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Monsieur X war das Pseudonym eines Mannes der von 1975 bis 1977 mehr als ein Dutzend Anschlage auf das Schienennetz der Deutschen Bundesbahn in Baden Wurttemberg entlang der Rheintalstrecke zwischen Bruchsal und Freiburg verubte Der Attentater versuchte von der Bundesbahn zuletzt 250 000 DM zu erpressen Bei den Anschlagen entstanden Sachschaden in Hohe von insgesamt mehreren Millionen DM in einem Fall entgleiste ein Personenzug wobei 19 Menschen zum Teil schwer verletzt wurden Ein Hinweis fuhrte im Februar 1978 schliesslich zur Verhaftung eines Mannes der in einem komplizierten Indizienprozess zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt wurde Die bis dahin folgenschwerste Serie von Anschlagen auf den Schienenverkehr in Deutschland nach dem Krieg fuhrte zu grosser Verunsicherung der Fahrgaste auf dem stark frequentierten Streckenabschnitt Der Fall gilt als einer der spektakularsten Erpressungsversuche gegenuber der Deutschen Bundesbahn Inhaltsverzeichnis 1 Tathergang 1 1 Erste Anschlage 1 2 Zugungluck bei Rastatt 1 3 Anschlagserie im Fruhjahr 1977 1 4 Italia Express 2 Polizeiliche Ermittlungen 3 Erpresser und Bekennerschreiben 4 Festnahme 5 Prozess 5 1 Auftakt 5 2 Beweisfuhrung 5 2 1 Ausgangssituation 5 2 2 Anklage 5 2 3 Verteidigung 5 3 Urteil 5 4 Urteilsbegrundung 5 4 1 Revision 5 4 2 Offene Fragen 5 5 Haftzeit 5 6 Nach der Haft 6 Sonstiges 7 Literatur 8 EinzelnachweiseTathergang BearbeitenInsgesamt dreizehn Anschlage wurden von Monsieur X wie der Tater sich in seinen Bekennerschreiben selbst bezeichnete verubt 1 Dabei durchschnitt er Oberleitungsdrahte hangte u formige Bugel in den Leitungen auf und drehte Schwellenschrauben heraus die die Schienen festhielten 1 Erste Anschlage Bearbeiten Im Oktober 1975 trat der Tater erstmals in Erscheinung Bei zwei Sabotageakten stellte er auf freier Strecke Warnblinkleuchten auf und loste durch Drahtfallen Zwangsbremsungen der jeweiligen Zuge aus Den Vorfallen war ein erster Erpressungsversuch vorausgegangen in dem der Tater 100 000 DM von der Bundesbahn forderte und mit Zugentgleisungen und Zusammenstossen sowie einer Verdopplung der Summe drohte falls die Bundesbahn nicht auf seine Forderung eingehe 2 Nach diesen Anschlagen signalisierte die Bundesbahn mit einem in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erschienenen Inserat welches den Decknamen DB Transport findet statt Ziegler 134 399 trug Bereitschaft auf die Forderungen des Erpressers einzugehen Zwei vom Tater angekundigte Telefonanrufe die der Klarung der Ubergabemodalitaten dienen sollten blieben allerdings aus 2 Zugungluck bei Rastatt Bearbeiten Nach diesen ersten Sabotageakten dauerte es fast ein Jahr bis der Tater wieder aktiv wurde In der Nacht zum 25 August 1976 entfernte er auf einem wegen Bauarbeiten kurzzeitig gesperrten Streckenabschnitt in der Nahe von Rastatt insgesamt 80 Schienenbefestigungsschrauben 2 Ein Guterzug der den Streckenabschnitt in den fruhen Morgenstunden passierte entgleiste daraufhin Der Sachschaden belief sich allein in diesem Fall auf eine Million DM 1 Nach diesem Anschlag erhohte der Tater seine Forderung auf 250 000 DM 2 Anschlagserie im Fruhjahr 1977 Bearbeiten Nach der Zugentgleisung bei Rastatt kam es bis April 1977 zunachst zu keinen weiteren Sabotageakten doch dann folgte eine ganze Serie von Anschlagen In vier Fallen entstanden durch abgesenkte Stromleitungen an Elektrolokomotiven und an Betriebseinrichtungen Schaden in Hohe von mehr als 100 000 DM Zuvor hatte der Tater Drahtseile durchschnitten an denen die Betongewichte hingen die der Spannung des Fahrleitungssystems dienten 2 In einem anderen Fall schraubte er einen Befestigungsarm fur die Fahrleitung ab 2 Bei einem Anschlag loste er insgesamt 84 Schienenbefestigungsschrauben und verbog anschliessend vermutlich mit Hilfe eines Brecheisens den Schienenstrang In diesem Fall gab er jedoch rechtzeitig eine telefonische Warnung durch 2 Bei mehreren anderen Anschlagen hangte er Stahlbugel in das Fahrleitungssystem ein in denen sich anschliessend die Stromabnehmer der E Loks verfingen und die Stromdrahte auf mehreren hundert Metern Lange herunterrissen Die Polizei vermutete dass er hierfur eine stark isolierte und teleskopartig ausziehbare Stange benutzte um die Bugel in die Fahrleitung einzuklinken 2 Italia Express Bearbeiten Am 17 Oktober 1977 verubte Monsieur X den bis dahin folgenschwersten Anschlag Bei Riegel am Kaiserstuhl loste er in einer Kurve an 33 Schwellen insgesamt 132 Schrauben vom Innengleis und verbog dieses anschliessend Der Fernzug Italia Express Kopenhagen Rom entgleiste kurz nach Mitternacht bei einer Geschwindigkeit von 140 km h Zwei der zwolf Waggons kippten um 19 Menschen wurden zum Teil schwer verletzt 3 Ein glucklicher Umstand verhinderte dabei eine grossere Katastrophe Der Zug hatte Verspatung Ware er punktlich gewesen ware es zu einer Kollision mit einem entgegenkommenden Zug gekommen 1 In der Nahe des Unglucksortes fand die Polizei ein Bekennerschreiben in welchem der Tater die Bundesbahndirektion Karlsruhe fur das Ungluck verantwortlich machte 3 Die Schadensumme der von ihm verubten Taten die sich auf mittlerweile drei Millionen DM 4 belief kommentierte er mit den Worten Nun wird s wesentlich billiger 3 Polizeiliche Ermittlungen BearbeitenBis Anfang Oktober 1977 hatte die ermittelnde Sonderkommission der Kripo Baden Baden bereits 740 Aktenordner zu dem Fall angelegt 2 Bei den Ermittlungen war sie in erster Linie auf diejenigen Spuren angewiesen die der Tater am Tatort zuruckgelassen hatte selbstgebasteltes Werkzeug und die auf einer Schreibmaschine verfassten Bekennerschreiben Trotz vielfaltiger Recherchen so wurden bereits 2 200 Schriftproben von Schreibmaschinen analysiert 2 erwiesen sich die Ermittlungen als sehr schwierig Neben Fakten war die Polizei auf Mutmassungen angewiesen Sie ging von einer Person mit kraftiger Statur aus die uber handwerkliches Geschick verfuge und zudem mit Bahninterna vertraut sei 2 500 aktive und pensionierte Mitarbeiter der Bundesbahn waren bereits uberpruft worden 2 Die Staatsanwaltschaft Baden Baden ermittelte unterdessen wegen Mordversuchs rauberischer Erpressung und gefahrlichen Eingriffs in den Bahnverkehr Einmal streute der Tater gezielt Desinformationen um die polizeiliche Ermittlungsarbeit in eine falsche Richtung zu lenken Recherchen bei Industrie und Handelskammern bei Gerichtsvollziehern sowie Hausdurchsuchungen bei vier Verdachtigen blieben ergebnislos nachdem der Tater zuvor behauptet hatte er habe 80 000 DM Schulden da sein Betrieb in Konkurs gegangen sei 2 Trotz verstarkter Polizeiprasenz entlang der Strecke zwischen Mannheim und Basel 2 sowie an den Bahnanlagen ging die Anschlagserie ungehindert weiter der Tater konnte nicht gefasst werden Bis Oktober 1978 wurden insgesamt 1 200 Personen und 3 000 Schreibmaschinen uberpruft 3 Da die polizeilichen Ermittlungen nach dem Anschlag auf den Italia Express nicht weiterfuhrten wandte sich die Sonderkommission an das ZDF das daraufhin am 20 Januar 1978 einen Fahndungsaufruf in der Fernsehsendung Aktenzeichen XY ungelost ausstrahlte 5 Spatestens zu diesem Zeitpunkt erfuhr der Kriminalfall bundesweite Beachtung Erpresser und Bekennerschreiben BearbeitenSeine insgesamt elf 1 Schreiben die er an die Bundesbahn schickte und die stets mit Herzliche Grusse von Monsieur X 1 unterzeichnet waren enthielten teilweise sarkastische Kommentare Im ersten Erpresserschreiben das im Oktober 1975 bei der Bundesbahndirektion Karlsruhe eingegangen und mit dem Wort Erpressung uberschrieben war forderte er 100 000 DM und gab sein Ehrenwort diese Summe mit 7 Prozent Zins in spatestens einem Jahr zuruckzuzahlen 2 Nach dem Anschlag auf den Italia Express war die Polizei Hinweisen auf ein Fahrzeug nachgegangen Daraufhin schrieb er Anfang November 1977 an die Bundesbahndirektion Karlsruhe einen Brief der die Uberschrift Letzte Warnung trug Darin betonte er Selbst der Dummste musste jetzt gemerkt haben dass es ernst ist Es ist vollig sinnlos nach einem Auto zu suchen denn Monsieur X fahrt mit dem sichersten Verkehrsmittel der Gegenwart der Eisenbahn Denn wenn er drin sitzt entgleist der Zug bestimmt nicht 1 Die von ihm gestellte Forderung nach einem Geldbetrag von zunachst 100 000 spater 250 000 DM unterstrich er mit den Worten Die Viertelmillion wird gegenuber den sonst zu befurchtenden Schaden eine Bagatelle sein mehr als 250000 Mark will ich sowieso nicht denn Geld verdirbt nur den Charakter 1 In einem anderen Schreiben welches er vor der Bundestagswahl 1976 verfasste hiess es Wahlen Sie richtig wahlen Sie X damit die Bundesbahn wieder sicherer fahrt 1 Einmal schickte er der Bundesbahn eine Aufwandsentschadigung in Hohe von 200 DM und fugte an Fur die Spesen der Ubergabe Dabei bezog er sich auf die Ubergabe des von ihm geforderten Erpressergeldes 1 In einigen Fallen bekannte er sich auch telefonisch zu den Taten Festnahme BearbeitenDer Verhaftung des Taters ging eine Verkettung von Zufallen voraus Im November 1977 hatte ein Junge in einem Strassburger Hotel einen Brief fur einen Herrn Ziegler hinterlegt ein Deckname den alle Briefe zwischen dem Tater und der Bundesbahn trugen 3 Da der Hotelier im Gastebuch keinen Eintrag auf den Namen Ziegler fand und auch keine Anmeldung vorlag schopfte er Verdacht und informierte die franzosische Polizei die den Brief daraufhin offnete 3 Als der Mann den Brief abholte folgte ihm der Hotelier und notierte das Kfz Kennzeichen seines Autos 6 Da es sich dem Wortlaut nach um einen Erpressungsversuch handelte vermuteten die franzosischen Behorden einen moglichen Zusammenhang zwischen dem Schreiben und der Entfuhrung des deutschen Arbeitgeberprasidenten Hanns Martin Schleyer und gaben die Informationen an den baden wurttembergischen Verfassungsschutz weiter 1 Da zu diesem Zeitpunkt grosse Teile der Polizei mit dem Entfuhrungsfall Schleyer befasst waren 1 fand der Hinweis bei den deutschen Behorden zunachst keine Beachtung Erst als ein Mitarbeiter im Januar 1978 den Fahndungsaufruf im ZDF sah 5 erhielt die Sonderkommission der Kripo Baden Baden am 17 Februar 1978 einen Hinweis welcher schliesslich zur Ergreifung und Verhaftung des 52 jahrigen Hermann Kraft aus Freiburg Inhaber einer Handlung fur Aquarienzubehor fuhrte 6 Warum Kraft sein eigenes Erpresserschreiben abholte blieb bis zuletzt unklar 6 Nach der Festnahme Krafts kam es zu keinen weiteren Anschlagen 3 Prozess BearbeitenAuftakt Bearbeiten Ein Jahr nach der Festnahme Krafts wurde im Februar 1979 im Rastatter Schloss der Prozess gegen den Angeklagten eroffnet 1 Den Vorsitz fuhrte Franz Isak Richter am Landgericht Baden Baden Die Anklage war durch Oberstaatsanwalt Reiner Haehling von Lanzenauer die Verteidigung durch die Rechtsanwalte Udo Kemptner und Jurgen Laubscher vertreten Hermann Kraft wurde wegen versuchten Mordes in 25 Fallen versuchter rauberischer Erpressung und gefahrlichen Eingriffs in den Bahnverkehr angeklagt 7 Beweisfuhrung Bearbeiten Der Prozess gegen Monsieur X gilt als einer der spektakularsten der deutschen Nachkriegszeit 8 Ausgangssituation Bearbeiten Der Prozessverlauf war von Beginn an durch eine komplizierte Beweisfuhrung gekennzeichnet denn es gab keinen unmittelbaren Beweis dass Hermann Kraft der gesuchte Monsieur X ist Schwerwiegenden Indizien standen wenig glaubwurdige Zeugen zweifelhafte Gutachten und teilweise wenig belastbare Indizien gegenuber Zeugen Ein Verkaufer einer Freiburger Metallwarenhandlung bei dem der Angeklagte Schrauben gekauft haben soll konnte Kraft bei einer ersten Gegenuberstellung nicht identifizieren erst Wochen spater glaubte er Kraft erkannt zu haben 3 6 1 Eine Karlsruher Hausfrau die Kraft beim Verlassen einer Telefonzelle gesehen haben will gab vor Gericht zu bei zwei Gegenuberstellungen die falsche Person erkannt zu haben 6 Zeugen die den Angeklagten oder eine andere Person bei einem der Sabotageakte beobachtet hatten gab es nicht Fehlendes Tatwerkzeug Vierkanteisen die die Polizei bei Durchsuchungen in Krafts Werkstatt fand wiesen zwar die gleiche Beschaffenheit wie diejenigen Bugel auf die der Tater bei der Manipulation der Oberleitungen einsetzte Tatwerkzeug hingegen welches Kraft eindeutig hatte uberfuhren konnen wurde ebenso wenig gefunden wie die drei Schreibmaschinen mit denen der Erpresser die Schreiben erstellt hatte 6 1 Ein Gleisbauschlussel mit dem er Schwellenschrauben gelost haben muss oder ein Wagenheber mit dem er moglicherweise die Schienen verbog blieben ebenso unauffindbar wie der Bolzenschneider mit dem Spanndrahte gekappt worden waren Auch eine ausziehbare Stange mit der der Tater die u formigen Bugel in den Oberleitungen verankert haben konnte wurde nicht entdeckt 6 Blutgruppenanalyse Eine Analyse der Speichelspuren an Kuverts und Briefmarken von funf Erpresser Briefen ergab zwar dass sowohl Monsieur X als auch Hermann Kraft die Blutgruppe 0 haben diese kommt allerdings bei ca 37 der Bundesburger vor 3 Sonagramm Analyse Die Sonagramm Analyse d h der Stimmabdruck Vergleich von insgesamt sieben Bandmitschnitten der Polizei von Erpresser Anrufen erbrachte keine Gewissheit da ein wichtiger Frequenzbereich fehlte 3 6 Hans Goydke von der Physikalisch Technischen Bundesanstalt in Braunschweig stellte zumindest im auswertbaren Bereich weitgehend Ubereinstimmung fest 6 Dagegen hielt es der israelische Sonagramm Experte Eyal Shy von der kriminaltechnischen Abteilung der Polizei in Jerusalem wegen der schlechten Tonqualitat des Bandmaterials fur unmoglich eine bestimmte Schlussfolgerung zu ziehen 3 6 Sprachanalyse Edeltraud Knetschke vom Mannheimer Institut fur Deutsche Sprache verglich Tonbandmitschnitte mit der Stimme Krafts und erkannte in beiden eine Mischung aus vier Sprachrichtungen Neben einem thuringischen Basisdialekt auch Einflusse aus den Raumen Mannheim Saarbrucken sowie Freiburg Schweiz und der Standardsprache Ubereinstimmungen die zum Werdegang des im thuringischen Saalfeld geborenen Hermann Kraft der 1952 uber Umwege nach Freiburg kam zwar passten letztendlich aber nicht als zwingender Beweis gelten konnten 6 Anschlagpause im Fruhjahr 1976 Im Fruhjahr 1976 verzeichnete die Polizei keine weiteren Anschlage Dieser Zeitraum schien mit einer Erkrankung Krafts zusammenzufallen wie er am 4 September im sechsten Brief an die Bundesbahn selber schrieb Ein Arzt der im Prozess als Zeuge auftrat bestatigte dass Kraft zu dem Zeitpunkt am Ischiasnerv erkrankt war und sich einer Operation unterziehen musste 1 Anklage Bearbeiten Die Beweisfuhrung der Anklage beruhte auf folgenden Indizien Spielleidenschaft als Motiv Spielleidenschaft war fur die Staatsanwaltschaft das zentrale Motiv das Kraft ein leidenschaftlicher Roulette Spieler zu seinen Taten verleitet hatte Kraft hatte zuvor behauptet ein Gewinnsystem entwickelt zu haben das allerdings hohe Einsatze voraussetze 3 1 Mikrospuren Mitarbeiter des wissenschaftlichen Dienstes der Stadtpolizei Zurich hatten mit Hilfe eines speziellen Staubsaugers winzige Partikel blauer Lackfarbe auf oxidroter Grundierung grungraue Eisenglimmerfarblacke mit mennigefarbener Grundierung sowie Algenklumpchen an Krafts Kleidungsstucken und in seinem Auto gefunden Spuren die auch an zwei Tatorten gefunden wurden 6 Die Polizei hatte anschliessend 108 Lackproben genommen wobei die vom Tater verwendete Lackart in den Proben nicht gefunden wurde 7 Oberstaatsanwalt von Lanzenauer sah in den nachgewiesenen Spuren den Pfeiler der Anklage 6 Orthographische Eigentumlichkeiten Eine vergleichende Stilanalyse die der Mannheimer Professor fur Germanistik Dietrich Jons durchgefuhrt hatte ergab zwar keine Gewissheit dafur aber insgesamt 14 Ubereinstimmungen zwischen Schreiben Krafts und den Erpresserbriefen So schrieb Kraft das Wort Computer mit K oder so dass stets in einem Wort Des Weiteren kurzte er das Wort und gelegentlich mit u und beziehungsweise entweder mit bezw oder bzw ab 3 7 Verteidigung Bearbeiten Die Verteidigung zweifelte in erster Linie die Beweiskraft der Gutachten und Analysen an Hermann Kraft argumentierte dagegen nicht er selbst sondern ein gewisser Alfred Brockmann den er in der Baden Badener Spielbank kennen gelernt habe sei der gesuchte Monsieur X Kraft sagte er habe lediglich als Kurier und Mittelsmann fur Brockmann der sich ihm gegenuber als Privatdetektiv ausgab dessen Adresse er aber nicht kenne 1 gedient Gegen Honorar habe er gelegentlich Botengange ausgefuhrt und Telefongesprache mit vorgefertigtem Text gefuhrt wobei sich ihm der Sinn dieser Gesprache nicht erschlossen hatte 6 Gelegentlich habe er dem Mann auch sein Fahrzeug und Overalls uberlassen sowie Zutritt zu seiner Werkstatt gewahrt 6 Auf das von der Staatsanwaltschaft angefuhrte Motiv der Spielleidenschaft entgegnete die Verteidigung Kraft habe beim Glucksspiel lediglich geringe Summen eingesetzt 3 Zu der nach den Angaben des Verkaufers aus der Metallwarenhandlung angefertigten Phantomzeichnung merkte die Verteidigung an sie weise keinerlei Ahnlichkeiten mit dem Angeklagten auf 3 Dem Hinweis die Attentate hatten nach seiner Verhaftung aufgehort widersprach Kraft mit der unwiderlegbaren Behauptung der wahre Tater belaste ihn jetzt durch schlichte Untatigkeit 1 Urteil Bearbeiten Kraft der bis zuletzt alle Vorwurfe bestritt wurde nach zwolf Tagen 7 Hauptverhandlung im Marz 1979 vom vorsitzenden Richter Isak in allen Anklagepunkten schuldig gesprochen und zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt 9 Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Pladoyer eine Freiheitsstrafe von zweimal lebenslanglich gefordert 10 die Verteidigung auf Freispruch pladiert 9 Urteilsbegrundung Bearbeiten Obwohl im Prozess insgesamt 82 Zeugen und 20 Sachverstandige gehort wurden blieb das Gericht bei der Beweisfuhrung und dem Urteilsspruch letztendlich auf Indizien angewiesen 9 Die Schwurgerichtskammer des Landgerichts sah es dennoch als erwiesen an dass Hermann Kraft mit dem Attentater Monsieur X identisch sei 9 In der einstundigen Urteilsbegrundung fuhrte Isak alle Indizien auf die nach seiner Uberzeugung fur Hermann Kraft als Tater sprachen 7 Das Gericht befand dass die Stimme auf dem Tonband exakt der Tonfall die Art des Sprechens und das kurze Lachen des Angeklagten sei 4 Die vier Sachverstandigen hatten das Gericht in seiner Auffassung bestarkt Zudem habe der Angeklagte einmal Ich werde Sie bei der Zoll anrufen gesagt ein Fehler wie er auch dem Erpresser unterlaufen war 7 Isak verwies auf insgesamt 20 Ahnlichkeiten und Ubereinstimmungen auf den Tonbandaufzeichnungen und in den Briefen und betonte dass angesichts dieser Haufigkeit nicht mehr von Zufallen gesprochen werden konne 7 Daruber hinaus verwies Isak auf die Spuren Gutachten die an Krafts Kleidung und in seinem Auto gefunden wurden und sprach von einem knallharten unbestechlichen Beweis 7 Zudem sei in Krafts Werkstatt exakt der Vierkantstahl fur jene Bugel gefunden worden die Monsieur X bei der Sabotage an den Oberleitungen verwendet hatte 7 Andere Indizien wie etwa die Tatsache dass der Angeklagte nach Anlaufen der Fahndung sein Ausseres veranderte und wahrend der Hauptverhandlung von einem Schlauchboot sprach von dem nur er wissen konnte wenn er den Inhalt des Strassburger Erpresserbriefes kannte spielten fur Isak bei der Urteilsbegrundung fast schon eine untergeordnete Rolle 7 Der Version des Angeklagten er habe im Auftrag des Privatdetektivs gehandelt schenkte das Gericht keinen Glauben da eine Person mit dem Namen Alfred Brockmann nicht existiere 7 Angesichts der Spielleidenschaft des Angeklagten der billigend zahlreiche Menschenleben riskiert habe um sein todsicheres Roulette System zu finanzieren schloss Isak jede Art von mildernden Umstanden bei der Hohe des Strafmasses aus 7 Revision Bearbeiten Die Verteidigung legte gegen das Urteil Einspruch ein da die Gutachten ihrer Auffassung nach zu viele Zweifel offengelassen hatten 9 Am 30 August 1979 verwarf der Bundesgerichtshof in Karlsruhe die Revision der Verteidigung und erklarte das Urteil fur rechtskraftig 10 Spater wurde Kraft eine Verkurzung seiner Haftzeit auf 18 Jahre gewahrt 11 Offene Fragen Bearbeiten Trotz der Last an Indizien blieben Fragen offen die sich der Argumentationslogik der Anklage entzogen Die Frage warum der Angeklagte der den Brief in dem Strassburger Hotel abgeholt hatte sich der potenziellen Gefahr ausgesetzt hatte enttarnt zu werden 6 Die Frage nach einer Ubernachtungsquittung eines jugoslawischen Gasthofs die die Polizei bei einer Wohnungsdurchsuchung des Angeklagten fand und die auf einen Tag im September 1977 datiert war Genau an diesem Tag war bei der Bundesbahndirektion Karlsruhe ein Bekenneranruf eingegangen Kraft behauptete die Quittung sei fur ihn zu Beginn einer Jugoslawien Reise ausgestellt worden 6 Haftzeit Bearbeiten Kraft sass in den Justizvollzugsanstalten Stuttgart Stammheim Bruchsal und Diez ein In der Haft schrieb Kraft eine Dokumentation mit dem Titel Die immer erfolgreiche Justiz und einen Roman mit dem Titel Die Mondschein Attentater 8 Im Juni 1993 wies ein Oberlandesgericht eine Beschwerde Krafts ab mit der er sich fur eine Verkurzung seiner Haftzeit von 18 auf 16 5 Jahre einsetzte 11 Am 7 September 1993 konnte Hermann Kraft aus der Justizvollzugsanstalt Diez fliehen Dabei nutzte er einen Freigang in der Anstaltsgartnerei zur Flucht 12 Wenige Tage spater schrieb er unter dem Absender Hermann Kraft Gefangener a D von JVA Diez einen Brief an die Anstalt in dem er beteuerte er sei unschuldig Sechzehneinhalb Jahre Haft habe er hingenommen doch achtzehn Jahre seien zuviel 11 Spater sagte Kraft er sei nicht geflohen sondern einfach weggelaufen Er habe in bereits gelockertem Vollzug in der Anstaltsgartnerei gearbeitet 8 Nach eigenen Angaben hat Kraft in der Folgezeit bei Freunden geschlafen und gelegentlich gearbeitet Als ihm das Geld ausging habe er beschlossen sich zu stellen 8 Anfang Februar 1996 bat Kraft an der Justizvollzugsanstalt Freiburg darum wieder inhaftiert zu werden 13 Entlassen wurde er Ende der 1990er Jahre 8 Nach der Haft Bearbeiten Nach der Haftentlassung uberarbeitete Kraft das Manuskript fur sein Buch das jedoch von keinem Verlag angenommen wurde 8 Ende 2007 wohnte er in einem kleinen Ort im Breisgau und beteuerte in einem Gesprach mit einem Journalisten erneut seine Unschuld Er habe Botengange fur den eigentlichen Tater einen Privatdetektiv Alfred Brockmann ausgefuhrt Dieser habe ihm suggeriert dass es um die Jagd auf Verbrecher gegangen sei 8 Kraft starb 2015 14 Sonstiges BearbeitenDer die Ermittlungen leitende Oberstaatsanwalt von Lanzenauer schrieb uber den Fall spater ein Buch welches beim Justizministerium von Baden Wurttemberg Bedenken hervorrief Von Lanzenauer hatte das Buch ohne Absprache mit der Behorde geschrieben Das Ministerium sah Parallelen zum Fall des Soldatenmordes von Lebach der verfilmt und dessen Ausstrahlung durch das Bundesverfassungsgericht im sogenannten Lebach Urteil untersagt wurde da Personlichkeitsrechte von einer der beteiligten Personen verletzt wurden 10 Der Strassburger Hotelier Fernand Anolde der den entscheidenden Hinweis Nr 2498 3 zur Ergreifung des Taters gab erhielt eine Belohnung in Hohe von 110 000 DM wobei die Bundesbahn allein 100 000 DM auszahlte der restliche Betrag entfiel auf die Staatsanwaltschaft 10 Eine Illustrierte bot Kraft eine hohe Geldsumme fur seine Lebensgeschichte unter der Bedingung dass er vorher gestehen musse Monsieur X zu sein und die Straftaten begangen zu haben 1 Die Anschlagserie diente spater auch dem Eisenbahnattentater Herbert der Sager der in den 1990er Jahren mit ahnlichen Anschlagen die Bundesbahn erpresste als Vorbild 4 Der Fall wurde Ende 1996 im Rahmen von Eduard Zimmermanns neunteiliger Reihe Verbrechen die Geschichte machten bei Sat 1 ausgestrahlt Wolf Dietrich Sprenger spielte dabei Monsieur X Gunther Schramm in der Rolle des Kriminalrat Kielmeier 15 16 Kraft ist Vater eines Sohnes Nach eigenen Angaben wurde seine Ehe im Jahr nach seiner Verurteilung geschieden 8 Literatur BearbeitenReiner Haehling von Lanzenauer Der Eisenbahnattentater Monsieur X Von der Spur zum Beweis Kriminalistik Verlag Heidelberg 1980 ISBN 3 7832 0680 4 Einzelnachweise Bearbeiten a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t Noch viele Ratsel um Monsieur X In Die Zeit 16 Februar 1979 a b c d e f g h i j k l m n o Sabotage Ab und zu Brocken In Der Spiegel 40 1977 26 September 1977 a b c d e f g h i j k l m n o p Kriminalitat Dunkle Stimme In Der Spiegel 39 1978 25 September 1978 a b c Wenn der Trennjager kreischt In Der Spiegel 14 1992 30 Marz 1992 a b Die zehn spektakularsten Falle Aktenzeichen XY Bahnanschlage von Monsieur X auf Focus Online 6 Dezember 2012 a b c d e f g h i j k l m n o p q Prozesse Stumme Zeugen In Der Spiegel 9 1979 26 Februar 1979 a b c d e f g h i j k l Knallharte Beweise Zum Urteil gegen den Eisenbahnattentater Monsieur X In Die Zeit 16 Marz 1979 a b c d e f g h Patrick Muller Der Mondschein Attentater In Badische Zeitung 16 Oktober 2007 S 15 a b c d e Urteil Hermann Kraft In Der Spiegel 11 1979 12 Marz 1979 a b c d Kriminalitat Stuck um Stuck In Der Spiegel 36 1980 1 September 1980 a b c Monsieur X schickt einen Brief In Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr 211 11 September 1993 ISSN 0174 4909 S 8 Monsieur X aus dem Gefangnis geflohen In Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr 209 9 September 1993 ISSN 0174 4909 S 10 Geflohener Bundesbahn Erpresser stellt sich der Polizei In Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr 31 6 Februar 1995 ISSN 0174 4909 S 8 Patrick Muller Vor zehn Jahren gab der Bahn Erpresser sein letztes Interview In badische zeitung de 16 Oktober 2017 abgerufen am 6 Marz 2018 Volker Lilienthal Patina des Gestrigen In Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr 32 7 Februar 1997 ISSN 0174 4909 S 36 Verbrechen die Geschichte machten fernsehserien de nbsp Dieser Artikel ist als Audiodatei verfugbar source source Speichern 35 15 min 15 1 MB Text der gesprochenen Version 9 August 2021 Mehr Informationen zur gesprochenen Wikipedia Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Monsieur X amp oldid 221230242