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Kulturadaquanz ist vom Ursprung her ein juristischer Terminus der aus den Substantiven Kultur und dem vom Adjektiv adaquat angemessen entsprechend abgeleiteten juristischen Fachbegriff Adaquanz gebildet ist Das Erfordernis der Kulturadaquanz wurde im sog Tabakbeschluss des Bundesverfassungsgerichts formuliert um praktische Grenzen der grundgesetzlich garantierten Religionsfreiheit festzulegen Danach sollte vom Grundgesetz her die Religionsfreiheit nur insofern garantiert sein als sie mit den Vorstellungen moderner Kulturvolker vereinbar ist Diese Kulturadaquanzklausel blieb aus verschiedenen Grunden umstritten und wird heute wohl mehrheitlich nicht als Bestandteil des grundgesetzlichen Religionsbegriffs betrachtet 1 Gegenwartig ist die Frage der Kulturadaquanz durch die verstarkte Anwesenheit von Anhangern nichtchristlicher Weltreligionen in Deutschland wieder relevant Angesichts dieser verhaltnismassig neuen Situation stellt Peter Badura die Frage ob die Forderung nach weltanschaulicher Neutralitat des Staates die schematische Gleichbehandlung aller Religionen impliziert ob nicht Differenzierungen erlaubt sind die auf die tatsachlichen Differenzen der Religionen und Weltanschauungen zuruckzufuhren und insofern nicht sachfremd sind 2 Vor allem der Problemkreis des islamischen Religionsunterrichts wirft die Frage auf inwiefern der Staat auf kulturadaquate Unterrichtsinhalte zu achten hat 3 Auch aus nichtjuristischer kulturwissenschaftlicher Sicht ist das Problem der Kulturadaquanz angesprochen worden 4 Wenn man erstens davon ausgeht dass sich Religionen nicht auf den Status einer Privatsache reduzieren lassen sondern dass es sich auf Grund ihrer Inhalte um kulturbestimmende Grossen handelt und wenn man daruber hinaus vermutet dass das Christentum die Kultur Europas und Amerikas stark gepragt hat wobei auch grundlegende Forderungen der europaischen Aufklarung womoglich von christlichem Gedankengut angeregt sind dann scheint es berechtigt von Vertretern anderer Religionen den Nachweis der Kulturadaquanz zu verlangen bevor ihnen z B die Moglichkeit schulischen Religionsunterrichts zugestanden wird Dem steht das verbreitete Verstandnis entgegen nach dem sich verschiedene Religionen in den moralischen Folgen praktisch nicht unterscheiden wahrend die dogmatischen Inhalte reine Privatsache sind uber die offentlich nicht zu reden ist Dieses monotheistische und sakulare Religionsverstandnis das der Aufklarung durchaus entspricht und beispielhaft in der Ringparabel aus Lessings Nathan der Weise dargelegt ist kann aber daraufhin befragt werden ob es der Wirklichkeit der unterschiedlichen Religionen und ihrer Konsequenzen tatsachlich gerecht wird 5 Kofi Annan stellt jedem Kulturrelativismus bzw jeder Kulturadaquanz die Universalitat voran Die Menschenrechte sind keiner Kultur fremd und in allen Nationen verankert Es ist die Allgemeingultigkeit die den Menschenrechten ihre Kraft verleiht 6 Einzelnachweise Bearbeiten So Thorsten Anger Islam in der Schule Rechtliche Wirkungen der Religionsfreiheit und der Gewissensfreiheit sowie des Staatskirchenrechts im offentlichen Schulwesen Munsterische Beitrage zur Rechtswissenschaft 152 Berlin 2003 S 69f 88 Beitrag von Peter Badura in Das Grundgesetz vor der Frage des religiosen und weltanschaulichen Pluralismus in Gunter Baadte u a Hrsg Religion Recht und Politik Graz u a 1997 S 39 61 S 60 Vgl dazu die o g Arbeit von Anger der diese Frage freilich negativ beantwortet auch Simone Spriewald Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Einfuhrung von islamischem Religionsunterricht als ordentliches Unterrichtsfach an deutschen Schulen Juristische Reihe Tenea Bd 33 Berlin 2003 Memento des Originals vom 9 Januar 2006 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www jurawelt com S 178f Vgl zum Folgenden Meik Gerhards Golgatha und Europa oder Warum das Evangelium zu den bleibenden Grundlagen des Abendlandes gehort Universitatsdrucke Gottingen Gottingen 2007 PDF 1 1 MB Vgl dazu die Vorbemerkung in dem o g Essay von Gerhards Kofi Annan Ihre Allgemeingultigkeit verleiht den Menschenrechten ihre Kraft Erklarung zum Tag der Menschenrechte 10 Dezember 1997 Memento des Originals vom 12 August 2011 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www unric org Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kulturadaquanz amp oldid 233945292