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Konzentrationslager in Deutsch Sudwestafrika bezeichnete Internierungs und Sammellager fur gefangene Herero und Nama die im Anschluss an den Aufstand der Herero und Nama seit 1904 vom Deutschen Reich in der damaligen Kolonie Deutsch Sudwestafrika errichtet wurden Der Begriff Konzentrationslager wurde erstmals offiziell im deutschen Sprachraum in den Jahren 1904 05 verwandt Im sudlichen Afrika hatte diese Bezeichnung der britische Feldmarschall und Politiker Herbert Kitchener 1 Earl Kitchener zuerst gepragt Wahrend des Zweiten Burenkriegs gegen die hollandischstammigen Buren in Sudafrika um 1900 wurden dort die Frauen und Kinder der burischstammigen Bevolkerung die als potentielle Feinde galten in Lagern die man amtlich als concentration camp bezeichnet hat zusammengefasst und interniert Die Haifischinsel mit dem Lager in der Luderitzbucht vor 1910 Inhaltsverzeichnis 1 Internierung 2 Zustande in den Lagern 2 1 Ankunft der Nama 3 Siehe auch 4 Literatur 5 EinzelnachweiseInternierung Bearbeiten nbsp Gefangene Herero ca 1904Die gefangengenommenen Aufstandischen Manner und Frauen wurden in Konzentrationslagern interniert und teilweise zu Zwangsarbeit eingesetzt Schon 1904 waren Gefangenenlager in Okahandja Windhuk und Swakopmund errichtet worden Im weiteren Verlauf des Krieges kamen dann weiter mehr oder weniger feste bzw offene Lager in fast allen Orten des Landes hinzu Die Stadt Swakopmund sowie die Luderitzbucht mit der Haifischinsel heute offiziell Shark Island oder Todesinsel 1 wurden aufgrund der geringen Fluchtmoglichkeiten fur die Anlage eines Gefangenenlagers gewahlt Auf der Nordspitze der Insel hatten die Verantwortlichen bereits 1905 ein Lager fur einige hundert Herero errichtet Soweit gesund wurden sie tagsuber zu Arbeiten in der Luderitzbucht herangezogen und gegen Abend zur Haifischinsel zuruckgebracht Zustande in den Lagern BearbeitenVon Anfang an starb eine grosse Zahl von Herero im Lager bis Ende Mai 1905 Berichten zufolge 59 Manner 59 Frauen und 73 Kinder 2 Trotz dieser hohen anfanglichen Sterblichkeitsrate auf der Insel die mit ihrem kalten Klima fur eine Besiedlung ungeeignet war insbesondere fur Menschen die an das trockene durre Klima des Velds gewohnt waren setzten die deutschen Behorden die Verlegung von Menschen aus dem Landesinneren auf die Insel fort angeblich wegen des Mangels an Nahrungsmitteln im Landesinneren aber auch weil sie die Gefangenen als Arbeitskrafte fur den Bau einer Eisenbahnlinie einsetzen wollten die Luderitz mit Aus Namibia verbinden sollte 3 Die Zustande im Lager sprachen sich unter den Herero schnell herum so dass Gefangene in anderen Teilen Deutsch Sudwestafrikas Berichten zufolge lieber Selbstmord begingen als nach Luderitz deportiert zu werden nachdem sie Ende 1905 von den harten Bedingungen dort gehort hatten 4 Aufgrund des Rufs des Lagers wurde den Gefangenen nicht gesagt wohin sie geschickt wurden um die Gefahr einer Revolte oder Flucht zu verringern 5 Auch die sudafrikanische Zeitung The Cape Argus berichtete Ende September 1905 uber die schrecklichen Bedingungen im Lager Ein Transportfahrer der Anfang 1905 im Lager beschaftigt war wurde mit den Worten zitiert Die Frauen die gefangen genommen und nicht hingerichtet werden mussen als Gefangene fur das Militar arbeiten Ich habe einige von ihnen in Angra Pequena d h Luderitz gesehen die zu hartester Arbeit gezwungen wurden und so ausgehungert waren dass sie nur noch Haut und Knochen waren Sie bekommen kaum etwas zu essen und ich habe sehr oft gesehen wie sie Essensreste aufgesammelt haben die von den Transportfahrern weggeworfen wurden Wenn sie dabei erwischt werden werden sie sjamboked ausgepeitscht 6 August Kuhlmann war einer der ersten Zivilisten die das Lager besuchten Was er sah schockierte ihn wie er im September 1905 beschrieb Eine Frau die durch eine Krankheit so geschwacht war dass sie nicht mehr stehen konnte kroch zu einigen der anderen Haftlinge um um Wasser zu betteln Der Aufseher gab funf Schusse auf sie ab Zwei Schusse trafen sie einer in den Oberschenkel der andere zerschmetterte ihren Unterarm In der Nacht starb sie 7 Im Lager wurden viele Falle von Vergewaltigungen von Haftlingen durch Deutsche gemeldet 8 Obwohl einige dieser Falle zu einer erfolgreichen Bestrafung des Taters fuhrten wenn sich ein weisser Champion fur das Opfer einsetzte blieb die Mehrzahl der Falle ungestraft 9 Andere Faktoren wie minimale Essensrationen unkontrollierte Krankheiten und Misshandlungen fuhrten zu einer hohen Sterblichkeitsrate Die Gefangenen erhielten in der Regel nur eine Handvoll ungekochten Reis Krankheiten wie Typhus breiteten sich schnell aus Die Gefangenen waren in grossen unhygienischen Unterkunften untergebracht und wurden kaum medizinisch betreut Schlage kamen haufig vor da die deutschen Beamten oft den Sjambok einsetzten um die Gefangenen zur Arbeit zu zwingen Ankunft der Nama Bearbeiten Mit dem Eintreffen von 1700 Kriegsgefangenen Witbooi und Bethanien Nama im Mai 1906 welche schon bei der Ankunft von Unterernahrung und Krankheiten gezeichnet waren verschlechterten sich diese Verhaltnisse weiter drastisch Da die Zahl der Neuankommlinge offensichtlich viel zu hoch fur die Insel war forderte die Lagerleitung gleich zu Beginn sofortige Abhilfe sowie Anlieferung von Nahrung und Kleidung um das Leben der Gefangenen nicht weiter zu gefahrden Laut diesem Bericht starben zahlreiche Herero infolge der ortlichen Feuchtigkeit und Kalte Schon kurz nach diesem Eintreffen berichtete der Missionar Ethnologe Linguist und Historiker Heinrich Vedder von der Rheinischen Missionsgesellschaft bereits sehr kritisch uber die Lage auf der Haifischinsel was jedoch zu diesem Zeitpunkt keinerlei Resonanz hinterliess Einen neuen Anlauf versuchte der in Luderitzbucht wohnende Missionar Emil Laaf der am 5 Oktober 1905 an die Rheinischen Missionsgesellschaft schrieb Eine grosse Zahl der Leute ist krank meist an Skorbut und es sterben wochentlich 15 20 Samuel Izaak der mein Dolmetscher ist sagte mir unlangst dass seit dem 4 Marz an welchem Tage er sich den Deutschen gestellt hatte 517 von seinen Leuten gestorben seien Heute ist diese Zahl noch grosser Von den Herero sterben ebenso viele sodass man im ganzen durchschnittlich wochentlich 50 rechnen kann Wann wird dieser Jammer ein Ende nehmen Die Leute werden ganz gut versorgt sowohl mit Kleidung als auch mit Proviant letzteren konnen sie nicht alle essen Aber das Klima ist zu ungunstig 10 Es stellte sich heraus dass etliche Gefangene den sudlichen Winter mit seinem nasskalten Seeklima nicht vertrugen und trotz ausreichender Verpflegung mit Reis und anderen Grundnahrungsmitteln oft zu erschopft und krank waren als dass sie die angebotene Nahrung hatten essen konnen Ab dem 26 September 1906 liess das Hafenamt die Gefangenen mithilfe von Sprengungen im Sudosten der Insel eine Landbrucke herstellen wodurch die Insel zur Halbinsel wurde 11 Nach anhaltendem Bitten der Mission entschloss sich der Kommandeur der Schutztruppe Oberst Berthold Deimling im Dezember 1906 zumindest die Frauen und Kinder in das riesige ehemalige Nachschublager Burenkamp nahe Luderitzbucht zu bringen Als eine seiner ersten Amtshandlungen besuchte der Nachfolger Deimlings Major Ludwig von Estorff am 8 April 1907 das Lager auf der Haifischinsel Nach den besorgniserregenden Berichten die ihm bisher vorgelegen hatten wollte er sich nun selbst ein Bild von der Lage machen und war schlichtweg entsetzt 12 Waren schon im Winter die Menschen elendig gestorben so stiegen jetzt je naher der Sommer kam die Todesraten noch drastischer Es ist anzunehmen dass die zusammengedrangten Menschen an all jenen Krankheiten starben unter denen auch die deutsche Truppe litt Skorbut und Seuchen wie Typhus und Ruhr deren Diagnose und Bekampfung damals schwierig waren Verscharft wurde das Problem in Swakopmund durch das dortige Trinkwasser das mit Krankheitserregern infiziert war und der Tatsache dass es den Deutschen nicht gelang die Versorgung der Gefangenen sicherzustellen Am Tag seines Besuches auf der Insel telegrafierte v Estorff am 10 April an das Kommando der Schutztruppen in Berlin dass er die Verbringung der Gefangenen auf das Festland befohlen habe um die Zustande zu mildern 13 Der Leiter der Kolonialabteilung des Auswartigen Amtes Kolonialdirektor Bernhard Dernburg forderte einen genauen Bericht an und stimmte den Massnahmen von Estorffs zu In Windhuk fand von Estorff weniger Zustimmung wie er in seinem Antworttelegramm an das Auswartige Amt angab hatte der als Gouverneur bestimmte Referent im Gouvernement Hintrager ihn gebeten die Herero wieder nach Insel zuruck zu bringen unter Hinweis dass England in Sudafrika 10 000 Weiber und Kinder in Lagern sterben liess 14 Am 26 April 1907 verfasste das Distriktamt Luderitzbucht Dernburgs Forderungen folgend einen genauen Bericht uber den Gesundheitszustand und die Zahl der nun von der Haifischinsel auf das Festland verlegten Gefangenen mit ihren Frauen und Kindern Danach wird deutlich dass am 24 April 1907 von den 573 uberlebenden Nama 123 Personen so schwer erkrankt waren dass nur noch mit dem Tod zu rechnen war Von den restlichen 450 Menschen waren 50 Prozent der Manner 25 Prozent der Frauen und 25 Prozent der Kinder erkrankt und hatten teilweise Aussicht auf Heilung 15 Trotz dieser Massnahmen mussten Manner und Frauen der Herero Witbooi und Bethanier Nama welche wieder gesundet waren genauso wie zur Zeit ihrer Inhaftierung auf der Haifischinsel Zwangsarbeit im Strassen Wege und Bahnbau leisten wo sie in unmenschlicher Art weiter ausgebeutet wurden So sind von 2 014 Haftlingen aus dem Lager Haifischinsel zwischen Januar 1906 und Juni 1907 1 359 wahrend des Baues der Sudbahn zwischen Luderitzbucht und Keetmanshoop verstorben 16 Siehe auch BearbeitenHugo BofingerLiteratur BearbeitenJonas Kreienbaum Ein trauriges Fiasko Koloniale Konzentrationslager im sudlichen Afrika 1900 1908 Hamburger Edition Hamburg 2015 Medardus Brehl Diese Schwarzen haben vor Gott und Menschen den Tod verdient Der Volkermord an den Herero 1904 und seine zeitgenossische Legitimation In Micha Brumlik Irmtrud Wojak Hrsg Volkermord und Kriegsverbrechen in der ersten Halfte des 20 Jahrhunderts Campus Verlag 2004 ISBN 3 593 37282 7 Mihran Dabag Horst Grunder Uwe K Ketelsen Kolonialismus Kolonialdiskurs und Genozid Fink 2004 ISBN 3 7705 4070 0 Jurgen Zimmerer Hrsg Volkermord in Deutsch Sudwestafrika Der Kolonialkrieg 1904 1908 in Namibia und seine Folgen Links Verlag Berlin 2003 ISBN 3 86153 303 0 D Olusoga C W Erichsen The Kaiser s Holocaust Germany s Forgotten Genocide And The Colonial Roots Of Nazism Faber amp Faber London 2010 ISBN 978 0 571 23141 6 Einzelnachweise Bearbeiten The Kaiser s Holocaust Germany s Forgotten Genocide and the Colonial Roots of Nazism ISBN 978 0 571 23142 3 Casper Erichsen David Olusoga p 220 Erichsen Casper W 2005 The angel of death has descended violently among them Concentration camps and prisoners of war in Namibia 1904 08 Leiden University of Leiden African Studies Centre ISBN 90 5448 064 5 S 73 Erichsen Casper W 2005 The angel of death has descended violently among them Concentration camps and prisoners of war in Namibia 1904 08 Leiden University of Leiden African Studies Centre ISBN 90 5448 064 5 S 87 Erichsen Casper W 2005 The angel of death has descended violently among them Concentration camps and prisoners of war in Namibia 1904 08 Leiden University of Leiden African Studies Centre ISBN 90 5448 064 5 S 75 76 Andrea Pitzer September 2017 Death and Genocide in Southern Africa One Long Night A Global History of Concentration Camps New York Little Brown and Company pp 83 85 ISBN 978 0 316 30358 3 Erichsen Casper W 2005 The angel of death has descended violently among them Concentration camps and prisoners of war in Namibia 1904 08 Leiden University of Leiden African Studies Centre ISBN 90 5448 064 5 S 78 Olusoga David Erichson Casper W 2010 The Kaiser s holocaust Germany s forgotten genocide and the colonial roots of Nazism London Faber and Faber p 220 ISBN 978 0 571 23141 6 Erichsen Casper W 2005 The angel of death has descended violently among them Concentration camps and prisoners of war in Namibia 1904 08 Leiden University of Leiden African Studies Centre ISBN 90 5448 064 5 p 87 Erichsen Casper W 2005 The angel of death has descended violently among them Concentration camps and prisoners of war in Namibia 1904 08 Leiden University of Leiden African Studies Centre ISBN 90 5448 064 5 p 86 Bundesarchiv Berlin RKA Nr 2140 Bl 18 Missionar Laaf an Rheinischen Mission 5 August 1906 Jurgen Zimmerer Joachim Zeller Volkermord in Deutsch Sudwestafrika der Kolonialkrieg 1904 1908 in Namibia und seine Folgen Ch Links Verlag 2003 ISBN 978 3 86153 303 0 S 81 google de abgerufen am 3 Marz 2023 Goethe Institut Kulturzentrum in von Estorffs Windhuker Haus eroffnet Memento vom 7 Juni 2007 im Internet Archive 12 September 2002 Bundesarchiv Berlin RKA Nr 2140 Bl 88 Estorff an Schutztruppe Berlin 10 April 1907 Bundesarchiv Berlin RKA Nr 2140 Bl 94 Estorff an Kolonialabteilung des Auswartigen Amtes Berlin 14 April 1907 BAB RKA Nr 2140 Bl 111 Bericht des Distriktamtes Luderitzbucht an Gouvernement Windhuk 26 April 1907 Nationalarchiv Windhuk Akte 456 des Zentralbureaus des Gouvernements von Deutsch Sudwestafrika D IV 1 3 Feldzug gegen die Hereros 1905 1906 Kriegsgefangene 1904 1913 Band 5 entnommen aus Zimmerer Zeller S 83 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Konzentrationslager in Deutsch Sudwestafrika amp oldid 231432297