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Die Mission Interalliee de Controle des Usines et des Mines Abkurzung MICUM deutsch Interalliierte Kontrollkommission fur die Hutten und Bergwerke war ein interalliiertes Organ unter franzosischer belgischer und italienischer Beteiligung das zur Ruhrbesetzung 1923 geschaffen worden war um die Leistungsfahigkeit von Zechen und Fabriken im rheinisch westfalischen Industriegebiet zur Erbringung deutscher Reparationen nach dem Ersten Weltkrieg zu prufen Das Wirken dieser Kommission stand im historischen Kontext der Ruhrfrage und der geopolitischen Situation nach dem Versailler Vertrag Geschichte BearbeitenDie Kommission bestand aus 72 Fachleuten hauptsachlich Ingenieuren 64 Franzosen sechs Belgier und zwei Italiener Ihr Prasident war zunachst Emile Coste 1864 1945 ein hoher Beamter des franzosischen Ministeriums fur offentliche Arbeiten und Mitglied einer von Jacques Seydoux im franzosischen Aussenministerium geleiteten Arbeitsgruppe ab Marz 1923 Paul Frantzen 1880 1935 ein franzosischer Bergwerksingenieur Alle Fachleute waren von der Haute Commission Interalliee des Territoires Rhenans HCITR von Ministerien oder der Privatwirtschaft abgestellt Die Kommission war formal unabhangig von der HCITR und sollte wahrend der Ruhrbesetzung die tatsachliche Leistungsfahigkeit der Gruben und Fabriken im Ruhrgebiet feststellen Insbesondere uberprufte sie die Programme des Rheinisch Westfalischen Kohlensyndikats in Essen welches die Reparationslasten auf die einzelnen Gruben verteilt hatte Gegebenenfalls sollte die MICUM neue Reparationsplane aufstellen Zur Unterstutzung der Arbeit der MICUM entsandten Frankreich und Belgien ein Expeditionskorps das zusammen mit der Kommission unter Berufung auf 18 der Anlage II des Teils VIII des Versailler Vertrags am 11 Januar 1923 in das Einsatzgebiet einruckte Die Arbeit der MICUM traf auf unerwartete Schwierigkeiten Zum einen hatte das Kohlensyndikat das Hauptziel der Nachforschungen zwei Tage vor Beginn der Ruhrbesetzung seine gesamten Unterlagen nach Hamburg geschafft Zum anderen hatte die Reichsregierung unter Wilhelm Cuno einen passiven Widerstand gegen die Ruhrbesetzung erklart dem eine Massenbewegung folgte Jedem Beamten war es verboten Anweisungen der Besatzer entgegenzunehmen nbsp The Complete French Invasion in the Ruhr District Illustration zur Ruhrbesetzung in der New York Times vom 18 Januar 1923 nbsp Franzosische Soldaten im Verwaltungsgebaude des Rheinisch Westfalischen Kohlen Syndikats in Essen 1923 nbsp Hande weg vom Ruhrgebiet antifranzosisches Protestplakat Theo Matejko 1923Um den Widerstand zu brechen liess das franzosische Besetzungsregime unter General Jean Marie Degoutte dessen operative Leitung vor Ort in Bezug auf zivile Stellen in den Handen von Joseph Denvignes im Dusseldorfer Stahlhof lag widerstandige Beamte und exponiertes Eisenbahnpersonal ausweisen Zwischen Januar und November 1923 waren von diesen Ausweisungen 147 000 Deutsche betroffen Zudem wurden Zechen Kokereien und wenig spater auch Eisen und Stahlwerke stillgelegt Ausserdem riegelte franzosisches und belgisches Militar das besetzte Gebiet vom ubrigen Reichsgebiet wirtschaftlich ab Die so entstandene innerdeutsche Zollgrenze beschrankte die Ausfuhr bestimmter Guter besonders Kohlen nicht jedoch Lebensmittellieferungen Innerhalb des abgeriegelten Gebiets wurden Steuer und Zolleinnahmen sowie die Gewinne aus den staatlichen Domanen vor allem Forste und Bergwerke als Reparationen gepfandet um auf Regierungsstellen und Bevolkerung Druck auszuuben Im Rahmen des Besatzungsregimes versuchte die von Ministerprasident Raymond Poincare geleitete franzosische Strategie neben der wirtschaftlichen Abtrennung der besetzten Gebiete vom Reich auch deren politische Abspaltung vorzubereiten Frankreich ubernahm formal unter Aufsicht der Alliierten und mit franzosischem und belgischen Personal die Eisenbahnregie uber die Strecken im besetzten Gebiet und unternahm Versuche zur Schaffung einer neuen Wahrung Vermittlungsbemuhungen die nach dem Rucktritt des Reichskanzlers Cuno und dem Regierungsantritt Gustav Stresemanns am 13 August 1923 eingesetzt hatten verliefen zunachst ergebnislos Am 26 September 1923 verkundete die Regierung Stresemann die Beendigung des passiven Widerstandes dessen Finanzierung den Reichshaushalt mit taglich 40 Millionen Goldmark belastet hatte und nun den Hauptgrund fur die Entstehung einer Hyperinflation bildete Unverandert weigerte sich die Reparationskommission jedoch mit der Reichsregierung uber Kohlenlieferungen zu verhandeln In dieser Situation schloss die MICUM Liefervertrage mit einzelnen Zechen ab Dadurch entstanden Verhandlungen zwischen der MICUM und dem Zechenverband mit dem Ziel eine Gesamtlosung zu erreichen 1 Grossbritannien und die Vereinigten Staaten die das Vorgehen Frankreichs bereits von Anfang an kritisch beurteilt hatten wollten das Geschehen nicht mehr weiter hinnehmen So stellte die Londoner Regierung unter Stanley Baldwin in einer Note vom 11 August 1923 erstmals die Rechtmassigkeit der Ruhrbesetzung in Frage und US Prasident Warren G Harding schlug erneut die Einsetzung einer Expertenkommission oder einer Regierungskonferenz zur Losung der Reparationsfrage vor Die franzosische Regierung liess sich von ihrem Kurs dadurch jedoch zunachst nicht abbringen In einem gemeinsamen Bericht vom 20 Dezember 1923 forderten das franzosische Aussenministerium die HCITR und die MICUM gar eine Beteiligung franzosischer Unternehmen an deutschen Bergwerken Diese Forderung loste Befurchtungen aus es konne ein deutsch franzosischer Wirtschaftsblock entstehen zumal sich unter Fuhrung des deutschen Industriellen Hugo Stinnes eine sogenannte Sechserkommission gebildet hatte die in Vertragen zu einem MICUM Abkommen im Begriff war sich mit der MICUM auf einen Rahmen fur die Wiederaufnahme der Arbeit der rheinisch westfalischen Schwerindustrie zu einigen Bereits im Juni 1923 hatte der Kolner Stahlhandler Otto Wolff dem franzosischen Zivilgouverneur Devignes eine Annaherung und Anbindung des rheinisch westfalischen Raum an Frankreich vorgeschlagen Das MICUM Abkommen das in einer Reihe von Vertragen bis zum 3 September 1924 ausverhandelt wurde trug schon wahrend seiner Entstehung dazu bei die wirtschaftliche und politische Situation zu stabilisieren Parallel wirkte die Reichsregierung darauf hin dass soziale Unruhen und separistische Tendenzen im Rheinland die Frankreich indirekt unterstutzt hatte niedergeschlagen wurden Innen wie aussenpolitisch verlor unterdessen der franzosische Ministerprasident Poincare Unterstutzung fur seine Linie in der Ruhrpolitik Auch wenn per Saldo im Zuge der Ruhrbesetzung von Frankreich mehr Geld eingenommen als ausgegeben wurde hatten die Ereignisse auch die franzosische Kohlenversorgung Wirtschaft und Wahrung in Mitleidenschaft gezogen und die Welt gegen Frankreich aufgebracht In der Reparationsfrage hatte die Ruhrbesetzung keinen wirklichen Durchbruch erzielt Erst der am 16 August 1924 unterzeichnete Dawes Plan der auf Druck der Vereinigten Staaten in der Londoner Konferenz verhandelt worden war fuhrte zu einer internationalen Regelung dieser Frage Im Juli August 1925 beendete Frankreich die Ruhrbesetzung Literatur BearbeitenRalph Blessing Der mogliche Frieden Die Modernisierung der Aussenpolitik und die deutsch franzosischen Beziehungen 1923 1929 Pariser Historische Studien Band 76 Oldenbourg Munchen 2008 ISBN 978 3 4865 8027 3 S 91 ff insbesondere S 102 Interalliierte Kontrollkommission fur die Hutten und Bergwerke Hrsg Das Micum Abkommen des Ruhrbergbaues Dusseldorf 1924 Einzelnachweise Bearbeiten Dieter Ziegler Die Kohlennot 1919 1923 Der Versailler Vertrag und der deutsche Steinkohlenbergbau In Dieter Ziegler Jan Otmar Hesse 1919 Der Versailler Vertrag und die deutschen Unternehmen Schriftenreihe zur Zeitschrift fur Unternehmensgeschichte Band 35 De Gruyter Oldenbourg Berlin 2022 ISBN 978 3 1107 6518 2 S 64 f Normdaten Korperschaft GND 16216015 X lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mission Interalliee de Controle des Usines et des Mines amp oldid 236181526