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Konsumentensouveranitat ist ein normativ wie deskriptiv gebrauchter Begriff der Volkswirtschaftslehre 1 Er besagt in deskriptiver Lesart dass die Verbraucher Konsumenten durch ihre Konsumentscheidungen Art und Umfang der Produktion steuern Primat des Konsumenteninteresses Das heisst dass der Konsument bestimmt wie viel von welchen Gutern hergestellt bzw Dienstleistungen angeboten werden Auch nimmt er Einfluss auf die Qualitat der Produkte 2 In der normativen Wirtschaftslehre dominiert eine Bedeutung von Konsumentensouveranitat als liberales Leitbild Es ist gut wenn jede Person erhalt was sie gern mochte solange sie sich innerhalb der Grenzen bewegt die durch gleichgelagerte Wunsche anderer Personen gezogen werden 3 Der Ausdruck Konsumentensouveranitat engl consumers sovereignty wurde wahrscheinlich von William H Hutt erstmals in der okonomischen Literatur verwendet 4 Inhaltsverzeichnis 1 Ideengeschichte 2 Abgrenzung Konsumentensouveranitat Konsumfreiheit 3 Leitbild der Wettbewerbspolitik 4 Verwirklichung 5 Kritik 6 Konkurrierende Vorstellung 7 Literatur 8 BelegeIdeengeschichte BearbeitenSeit dem klassischen Liberalismus des Adam Smith werden sowohl normative wie deskriptive Aspekte der Rolle der Konsumenten in der Wirtschaft diskutiert So betont Smith dass die Befriedigung der Interessen der Konsumenten der einzige Zweck sole end and purpose der Produktion sei Allein in Bezug auf diese Aufgabe seien die Interessen der Produzenten von Belang 5 Andererseits weist Smith auf funktionale und kausale Abhangigkeiten hin So ube die Nachfrage am Markt eine Lenkungswirkung auf die Art und Menge der Produktion aus Durch die als unsichtbare Hand bezeichnete faktische Koordinationswirkung des Wettbewerbs wurden die Interessen der Produzenten auf die Interessen der Konsumenten ausgerichtet und die Einzelinteressen im Allgemeininteresse vereinigt Wilhelm Ropke umschreibt die Konsumentensouveranitat als Demokratie der Konsumenten Voraussetzung dafur dass die Produzenten die Wunsche der Konsumenten erkennen sei ein Apparat der diese Wunsche anzeigt und der einzige Apparat der dies leisten konne sei der Markt 6 Abgrenzung Konsumentensouveranitat Konsumfreiheit BearbeitenTeilweise wird der Begriff der Konsumentensouveranitat explizit von dem der Konsumfreiheit geschieden 7 Leitbild der Wettbewerbspolitik BearbeitenDa der Verbraucher in diesem Leitbild die Produktion steuert muss der Staat nur Wettbewerbspolitik betreiben damit Marktkonzentrationen oder Monopole nicht zustande kommen konnen Dies lasst sich z B durch ein Kartellamt bewerkstelligen Im normativen Sinne beinhaltet das Leitbild der Konsumentensouveranitat den Auftrag die Lenkungsfunktion der Verbraucher im Falle unzulassiger Beschrankungen zu starken 8 Verwirklichung BearbeitenJe nach Marktform ist das Ausmass der Konsumentensouveranitat unterschiedlich Ein hohes Mass an Konsumentensouveranitat ist bei vollstandiger Konkurrenz gegeben wahrend ein Angebotsmonopol mit einem Verlust an Konsumentensouveranitat einhergeht 9 Eine zentrale Voraussetzung der Konsumentensouveranitat ist dass es um marktfahige Guter geht Bei nicht marktfahigen Gutern ist hingegen von einem Marktversagen auszugehen Dies wird zum Beispiel bei Sozialleistungen angenommen 10 Kritik BearbeitenKritiker der Idee der Konsumentensouveranitat gehen vielfach davon aus dass sie mit dem Modell der vollstandigen Konkurrenz verbunden sei 11 Das heisst es gibt einen atomistischen Markt und einen vollkommenen Markt Dies setzt voraus dass es keine personlichen zeitlichen und raumlichen Praferenzen des Konsumenten gibt und die Guter homogen sind Daruber hinaus herrscht Markttransparenz vollstandige Information Auch gibt es keine time lags dies bedeutet dass die Anbieter ohne zeitliche Verzogerung auf Reaktionen innerhalb des Marktes reagieren konnen Des Weiteren muss gelten dass der Marktzutritt frei ist Da die idealtypischen Modelle in der Realitat nie vollstandig anzutreffen sind ist es bei der Betrachtung realer Wirtschaftssysteme nur sinnvoll nach dem Grad der Konsumentensouveranitat zu fragen 12 Des Weiteren fehlt in der Realitat die vollstandige Markttransparenz Je nach den realen Bedingungen eines Geschafts kann dies zu mehr oder weniger starken Abweichungen vom Leitbild der Konsumentensouveranitat fuhren 13 So fehlt den Konsumenten bei technisch komplexen Produkten haufig die Kenntnis daruber wo unter welchen Bedingungen und mit welchen Qualitatsstandards die Produkte hergestellt wurden zumal der Verbraucher oft nur wenig Zeit fur die Kaufentscheidung zur Verfugung hat 14 Konkurrierende Vorstellung BearbeitenDen Gegenpol zur Vorstellung der Konsumentensouveranitat bildet die These einer Produzentensouveranitat 15 Demnach gehen die Lenkungskrafte nicht von den Verbrauchern sondern von den Produzenten aus die die Bedurfnisse der Verbraucher durch Marketing beliebig formen konnten der Konsument habe keinen massgeblichen Einfluss auf die Produktion Aus dieser Vorstellung wird normativ die Notwendigkeit eines starken Verbraucherschutzes abgeleitet 16 Literatur BearbeitenHermann van Bommel Konsumentensouveranitat Metropolis Verlag 2003 ISBN 3 89518 411 X Dietmar Jeschke Konsumentensouveranitat in der Marktwirtschaft Idee Kritik Realitat Volkswirtschaftliche Schriften Band 225 Tesis doctorales Philipps Universitat Marburg Duncker amp Humblot 1975 ISBN 3 428 03300 0 Ludger Heidbrink Imke Schmidt Bjorn Ahaus Hrsg Die Verantwortung des Konsumenten Campus Verlag Frankfurt am Main 2011 ISBN 978 3 593 39537 1 Belege Bearbeiten vgl Dietmar Jeschke Konsumentensouveranitat in der Marktwirtschaft 1975 S 33 Dietmar Jeschke Konsumentensouveranitat in der Marktwirtschaft 1975 S 19f Robert Sugden The Opportunity Criterion Consumer Sovereignty without the Assumption of CoherentPreferences In The American Economic Review 94 4 2004 S 1014 1033 Dietmar Jeschke Konsumentensouveranitat in der Marktwirtschaft 1975 S 20 Dietmar Jeschke Konsumentensouveranitat in der Marktwirtschaft 1975 S 16ff Dietmar Jeschke Konsumentensouveranitat in der Marktwirtschaft 1975 S 27 Dietmar Jeschke Konsumentensouveranitat in der Marktwirtschaft 1975 S 32ff Hermann May Hrsg Handbuch zur okonomischen Bildung Ausgabe 9 Oldenbourg Wissenschaftsverlag 2008 ISBN 978 3 486 58740 1 S 83 Dietmar Jeschke Konsumentensouveranitat in der Marktwirtschaft 1975 S 219 Birgit Wiese Konsumentensouveranitat im Bereich sozialer Dienstleistungen ein Mittel zur sozialen Integration Eine qualitative Studie am Beispiel der Obdach und Wohnungslosenhilfe Peter Lang 2009 ISBN 978 3 631 58541 2 S 97 ff Vgl Dietmar Jeschke Konsumentensouveranitat in der Marktwirtschaft 1975 S 210 Willi Albers Anton Zottmann Hrsg Handworterbuch der Wirtschaftswissenschaft HdWW Band 4 Vandenhoeck amp Ruprecht 1978 ISBN 3 525 10254 2 S 530 Alain Anderton Economics Pearson Education India ISBN 81 7758 207 0 S 426 Alain Anderton Economics Pearson Education India ISBN 81 7758 207 0 S 426 John Kenneth Galbraith The new industrial state Neuauflage 1967 Princeton University Press 2007 ISBN 978 0 691 13141 2 Marina Tamm Verbraucherschutzrecht 1 Auflage Mohr Siebeck 2011 ISBN 978 3 16 150880 6 S 146f Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Konsumentensouveranitat amp oldid 221269477