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Konkupiszenz von lateinisch concupiscentia heftiges Verlangen Begierde ist ein theologischer Fachbegriff und bezeichnet die Neigung oder innere Tendenz des Menschen zum Bosen oder zur Sunde Eng verbunden mit der Frage der Rechtfertigung wurde die Deutung der Konkupiszenz schon von den Kirchenvatern und in der Scholastik seit Beginn der Reformation dann zwischen romisch katholischen und protestantischen Theologen aber auch zwischen den innerkonfessionellen Schulen kontrovers diskutiert Zu den konkupisziblen Leidenschaften wurden Begierde Verlangen welches das abwesende Gut erstrebt lateinisch concupiscentia Liebe und Lust z B Freude sowie Hass Abscheu als der Begierde entgegengesetzte Scheu die das abwesende Ubel flieht lat fuga bzw horror und Schmerz gerechnet 1 Inhaltsverzeichnis 1 Biblische Grundlage 2 Begriffsgeschichte 2 1 Augustinus 2 2 Thomas von Aquin 3 Die katholische Sicht 4 Die protestantische Sicht 5 Gemeinsame Erklarung zur Rechtfertigungslehre 6 Quellen 7 Literatur 8 EinzelnachweiseBiblische Grundlage BearbeitenDas Urbild des Zusammenhangs von Sunde und Begehren ist fur das christliche Denken aller Zeiten der Sundenfall mit den ihm vorausgehenden Worten der Schlange Gen 3 1 6 Zum Zentralbegriff wird Konkupiszenz im Denken des Apostels Paulus Bereits in seinen fruhen Briefen ausfuhrlich dann in seinem theologischen Vermachtnis dem Romerbrief reflektiert er uber das Verhaltnis zwischen dem Gesetz Tora fur ihn der Inbegriff der bedingungslosen gottlichen Forderung nach selbstloser Gottes und Nachstenliebe und der menschlichen Freiheit Ich hatte ja von der Begierde gr ἐpi8ymia epithymia lat concupiscentia nichts gewusst wenn nicht das Gesetz gesagt hatte Du sollst nicht begehren Die Sunde erhielt durch das Gebot den Anstoss und bewirkte in mir alle Begierde denn ohne das Gesetz war die Sunde tot Rom 7 7 f EU Unter den Begriff der Konkupiszenz fallen fur Paulus nicht nur sexuelle und orale Wunsche Unzucht und Vollerei sondern auch und vor allem die Selbstbezogenheit des Geistes Sich Ruhmen Die Losung des Konflikts kommt von aussen auf den Menschen zu in Gestalt der voraussetzungslosen Liebe und Selbsthingabe Christi Rom 7 und 8 Begriffsgeschichte BearbeitenAugustinus Bearbeiten Augustinus beschreibt in den confessiones lib X cap 35 die concupiscentia als jenen Teil der Neugierde curiositas der die reine Augenlust ist Ihr sind alle anderen Sinne gleichgesetzt sed etiam vide quid sonet vide quid oleat vide quid sapiat vide quam durum sit Wir sagen auch sieh wie das klingt sieh wie das duftet sieh wie das schmeckt sieh wie hart das ist Damit entlarvt er die concupiscentia als triebhaftes Geniessen sinnlicher Erfahrung das sich an allem ergotzen kann Thomas von Aquin Bearbeiten Thomas trennt die Sinnlichkeit in zwei selbststandige Kategorien die der concupiscentia mit den Attribut der Strebsamkeit auf der einen Seite sowie des Jah Zorns irascible mit den Attributen der Aggression und der Konkurrenz auf der anderen Seite Dem ersten schreibt er die Emotionen der Freude Trauer Liebe und des Hasses zu wahrend er der letzteren die Furcht Hoffnung Verzweiflung und den Wagemut zuordnet Die katholische Sicht BearbeitenNach dem Katechismus der Katholischen Kirche KKK wurden Adam und Eva in einen ursprunglichen Stand der Heiligkeit und Gerechtigkeit eingesetzt KKK 375 in dem sie frei waren von der Konkupiszenz Durch seine personliche Sunde hat Adam diesen ursprunglichen Stand der Heiligkeit verloren KKK 416 Dies gilt nicht nur fur ihn selbst sondern fur alle seine Nachkommen Sie alle sind in die Sunde Adams verstrickt und haben durch die Fortpflanzung an ihr Teil KKK 404 419 Durch diese Verstrickung die Erbsunde eine Sunde nur im ubertragenen Sinn ist die menschliche Natur nicht vollstandig verdorben aber in ihren naturlichen Kraften verletzt und der Verstandesschwache dem Leiden und der Herrschaft des Todes unterworfen und zur Sunde geneigt KKK 404 405 Diese Neigung zur Sunde und zum Bosen ist die Konkupiszenz KKK 405 418 Die Konkupiszenz ist aber nicht selbst Sunde 2 Die Taufe tilgt die Erbsunde und richtet den Menschen wieder auf Gott aus aber die Neigung zur Sunde und zum Bosen bleibt Auch nach der Taufe muss der Mensch deshalb weiter gegen die ungeordnete Begehrlichkeit die Konkupiszenz ankampfen was ihm mit der Gnade Gottes auch gelingen kann KKK 405 2520 Gemeint ist mit Konkupiszenz die Desintegration des Menschen das Auseinanderstreben der verschiedenen Antriebskrafte die Widerspenstigkeit des Leibes wie des Geistes gegen die Grundausrichtung der Person die Geneigtheit zum Bosen 3 Die protestantische Sicht BearbeitenAnders als in der katholischen Theologie in der die Konkupiszenz zur Sunde drangt aber selbst keine Sunde ist wird in der protestantischen Theologie die Konkupiszenz selbst als Sunde in gewisser Weise sogar als die zentrale Form von Sunde gesehen Die von Adam ererbte Konkupiszenz wird mit der Erbsunde identifiziert Da die Konkupiszenz die Neigung zur Sunde auch nach der Taufe im Glaubigen verbleibt verbleiben auch Sunde und Erbsunde im Getauften der in diesem Sinne simul iustus et peccator zugleich gerecht und Sunder ist Gemeinsame Erklarung zur Rechtfertigungslehre BearbeitenIn der Gemeinsamen Erklarung zur Rechtfertigungslehre des Lutherischen Weltbundes und der Romisch katholischen Kirche sowie spater auch des Weltrats methodistischer Kirchen kam es auch zu einer Annaherung im Verstandnis der Konkupiszenz Zum Konsens in Grundwahrheiten der Rechtfertigungslehre 4 gehort das gemeinsame Bekenntnis dass auch der Gerechtfertigte der immer noch andrangenden Macht und dem Zugriff der Sunde nicht entzogen vgl Rom 6 12 14 und des lebenslangen Kampfes gegen die Gottwidrigkeit des selbstsuchtigen Begehrens des alten Menschen nicht enthoben vgl Gal 5 16 Rom 7 7 10 ist 28 Unterschiede in Einzelheiten des Verstandnisses werden mit Unterschieden in der Verwendung des Begriffs der Konkupiszenz in Zusammenhang gebracht Vgl Annex 2 B Quellen BearbeitenKatechismus der Katholischen KircheGemeinsame Erklarung zur Rechtfertigungslehre des Lutherischen Weltbundes und der Katholischen KircheLiteratur BearbeitenGeorg Langemeyer Begierde Begierlichkeit I Theologisch anthropologisch In Walter Kasper Hrsg Lexikon fur Theologie und Kirche 3 Auflage Band 2 Herder Freiburg im Breisgau 1994 Sp 141 f Klaus Demmer Begierde Begierlichkeit II Theologisch ethisch In Walter Kasper Hrsg Lexikon fur Theologie und Kirche 3 Auflage Band 2 Herder Freiburg im Breisgau 1994 Sp 142 f Robert Merrihew Adams Original Sin A Study in the Interaction of Philosophy and Theology p 80ff in Francis J Ambrosio ed The Question of Christian Philosophy Today Fordham University Press New York 1999 Perspectives in Continental Philosophy no 9 Joseph A Komonchak Mary Collins and Dermot A Lane eds The New Dictionary of Theology Wilmington Delaware Michael Glazier Inc 1987 p 220 Einzelnachweise Bearbeiten Viktor Cathrein SJ Moralphilosophie Eine wissenschaftliche Darlegung der sittlichen einschliesslich der rechtlichen Ordnung 2 Bande 5 neu durchgearbeitete Auflage Herder Freiburg im Breisgau 1911 S 75 77 Einteilung der Leidenschaften und 79 83 Von den konkupisziblen Leidenschaften im besondern Gerhard Ludwig Muller Katholische Dogmatik fur Studium und Praxis der Theologie 6 Auflage Herder Freiburg i Br 2005 ISBN 3 451 28652 1 S 137 Deutsche Bischofskonferenz Hrsg Katholischer Erwachsenenkatechismus Band 1 Das Glaubensbekenntnis der Kirche 4 Auflage Butzon amp Bercker Kevelaer 1989 S 1985 S 133Normdaten Sachbegriff GND 4165036 0 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Konkupiszenz amp oldid 233775130