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Krapina ist ein etwa 130 000 Jahre alter archaologischer Fundplatz in Kroatien an dem seit 1895 zahlreiche Knochen und Artefakte von Neandertalern entdeckt wurden Die Funde von Krapina trugen zu einer rund ein Jahrhundert andauernden wissenschaftlichen Debatte um das Vorhandensein von Kannibalismus unter Neandertalern bei Heute gilt diese Annahme als widerlegt jedoch wird rituellen Handlungen zumindest an einem der Schadel die in Krapina gefunden wurden hohe Wahrscheinlichkeit eingeraumt Der Unterkiefer J aus KrapinaIm Jahr 2010 wurde das Neandertalermuseum in Krapina eroffnet Inhaltsverzeichnis 1 Entdeckung Grabung 2 Kannibalismusthese 3 Neuuntersuchung 4 Andere Untersuchungen 5 Literatur 6 Weblinks 7 AnmerkungenEntdeckung Grabung Bearbeiten nbsp Buste zur Erinnerung an den Ausgraber von Krapina Dragutin Gorjanovic Kramberger in Krapina nbsp Teilnehmer der Konferenz Krapinski pracovjek i evolucija hominida die am 17 September 1976 anlasslich des 120 Geburtstags von Gorjanovic Kramberger und des 75 Jahrestages der Entdeckung der Neandertaleruberreste in Krapina stattfand 1 v l n r Mirko Malez Stjepan Nezmahen und Juraj Kallay Es liest Ljudevit Baric 1895 entdeckten zwei Lehrer in einem Abri am nahe der Stadt Krapina gelegenen Husnjakovo Brdo Husnjak Hugel eine Reihe von Knochen Dies veranlasste den Direktor der Abteilung fur Geologie und Palaontologie des Zagreber Naturkundemuseums Dragutin Gorjanovic Kramberger zwischen August 1899 und 1905 Ausgrabungen vorzunehmen zu denen er zahlreiche Publikationen verfasste Wahrend der Grabungen am 45 km nordlich von Zagreb gelegenen Fundort entdeckte man mindestens 884 Knochenstucke und 198 Zahne von mindestens 23 fruhen Neandertalern aus der Zeit vor ca 130 000 Jahren Ferner wurden mehrere hundert Steinwerkzeuge und Tierknochen gefunden 1906 publizierte der Ausgraber eine Monographie zur Fundstatte 2 Kannibalismusthese BearbeitenGorjanovic Kramberger vermutete dass es sich hierbei um einen Begrabnisplatz handelte an dem ritueller Kannibalismus vollzogen wurde Doch wurden auch andere Erklarungsansatze fur die zahlreichen Bruch und Schnittspuren versucht wie etwa Sprengungen der Einsturz einer Hohlendecke Handlungen spaterer Arbeiter Hohlenbaren das rituelle Entfernen des Fleisches Begrabnisvorbereitungen zum Zweck einer Zweitbestattung aber auch immer wieder Kannibalismus Sieht man von Zerstorungen im Laufe der Ausgrabungen dem schieren Zertrampeln durch immer wieder auftauchende Besucher der Hohle Solifluktion und anderen Prozessen ab so blieben doch urgeschichtliche Bearbeitungen der Korper als wahrscheinlichste Erklarung Von grosser Bedeutung fur das Andauern der Kannibalismusthese war die Arbeit von Fred H Smith von der Universitat Tennessee der den Fundort als einstige Begrabnisstatte belegte und glaubte gleichfalls Kannibalismus nachweisen zu konnen 3 Seit einigen Jahren wird diese These zunehmend infrage gestellt Vor allem Erik Trinkaus 4 und Mary Doria Russell 5 widersprachen dieser Annahme und hingen eher der Bestattungstheorie an Doch sind Vergleiche mit anderen Grabungsstatten ausserst schwierig zugleich ging die Zahl der Knochen die mit Sicherheit Schnittspuren aufwiesen mit jeder Untersuchung zuruck Neuuntersuchung BearbeitenAb 2003 wurden die Knochen im Naturkundemuseum von Zagreb systematisch erfasst beschrieben und fotografiert um die Grundlage fur eine erneute Untersuchung zu schaffen Zudem wurde die Fundgeschichte rekapituliert Insgesamt kamen bei der Neuauszahlung drei fragmentierte Kranien drei Kalottenfragmente 237 kleinere Schadel und Kieferbruckstucke und 198 isolierte Zahne zusammen insgesamt waren es 293 Zahne wie Facchini und Belcastro berichten 6 Hinzu kamen 483 oftmals sehr kleine Fragmente die nicht zum Schadel gehorten Insgesamt stellte sich dabei heraus dass bestimmte Bereiche des Skeletts sehr viel haufiger erhalten waren als andere Moglicherweise sorgte der Bach Krapinica fur eine Dezimierung der Elemente Kranium 1 ist ein nach dem Tod stark deformierter Kinderschadel von dem ahnlich wie bei Kranium 2 nur wenn auch grosse Teile erhalten sind Kranium 3 ist am besten erhalten Die Stelle war lange von den Bewohnern Krapinas als Sandgrube genutzt worden Dabei kamen immer wieder Skelettteile zutage doch wurden sie nicht gesichert Auch als die Grabungen begannen wurden nicht nur Schaufeln und Hacken eingesetzt sondern auch Sprengungen durchgefuhrt Das Grabungsbuch Gorjanovic Krambergers wurde gleichfalls zu Rate gezogen er hatte die Stratigraphie erkannt und dementsprechend nach horizontalen Schichten ausgegraben die Fundstucke wurden dementsprechend nummeriert Insgesamt fanden sich 9 Schichten in den 11 m starken Sedimenten doch ist der uberwiegende Teil der Fundstucke nicht mehr zuzuordnen Auch lasst sich keine Assoziierung mit den umgebenden Faunenresten oder dem Sandstein mehr feststellen Die Schichten 3 und 4 die die meisten Knochenreste enthielten lagen unter einem mehrere Meter starken Deckenversturz was die Zertrummerung der Knochen bewirkt haben durfte Hinzu kamen weitere abgesturzte Sandsteinblocke Die dominierende Tierart war der Hohlenbar von dem sich mindestens 30 Exemplare nachweisen liessen Daneben fand man Uberreste von Vielfrass Wolf Rotfuchs Wildkatze Eurasischer Luchs Leopard und Hohlenhyane nbsp Krapina 3Die Schnittspuren an Krapina 3 genauer gesagt dem Stirnbein sind mit Sicherheit nach dem Tod erfolgt denn es gibt keinerlei Heilungsspuren Die 35 Schnitte in die Kopfhaut sind anscheinend in einem Zug entstanden so dass man seit 2006 zumindest fur diesen Fall eine rituelle Handlung annimmt Der Tote wurde jedoch nicht skalpiert 7 Die Schnitte wurden in einer 5 bis 6 cm grossen Zone angebracht Dabei sind die Schnitte nur 1 bis 1 5 cm lang Nachuntersuchungen der Bruchmuster und Schnittspuren zeigten dass die Bruchmuster keineswegs durch menschliche Handlungen hervorgerufen worden waren Offenbar wurden sie eher durch Felssturze und durch Bisse von Fleischfressern hervorgerufen Eine Untersuchung mittels Rasterelektronenmikroskop liess sich nicht durchfuhren da die Knochen aus konservatorischen Grunden mit Schellack uberzogen waren Doch erwies es sich dass weder Orientierung noch anatomische Anordnung der Schnittspuren mit denjenigen ubereinstimmen die bei der Zerlegung oder Entfleischung entstanden waren In einigen Fallen gelang sogar der Nachweis dass die Bearbeitungsspuren recht jung sind so etwa bei einer Schnittspur die durch eine moderne Beschriftung fuhrt oder bei Schnitten die auf Metallwerkzeuge zuruckgehen Ein Hinweis auf Kannibalismus lasst sich jedoch an den menschlichen Resten von Krapina nicht feststellen konstatierte 2008 Jorg Orschiedt 8 Andere Untersuchungen BearbeitenBei einigen Individuen liess sich das Alter feststellen So gehorten funf der Knochen zu Neandertalern im Alter zwischen 14 und 16 Jahren einer gehorte zu einem 17 bis 19 jahrigen funf zu 20 jahrigen Individuen 9 Insgesamt bestatigt dies den Eindruck dass die Lebenserwartung der Neandertaler bei vielleicht dreissig Jahren lag Literatur BearbeitenThe Krapina Neandertals A Comprehensive Centennial Illustrated Bibliography Memento vom 5 Oktober 2010 im Internet Archive Bibliographie aller Forschungsarbeiten zu Krapina PDF 2 9 MB Jorg Orschiedt Der Fall Krapina neue Ergebnisse zur Frage von Kannibalismus beim Neandertaler In Quartar Band 55 2008 S 63 81 Jorg Orschiedt Manipulationen an menschlichen Skelettresten Taphonomische Prozesse Sekundarbestattungen oder Kannibalismus MoVince Verlag Tubingen 1999 Milford H Wolpoff Jakov Radovcic Fred H Smith und Erik Trinkaus The Krapina Hominids An Illustrated Catalog of the Skeletal Collection Mladost Press and the Croatian Natural History Museum Zagreb 1988 Milford H Wolpoff The Krapina Dental Remains In American Journal of Physical Anthropology Band 50 1979 S 67 114 Volltext PDF Erik Trinkaus Cannibalism and burial at Krapina In Journal of Human Evolution Band 14 Nr 2 1985 S 203 216 Fred H Smith The Neandertal remains from Krapina northern Yugoslavia An inventory of the upper limb remains In Zeitschrift fur Morphologie und Anthropologie Band 67 Nr 3 1976 S 275 290 Michaela E Beals David W Frayer Jakov Radovcic Cheryl A Hill Cochlear labyrinth volume in Krapina Neandertals in Journal of Human Evolution 90 2016 176 182 erbringt anhand von Untersuchungen des Innenohrs den Nachweis dass die fur Neandertaler horbaren Frequenzen denen heutiger Menschen entsprachen online Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Krapina archaologischer Fundplatz Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Krapina C bei Modern Human OriginsAnmerkungen Bearbeiten Mirko Malez Hrsg Krapinski pracovjek i evolucija hominida zbornik predavanja odrzanih na Znanstvenom skupu Krapinski pracovjek i evolucija hominida u Krapini dne 17 rujna 1976 Jugoslavenska akademija znanosti i umjetnosti 1978 S 21 Dragutin Gorjanovic Kramberger Der diluviale Mensch von Krapina in Kroatien Ein Beitrag zur Palaoanthropologie C W Kreidel Wiesbaden 1906 auch von der Universitatsbibliothek Wien als Digitalisat verfugbar Fred H Smith The Neandertal remains from Krapina northern Yugoslavia An inventory of the upper limb remains In Zeitschrift fur Morphologie und Anthropologie Band 67 Nr 3 1976 S 275 290 Erik Trinkaus Cannibalism and burial at Krapina In Journal of Human Evolution Band 14 Nr 2 1985 S 203 216 Mary Doria Russell Bone breakage in the Krapina hominid collection In American Journal of Physical Anthropology Band 72 1987 S 373 379 und dies Mortuary practices at the Krapina Neandertal site daselbst S 381 397 Fiorenzo Facchini Maria Giovanna Belcastro La lunga storia di Neandertal Biologia e comportamento Editoriale Jaca Book 2009 S 218 David W Frayer Jorg Orschiedt Jill Cook Mary Doria Russell Jakov Radovcic Krapina 3 Cut Marks and Ritual Behavior In Periodicum Biologorum Band 108 Nr 4 2006 S 519 524 Jorg Orschiedt Der Fall Krapina neue Ergebnisse zur Frage von Kannibalismus beim Neandertaler In Quartar Band 55 2008 S 63 81 hier S 80 Facchini Belcastro S 218 46 165439 15 86319 Koordinaten 46 9 55 6 N 15 51 47 5 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Krapina archaologischer Fundplatz amp oldid 233453944