Sprache erstmals eine diakritische Schreibweise vorgeschlagen wird Als moglicher Autor gilt der tschechische Reformator Jan Hus Die Schrift hat eine grosse Bedeutung fur die Geschichte der Slawischen Philologie Ausgabe von Alois Sembera 1857 Inhaltsverzeichnis 1 Autor und Datierung 2 Entdeckung und Veroffentlichung 3 Inhalt 4 Bedeutung und Einfluss 5 Erhaltene Handschriften 6 Anmerkungen 7 Siehe auch 8 Literatur 9 Einzelnachweise 10 WeblinksAutor und Datierung BearbeitenDer Autor und die Entstehungszeit der Schrift sind nicht bekannt Als Autor wird allgemein der bohmische Reformator Jan Hus angenommen das Datum wird mit 1406 oder 1412 angegeben Beide Angaben fussen auf historischen und philologischen Analysen die Quellen beinhalten diese Angaben nicht Forscher die an Hus Autorschaft zweifeln legen die Entstehungszeit in die 30er Jahre des 15 Jahrhunderts 1 Entdeckung und Veroffentlichung Bearbeiten nbsp Jan Hus gilt als Autor der SchriftDer tschechische Historiker Frantisek Palacky entdeckte das Manuskript im Jahr 1826 in einem Archiv im Schloss Trebon im sudbohmischen Trebon Wittingau er bezeichnete Jan Hus als Autor p 1 Diesen Fund machte er ein Jahr spater in der ersten Ausgabe seiner neu gegrundeten Zeitschrift Casopis spolecnosti vlastenskeho Museum v Cechach Zeitschrift der Gesellschaft des vaterlandischen Museums in Bohmen bekannt 2 Erst 30 Jahre spater fertigte Palacky eine Abschrift des Manuskriptes an Diese schickte er zur Veroffentlichung an Alois Sembera Professor fur Tschechische Sprache an der Universitat Wien Sembera publizierte den lateinischen Text 1857 zusammen mit einer tschechischen Ubersetzung in der Slawischen Bibliothek in Wien Ein Jahr spater gab Vaclav Flajshans im funften Band von Mistra Jana Husi sebranych spisu Gesammelte Werke von Magister Jan Hus in Prag eine tschechische Ubersetzung mit einem kurzen Vorwort heraus Es ist bis heute die letzte tschechische Ubersetzung Der lateinische Text erschien noch zweimal zuerst die unveranderte Sembera Edition in einer Neuausgabe der Slawischen Bibliothek in Amsterdam 1965 und dann eine neue Edition zusammen mit einer kommentierten deutschen Ubersetzung von J Schropfer in Wiesbaden 1968 1 Der lateinische Text von Sembera hat die Abschrift von Palacky zu Grundlage die Ausgabe von Schropfer basiert auf der Wittingauer Handschrift Beide Ausgaben sind nicht fehlerlos 1 Inhalt Bearbeiten nbsp Das Abecedarium aus Orthographia Bohemica in der Ausgabe von Alois Sembera 1857Der Autor mochte die tschechische Schreibweise vereinfachen und vereinheitlichen damit die Sprache deutlicher und einfacher gelesen und geschrieben werden kann Anstatt der Verwendung von Digraphen und Trigraphen wo ein Laut mit mehreren Buchstaben dargestellt wird schlagt er die Verwendung von diakritischen Zeichen vor Nach dem Prinzip ein Laut ein Buchstabe soll jeder Laut mit nur einem einzigen Buchstaben dargestellt werden verwandte Laute sollen durch zusatzliche diakritische Zeichen unterschieden werden Nur im Fall von ch weicht er von diesem Prinzip ab In der Einleitung sagt er Da das lateinische Alphabet fur die Schreibung der tschechischen Sprache nicht ausreichen kann weil die tschechisch Schreibenden uneins sind falsch buchstabieren und sich so das richtige Aussprechen beim Lesen erschweren habe ich den wie mir scheint nutzlichen Entschluss gefasst das lateinische Alphabet zum Zwecke der Schreibung des Tschechischen etwas zu verkurzen seine Mangel auszufullen und die verschiedenen Werte der Schriftzeichen festzulegen deshalb wird das Alphabet zuerst in seinen Schriftzeichen angefuhrt und dann erst mit Worten als Beispielen erlautert Eines solchen Alphabetes wurden wir Tschechen nicht bedurfen wenn wir eigene Schriftzeichen hatten die unserer Sprache angepasst sind Aus Orthographia Bohemica deutsche Ubersetzung von Johann Schropfer 1968 3 Der Schrift vorangestellt ist ein Abecedarium das alle vom Verfasser geforderten Buchstaben enthalt Jedem Buchstaben ist ein Beispielwort beigefugt diese Worter hintereinander ergeben Merksatze zu einer besseren Einpragung des Alphabets Die wichtigsten vorgeschlagenen Anderungen konnen wie folgt zusammengefasst werden Einfache lateinische Buchstaben auch das lateinische Digraph ch sollen fur die Schreibung derjenigen tschechischen Laute verwendet werden die im Lateinischen so klingen wie die entsprechende Laute im mittelalterlichen Tschechisch Den einzigen Unterschied macht der Autor bei c Dieser Buchstabe soll ausschliesslich fur den Laut ts verwendet werden ausgesprochen wie z B deutsch in Zaun oder Katze nie fur den Laut k ausgesprochen wie z B deutsch in Korb Tschechische Konsonanten die keine Entsprechung in Latein haben sollen mit verwandten lateinischen Buchstaben mit einem Punkt lateinisch punctus rotundus daruber geschrieben werden ċ ḋ l ṅ ṙ ṡ ṫ und z Die tschechische Sprache hatte zu der Zeit zusatzlich zu Latein sieben weiche Konsonanten und das harte l 4 5 So soll der punctus rotundus uber c d n r s t z die weiche Aussprache bezeichnen der punctus rotundus uber l die harte Aussprache Ohne das diakritische Zeichen sollen die Buchstaben so wie in Latein ausgesprochen werden p 2 Lange Vokale die Latein zwar hat aber nicht mit diakritischen Zeichen bezeichnet sollen laut Orthographia Bohemica mit dem verwandten kurzen Vokal mit einem Strich Akut daruber geschrieben werden lateinisch gracilis virgula Das sind a e i o u y p 3 Ein Vergleich mit den bis dahin verwendeten Schreibweisen zeigt die uberragende Bedeutung dieser Rechtschreibreform Fur den tschechischen Konsonanten r z B wurden laut der Historischen Grammatik des Tschechischen Historicka mluvnice jazyka ceskeho von Jan Gebauer in verschiedenen Handschriften folgende Schreibweisen verwendet rz rrz rs rzs rzss zr sr rzs rzz 6 Das Wort cas in heutiger Schreibweise deutsch ausgesprochen etwa wie tschas im Deutschen Zeit konnte als chzazz czas czass oder czzas geschrieben werden Lange Vokale wurden z T verdoppelt das Wort komar in heutiger Schreibweise zu Deutsch Mucke wurde z B comaar geschrieben 4 In anderen Handschriften wurde die Lange der Vokale mit anderen Zeichen oder gar nicht bezeichnet Man konnte auch nicht davon ausgehen dass derselbe Schreiber immer dieselbe Schreibweise verwendete die Schreibweise variierte z T sogar im selben Manuskript Bedeutung und Einfluss Bearbeiten nbsp Der Historiker Frantisek Palacky Entdecker des ManuskriptesOrthographia Bohemica ist die erste bekannte Schrift in der eine solche Rechtschreibreform fur eine Slawische Sprache vorgeschlagen wird Es ist bis heute unbekannt woher Jan Hus sollte er der Autor sein Anregungen fur sein Werk nahm Seine gute Kenntnis der hebraischen griechischen und glagolitischen Schriften wird eine Rolle gespielt haben Glagolitisch wurde von Monchen im Emmauskloster in Prag verwendet Als Prediger und Lehrer hatte er auch eine gute Kenntnis der zeitgenossischen Sprache und Schreibweise Die Bedeutung seiner Rechtschreibreform liegt in ihrer guten Anwendbarkeit und in der einfachen logischen Struktur seines Alphabets 7 Die diakritische Rechtschreibung setzte sich nur sehr langsam durch Die zunehmende Verbreitung kam erst mit dem Buchdruck und besonders nach dem Erscheinen der in Namest nad Oslavou gedruckten sogenannten Grammatik von Namest Grammatyka ceska v dvoji strance bzw Gramatyka Czeſka w dwogij ſtrance der ersten tschechischen Grammatik aus dem Jahr 1533 8 Bei den Schreibern setzte sich die Reform langsamer durch als in den gedruckten Buchern Aber auch noch im 16 Jahrhundert ignorierten manche Buchdrucker oder Schreiber die Regeln der Orthographia Bohemica und verwendeten die alten Digraphen z B ss fur das heutige s ausgesprochen wie z B deutsch in Schuh die Schreibweise war aber zu der Zeit schon einheitlicher Erhaltene Handschriften BearbeitenDas ursprungliche Manuskript von Orthographia Bohemica ist nicht erhalten Die einzige vollstandig erhaltene Abschrift die Wittingauer Handschrift stammt vom Wittingauer Monch Oldrich Kriz von Trebon die er zweiten Halfte des 15 Jahrhunderts geschrieben hatte Diese Abschrift wurde von Palacky im Jahr 1826 entdeckt Sie tragt keinen Titel der Titel Orthographia Bohemica stammt von Palacky Das Alter des ursprunglichen Manuskripts lasst sich nicht genau bestimmen Am Ende der Wittingauer Handschrift steht In die Leonardi 6 November ohne Jahreszahl Es kann sowohl das Datum der Originalschrift bedeuten wie auch das Datum an dem Kriz die Abschrift fertiggestellt hat 9 10 Neben der Wittingauer Handschrift existieren noch Auszuge aus Orthographia Bohemica im Archiv des Prager Domkapitels vom Abecedarium allein gibt es einige erhaltene Abschriften Sowohl die Wittingauer Handschrift wie auch die Handschrift des Prager Domkapitels enthalten grammatikalische und stilistische Fehler Der ursprungliche Autor von Orthographia Bohemica muss aber die lateinische Sprache fehlerlos beherrscht haben Er hat die Unterschiede der lateinischen und der tschechischen Laute korrekt erfasst er beschrieb die Aussprache der tschechischen Laute und er kannte auch die Eigenheiten anderer Sprachen Deshalb wird angenommen dass das Original sprachlich eine bessere Qualitat hatte als die uns erhaltenen Abschriften Eine kritische Edition und ein Vergleich aller erhaltenen Manuskripte stehen noch aus 10 Anmerkungen Bearbeiten Die Autoritat des renommierten Historikers Palacky war hochstwahrscheinlich dafur entscheidend dass trotz mangelnder Beweise Jan Hus spater allgemein als Autor angenommen wurde Der ursprungliche punctus rotundus uber den weichen Konsonanten wurde spater zu sog Hakchen tschechisch hacek Die heutige Schreibweise der weichen Konsonanten ist c d n r s t z Punctus rotundus uber l verschwand Der Akut tschechisch carka uber den Vokalen blieb bis heute unverandert Die Unterscheidung zwischen den langen und den kurzen Vokalen ist im Tschechischen wichtig dadurch kann sich der Wortsinn verandern z B byt Wohnung byt sein Siehe auch BearbeitenBohemistik Jan Hus Tschechische Sprache Josef JungmannLiteratur BearbeitenOrthographia Bohemica Ed Katerina Volekova tschechische Ubersetzung Ondrej Koupil englische Ubersetzung Marcela Koupilova und David Livingstone Praha Akropolis 2019 ISBN 978 80 7470 234 1 Anezka Vidmanova Ke spisku Orthographia Bohemica In Listy filologicke Philologische Blatter Nr 105 1982 S 75 89 tschechisch JSTOR abgerufen am 17 Januar 2017 mit deutschem Resume Johann Schropfer Hussens Traktat Orthographia Bohemica Die Herkunft des diakritischen Systems in der Schreibung slavischer Sprachen und die alteste zusammenhangende Beschreibung slavischer Laute Harrassowitz Wiesbaden 1968 142 S enthalt das Traktat in Latein mit einer kommentierten deutschen Ubersetzung Alois Sembera Mistra Jana Husi Ortografie Ceska Magistri Joannis Hus Orthographia Bohemica Wien 1857 Latein tschechisch verfugbar online abgerufen am 17 Januar 2017 F M Bartos K Husovu spisku o ceskem pravopise In Jihocesky sbornik historicky Nr 18 Tabor 1949 S 33 38 tschechisch Jan Hus Pravopis cesky In Mistra Jana Husi Sebrane spisy Svazek V Spisy ceske dil II Praha 1858 S 105 113 Latein tschechisch Prel Milan Svoboda uvody a vysvetlivkami opatril prof Dr Vaclav Flajshans Jan Gebauer Historicka mluvnice jazyka ceskeho Dil I Hlaskoslovi Ceskoslovenska Akademie Ved CSAV Praha 1963 tschechisch Einzelnachweise Bearbeiten a b c Anezka Vidmanova Ke spisku Orthographia Bohemica In Listy filologicke Philologische Blatter Nr 105 1982 S 75 76 tschechisch JSTOR abgerufen am 17 Januar 2017 mit deutschem Resume Frantisek Palacky Literni zpravy In Casopis spolecnosti vlastenskeho Museum v Cechach Journal of the Society of the National Museum in Bohemia Prvni rocni beh Svazek prvni Ceske Museum Praha 1827 S 132 140 tschechisch Johann Schropfer Hussens Traktat Orthographia Bohemica Die Herkunft des diakritischen Systems in der Schreibung slavischer Sprachen und die alteste zusammenhangende Beschreibung slavischer Laute Harrassowitz Wiesbaden 1968 S 59 142 S enthalt das Traktat in Latein mit einer kommentierten deutschen Ubersetzung a b Johann Schropfer Hussens Traktat Orthographia Bohemica Die Herkunft des diakritischen Systems in der Schreibung slavischer Sprachen und die Alteste zusammenhangende Beschreibung slavischer Laute Harrassowitz Wiesbaden 1968 S 18 25 27 142 S enthalt das Traktat in Latein mit einer kommentierten deutschen Ubersetzung Alois Sembera Mistra Jana Husi Ortografie Ceska Magistri Joannis Hus Orthographia Bohemica Wien 1857 S 5 6 Latein tschechisch verfugbar online abgerufen am 17 Januar 2017 Jan Gebauer Historicka mluvnice jazyka ceskeho Dil I Hlaskoslovi Ceskoslovenska Akademie Ved CSAV Praha 1963 tschechisch Johann Schropfer Hussens Traktat Orthographia Bohemica Die Herkunft des diakritischen Systems in der Schreibung slavischer Sprachen und die alteste zusammenhangende Beschreibung slavischer Laute Harrassowitz Wiesbaden 1968 S 20 21 46 47 142 S enthalt das Traktat in Latein mit einer kommentierten deutschen Ubersetzung Benes Optat Petr Gzel Vaclav Philomathes Grammatyka ceska v dvoji strance Namest nad Oslavou 1533 tschechisch online Digitalisiert von Ustav pro jazyk cesky AV CR Johann Schropfer Hussens Traktat Orthographia Bohemica Die Herkunft des diakritischen Systems in der Schreibung slavischer Sprachen und die alteste zusammenhangende Beschreibung slavischer Laute Harrassowitz Wiesbaden 1968 S 13 142 S enthalt das Traktat in Latein mit einer kommentierten deutschen Ubersetzung a b Anezka Vidmanova Ke spisku Orthographia Bohemica In Listy filologicke Philologische Blatter Nr 105 1982 S 75 79 88 tschechisch JSTOR abgerufen am 17 Januar 2017 mit deutschem Resume Weblinks BearbeitenJan Hus und der Hatschek Jitka Mladkova in Radio Prag am 20 Juni 2015 Abgerufen am 17 Januar 2017 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Orthographia Bohemica amp oldid 238349164