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Die Morphogrammatik ist ein Begriff aus der Polykontexturalen Logik des Philosophen und Logikers Gotthard Gunther Inhaltsverzeichnis 1 Einfuhrung 2 Naheres zum Ansatz Gotthard Gunthers 3 Darstellung 4 Morphogrammatik im Diskurs 5 Siehe auch 6 EinzelnachweiseEinfuhrung BearbeitenDie klassische Logik behandelt Aussagensysteme die jeweils keine offensichtlichen Widerspruche enthalten durfen Ferner erlaubt die klassische Logik keine Selbstbezuge Zirkelschlusse Die Polykontexturale Logik ermoglicht es logische Teilsysteme sogenannte Kontexturen die jeweils fur sich den Anforderungen der klassischen Logik genugen miteinander zu verknupfen deshalb Polykontextural und zwar auch dann wenn das dadurch entstehende Gesamtsystem diesen Anforderungen nicht genugt Um dies zu erreichen sind Methoden erforderlich die ausserhalb der klassischen Logik liegen Die Morphogrammatik stellt sie bereit Dabei sind uber die verteilten und verknupften Kontexturen auch Selbstbezuge moglich Eines der Hauptanwendungsgebiete fur Polykontexturale Logik und Morphogrammatik ist die Biologie und hier insbesondere die Beschreibung und Modellierung naturlicher Neuronaler Netze die zwar funktionieren deren Verhalten aber nicht immer nach den Gesetzen der klassischen Logik beschreibbar ist Naheres zum Ansatz Gotthard Gunthers BearbeitenDie Konzeption der Polykontexturalen Logik mehrwertigen mehrstelligen Logik benotigt zur formalen Beschreibung der Komplexitat der Verteilung und Vermittlung logischer Kontexturen Zusammenhange eine spezielle pralogische Theorie fur die Gotthard Gunther den Namen Morphogrammatik eingefuhrt hat Die Morphogrammatik ist eine Theorie der Umformung und Verknupfung sublogischer Operationen die Gotthard Gunther als Tiefenstruktur des klassischen Aussagenkalkuls nachwies Sie beschreibt allgemein die pralogische Architektur logischer Systeme Gunther verwendete die Morphogrammatik insbesondere zur Fundierung seiner logischen Konzeptionen der Stellenwertlogik und der Polykontexturalen Logik Um dies zu erreichen sind Methoden erforderlich die ausserhalb der klassischen Logik liegen Die von Gotthard Gunther entworfene Polykontexturale Logik postuliert eine uber den strukturellen Bereich klassischer formaler Systeme hinausreichende Formkonzeption die es ermoglichen soll komplexe dialektische und selbstreferenzielle Systeme nicht reduktionistisch abzubilden Gunthers Ansatz geht von der These aus dass mit der transzendentalen Dialektik des deutschen Idealismus eine neuartige Konzeption der logischen Form entdeckt wurde die jenseits der aristotelischen Formkonzeption stehe aber ebenso wie diese einer philosophischen und mathematischen Analyse zuganglich sei In seinen umfangreichen Arbeiten entwirft er eine selbstreferenzielle Architektur zur Abbildung seiner transklassischen Formkonzeption Die grundlegende Idee zur Realisierung einer solchen Architektur in der Polykontexturalen Logik ist es diese als einen Mechanismus der Vermittlung distribuierter Logiken in einem komplexen Systemverbund darzustellen Selbstreferenzialitat soll im Gesamtkomplex der logisch unabhangigen jedoch stellenwertlogisch vermittelten formalen Systeme Kontexturen nicht reduktionistisch und antinomienfrei abgebildet werden Die Morphogrammatik beschreibt eine Strukturschicht in der die Differenz zwischen Subjektivitat und Objektivitat erst etabliert wird und deshalb dort noch nicht vorausgesetzt werden kann Gotthard Gunther Gunther Bd 1 S 228 1 Dieser pralogische Charakter der Morphogrammatik soll die formal widerspruchsfreie Abbildung der gegen die Axiomatik der Logiken verstossenden Vermittlung mehrerer Logiken in einem polykontexturalen Verbund ermoglichen Darstellung BearbeitenBei der Morphogrammatik geht es darum die Reflexion auf anderes und zugleich auf sich selbst Selbstreferentialitat formal widerspruchsfrei darstellen zu konnen Wenn namlich ein Subjekt sein Denken nicht nur auf Anderes auf seine Objekte richtet sondern auch auf sich selbst so ist es zugleich Subjekt und Objekt Dies aber ist in einer zweiwertigen aristotelischen Logik nicht darstellbar wo etwas nur entweder Subjekt oder Objekt sein kann S O Dem begegnet die Morphogrammatik dadurch dass sie auf den logischen Stellen nicht z B die Stellenwerte Wahr Falsch einsetzt sondern nur Stellenformen griechisch morphe aus denen sich einzig entnehmen lasst wo gleiche bzw ungleiche Werte auftauchen mussen Diese Werte konnen dann mehr als 2 sein z B Subjekt Objekt und Verweigerung dieser Alternative S O V Daher gehort die Morphogrammatik zu den Theorien der mehrwertigen Logik geht jedoch uber diese hinaus da sie Werteabstraktion vornimmt Dadurch ist sie in der Lage die Verknupfung mehrerer Kontexturen zu ermoglichen siehe auch Polykontexturalitatstheorie alle anderen mehrwertigen Logiken gehoren immer nur einer einzigen Kontextur an Die Idee der Polykontexturalitat hat Gotthard Gunther in seinem Aufsatz Life as Polycontexturality erlautert Nach dem Tod Gunthers wurde dieser Ansatz u a von Rudolf Kaehr 1942 2016 umfassend fortgefuhrt Morphogrammatik im Diskurs BearbeitenSteffen Heise legte 1991 eine kritische Analyse der Morphogrammatik vor Darin zeigt er die Einbettung der Morphogrammatik in Naive Mengenlehre und schliesst daraus dass die formalen Ambitionen Gunthers die Entwicklung einer dialektischen Logik von der Morphogrammatik und darauf aufbauenden Formalismen Kenogrammatik nicht eingelost werden konnen 2 1993 demonstrierte Rudolf Matzka uber einen semiotischen Ansatz dass auch die Kenogrammatik mengentheoretisch nachgebaut werden kann und dass dies als Satz von Elementen und Regeln fur jedes abstrakte formale System keine Besonderheit ist 3 Thomas Mahler und Rudolf Kaehr veroffentlichten 1993 mit Morphogrammatik Eine Einfuhrung in die Theorie der logischen Form eine umfangreiche Arbeit in der die mathematische Theorie der Morphogrammatik systematisch aus kenogrammatischen Konzepten Strukturen und Operationen heraus entwickelt wird Sie bemangeln an Heises Analyse dass dort nur die erste Stufe einer Folge von Formalisierungsstufen einer allgemeinen Morphogrammatik betrachtet wird Die Autoren belegen allerdings nicht dass selbst eine korrekte mengentheoretische Einbettung dieser ersten Stufe keine Aussagekraft bezuglich der allgemeinen Morphogrammatik hat 4 2007 prasentierte Rudolf Kaehr mit The Abacus of Universal Logics 5 eine Zusammenschau und historische Einordnung des Formalismus der Morphogrammatik In der Folgezeit veroffentlichte er zahlreiche Arbeiten zur Morphogrammatik und legte programmierbare Konzepte zur Konstruktion zellularer Automaten auf Basis der Morphogrammatik vor 6 7 Daruber hinaus verweist Kaehr in seinem Werk 8 9 wiederholt auf den Ultraintuitionismus Aleksander Yessenin Volpins und seine Dekonstruktion der naturlichen Zahlen 10 11 und zeigt damit dass die Morphogrammatik ein Grundlagenproblem der Mathematik beruhrt Siehe auch BearbeitenMorphogrammEinzelnachweise Bearbeiten Gotthard Gunther Das metaphysische Problem einer Formalisierung der transzendental dialektischen Logik In Beitrage zur Grundlegung einer operationsfahigen Dialektik Band 1 Felix Meiner Hamburg 1976 p 228 Erstpubl Heidelberger Hegeltage 1962 Hegel Studien Beiheft 1 p 65 123 Abgerufen am 29 September 2021 Steffen Heise Analyse der Morphogrammatik In Beitrage zur Klagenfurter Technikdiskussion Heft 50 ISSN 1028 2734 Bamme Arno Baumgartner Peter Berger Wilhelm Kotzmann Ernst 1993 abgerufen am 10 April 2019 Rudolf Matzka Semiotic Abstractions in the Theories of Gotthard Gunther and George Spencer Brown In first published Acta analytica Journal for Philosophy and Psychology Issue Mind amp Logic 10 1993 1993 abgerufen am 1 Oktober 2021 Thomas Mahler Rudolf Kaehr Morphogrammatik Eine Einfuhrung in die Theorie der logischen Form In originally published Klagenfurter Beitrage zur Technikdiskussion A Bamme P Baumgartner W Berger E Kotzmann Eds Heft 65 Klagenfurt 1993 1993 abgerufen am 1 Oktober 2021 Rudolf Kaehr The Abacus of Universal Logics Tabular Positionality and Tabular Morphogrammatics In ThinkArtLab Glasgow 2007 abgerufen am 1 Oktober 2021 Rudolf Kaehr Tool Set for Morphic Cellular Automata Systems In ThinkArtLab Glasgow 2014 abgerufen am 1 Oktober 2021 The Rudolf Kaehr Archive Neuss 2016 Categories K9 K12 2016 abgerufen am 1 Oktober 2021 Rudolf Kaehr Spaltungen in der Wiederholung In originally published Spuren Heft Nr 40 Hamburg 1992 S 44 47 1992 abgerufen am 5 Oktober 2021 Rudolf Kaehr Miniaturen Studien zu Kalkul und Kreativitat In ThinkArtLab Glasgow 2007 abgerufen am 5 Oktober 2021 Aleksander Yessenin Volpin The ultra intuitionistic criticism and the antitraditional program for foundations of mathematics in Intuitionism and Proof Theory Proc Conf Buffalo N Y 1968 pp 3 45 North Holland Amsterdam 1970 Aleksander Yessenin Volpin About Infinity Finiteness and Finitization in Constructive Mathematics LNM 873 Springer 1981 p 274 313 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Morphogrammatik amp oldid 228791628