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Das Kunstgestange auch Stangenwerk Stangenkunst oder Stangenleitung ist eine Erfindung aus dem Bergbau die dazu diente mechanische Arbeit die beispielsweise von einem Kunstrad erzeugt wird uber langere Entfernungen zu ubertragen 1 Kunstgestange in BewegungKunstrad mit Gestange Bergwerk Aufgeklartes Gluck Anwendung eines Feldgestanges im mittelalterlichen BergbauHeute noch funktionsfahig ist das Schwalheimer Rad mit einem 170 Meter langen Rest des Gestanges Die ebenfalls funktionsfahige Nachbildung eines Kunstgestanges befindet sich in Bad Kosen an der Saale Ein rekonstruiertes Kunstrad das zum Antrieb des Gestanges diente steht in Clausthal Zellerfeld im Oberharz 2 Inhaltsverzeichnis 1 Grundlagen 2 Das Hubgestange 3 Das Feldgestange 4 Bewegungsrichtungsumkehr 5 Noch bestehende Anlagen 6 Verloren gegangene bedeutende Anlagen 7 Einzelnachweise 8 WeblinksGrundlagen BearbeitenDas Kunstgestange stammt aus der Zeit vor Erfindung von Dampfmaschine und Elektrizitat Mit dem Kunstgestange war es moglich Fahrkunste und Pumpenkunste aus einer gewissen Entfernung zu betatigen und dabei zugleich die Drehbewegung eines Wasserrads Kunstrad uber einen Kurbeltrieb in eine Pendelbewegung umzuwandeln 3 Das Kunstwerk bestand aus den grob in einer Linie hintereinander montierten Kunststangen die uber Gelenke miteinander sowie mit den Pendelstutzen verbunden waren um die Bewegung zu ubertragen Nicht gelenkige Verbindungen der Kunststangen miteinander werden als Kunstschlosser oder Stangenschlosser bezeichnet Sie werden durch Verzahnung so konstruiert dass die Stangen ineinander eingezapft und mittels Bolzen oder Schrauben fixiert werden 4 An Radwellen Ansetzrohren und Ansteckkielen aber auch an sonstigen Teilen des holzernen Kunstgestanges angebrachte Ringe aus Eisen bezeichnet man als Kunstringe Die im Schacht montierten Elemente des Gestanges wurden als Schachtgestange oder Hubgestange bezeichnet Die eher horizontal montierten Elemente wurden als Streckengestange bezeichnet 5 Die Kraftubertragung uber grossere Entfernungen zwischen Antriebsmaschine und Hubgestange ubernahm das Feldgestange 3 Das Hubgestange Bearbeiten nbsp Borlachschachtgebaude mit rechts eintretendem und links austretendem pendelndem Kunstgestange im Innern uber ein Kunstkreuz von der Vertikalen in die Horizontale umgewandelte Pendelbewegung zum ehemaligen Antrieb von Pumpen im Schacht Bad Kosen Sachsen AnhaltDas Hubgestange verlauft vertikal im Kunstschacht um die Kraft auf die einzelnen Pumpensatze zu ubertragen Es besteht aus etwa 19 bis 20 Zentimeter starken quadratischen Fichtenholzkantholzern Die Kantholzer sind an den Enden seitlich verzahnt und werden mit entsprechend verzahnten Holzlaschen miteinander verbunden Die Holzlaschen werden mit Kunstringen fest an die Hubstangenenden gedruckt Ausserdem werden die Kunstringe mit durchgesteckten Bolzen gegen Verschieben gesichert In bestimmten Abstanden befinden sich seitlich angebrachte Hakenarme die zum Einhangen der Kolbenstangen dienen Damit aus der Horizontalbewegung der Feldgestanges eine Vertikalbewegung wird wird das Hubgestange an einem Kunstkreuz befestigt Der Anschluss an das Kunstkreuz erfolgt uber ein Kunstschloss Zur gleichmassigen Belastung werden in der Regel zwei Hubgestange verwendet dadurch erfolgt ein gegenseitiger Lastausgleich 3 Das Feldgestange Bearbeiten source source source source source source source Video zeigt Kunstrad und Kunstgestange mit liegenden Pendelstutzen Sordalens konsthjul bei Sater Schweden nbsp Horizontal aufgehangte Kunst stangen in Pershyttan bei Nora nbsp Gopelhauser mit Feldgestange im Oberharzer Bergbau auf einem Loser zu 1 Talern Herzog Ernst August Furst von Calenberg 1681Das Feldgestange diente dazu die Kraft der Antriebsmaschine uber grossere Entfernungen bis zu den Kunstsatzen des Schachtgestanges zu leiten Dies war dann erforderlich wenn die Antriebsmaschine nicht uber oder unmittelbar neben dem Schacht positioniert werden konnte Ein Feldgestange hat den Nachteil dass es wegen der zu bewegenden grossen Masse zu zusatzlichen Verlusten kommt Durch das zwischengeschaltete Feldgestange kommt es aufgrund der Hin und Herbewegung in den Gestangeverbindungen Schlosser zu einem Hubverlust von 25 bis 50 Prozent 6 Ausserdem ist fur den Bau eines Feldgestanges zusatzliches Bauholz erforderlich Dies ist aufgrund der Witterungseinflusse sehr wartungsintensiv sodass es zusatzliches Personals bedurfte um das Feldgestange zu uberprufen und zu warten Das Feldgestange bestand aus mehreren holzernen Kunststangen die mit eisernen Beschlagen versehen waren An den Enden der seitlichen Kunststangen befanden sich sogenannte Kunstschlosser Diese waren so eingeschnitten und eingepasst dass eine Stange in die andere Stange eingezapft werden konnte Dies war erforderlich damit die Kunststangen beim Hin und Her Schieben bzw beim Auf und Nieder Bewegen nicht auseinanderrutschen konnten 1 Es gab zwei Arten von Feldgestangen Feldgestange mit Walzen und Feldgestange mit Schwingen Beim Feldgestange mit Walzen wird das Gestange auf Walzen bewegt Die Walzen bestehen aus acht bis zehn Zoll dicken Rundholzern die mit der unteren Seite fest in die Erde eingesetzt und mit Streben fixiert sind Um die Reibung zu vermindern ist das Gestange im Bereich der einzelnen Walzen uber eine komplette Hublange mit einer Schleppschiene aus Buchenholz versehen 6 Das Feldgestange mit Schwingen besteht aus einer grossen Schwinge dem sogenannten Wagbaum aus mehreren kleinen Schwingen den Feldstangen und den sogenannten Locken mit Strassbaumen In der Mitte der Hauptschwinge befindet sich ein durchlaufender Zapfen auf dem sie sich im Pfoteisen bewegt An den beiden Enden der Hauptschwinge sind mehrere Locher eingebracht in denen mit eisernen Ringen befestigte Augeisen eingefugt sind In jedem Augeisen sind bis zu drei Augen in die auf der einen Seite die Korbstange und auf der anderen Seite die Feldstange eingehangt werden Um den Hub variabel zu machen werden extra mehrere Augen angebracht Um den Hub langer oder kurzer zu machen wird die Korbstange entsprechend eingehangt Die Schwingarme der kleineren Schwingen dienen dazu das Feldgestange entsprechend anzupassen Diese Anpassung ist erforderlich da das Feldgestange ansonsten aufgrund seiner Lange leicht brechen wurde Die sogenannten Locke sind erhohte Unterlagen fur die Schwingen Sie werden alle 2 bis 3 Klafter aufgestellt und haben am oberen Ende krumme Stangen die sogenannten Stecklinge Die Locke werden mit Spreizen und Unterlageklotzen so versehen dass das Gestange hohenmassig so angepasst wird damit die Feldstangen sich in gerader Linie bewegen konnen Samtliche Zapfen an den Schwingen sind so angepasst dass sie von beiden gleich weit entfernt sind 7 Bewegungsrichtungsumkehr Bearbeiten nbsp Prinzipskizze der Bewegungsrichtungsumkehr nbsp Rekonstruktion eines Kunstrades mit 11 5 m Durchmesser Clausthal ZellerfeldZur Umformung der Bewegung von der Drehbewegung in die horizontale oder vertikale Bewegung aber auch von der horizontale Bewegung in die vertikale Bewegung dienten speziell geformte Gestangeteile zum einen der Krummzapfen und zum anderen das Kunstkreuz Der Krummzapfen ist ein unter einem rechten Winkel gebogenes Gestangeteil das als Fortsetzung des Wellenzapfens dient Seine Aufgabe ist es die Drehbewegung des Wasserrades in eine horizontale oder vertikale Bewegung umzuformen 8 An dem Krummzapfen befand sich die sogenannte Korb oder Blauelstange Mit dem krummen Zapfen wurde die Rotationsbewegung des Kunstrades auf das Feldgestange oder das Schachtgestange ubertragen das daraufhin Pendelbewegungen ausfuhrt Die Funktionsweise des Krummzapfens ist sehr ahnlich mit der Funktion einer heutigen Kurbelwelle und die Blauelstange mit der Funktion eines Pleuels zu vergleichen Das Kunstkreuz auch Bruchzwinge Kunstwinkel oder einfach nur Kreuz genannt besteht aus einem starken holzernen Winkelhebel Das Kunstkreuz wurde entweder direkt an der Korbstange des Krummzapfens angeschlossen oder uber ein Feldgestange damit verbunden Es gab drei verschiedene Arten von Kunstkreuzen Je nach Konstruktion bezeichnete man sie als ganze Kunstkreuze halbe Kunstkreuze oder Viertelskreuze Das ganze Kunstkreuz ist ein Kreuz mit vier Armen Von diesen Armen werden jeweils zwei sich gegenuberstehende Arme an das Schachtgestange und die beiden anderen Arme an das Feldgestange angeschlossen Das halbe Kreuz ist ein Kreuz mit drei Armen Zwei Arme liegen dabei horizontal der dritte steht aufrecht An die beiden horizontalen Arme wurde das Schachtgestange und an den dritten Arm die Korbstange angeschlossen Beim Viertelkreuz wird ein Arm an das Gestange und ein Arm an die Blauelstange angeschlossen 9 Die Verwendung von Kunstkreuzen war zur Kraftumlenkung aus verschiedenen Grunden unentbehrlich Selbst wenn das Kunstrad direkt uber dem Kunstschacht montiert war entstand durch das direkte Anhangen der Schachtgestange an den Krummzapfen eine sehr hohe Belastung der sogenannten Kurbelwarzen Auch war die Reibung bei der Direktmontage wesentlich grosser Ausserdem erzeugten die Schachtstangen nie eine ganz saubere senkrechte Bewegung sondern pendelten seitlich etwas hin und her 10 Noch bestehende Anlagen Bearbeiten nbsp Aus dem Radhaus herauskommendes doppeltes Kunstgestange Bad Kosen nbsp Bad Kosener Kunstgestange am Anstieg des Saaletalhangsfunktionstuchtige Wasserkunst mit holzernem Pendel Doppelgestange des Gradierwerkes in Bad Kosen Sachsen Anhalt siehe Wasserkunste fur GradierwerkeVerloren gegangene bedeutende Anlagen BearbeitenHeller Wasserkunst Selketal Sachsen AnhaltEinzelnachweise Bearbeiten a b Bergmannisches Worterbuch Bey Johann Christoph Stossel Chemnitz 1778 Blaues Band durch Sachsen Anhalt Bad Kosen zuletzt abgerufen am 1 September 2013 a b c Franz Adolf Furer Salzbergbau und Salinenkunde Druck und Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn Braunschweig 1900 Carl Friedrich Richter Neuestes Berg und Hutten Lexikon Erster Band Kleefeldsche Buchhandlung Leipzig 1805 Bericht vom Bergbau Bey Siegfried Leberecht Crusius Leipzig 1772 a b Joh Jos Prechtl Hrsg Technologische Encyklopadie oder alphabetisches Handbuch der Technologie der technischen Chemie und des Maschinenwesens Funfter Band Verlag der J G Gotta schen Buchhandlung Stuttgart 1834 Carl Stegmayer Handbuch der Bergbaukunst fur Jedermann Verlag von J L Kober Prag 1862 Carl von Scheuchenstuel IDIOTICON der osterreichischen Berg und Huttensprache k k Hofbuchhandler Wilhelm Braumuller Wien 1856 Heinrich Veith Deutsches Bergworterbuch mit Belegen Verlag von Wilhelm Gottlieb Korn Breslau 1871 Johann Heinrich Moritz Poppe Encyclopadie des gesamten Maschinenwesens oder vollstandiger Unterricht in der praktischen Mechanik und Maschinenlehre Dritter Theil bey Georg Voss Leipzig 1806 Weblinks BearbeitenDas Huttaler Wasserregal Beschreibung des Wasserreviers im Harz GeoMuseum TU Clausthal zuletzt abgerufen am 9 April 2015 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kunstgestange amp oldid 228870849