www.wikidata.de-de.nina.az
Der Minsker Prozess auch Minsker Kriegsverbrecherprozess genannt fand vom 15 bis 29 Januar 1946 in der belarussischen Stadt Minsk gegen achtzehn Angeklagte darunter die deutschen Generale Richert Herf und von Erdmannsdorff vor einem sowjetischen Militartribunal statt 1 Inhaltsverzeichnis 1 Rechtsgrundlagen 2 Prozess 3 Rezeption 4 Weblinks 5 Literatur 6 EinzelnachweiseRechtsgrundlagen BearbeitenDurch Dekret vom 2 November 1942 war die Ausserordentliche Staatliche Kommission fur die Feststellung und Untersuchung der Verbrechen der deutschen faschistischen Eindringlinge ins Leben gerufen worden Am 19 April 1943 erliess das Prasidium des Obersten Sowjets den Ukas 43 der anordnete dass deutsche italienische rumanische ungarische und finnische Verbrecher die der Mordtaten und Misshandlungen an der Zivilbevolkerung und an gefangenen Rotarmisten uberfuhrt worden sind sowie Spione und Vaterlandsverrater unter den Sowjetburgern mit der Todesstrafe durch Erhangen zu bestrafen sind Damit war schon vor der Moskauer Erklarung der Alliierten in der Sowjetunion die Verfolgung von Kriegsverbrechern und Kollaborateuren in einer unionsweiten Rechtsvorschrift geregelt worden 2 Prozess BearbeitenDer Prozess fand vor dem Militartribunal des Minsker Militarbezirks unter Vorsitz von Generalmajor Kedrov statt und endete mit der Verurteilung aller achtzehn Angeklagten Anklagepunkte waren die Liquidierung von Zivilisten im sogenannten Partisanenkampf die Ausplunderung des Landes mit Hilfe der Wirtschaftsorganisation Ost die Ermordung und Deportationen von Mannern und Frauen die Behandlung und Ermordung von Kriegsgefangenen sowie die Vernichtung der judischen Bevolkerung 3 Wichtig war allen sowjetischen Prozessbeteiligten den Grad der personlichen Initiative jedes Beschuldigten darzustellen 4 Bei der Zuweisung personlicher Schuld ging das Gericht den tatsachlichen Verhaltnissen nicht immer auf den Grund 5 Vierzehn Angeklagte wurden zum Tode und vier zu Zwangsarbeit verurteilt Die Hinrichtungen durch Hangen fanden am 30 Januar 1946 vor mehr als 100 000 Menschen auf der Pferde Rennbahn von Minsk statt 6 Angeklagte 7 Name Jhrg Rang Funktion UrteilJohann Georg Richert 1890 Generalleutnant des Heeres Kommandeur der 286 Sicherungs Division TodesstrafeEberhard Herf 1887 Generalmajor der Polizei und SS Brigadefuhrer Kommandeur der Ordnungspolizei im Raum Minsk TodesstrafeGottfried Heinrich von Erdmannsdorff 1893 Generalmajor des Heeres Kommandant von Mogilew TodesstrafeGeorg Robert Weissig 1896 Oberstleutnant der Polizei Kommandeur des 26 Pol Regiments TodesstrafeErnst August Falk 1917 Hauptmann der Polizei Bataillonskommandeur im 26 Pol Regiment TodesstrafeReinhard Georg Moll 1891 Major des Heeres Kommandant von Bobruisk und Paritschi TodesstrafeCarl Max Languth 1898 Hauptmann des Heeres stv Kommandant des Kriegsgefangenenlagers Bobruisk TodesstrafeHans Hermann Koch 1914 SS Obersturmfuhrer und Gestapo Kommissar Chef der Sipo in Orel Orscha Borissow und Slonim TodesstrafeRolf Oskar Burchard 1907 Leutnant Sonderfuhrer Kommandantur Bobruisk TodesstrafeAugust Josef Bittner 1894 Leutnant Sonderfuhrer und Chef der landwirtschaftlichen Kommandantur Bobruisk TodesstrafeBruno Max Gotze 1898 Hauptmann des Heeres Kommandant von Bobruisk 20 Jahre ZwangsarbeitPaul Karl Eick 1897 Hauptmann des Heeres stv Kommandant in Orscha 8 TodesstrafeBruno Franz Wittmann 1901 Wachtmeister Gendarmerie in Minsk TodesstrafeFranz Hess 1909 SS Unterscharfuhrer 32 Sonderkommando des SD in Minsk TodesstrafeHeinz Johann Fischer 1923 Gefreiter SS Division Totenkopf TodesstrafeHans Josef Hochtl 1924 Gefreiter 718 Ausbildungsfeldregiment 20 Jahre ZwangsarbeitAlois Kilian Hetterich 1924 Gefreiter 595 Infanterie Regiment ZwangsarbeitAlbert Johann Rodenbusch 1915 Soldat 635 Ausbildungsregiment 15 Jahre ZwangsarbeitAlois Hetterich gibt bei einer spateren Vernehmung durch die Kriminalpolizei Wurzburg 1975 an sein Gestandnis sei ihm durch Schlage Hitzebehandlung und mehrfachen Aufenthalt in der sogenannten Tropfsteinhohle abgepresst worden 9 Rezeption BearbeitenDie Forschung zu den Kriegsverbrecherprozessen in der Sowjetunion beurteilt den Beitrag zur juristischen Aufarbeitung des Nationalsozialismus insgesamt negativ Es hatte sich um Schauprozesse gehandelt bei denen es nicht um die Wahrheitsfindung sondern um kollektive Abstrafung politische Ziele und propagandistische Verwertung gegangen ware Allerdings unternahm die Sowjetfuhrung in der Nachkriegszeit massive Anstrengungen zur Professionalisierung und Burokratisierung der Justizorgane und erzielte dort deutliche Erfolge gemessen an sowjetischen Standards Die Qualitat der Rechtsprechung der sowjetischen Militartribunale verbesserte sich in den Nachkriegsjahren tatsachlich 10 Laut Andreas Hilger ist es von besonderer Tragik dass die Sowjetunion die mit ihren Burgern vorrangiges Ziel deutscher Vernichtungspolitik gewesen war sich selbst als unfahig erwies einen gultigen Beitrag zur gerichtlichen Aufarbeitung dieser Periode zu leisten 11 Manfred Messerschmidt weist darauf hin dass der Prozess den Angeklagten bessere verfahrensrechtliche Moglichkeiten bot als sowjetischen Gefangenen vor deutschen Militargerichten sofern diesen uberhaupt ein gerichtliches Verfahren zugestanden wurde 12 Manfred Zeidler macht Widerspruche in den Sachverhaltsdarstellungen zu spateren Zeugenaussagen in anderen Prozessen und zu Ermittlungsergebnissen der Ludwigsburger Zentralstelle geltend und erklart dass der Prozess zu viele Fragen offen lasst 13 Weblinks BearbeitenMinsk trials over war criminals 1946 Film 4 Minuten russisch auf YouTube Der Minsker Kriegsverbrecherprozess vom Januar 1946 Manfred Zeidler Literatur BearbeitenAndreas Hilger Die Gerechtigkeit nehme ihren Lauf In Norbert Frei Hrsg Transnationale Vergangenheitspolitik Der Umgang mit deutschen Kriegsverbrechern in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg Gottingen Wallstein 2006 S 180 246 ISBN 978 3 89244 940 9 Manfred Messerschmidt Der Minsker Prozess 1946 Gedanken zu einem sowjetischen Kriegsverbrechertribunal In Hannes Heer Klaus Naumann Hg Vernichtungskrieg Verbrechen der Wehrmacht 1941 1944 Frankfurt am Main Zweitausendeins 6 Auflage 1997 ISBN 3 86150 198 8 S 551 568 Manfred Zeidler Der Minsker Kriegsverbrecherprozess vom Januar 1946 Vierteljahrshefte fur Zeitgeschichte 2004 Heft 2 S 211 244 Einzelnachweise Bearbeiten Manfred Zeidler Stalinjustiz contra NS Verbrechen Hannah Arendt Institut 1996 ISBN 3 931648 08 7 S 28 Manfred Zeidler Stalinjustiz contra NS Verbrechen Hannah Arendt Institut 1996 ISBN 3 931648 08 7 S 16 f Manfred Messerschmidt Der Minsker Prozess 1946 S 552 f Manfred Zeidler Der Minsker Kriegsverbrecherprozess vom Januar 1946 S 231 Manfred Messerschmidt Der Minsker Prozess 1946 S 565 f Manfred Messerschmidt Der Minsker Prozess 1946 S 552 Manfred Messerschmidt Der Minsker Prozess 1946 S 560 On November 26 and 27 1941 Germans under the command of Paul Karl Eick murdered most of the ghetto population about 1 800 people at the Jewish cemetery Orscha in Guy Miron Hrsg The Yad Vashem encyclopedia of the ghettos during the Holocaust Jerusalem Yad Vashem 2009 ISBN 978 965 308 345 5 S 554f Manfred Zeidler Der Minsker Kriegsverbrecherprozess vom Januar 1946 S 237 Tanja Penter Das Urteil des Volkes S 130 f Andreas Hilger Die Gerechtigkeit nehme ihren Lauf S 245 Manfred Messerschmidt Der Minsker Prozess 1946 S 566 Manfred Zeidler Der Minsker Kriegsverbrecherprozess vom Januar 1946 S 244 Kriegsverbrecherprozesse gegen Deutsche in der Sowjetunion wahrend und nach dem Zweiten Weltkrieg Brjansk Charkow Kiew Krasnodar Leningrad Mariupol Minsk Nikolajew Riga Smolensk Welikije Luki Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Minsker Prozess amp oldid 239254186