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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig Fur weitere Bedeutungen siehe Vier Jahreszeiten Die vier Jahreszeiten op 8 italienisch Le quattro stagioni ist der Titel einer Sammlung von vier Violinkonzerten aus dem Jahr 1725 und ist das wohl bekannteste Werk von Antonio Vivaldi Es handelt sich um Programmmusik Jedes Konzert portratiert eine Jahreszeit Dazu ist in der Solostimme den einzelnen Konzerten ein vermutlich von Vivaldi selbst geschriebenes Sonett vorangestellt im Verlauf werden dann die verbalen Beschreibungen in allen Einzelstimmen an den entsprechenden Stellen zitiert Il cimento dell armonia e dell invenzione op 8 Titelseite veroffentlicht von Michel Charles Le Cene Amsterdam Vivaldi hatte bereits zuvor immer wieder mit aussermusikalischen Programmen experimentiert die sich haufig in seinen Titeln niederschlagen die genaue Ausdeutung einzelner Details ist aber fur ihn ungewohnlich Seine Erfahrung als virtuoser Geiger erlaubte ihm den Zugriff auf besonders wirkungsvolle Spieltechniken als Opernkomponist hatte er einen starken Sinn fur Effekte entwickelt beides kam ihm hier zugute Wie der Titel bereits nahelegt werden vor allem Naturerscheinungen imitiert sanfte Winde heftige Sturme und Gewitter sind Elemente die in allen vier Konzerten auftreten Hinzu kommen verschiedene Vogelstimmen und sogar ein Hund weitere menschliche Betatigungen wie etwa die Jagd ein Bauerntanz das Schlittschuhlaufen einschliesslich Stolpern und Hinfallen bis hin zum schweren Schlaf eines Betrunkenen Das Werk ist in zwei Druckausgaben erhalten die in Amsterdam und Paris erschienen Die funf Stimmhefte sind bezeichnet mit Violino Principale Violino Primo Violino Secondo Alto Viola Violoncello e organo Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung und musikalische Form 2 Die Einzelkonzerte 2 1 La primavera Der Fruhling Op 8 Nr 1 RV 269 2 2 L estate Der Sommer Op 8 Nr 2 RV 315 2 3 L autunno Der Herbst Op 8 Nr 3 RV 293 2 4 L inverno Der Winter Op 8 Nr 4 RV 297 3 Siehe auch 4 Literatur 5 WeblinksEntstehung und musikalische Form BearbeitenVivaldi veroffentlichte diese vier Konzerte 1725 zu Beginn seiner Sammlung Op 8 unter dem Titel Il cimento dell armonia e dell inventione damalige Schreibweise heute invenzione Das Wagnis von Harmonie und Erfindung Auch andere Konzerte dieser Sammlung enthalten poetische Programme darunter die Konzerte mit den Nummern 5 La tempesta di mare Der Sturm auf dem Meer 6 Il piacere Das Vergnugen und 10 La caccia Die Jagd Zu diesem Zeitpunkt hatte sich seine Konzertform bereits zur Dreisatzigkeit standardisiert Der Reiz der Vier Jahreszeiten liegt auch in dem Widerspruch eines dramatischen aussermusikalischen Programms einerseits und den rein musikalischen Anforderungen nach Proportion und Balance andererseits Vivaldi kommt in den zwolf Einzelsatzen zu sehr unterschiedlichen Losungen So sind die ersten Satze jeweils auf einem auf verschiedenen Stufen wiederkehrenden und dann oft stark gekurzten Ritornell aufgebaut mit dazwischen angeordneten modulierenden Solo aber auch ausgedehnteren Tuttipassagen Durch das poetische Programm bedingt haben nicht nur die Soloabschnitte einen sehr unterschiedlichen Charakter Vivaldi sah sich in einigen Konzerten auch gezwungen das Ritornell nicht nur stark zu variieren sondern manchmal auch im Laufe eines Satzes durch ganz anderes Material zu ersetzen Der Sommer oder es auch erst allmahlich entstehen zu lassen Der Winter Den zweiten Satz bildet normalerweise eine Arie bei Vivaldi meist zweiteilig Der erste Teil moduliert in die Dominante oder die parallele Durtonart der etwa gleich lange zweite Teil stellt eine variierte Wiederholung dar und moduliert zuruck Begleitet wird die Solomelodie durch ein durchgehendes Motiv im Orchester das ebenfalls durch das Sonett inspiriert ist Der Schlusssatz tragt meist stilisierte tanzerische Zuge unterscheidet sich vom ersten immer in der Taktart typischerweise Dreier statt Vierertakt und bringt tendenziell das Ritornell auf weniger Stufen beispielsweise rondoartig immer nur in der Tonika Allgemein sind diese Satze weniger aufwendig gehalten dieser Tendenz folgend malen sie in den Vier Jahreszeiten das Programm auch weniger detailliert aus und stellen eher in ihrer Gesamtheit eine allgemeine Situation dar wie etwa Tanz oder Gewitter Ein typisches dramaturgisches Merkmal von Vivaldis Musik sind die langen Orgelpunkte auf denen die Harmonie geradezu eingefroren wirkt bevor sie sich plotzlich in Bewegung setzt derartige Effekte sind in allen Konzerten immer wieder besonders in den Solopassagen zu beobachten Die Einzelkonzerte BearbeitenLa primavera Der Fruhling Op 8 Nr 1 RV 269 Bearbeiten source source Der Fruhling 1 Satz source source Der Fruhling 2 Satz source source Der Fruhling 3 Satz Satze 1 Allegro 4 4 E Dur2 Largo e pianissimo sempre 3 4 cis Moll3 Allegro 12 8 E Dur Musik Das bekannte Thema des ersten Satzes besteht aus zwei kurzen Abschnitten die jeweils piano wiederholt werden Dann stellt gleich das erste Solo nicht die Solovioline in den Vordergrund sondern ein Trio gleichberechtigter Violinen die uber einem latenten E Dur Akkord das Durcheinanderzwitschern verschiedener Vogelarten sehr plastisch darstellen Zwischen den nachsten beiden Kurzritornellen gibt es eine langere Tuttipassage die das Murmeln der Quellen und sanfte Winde veranschaulicht und in die Dominanttonart moduliert bis plotzlich ein Fruhlingssturm losbricht mit Donner im ganzen Orchester und hochvirtuosen Blitzen der Solovioline In der parallelen Molltonart folgt nun eine kurze Wiederaufnahme des Violintrios mit anderen Vogelstimmen und die zweite Halfte des Themas ein weiteres kurzes Solo fuhrt dann in das abschliessende Ritornell Der zweiteilige langsame zweite Satz spielt auf die barocke Tradition der Schaferdichtung an und portratiert einen schlafenden Hirten Die begleitenden Geigen malen das Blatter und Graserrauschen im Hintergrund das mude Bellen des Hirtenhundes Der Schlusssatz stellt einen Tanz von Nymphen und Schafer dar Danza pastorale Hirtentanz Vivaldi nutzt ausnehmend traditionelle Dudelsackeffekte und immer wieder ungewohnlicherweise manchmal auch Chromatik in den Basslinien und Vorhaltbildungen in den Oberstimmen die einen emotional ruhrenden Effekt bewirken L estate Der Sommer Op 8 Nr 2 RV 315 Bearbeiten source source Der Sommer 1 Satz source source Der Sommer 2 Satz source source Der Sommer 3 Satz Satze 1 Allegro non molto 3 8 g Moll2 Adagio 4 4 g Moll3 Presto 3 4 g Moll Musik Die matten schleppenden Akkorde des Themas sind auch fur den heutigen Horer als Darstellung extremer Hitze nachvollziehbar und bauen eine Spannung auf die sich urplotzlich in einem virtuosen Solo entladt Hier ist der Kuckuck zu horen spater dann auch Taube und Distelfink Die liegende Harmonik verdeutlicht das endlose Warten der Natur auf etwas Kuhlung Da sind auf einmal leichte Zephyrwinde zu spuren sie kommen aber nur langsam in Gang bis schlagartig der eisige Nordwind Boreas losbricht Pianissimo nun noch einmal ein paar Takte des Anfangsritornells auf der Dominante als sei die Hitze nun plotzlich weit entfernt und wieder horen wir den Hirten uber sein Schicksal klagen bis der kalte Sturm wiederkommt und alles hinwegfegt Entgegen allen Konventionen fuhrt dieser Satz also etwa in der Mitte ein neues Ritornell ein das kaum einen grosseren Gegensatz zum ursprunglichen haben konnte und beendet den Satz auch damit Diese ungewohnliche Verfahrensweise bringt ein starkes dramatisches Element denn dieses Motiv des alles vernichtenden Orkans vor dem nichts sicher ist wird sich nun auch durch den Rest des Konzerts ziehen So portratiert der langsame Satz einen sehr unruhigen Schlafer der von Muckenschwarmen geplagt wird alle paar Takte schreckt ihn das drohende Gewitter auf Dass dieser Satz nicht in der Paralleltonart steht verstarkt das Gefuhl nur eine Uberleitung zu sein bis dann das Gewitter endlich tatsachlich losbricht Das Tongemalde des Gewitters im letzten Satz besteht auf einer rein musikalischen Ebene nur aus virtuosen Tonleitern Akkordbrechungen und Tonrepetitionen die nur in der Mitte einmal zu etwas Themenahnlichem gerinnen das aber ebenfalls sofort wieder zerfallt L autunno Der Herbst Op 8 Nr 3 RV 293 Bearbeiten source source Der Herbst 1 Satz source source Der Herbst 2 Satz source source Der Herbst 3 Satz Satze 1 Allegro 4 4 F Dur2 Adagio 3 4 d Moll3 Allegro 3 8 F Dur Musik Das Ritornell ahnelt deutlich dem des Fruhlings doch die Schlichtheit ist hier schon fast eine Karikatur es handelt sich um ein bauerliches Trinklied in einfachster Harmonisierung Ubermutig wiederholt es die Sologeige mit gefahrlichen Doppelgriffen bis der Chor wieder einfallt Inzwischen ist mehr Wein geflossen die Sprunge werden hoher die Kunststuckchen schwieriger und die Einfalle zusammenhangsloser Nur das Trinklied in verschiedenen Tonarten und Abwandlungen kann noch einen Rest von Ordnung in das Geschehen bringen Schliesslich bekommt der Solist einen Schluckauf und schlaft dann einfach ein piano e larghetto Motivische wie harmonische Entwicklung kommen nach und nach zum Stillstand Vielleicht mehr als Reminiszenz an die Konvention schliesst der Satz mit dem unveranderten Ritornell Der langsame Satz verzichtet ganz auf solistische Stellen und bildet eine grossangelegte oft uberraschende Akkordstudie aus der sich allmahlich eine fahle Melodie der ersten Geige herausschalt laut Programm ein mildes Luftchen das die kraftlosen Trinker im Schlaf umschmeichelt Geradezu verpflichtend fur eine barocke Herbstmusik ist das Motiv der Jagd das nun den Schlusssatz eroffnet Ein stilisierter Dreiertakt mit Hornerklang aber Vivaldi zeigt auch Details Wir horen Gewehrschusse die vom Echo zuruckgeworfen werden und die aufgeregten Versuche des Tiers zu entkommen Das Tier wird matter und matter und bricht schliesslich zusammen triumphierend beschliesst das Hornritornell die Jagd L inverno Der Winter Op 8 Nr 4 RV 297 Bearbeiten source Der Winter 1 Satz source source Der Winter 2 Satz source source Der Winter 3 Satz Satze 1 Allegro non molto 4 4 f Moll2 Largo 4 4 Es Dur3 Allegro 3 8 f Moll Musik Starre repetierte Staccati eroffnen das vierte Konzert und bauen sofort einen dissonanten Septakkord auf der die charakteristische kaltestarrende zitternde Atmosphare hervorruft Die virtuose Solovioline unterbricht mit erbarmungslosem Wind erst nach einem Drittel des Satzes formt sich in der Kalte ein echtes Ritornell aus das laut Vivaldi Fussestampfen darstellt und den Satz auch beschliessen wird Das Anfangsmotiv repetierter Achtel bleibt aber standig prasent es beschleunigt sich sogar auf Sechzehntel und bildet nun Zahneklappern ab Der zweiteilige Mittelsatz ist wohl der zuganglichste und formal geschlossenste des Zyklus Er zeigt die Behaglichkeit und Warme am Kamin wahrend draussen der Regen an die Scheibe pocht im Pizzicato der Geigen Der Gegensatz zwischen der Welt im Haus und der unwirtlichen Natur draussen konnte kaum grosser sein Im Schlusssatz zieht ein Eislaufer seine Kreise andere Menschen gehen vorsichtiger und setzen in der Glatte bedachtig die Schritte voreinander bis plotzlich doch jemand hinfallt Der Eislaufer aber lauft weiter und zeigt immer virtuosere Figuren bis das Eis schliesslich bricht Wieder zu Hause horen wir den Scirocco von fern durch die geschlossene Tur bis urplotzlich wieder der Sturm losbricht Scirocco und Boreas vereinigen sich und fegen alles hinweg Das Sonett schliesst So ist der Winter Doch bringt er auch Freude Die angedeuteten Freuden hat Vivaldi offenbar in der heimeligen und poetischen Atmosphare des zweiten Satzes dargestellt Siehe auch BearbeitenDie Jahreszeiten Haydn Literatur BearbeitenBernhard Moosbauer Antonio Vivaldi Die Vier Jahreszeiten Barenreiter Kassel 2010 ISBN 978 3 7618 1583 0 Werner Braun Antonio Vivaldi Concerti grossi op 8 Nr 1 4 die Jahreszeiten Meisterwerke der Musik 9 Fink Munchen 1975 ISBN 978 3 7705 0426 8 Weblinks BearbeitenDie vier Jahreszeiten Noten und Audiodateien im International Music Score Library Project Die vier Jahreszeiten Noten dieses und anderer Werke Vivaldis beim Mutopia Projekt Sonette Originaltexte und Ubersetzungen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Die vier Jahreszeiten amp oldid 242039397