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Das Ungarische Demokratische Forum ungarisch Magyar Demokrata Forum MDF war eine ungarische Partei mit konservativer Ausrichtung die von 1987 bis 2011 bestand Magyar Demokrata ForumUngarisches Demokratisches ForumParlamentssitze 0 von 386 Orszaggyules 2010 EP Fraktion EKRWebsite Magyar Demokrata Forum Memento vom 27 September 2011 im Internet Archive Sie wurde 1987 wahrend der Endphase der kommunistischen Einparteienherrschaft in Ungarn gegrundet Nach der Wende war sie eine der wichtigsten Parteien des Landes fuhrte von 1990 bis 1994 die Regierung und gestaltete die Transformation des Landes entscheidend mit Als Volkspartei rechts der Mitte vereinte sie liberalkonservative christdemokratische und ungarisch nationalistische Stromungen Nach mehreren Abspaltungen verlor sie ab der zweiten Halfte der 1990er Jahre kontinuierlich an Einfluss Zwischen 1998 und 2004 trat sie als kleinerer Partner der Fidesz Partei an die sie in ihrer Rolle als wichtigste Partei rechts der Mitte abgelost hat Seit 2010 ist sie nicht mehr im ungarischen Parlament vertreten Nach der Auflosung 2011 trat die Splitterpartei Demokratische Gemeinschaft des Wohlstands und der Freiheit Jolet es Szabadsag Demokrata Kozosseg JESZ ihre Rechtsnachfolge an Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Grundung 1 2 Zeit des Umbruchs 1988 89 1 3 Regierungsphase 1990 1994 1 4 Niedergang 2 Weblinks 3 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenGrundung Bearbeiten Das Ungarische Demokratische Forum wurde im Herbst 1987 gegrundet Damals stand Ungarn unter der Einparteienherrschaft der Ungarischen Sozialistischen Arbeiterpartei MSzMP Das erste Treffen fand am 3 September 1987 in dem sudungarischen Dorf Lakitelek statt Das Forum war zunachst eher eine lockere Bewegung als eine Partei im eigentlichen Sinne Seine Grunder waren zumeist christlich und national gesinnte Intellektuelle Sie standen in der ideologischen Tradition der nepi nemzeti volkstumlich oder populistisch nationalen Bewegung 1 die in Ungarn seit dem Ende des 19 Jahrhunderts der urbanus urbanistischen Richtung gegenubersteht siehe Populisten und Urbane Das Forum war auf nationale und kulturelle Traditionen fokussiert und strebte eine radikal basisdemokratische Politik sowie einen dritten Weg zwischen Kapitalismus und Kommunismus an 2 Ein Thema das die Grundungsmitglieder beschaftigte war die besorgniserregende Situation der magyarischen Minderheit im benachbarten Rumanien unter Nicolae Ceaușescu 3 Die Opposition des Forums gegen die kommunistische Herrschaft war gemassigter als die des uberwiegend stadtischen pro westlichen und liberalen Bunds Freier Demokraten SzDSz und des Bunds Junger Demokraten FiDeSz die kurze Zeit spater gegrundet wurden Anders als diese strebte das MDF ein Bundnis mit reformorientierten Kraften in der MSzMP an namentlich mit dem Mitglied des Politburos Imre Pozsgay 2 der an dem Treffen in Lakitelek teilgenommen hatte und zu der Zeit Generalsekretar der Patriotischen Volksfront HNF dem Dachverband der mit der kommunistischen Partei verbundenen Massenorganisationen war 4 Das Forum wurde als konstruktive Opposition angesehen und nicht als eine so grosse Gefahr wie die Freien Demokraten um Janos Kis 3 Zeit des Umbruchs 1988 89 Bearbeiten Bei einem zweiten Treffen in Lakitelek ein Jahr nach dem ersten machte das Ungarische Demokratische Forum seine Grundung publik Dies wurde durch das neue Vereinigungs und Versammlungsgesetz vom September 1988 ermoglicht 5 Um nicht mittels einer Taktik des Teile und Herrsche ausgeschaltet zu werden schlossen sich die verschiedenen oppositionellen Gruppen im Marz 1989 zum Runden Tisch der Opposition zusammen Gemeinsam nahmen sie am dreiseitigen Nationalen Runden Tisch mit der MSzMP und den Massenorganisationen teil die im Juni 1989 begannen 6 Der Runde Tisch konnte nicht fur alle strittigen Fragen eine Losung finden Insbesondere gab es Uneinigkeit unter den Oppositionsparteien ob vor Ende des Jahres direkte Prasidentschaftswahlen abgehalten werden sollten Die MSzMP hatte sich im Oktober 1989 in die Ungarische Sozialistische Partei MSzP umgewandelt und Imre Pozsgay galt als aussichtsreicher Kandidat bei direkten Prasidentschaftswahlen Angesichts seines guten Verhaltnisses zu Pozsgay hatte das MDF nichts gegen dieses Szenario Die Freien Demokraten und Fidesz wollten dagegen unbedingt einen direkt gewahlten sozialistischen Prasidenten verhindern und verlangten daher ein Referendum das im November 1989 abgehalten wurde Der SzDSz griff das MDF heftig an und bezeichnete es als Freunde der Kommunisten und Kollaborateure Die Initiatoren der Volksabstimmung waren der Meinung dass zuerst Parlamentswahlen abgehalten werden sollten das MDF befurwortete hingegen unmittelbare Prasidentschaftswahlen und rief daher dazu auf in dieser Frage mit nein zu stimmen Letztendlich setzte sich die ja Seite mit knapper Mehrheit durch 7 nbsp Jozsef Antall Parteivorsitzender und Ministerprasident 1990 93 Im Oktober 1989 wahlte die Partei Jozsef Antall zu ihrem Vorsitzenden Mit Antalls Ablosung des Grundungsvorsitzenden Zoltan Biro bewegte sich das MDF zunehmend weg von den reinen nepi nemzeti Positionen des Grunderkreises Antall kam aus einer christdemokratischen Traditionslinie und offnete die Partei fur ein breiteres politisches Spektrum einschliesslich nationalliberaler oder liberalkonservativer Stromungen und auch fur breitere Gesellschaftsschichten insbesondere fur die national orientierte und christliche Mittelschicht Sie entwickelte sich zu einer Volkspartei rechts der Mitte oder gar zu einer catch all Partei Sammelpartei 1 8 Das MDF stand nun uberwiegend fur einen proeuropaischen Kurs Offenheit fur einen westlichen Lebensstil eher nach deutschem als nach amerikanischem Vorbild Einen sachten staatlich gelenkten Ubergang zur Marktwirtschaft zog es der sogenannten Schocktherapie vor wie sie in anderen Transformationsstaaten zum Einsatz kam Anders als die anderen demokratischen Oppositionsparteien setzte sie sich fur eine Aussohnung mit der ehemaligen kommunistischen Staatspartei ein damit zog sie auch fruhere MSzMP Mitglieder an 1 Regierungsphase 1990 1994 Bearbeiten Im Marz und April 1990 gewann das MDF ersten freien Parlamentswahlen nach dem Ende der Herrschaft der Kommunisten in Ungarn mit 24 7 der Stimmen und 164 der 386 Sitze Es bildete eine Mitte rechts Koalition mit der ideologisch nahestehenden Unabhangigen Partei der Kleinlandwirte FKgP und Christlich Demokratischen Volkspartei KDNP Jozsef Antall wurde Ministerprasident 9 Da die Verfassung damals noch fur viele Gesetze eine Zwei Drittel Mehrheit verlangte schloss das MDF ein Austauschgeschaft mit dem liberalen SzDSz der zweitstarkste Partei geworden war Arpad Goncz vom SzDSz wurde zum Staatsprasidenten gewahlt dafur wurde die Zahl der Gesetze die nur mit Zwei Drittel Mehrheit beschlossen werden konnten deutlich reduziert Das erhohte die Stabilitat und Handlungsfahigkeit der Regierung 10 Das MDF war zu dieser Zeit in zwei interne Hauptstromungen geteilt Die einflussreichere war Antalls Regierungsflugel der sich durch pragmatischen Liberalkonservatismus Konstitutionalismus und Legalismus auszeichnete Die Regierung Antall fuhrte wichtige Reformen durch die Ungarns Ubergang von der kommunistischen Herrschaft abschlossen etwa die Gesetze uber die Kommunalverwaltung den Beamtenstatus und die Wiedergutmachung von Unrecht des alten Systems Traditionelle und religiose Werte und nationale Ideen spielten daneben aber in der Rhetorik der MDF eine grossere Rolle als bei ihren konservativen und christdemokratischen Entsprechungen in westeuropaischen Landern 11 Der rechte radikal populistische und nationale Flugel innerhalb der Partei zeichnete sich durch ausgepragten Antikommunismus und Antiliberalismus mit antisemitischer antiwestlicher und letztlich antidemokratischer Rhetorik aus 1 Seine Fursprecher verlangten eine systematische Sauberung offentlicher Positionen von ehemaligen Kommunisten und die Entlassung von vermeintlich un nationalen Verantwortlichen bei Fernseh und Radiosendern Sie griffen auch den liberalen SzDSz den sie als kosmopolitisch liberal bolschewistisch und judisch verunglimpften und daher als unvereinbar mit der Denkrichtung der gewohnlichen Ungarn ansahen Ab 1992 wuchs die Distanz zwischen den Nationalradikalen und dem moderaten Regierungsflugel immer mehr und im Jahr 1993 traten die meisten von ihnen aus der Partei aus um neue Rechtsaussen Parteien zu grunden die wichtigste darunter war die Ungarische Wahrheits und Lebenspartei MIEP unter Istvan Csurka einem MDF Grundungsmitglied 11 12 Nach Antalls Tod im Dezember 1993 wurde sein Parteikollege Peter Boross neuer Ministerprasident Er fuhrte die Regierung bis zur Parlamentswahl im Mai 1994 Der Verteidigungsminister Lajos Fur ubernahm den Parteivorsitz des MDF Niedergang Bearbeiten Die Wahl des Jahres 1994 brachte dem MDF eine katastrophale Niederlage Es fiel auf 12 0 der Stimmen und 38 Sitze zuruck und landete auf einem abgeschlagenen dritten Platz hinter den wiedererstarkten Sozialisten und dem liberalen SzDSz Wahrend die Partei in der Opposition war hielten die internen Streitigkeiten zwischen Konservativen wie Boross und Sandor Lezsak und Moderaten um Ivan Szabo an Nachdem Lezsak 1996 die Wahl zum Parteivorsitzenden gewonnen hatte verliessen Szabo und die meisten der Regierungsmitglieder der Antall Zeit die Partei und grundeten die Ungarische Demokratische Volkspartei MDNP 13 Bei der Parlamentswahl 1998 schnitten beide Parteien sehr enttauschend ab MDF 2 8 MDNP 1 3 wahrend die rechtsextreme MIEP 5 5 der Stimmen errang Das MDF hatte jedoch in einigen Wahlkreisen gemeinsame Kandidaten mit Fidesz aufgestellt der sich nach 1994 von liberal zu konservativ gewandelt hatte und sicherte sich so 17 Sitze im Parlament Die Partei trat einer Fidesz gefuhrten Koalitionsregierung unter dem Ministerprasidenten Viktor Orban bei der auch die Kleinlandwirtepartei angehorte 14 nbsp Ibolya David Parteivorsitzende 1999 2010Die Europaische Volkspartei EVP nahm das MDF 1998 als Beobachter auf stufte es 2001 zum assoziierten und 2004 zum Vollmitglied hoch 15 Von 1999 bis 2010 wurde die Partei von Ibolya David gefuhrt Zur Parlamentswahl 2002 intensivierten Fidesz und MDF ihre Kooperation und traten landesweit mit einer gemeinsamen Liste an Es gab sogar Geruchte dass das Forum mittelfristig ganz mit Fidesz verschmelzen konnte Die 24 gewahlten MDF Abgeordneten bildeten jedoch eine eigene Parlamentsfraktion 13 Gemeinsam waren Fidesz und MDF in der Opposition gegen die sozial liberale Regierung von Peter Medgyessy Nach einem Zerwurfnis zwischen den beiden Parteien beziehungsweise den Vorsitzenden David und Orban trat das MDF zur Europawahl 2004 wieder separat an 12 und bekam 5 3 der Stimmen Damit war ein Kandidat der Partei Peter Olajos zum Mitglied des Europaischen Parlaments gewahlt wo er in der Fraktion EVP ED sass Bei den Parlamentswahlen vom April 2006 uberschritt die Partei mit 5 04 der Stimmen nur knapp die Funf Prozent Hurde und bildete erneut mit dem grosseren Fidesz die parlamentarische Opposition Nach der Europawahl 2009 trat ihr neugewahltes Mitglied des Europaischen Parlaments Lajos Bokros nicht der EVP Fraktion sondern der neuen Fraktion der Europaischen Konservativen und Reformisten EKR bei Das MDF wurde daher von der EVP suspendiert Es trat stattdessen der im Oktober 2009 gegrundeten Europapartei Allianz der Europaischen Konservativen und Reformisten bei Die Partei war zuletzt in gesellschaftlichen Fragen konservativ und in Wirtschaftsfragen liberal Sie befurwortete uneingeschrankt die Marktwirtschaft und wollte eine Senkung der offentlichen Ausgaben und Unternehmens und Einkommensteuer Sie forderte ebenfalls die Einfuhrung einer Flat Tax Bei der Parlamentswahl 2010 schloss sie ein Wahlbundnis mit dem SZDSZ deren Kandidaten nun auf der Liste des MDF antraten Das MDF erzielte nur 2 66 der Stimmen und errang keine Sitze im Parlament 2011 loste sich die Partei auf Ihre konservative Wahlerbasis hatte sie bereits zuvor an Fidesz verloren Weblinks BearbeitenMagyar Demokrata Forum Memento vom 27 September 2011 im Internet Archive ungarisch Einzelnachweise Bearbeiten a b c d Jurgen Dieringer Das politische System der Republik Ungarn Entstehung Entwicklung Europaisierung Verlag Barbara Budrich Opladen 2009 S 81 a b Andras Korosenyi Government and Politics in Hungary Central European University Press Budapest 1999 S 35 a b Adam Michnik Notes from the Revolution In The New York Times 11 Marz 1990 abgedruckt in Michnik Letters from Freedom Post cold War Realities and Perspectives University of California Press 1998 S 145 Michael Waller The End of the Communist Power Monopoly Manchester University Press Manchester 1993 S 220 221 Waller The End of the Communist Power Monopoly 1993 S 221 David L Bartlett The Political Economy of Dual Transformations Market Reform and Democratization in Hungary University of Michigan Press 1997 S 144 Dae Soon Kim The Transition to Democracy in Hungary Arpad Goncz and the post Communist Hungarian presidency Routledge 2013 S 93 94 Korosenyi Government and Politics in Hungary 1999 S 36 Kim The Transition to Democracy in Hungary 2013 S 95 96 Gabriella Ilonszki Sandor Kurtan Schone neue Welt Politische Tendenzen in Ungarn 1990 1993 In Transformation oder Stagnation Aktuelle politische Trends in Osteuropa Signum Verlag Wien 1993 S 156 a b Korosenyi Government and Politics in Hungary 1999 S 37 a b Dieringer Das politische System der Republik Ungarn 2009 S 82 a b Susanne Pickel Informale Politik in Parteien in Ungarn Die Beziehungen zwischen Parteien und Burgern in einem Transformationsland In Die gesellschaftliche Verankerung politischer Parteien Formale und informelle Dimensionen im internationalen Vergleich VS Verlag Wiesbaden 2004 S 169 Korosenyi Government and Politics in Hungary 1999 S 37 38 Thomas Jansen Steven Van Hecke At Europe s Service The Origins and Evolution of the European People s Party Springer 2011 S 77 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Magyar Demokrata Forum amp oldid 226699289