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Die Lex Sempronia agraria wurde vom Volkstribun Tiberius Sempronius Gracchus 133 v Chr in der Volksversammlung verabschiedet Das Gesetz war Kern der geplanten Agrarreform des Tiberius Gracchus die eine Neuverteilung des ager publicus und die Einhaltung von Obergrenzen fur die Okkupation von offentlichem Staatsland vorschrieb Zum engsten Reformerkreis des Gracchus der wohl massgeblich an der Erstellung des Gesetzes mitgewirkt hatte gehorten neben seinem Schwiegervater Appius Claudius Pulcher auch Publius Mucius Scaevola und Publius Licinius Crassus Dives Mucianus Inhaltsverzeichnis 1 Ursprung der lex Sempronia agraria 1 1 Die Leges Liciniae Sextiae von 367 v Chr 1 2 Der Reformversuch des Gaius Laelius von 140 v Chr 2 Inhalt 2 1 Der erste Gesetzesentwurf 2 2 Der zweite Gesetzesentwurf 3 Probleme des Gesetzes 4 Einzelnachweise 5 Quellen 6 LiteraturUrsprung der lex Sempronia agraria BearbeitenDie Lex Sempronia agraria beruft sich auf ein Ackergesetz das besagt dass kein Einzelner oder eine Familie mehr als 500 iugera Ackerland 100 Stuck Grossvieh und 500 Stuck Kleinvieh besitzen durfe und dass eine bestimmte Anzahl an freien Bauern auf dem offentlichen Land beschaftigt werden musse 1 Der Ursprung dieses Ackergesetzes ist in der historischen Forschung noch umstritten Wahrend einige das Ackergesetz mit den leges Liciniae Sextiae in Verbindung setzen legen andere Historiker die Regelung des ager publicus lex de modo agrorum 2 zeitlich erst nach Ende des Zweiten Punischen Krieges an 3 Die Leges Liciniae Sextiae von 367 v Chr Bearbeiten Die Annahme dass die Bestimmungen der Lex Sempronia agraria auf die Leges Liciniae Sextiae von 367 v Chr zuruckgehen ist in der historischen Forschung sehr umstritten Tibiletti halt ebenfalls wie Niese und Bringmann die Flache des damaligen ager publicus fur zu gering um eine grosszugige Neuverteilung zu ermoglichen und setzt die Regelung nach Ende des Zweiten Punischen Krieges und der Niederschlagung Karthagos an weil erst zu diesem Zeitpunkt uberhaupt grossflachig genugend offentliches Staatsland zur Verfugung stand Daher nimmt Tibletti an dass die Begrenzungen fur die Okkupation Einzelner oder Familien im Zeitraum zwischen 201 und 180 v Chr anzusiedeln sind 4 Innerhalb der Quellen lasst sich bei Appian ein Hinweis finden der diese These unterstutzt und somit gegen die leges Liciniae Sextiae als Urheber der Ackerbestimmungen spricht Er berichtet uber eine Klausel die besagt dass eine bestimmte Anzahl freier Manner auf den Gutern des ager publicus zur Uberwachung zu beschaftigen seien Zusatzlich trafen sie zwecks Einhaltung des Gesetzes auch noch die Anordnung dass eine bestimmte Zahl freier Manner auf den Gutern zu verwenden sei die uber die dortigen Vorgange wachen und Bericht erstatten sollten 5 Es sollten demnach freie Burger uber die Arbeit der Sklaven wachen Doch Bringmann fuhrt an dass es im 4 Jahrhundert v Chr noch gar nicht so viele Sklaven in Rom gab deren Einsatz in der Landwirtschaft vielmehr erst nach Ende des Zweiten Punischen Krieges stattfand als sie verfugbarer waren Der Reformversuch des Gaius Laelius von 140 v Chr Bearbeiten Tiberius Gracchus war nicht der erste der im damaligen romischen Herrschaftsgebiet eine Agrarreform durchzufuhren versuchte Der Konsul Gaius Laelius versuchte sich bereits 140 v Chr an einer neuen Ackergesetzgebung Uber den Inhalt des Gesetzes sind keine Uberlieferungen vorhanden doch ist bekannt dass Laelius mit seinem Vorhaben auf harten Widerstand der Grossgrundbesitzer stiess die in der Mehrzahl Senatoren waren Als keine Aussicht auf Erfolg bestand zog Laelius seinen Entwurf zuruck und es zeigte sich dass mit dem Vorhaben einer Agrarreform gewaltige politische Probleme verbunden waren Es musste nach dieser ersten Stichprobe jedem Politiker bewusst sein dass er den Bestand der inneren Ordnung Roms in Frage stellt wenn er jene Probleme aufgriff Darin liegt die Bedeutung des Reformversuches des Laelius fur die Folgezeit 6 Inhalt BearbeitenDer erste Gesetzesentwurf Bearbeiten Die Gesetzgebung des Tiberius Gracchus unterschied sich von den alten Regelungen des ager publicus nicht wesentlich weshalb sein Gesetz im Kern lediglich verlangte dass die Bestimmungen zur Okkupation des ager publicus eingehalten werden sollten Gracchus erweiterte die alte Regelung im Sinne der Grossgrundbesitzer indem er einen Schritt auf sie zu ging Er erliess ihnen nicht nur Strafverfolgung bei Missachtung der Bestimmungen sondern garantierte Entschadigungszahlungen fur mogliche Enteignungen durch die eingesetzte Ackerkommission Des Weiteren wurde die Grenze von 500 iugera Land auf 1 000 iugera aufgestockt 500 iugera fur den pater familias und je 250 iugera fur einen Sohn 7 Eine weitere Modifikation der alten Bestimmung ist der Wegfall der Klausel die eine Mindestanzahl an freien Bauern vorschreibt Diese Anderung wird mit den Erfahrungen der Sklavenaufstande in Sizilien erklart Demnach ging Tiberius Gracchus wohl davon aus dass keinem Grossgrundbesitzer vorgeschrieben werden musste seine Sklaven zu uberwachen denn diese hatten langst die Notwendigkeit einer Uberwachung durch freie Bauern eingesehen 8 Ein weiterer wichtiger Zusatz war dass das neu an die Kleinbauern verteilte Land nicht veraussert werden durfte wodurch den Grossgrundbesitzern die Moglichkeit genommen wurde ihre enteigneten Landereien zuruckzukaufen 9 Ausweislich der Quellenlage bewertet Plutarch das Ackergesetz des Tiberius Gracchus als mild schonend und vernunftig Die Anerkennung der lex Sempronia agraria im Volk lasst ebenfalls darauf schliessen dass sich die Reform inhaltlich anfangs nicht an der politischen Tradition der Republik aufrieb Und in der Tat ist wohl niemals ein milderes und gemassigteres Gesetz gegen ein solches Ubermass an Unrecht und Habgier ergangen Es verlangte von denen die von Rechts wegen fur ihren Ungehorsam hatten bestraft werden und nur gegen eine Geldbusse die so lange widerrechtlich bebauten Felder hatten herausgeben mussen nichts weiter als dass sie ihren unrechtmassigen Besitz an die hilfsbedurftigen Burger abtreten und dafur noch eine Entschadigung bekommen sollten Plutarch 10 Der zweite Gesetzesentwurf Bearbeiten Nachdem Marcus Octavius durch seine Interzession den Gesetzesantrag blockiert hatte anderte Tiberius seinen ursprunglichen Entwurf Er Marcus Octavius trat Tiberius entgegen und erhob Einspruch gegen das Gesetz Bei den Volkstribunen aber gilt dessen Meinung der sein Veto einlegt und selbst die Mehrheit vermag nicht auszurichten wenn einer Einspruch erhebt Erbittert zog Tiberius das milde Gesetz zuruck und brachte ein neues ein das fur das Volk noch vorteilhafter fur die Schuldigen dagegen viel harter war darin forderte er sie sogar auf ihren Besitz unverzuglich abzutreten den sie sich fruher ungesetzlich angeeignet hatten Plutarch 11 Plutarchs Aussage zeigt die Reaktion des Tiberius Gracchus auf die Interzession des Marcus Octavius Anscheinend war im ersten Entwurf entweder eine schrittweise oder zumindest eine uber einen langeren Zeitraum stattfindende Reform des ager publicus geplant Plutarch schreibt dass Gracchus in seinem neuen Entwurf eine sofortige Ruckgabe des zu unrecht angeeigneten Staatslandes forderte Somit verscharfte sich der Dissens zwischen Senat und Tiberius Gracchus auf inhaltlicher Ebene des Ackergesetzes der schliesslich mitverantwortlich fur die Ereignisse im Sommer auf der Volksversammlung von 133 v Chr war in deren Verlauf Gracchus und zahlreiche seiner Anhanger den Tod fanden Dennoch konnte nach der Absetzung des Marcus Octavius als Volkstribun durch Tiberius die Lex Sempronia agraria die Volksversammlung vorerst passieren und wurde damit rechtskraftig Probleme des Gesetzes BearbeitenObwohl sich das Gesetz an alten Bestimmungen und dem allgemeinen Gewohnheitsrecht orientierte und der erste Entwurf durchaus das Potenzial fur eine Kompromisslosung hergab standen dem Vorhaben des Tiberius drei wesentliche Probleme gegenuber Die Besitzverhaltnisse der Grundbesitzer waren unklar so dass echter Privatbesitz sich nicht mehr klar vom ager publicus trennen liess Die Grossgrundbesitzer hatten viel Geld in das Land investiert und die angekundigte Entschadigung aus dem ersten Entwurf hatte wahrscheinlich nur einen geringen Teil der Kosten erstatten konnen Die Frage nach der Akzeptanz der Reform ist ungeklart Wollten die landlosen Bauern uberhaupt wieder auf das Land zuruck Anscheinend war dies nicht der Fall denn viele Kleinbauern die Neuland zugeordnet bekamen verkauften ihre Hofe wieder sobald sie dazu das Recht und die Moglichkeit hatten 12 Einzelnachweise Bearbeiten Appian bellum civile I 8 33 Klaus Bringmann Die Agrarreform des Tiberius Gracchus Legende und Wirklichkeit Stuttgart 1985 S 52 Frankfurter Historische Vortrage Heft 10 Vgl Benedictus Niese Das sogenannte Licinisch Sextische Ackergesetz in Hermes 23 1888 S 416 Gianfranco Tibiletti Die Entwicklung des Latifundiums in Italien von der Zeit der Gracchen bis zum Beginn der Kaiserzeit in Helmuth Schneider Hrsg Zur Sozial und Wirtschaftsgeschichte der spaten romischen Republik Wege der Forschung Bd 413 Darmstadt 1976 S 21f Appian bellum civile I 8 33 Karl Christ Krise und Untergang der romischen Republik Darmstadt 2000 S 119 Appian bellum civile I 9 37 David Stockton The Gracchi Oxford 1979 S 47 Appian bellum civile I 10 38 Plutarch Tiberius Gracchus 9 Plutarch Tiberius Gracchus 10 Karl Christ Krise und Untergang der Romischen Republik Darmstadt 2000 S 125 Quellen BearbeitenPlutarch Tiberius Gracchus englische Ubersetzung Appian Burgerkriege 1 7 17 Deutsche Ubersetzung in Appian von Alexandria Romische Geschichte Zweiter Teil Die Burgerkriege Ubersetzt von Otto Veh Stuttgart 1989 S 17 24 Bibliothek der griechischen Literatur Bd 27 Literatur BearbeitenJochen Bleicken Uberlegungen zum Volkstribunat des Tiberius Sempronius Gracchus In Historische Zeitschrift 247 1988 S 165 293 Klaus Bringmann Die Agrarreform des Tiberius Gracchus Legende und Wirklichkeit Stuttgart 1985 ISBN 3 515 04418 3 Karl Christ Krise und Untergang der romischen Republik 4 durchgesehene und aktualisierte Auflage Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 2000 ISBN 3 534 14518 6 David Stockton The Gracchi Oxford 1979 und Nachdrucke ISBN 0 19 872105 6 Benedictus Niese Das sogenannte Licinisch Sextische Ackergesetz In Hermes 23 1888 S 410 423 online Gianfranco Tibiletti Die Entwicklung des Latifundiums in Italien von der Zeit der Gracchen bis zum Beginn der Kaiserzeit In Helmuth Schneider Hrsg Zur Sozial und Wirtschaftsgeschichte der spaten romischen Republik Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1976 S 11 78 Wege der Forschung Bd 413 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Lex Sempronia agraria amp oldid 208652803