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Naturnahe Waldwirtschaft im engeren Sinne ist ein Synonym zu naturgemasser Waldwirtschaft und insofern auch zu Dauerwald sowie zu okologischer Waldwirtschaft Der Begriff bezeichnet eine Wirtschaftsweise die vor allem kahlschlagfrei und nach dem Mischwaldprinzip die Holzproduktion im Wald betreibt und deswegen deutlich naturschonender ist als die konventionelle Forstwirtschaft im System des Altersklassenwaldes Die naturnahe Waldwirtschaft ist heute Grundlage fur Nachhaltigkeits Zertifikate in der Waldwirtschaft Die zwei wichtigsten derzeit vergebenen Qualitatssiegel fur die Waldbewirtschaftung sind das PEFC und das FSC Siegel Inhaltsverzeichnis 1 Zur Historie des Begriffs 2 Siehe auch 3 Literatur 4 EinzelnachweiseZur Historie des Begriffs BearbeitenWer den Begriff naturnahe Waldwirtschaft erstmals verwendete ist nicht bekannt Die Bewegung fur einen naturgemassen Waldbau zu dem sich heute die Mehrzahl vornehmlich der westlichen Bundeslander in Waldbaurichtlinien und Empfehlungen an private und kommunale Waldbesitzer bekennt ging von der privaten Forstwirtschaft und einigen wenigen Forstwissenschaftlern aus Schon in der Mitte des 19 Jahrhunderts wurde uberdeutlich dass der gepflanzte Altersklassenwald zu allmahlicher Verschlechterung bis hin zum Niedergang namentlich der naturlichen Laubholzwalder und zu zunehmenden Flachenkatastrophen in den Nadelwaldern fuhren wurde Entsprechend forderte eine kleine Minderheit von Forstwissenschaftlern ab der Mitte des 19 Jahrhunderts verstarkt auf die Regeln der Natur zu setzen z B Konig Borggreve Geyer Rossmassler u v a Darauf aufbauend entwickelte der Forstwissenschaftler Alfred Moller zu Beginn des 20 Jahrhunderts die Dauerwaldidee namlich wie eine zukunftige Waldwirtschaft mit der Natur und nicht gegen sie erfolgen konnte Vor allem diese von Moller begrundete Idee vom Dauerwald oder Waldorganismus wurde spater Leitgedanke fur die naturgemasse synonym zu naturnahe Waldwirtschaft Auf ihr grundet bis heute die Arbeitsgemeinschaft Naturgemasse Waldwirtschaft ANW die von fruhen Anhangern Mollers gegrundet wurde und deren fachwissenschaftliches Organ Der Dauerwald heisst Die ANW wurde 1950 als lockere Arbeitsgemeinschaft und unabhangiger Zusammenschluss privater Waldbesitzer und Forstwissenschaftler heute auch beamteter Forstleute und Waldinteressierter ins Leben gerufen um die Idee des Dauerwaldes gegen die des vorherrschenden naturfernen Altersklassenwaldes zu etablieren 1 Die Ziele der ANW sind u a Kahlschlagsverzicht und infolgedessen konsequente Einzelbaumnutzung in altersgemischten und baumartenreichen Waldern Grundsatzlicher Vorrang der Naturverjungung durch naturliche Absaaten Vorratswirtschaft d h Pflege des stehenden Bestandes nach der Regel das Schlechte fallt zuerst Ganzheitliche Betrachtung des Waldes als dauerhaftes vielgestaltiges und dynamisches Okosystem unter Beachtung der Stetigkeit des Waldes im Sinne der Dauerwaldidee nach Alfred Moller Organismusidee Naturlich ablaufende Prozesse in Waldokosystemen sollen zur Optimierung naturgemasser Waldwirtschaft konsequent genutzt werden Okonomische Ziele stehen im Vordergrund Sie werden nachhaltig und in der Regel optimal nur bei Beachtung okologischer Erfordernisse erreicht Sozial und Schutzfunktionen des Waldes werden im Rahmen naturgemasser Waldwirtschaft in der Regel automatisch miterfullt 2 Was naturnahe Waldwirtschaft konkret ist unterliegt nach wie vor einem umfassenden Dialog und Diskussionsprozess um die Naturnahe des Waldbaus da der Begriff kein definierter Fachbegriff ist und deshalb zur missbrauchlichen Verwendung verleitet Jedenfalls ist seine engere okologisch prazisierte Bedeutung synonym zur naturgemassen Waldwirtschaft Dauerwald s o Semantisch wurde der Begriff erstmals 1986 vom Zurcher Waldbauprofessor Hans Leibundgut verwendet der naturnahe Waldwirtschaft wie folgt beschreibt Unter naturnaher Waldwirtschaft verstehe ich dagegen eine weniger eng eingeschrankte Wirtschaftsweise welche zwar weitgehend von den naturlichen Gegebenheiten ausgeht jedoch den Naturwald hinsichtlich Aufbau und Baumartenmischung verandern und sogar durch nicht heimische Gastbaumarten bereichern kann solange dadurch das naturliche Beziehungsgefuge des Waldes nicht nachteilig verandert wird 3 Mehrere deutsche Forstverwaltungen haben spater diesen Begriff ubernommen und zur Uberschrift ihres jeweiligen Handelns genutzt 1987 wurde der Begriff von der saarlandischen Landesregierung fur das von Wirtschaftsminister Hajo Hoffmann verantwortete Konzept fur eine naturnahe Waldwirtschaft in den offentlichen Forsten des Saarlandes 4 benutzt Gemeint war damit ausdrucklich die Hinwendung zum Dauerwald auf der gesamten offentlichen Waldflache des Saarlandes im Sinne der ANW Das Konzept sah vor Konsequenten Kahlschlagsverzicht mit Einzelbaumnutzung erstmals im gesamten offentlichen Wald eines Bundeslandes Sanfte Betriebstechniken Mensch und Pferd Verbot des Befahrens der Waldboden erstmals in Deutschland Naturverjungungsvorrang mit heimischem Laubholz Chemiefreiheit landesweiter Verzicht auf Biozide und andere chemische Mittelausbringung erstmals in Deutschland Eine Totholz strategie im bewirtschafteten Wald erstmals in Deutschland sowie Ein Konzept fur aktiven Waldnaturschutz im Zuge der Forstbewirtschaftung Das von dem Forstchef des Saarlandes Wilhelm Bode initiierte Reformprogramm wurde durch seine Ablosung 1992 im Zuge der Affare Lafontaine zunachst unterbrochen und wenig spater verandert und weniger konsequent fortgesetzt Wesentliche Elemente des Programms wurden spater wegen der politischen und offentlichen Attraktivitat der naturnahen Waldwirtschaft von vielen Landesforstverwaltungen ubernommen Ohne zunachst inhaltlich konkrete und zum herrschenden schlagweisen Waldbau abweichende Vorstellungen zu entwickeln wurde z B der Begriff in Baden Wurttemberg bereits seit den 1970er Jahren in Richtlinien und Konzepten fur den Waldbau in den Staatsforsten benutzt 5 Als Herzstuck des Konzeptes Naturnahe Waldwirtschaft in Baden Wurttemberg wurden spater 1993 sechs waldbauspezifische Elemente wenn auch inoperational und wenig verbindlich definiert 6 Naturnahe und Standortsbezug bei der Baumartenwahl Okologische und physikalische Stabilitat der Walder Mischwaldprinzip und Stufigkeit Schwerpunkt Naturverjungung Waldbaulich tragbare angepasste Wildbestande Qualitats und stabilitatsorientierte Pflege der Bestande Allerdings ist tendenziell in der jungsten Zeit gerade auch unter dem Gesichtspunkt der Klimaplastizitat der Walder 7 eine zunehmende und erfreuliche Konkretisierung in den naturnahen Waldbauprogrammen einiger Bundeslander in Richtung der Dauerwaldidee vergleichbar zur ANW und zum saarlandischen Programm aus 1987 zu konstatieren z B Hessen NRW Rheinland Pfalz usw auch wenn diese Entwicklung noch keineswegs ausreicht bzw abgeschlossen ist und ebenfalls in jungster Zeit durch ein Interesse an nachwachsenden Energierohstoffen Energieholz gleichzeitig wieder gefahrdet wird In Niedersachsen werden die staatlichen Walder seitens der Landesforsten seit 1991 nach dem dort entwickelten LOWE Programm umgebaut das den Zielen des ANW ebenfalls sehr nahe kommt Siehe auch BearbeitenNachhaltigkeit Forstwirtschaft WaldwendeLiteratur BearbeitenHans Leibundgut 1986 Ziele und Wege der naturnahen Waldwirtschaft Schweiz Z Forstwes 137 245 250 Ulrich Kohnle und Joachim Kladtke waldwissennet Naturnaher Waldbau in Baden Wurttemberg eine Bilanz MLR 1993 Wald Okologie und Naturschutz Leistungsbilanz und Okologieprogramm der Landesforstverwaltung Baden Wurttemberg Ministerium fur Landlichen Raum Ernahrung Landwirtschaft und Forsten Baden Wurttemberg Stuttgart S 128 Hermann Graf Hatzfeldt Hrsg Okologische Waldwirtschaft Grundlagen Aspekte Beispiele Alternative Konzepte Nr 88 2 durchgesehene Auflage Stiftung Okologie amp Landbau Muller Heidelberg 1996 ISBN 3 7880 9888 0 Wilhelm Bode Martin von Hohnhorst Waldwende Vom Forsterwald zum Naturwald 4 Auflage Verlag C H Beck Munchen 2000 ISBN 3 406 45984 6 Wilhelm Bode Hrsg Naturnahe Waldwirtschaft Prozessschutz oder biologische Nachhaltigkeit Holm 1997 ISBN 3 930720 31 0 Hans D Knapp Siegfried Klaus Lutz Fahser Hrsg Der Holzweg Wald im Widerstreit der Interessen Munchen 202Einzelnachweise Bearbeiten Wer ist die ANW Memento des Originals vom 16 Juli 2012 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www anw deutschland de ANW Webprasenz Die Ziele der ANW Memento des Originals vom 16 Juli 2013 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www anw deutschland de ANW Webprasenz H Leibundgut 1986 Ziele und Wege der naturnahen Waldwirtschaft Schweiz Z Forstwes 137 245 250 zusammenfassend Minister fur Wirtschaft Waldbautechnische Rahmenrichtlinie fur die Bewirtschaftung des offentlichen Waldes im Saarland Grundsatzverfugung Saarbrucken 1992 OCLC 46184892 Ulrich Kohnle und Joachim Kladtke Naturnaher Waldbau in Baden Wurttemberg eine Bilanz waldwissen net 2 Marz 2011 MLR 1993 Wald Okologie und Naturschutz Leistungsbilanz und Okologieprogramm der Landesforstverwaltung Baden Wurttemberg Ministerium fur Landlichen Raum Ernahrung Landwirtschaft und Forsten Baden Wurttemberg Stuttgart S 128 Lutz Fahser Joachim Wille Wir brauchen naturnahe Walder Klimareporter 2019 abgerufen am 16 Juli 2019 deutsch Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Naturnahe Waldwirtschaft amp oldid 237469737