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Die Munzstatte Neustadt an der Orla existierte von 1621 bis 1622 in Neustadt an der Orla Sie war eine Landesmunzstatte des kurfurstlichen Herzogtums Sachsen unter der Regentschaft von Johann Georg I Davor soll es bereits Ende des 13 Jahrhunderts eine Munzstatte gegeben haben Nahere Angaben sind nicht bekannt Ende des 16 Jahrhunderts begann der Wert des nach Reichsmunzfuss ausgepragten Reichstalers uber seinen gesetzlichen Wert von 24 Groschen hinaus langsam und dann immer rascher zu steigen weil die Groschen die man fur einen Taler zahlen musste einen immer geringeren Silbergehalt hatten Aus Aufzeichnungen in Weimar ergab sich folgende Entwicklung 1 Damit stieg auch der in Gulden berechnete Silberpreis und machte die Auspragung der kleinen Munzen wie Pfennige Dreier Groschen und Kreuzer zu einem Verlustgeschaft Die Munzmeister begannen den Silbergehalt der Kleinmunzen zu senken Es wurden zunehmend Reichstaler und andere grosse Munzen eingeschmolzen und daraus wurden immer minderwertigere Kleinmunzen gepragt Uberall wurde mit Geld und Bruchsilber gehandelt und daraus schnelle Gewinne erzielt An diesem Geschaft beteiligte sich auch der kurfurstliche Landesherr Johann Georg I angeblich wider seinen Willen handelnd Sein Ratgeber Kammerrat Carl Christoph von Brandenstein veranlasste ab Oktober 1621 die Einrichtung von neun zusatzlichen Landesmunzstatten die neue minderwertige Landesmunzen auspragen sollten Einer dieser Kippermunzstatten war die 1621 eingerichtete und bis 1622 betriebene Munzstatte in Neustadt an der Orla Munzmeister waren 1621 1622 Hans Treuttner und 1622 Christoph Kraft Die Munzmeister pragten als Landmunzen Engeltaler mit einer aufgepragter Wertezahl von 30 40 und 60 Groschen sowie 8 Groschen und 1 Groschen ausserdem eine Talerklippe zu 60 Groschen und eine Groschenklippe 2 Die Bevolkerung wurde uber die Ausgabe der neuen Landesmunzen nicht informiert Sie war die Verwendung verschiedener in und auslandischer Munzen gewohnt Die Munzstatte Neustadt a d Orla erreichte durch Pragung der Kippermunzen folgenden Gewinn 3 Einnahmen 341 240 Gulden Ausgaben 267 558 Gulden Uberschuss 73 682 Gulden 27 Rendite Zum Vergleich Ein Schullehrer hatte damals ein Jahreseinkommen von 200 Gulden ein Dienstbote von 10 Gulden Verlierer waren die Burger die noch an den Wert der kleinen Munzen glaubten Die Lebenshaltungskosten stiegen schneller als die Lohne Die Not erfasste immer mehr Burger Auch die Landesherren selbst waren davon betroffen wenn Steuern und Abgaben mit minderwertigem Geld bezahlt wurden Die Burger wollten das minderwertige Geld nicht mehr haben Es kam zu Arbeitsverweigerungen und Aufruhr Diese Zeit von 1621 bis 1623 wird als Kipper und Wipperzeit bezeichnet 4 Zum Vergleich Reichstaler 1616 Johann Georg I 1615 1656 Pragung 1616 Munzstatte Dresden Nach dem Munzedikt des Kurfursten Johann Georg I vom 31 Juli 1623 wurden die Kippermunzstatten geschlossen und eine Ruckkehr zu geordneten Verhaltnissen wurde angeordnet Es gab keine offizielle Ausserkurssetzung der Kippermunzen Sie wurden ihrem Schicksal uberlassen Die Bevolkerung devalvierte die Munzen eigenmachtig 5 Dreifacher Engeltaler von 1621 BearbeitenDas Geprage der neuen Munzen sollte sich deutlich von dem des Reichstalers unterscheiden Der Reichstaler unterlag weiter dem gesetzlichen Reichsmunzfuss nach Augsburger Reichsabschied vom 30 Mai 1566 Der Kurfurst Johann Georg I und seine Munzmeister hatten es nicht gewagt dagegen zu verstossen Aus diesem Grund wurde der Reichsapfel als Ausdruck der Pragung nach der Reichsmunzordnung durch eine Rosette ersetzt nbsp nbsp Kippermunze Dreifacher Engel Thaler Pragung 1621 1622 Landesmunzstatte Neustadt a d Orla Deshalb liess der Kurfurst das Geprage der alten von 1498 bis 1571 geschlagenen im In und Ausland wegen ihrer Zuverlassigkeit bekannten Schreckenberger verwenden Um die Taler Vortauschung perfekt zu machen hatten die Engeltaler mit 42 05 bis 43 26 mm den etwa gleichen Durchmesser wie die Reichstaler mit 42 48 bis 43 07 mm Die Materialeinsparung erfolgte bei der Dicke 1 88 mm statt 2 35 mm 6 Es wurde eine Wertezahl aufgepragt die mit dem inneren Wert der Munze nichts zu tun hatte Nach der Wasserprobe des abgebildeten dreifachen Engeltaler mit einem Gewicht von 22 86 g ergab sich eine Feinheit von 262 Silber Es wurden also 39 Stuck aus der feinen Mark Silber ausgepragt Das sind 5 993 g Silber pro Munze Ein Reichstaler halt 25 984 g Silber Auf der Ruckseite wurde nicht das Wappen mit den kursachsischen Besitzungen verwendet sondern ein Anspruchswappen Zwei Engel halten die Wappen der Herzogtumer Julich Kleve und Berg Die Ruckseite zeigt oben am Rand in einer Kartusche das Munzzeichen N welches 1621 von der Munzstatte Neustadt a d Orla verwendet wurde Nur die Umschrift mit dem Namen und Titel des Landesherrn hat sich gegenuber dem Reichstaler nicht geandert IOHAN GEORG D G DVX SAX IVL CL ET MON SA ROMANI IMPERI ARCHIMARS ET EL ECTOR IOHANNES GEORGIUS DEI GRATIA DUX SAXONIAE IVLIACI CLIVIAE ET MONTIUM SACRI ROMANI IMPERII ARCHIMARSCHALLUS ET ELECTOR Johann Georg von Gottes Gnaden Herzog von Sachsen Julich Kleve und Berg des Heiligen Romischen Reichs Erzmarschall und Kurfurst 8 Groschen Stuck 1622 Bearbeiten nbsp nbsp Kippermunze 8 Groschen Pragung 1622 Landesmunzstatte Neustadt a d Orla Diese Munze wurde durch den Munzmeister Hans Treuttner mit einem Gewicht von 4 43 g einem Durchmesser von 27 49 28 63 mm und einer Dicke von 1 06 mm gepragt Es sind nur etwa acht erhalten gebliebene Exemplare bekannt 7 Der genaue Silbergehalt ist nicht bekannt Mit Edikt des Kurfursten vom 26 Marz 1622 reduzierte er den ausseren Wert auf 4 Groschen Unter der Bevolkerung kursierte die Munze zum durchaus realistischen Wert von nur 1 Groschen 8 Das Geprage der Munze lehnt sich an den fruheren Schreckenberger an Im Unterschied zu den in Dresden gepragten Stucken sind auf der Neustadter Munze jedoch keine Engel als Schildhalter abgebildet Vorderseite Innerhalb eines Zierkreises unter dem Kurhut herzformiges reich verziertes Wappenschild mit dem hochgeteilten kursachsischen Wappen am oberen Rand in einer Kartusche ligiertes Munzmeisterinitialen aus HT und am unteren Rand in aus zwei Kronen gebildeten Klammern die Wertezahl 8g dazwischen Name des Munzherrn und unvollstandiger Titel als Umschrift nach rechts in lateinischer Kapitalschrift IOHAN GEORG DE GR D SAX I C Ruckseite Innerhalb eines Zierkreises drei reich verzierte Kartuschen mit den Anspruchswappen fur die Herzogtumer Kleve Berg und Julich beidseitig der oberen Kartusche getrennte Jahreszahl oben am Rand zwischen jeweils drei Punkten Munzzeichen N fur die Munzstatte Neustadt a d O danach Fortsetzung des Herrschertitels als Umschrift nach rechts SA ROMANI IMP ARCHIMARS ETEL Titel ausgeschrieben IOHANNES GEORGIUS DEI GRATIA DUX SAXONIAE IVLIACI CLIVIAE SACRI ROMANI IMPERII ARCHIMARSCHALLUS ET ELECTOR Johann Georg von Gottes Gnaden Herzog von Sachsen Julich Kleve des Heiligen Romischen Reichs Erzmarschall und Kurfurst Rand beidseitig Randelung Kante glatt KehrpragungEinzelnachweise Bearbeiten Haupt Walther Sachsische Munzkunde 1 Auflage 1974 S 132 Haupt Walther Sachsische Munzkunde 1 Auflage 1974 S 235 Haupt Walther Sachsische Munzkunde 1 Auflage 1974 S 137 Rittmann Herbert Deutsche Geldgeschichte 1484 1914 Battenberg 1975 S 233 ff Stossel Johann Christoph Versuch einer Chur Sachsischen Munzgeschichte Chemnitz 1780 S 499f 520 Stossel Johann Christoph Versuch einer Chur Sachsischen Munzgeschichte Chemnitz 1780 S 470f Krug Rahmenfuhrer S 90 und Nr 412 zitiert durch Munzenhandlung Johannes Diller Lagerliste 15 2016 S 28 Nr 731 Stossel Johann Christoph Versuch einer Chur Sachsischen Munzgeschichte Chemnitz 1780 S 478 499f 506 517f 520f Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Munzstatte Neustadt an der Orla amp oldid 235456884