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Die Komplementare Harmonik ist eine vom deutsch bohmischen Komponisten Heinrich Simbriger 1903 1976 entwickelte zwolftonige Kompositionslehre Sie entstand auf der Grundlage der Tropenlehre von Josef Matthias Hauer als eine Systematisierung und Erweiterung von dessen Bausteintechnik Dargelegt hat Simbriger seine Komplementare Harmonik vor allem in seinen theoretischen Hauptwerken der Schrift Komplementare Harmonik und Die Klangfuhrung in der Zwolftonmusik Inhaltsverzeichnis 1 Grundsatzliches 2 Zweiteilige Gruppierung 2 1 Typologie 6 6 2 2 Typologie 5 7 3 Dreiteilige Gruppierung 3 1 Typologie 4 4 4 4 Vierteilige Gruppierung 4 1 Typologie 3 3 3 3 5 Anwendung 6 Quellenangaben 7 Literatur 8 Siehe auchGrundsatzliches BearbeitenDie Grundlage der Komplementaren Harmonik bildet keine Zwolftonreihe sondern die Aufteilung des zwolftonigen Materials in Tongruppen die einander stets zum Total von zwolf Tonen erganzen Erganzungsgruppen Was ist Komplementare Harmonik Die Aufteilung des Gesamtkomplexes der 12 Tone in 2 3 4 5 usw bis zu 12 Einzelgruppen Jede Aufteilung erganzt sich dementsprechend zum Gesamtkomplex Innerhalb jeder Art der Aufteilung sind also samtliche Einzelgruppen gegenseitig komplementar in Bezug auf den Zwolftonkomplex 1 Simbriger fand heraus dass im Zwolftonraum 351 generelle Grundtypen von Klangen Klangbildungsmoglichkeiten 2 existieren wobei in der von ihm aufgestellten Systematik der erste Typ einem einstimmigen Akkord also einem Einzelton entspricht und der 351 Grundtyp einem zwolfstimmigen Akkord der alle chromatischen Tone beinhaltet Dazwischen finden sich alle ubrigen mehrstimmigen Klangbildungsmoglichkeiten der Zwei 6 Typen Drei 19 Typen Vier 43 Funf 66 Typen Sechsstimmigkeit 80 Typen usw abzuglich aller Transpositionen und Umkehrungsformen Beispielsweise werden die Akkorde C E G G E C C Es As oder Dis Fis H Fis H Dis alle ein und demselben Typ Nr 25 zugeordnet der dem Durdreiklang entspricht 3 Es ist offensichtlich dass sich immer bestimmte Grundtypen gruppenweise so kombinieren lassen dass sie einander komplementar zum chromatischen Total erganzen Simbriger hat hierfur die wichtigsten zwei drei und vierteiligen Gruppenbildungen im Detail untersucht und systematisiert Dabei hat sich aufgrund der Beschaffenheit des Zwolftonsystems gezeigt dass sich sowohl innerhalb als auch zwischen den Erganzungsgruppen zahlreiche viele Entsprechungen und Symmetrien einstellen Folglich konnen diese als Grundlage fur die systematische Klassifizierung innerhalb der Komplementaren Harmonik dienen vgl die verschiedenen Spiegelverhaltnisse z B im Abschnitt Typologie 6 6 In der Komplementaren Harmonik wird nun mit solchen sich immer zur zwolftonigen Ganzheit erganzenden Gruppen und deren Eigenschaften bewusst kompositorisch gearbeitet Als wichtige Eigenschaften der komplementaren Harmonik fuhrt Simbriger an dass sie in noch hoherem Grad als die alte tonale Musik eine geordnete Klangfuhrung ermogliche da selbst in sehr dissonanten Bereichen logisch klingende Akkordverbindungen erreicht werden konnen Im Melodischen ermogliche diese Theorie eine motivische und thematische Durchgestaltung von Musik sowie die nahezu beliebige Bildung von Imitationen Spiegelungen und Krebsgangen Ein weiteres Charakteristikum zugleich ein grosser Vorteil in der Arbeit mit komplementaren Klanggruppen bestehe in der Moglichkeit Tonraume gegeneinander abzusetzen und damit musikalische Formbildung auf vielgestaltige Weise und vor allem auch grossformal zu ermoglichen Damit sieht er sie als eine Synthese aus alten und neuen musikalischen Gestaltungsprinzipien auf die ein Komponist beliebig und nach Bedarf zuruckgreifen kann 4 Zweiteilige Gruppierung BearbeitenZwei Erganzungsgruppen 1 11 2 10 3 9 4 8 5 7 6 6Von den sechs zweiteiligen Gruppen werden fur die kompositorische Praxis im Grunde nur die letzten beiden 5 7 bzw 7 5 sowie besonders 6 6 als bedeutsam angesehen Typologie 6 6 Bearbeiten Bei dieser Aufteilung des zwolftonigen Materials in zwei Hexachorde existieren insgesamt 44 komplementare Klanggruppen Komplexionen Diese 44 Falle entsprechen exakt den Tropen Josef Matthias Hauers Historisch gesehen hat Simbriger im Rahmen seiner Untersuchung der Gruppierung 6 6 die tatsachlich genaueste Systematik der 44 Tropen im gesamten 20 Jahrhundert erstellt Dabei hat er die nachfolgende Systematik entwickelt 5 Typus A Beide Erganzungsgruppen sind strukturell identisch nur gegeneinander transponiert 8 Komplexionen Typus B Beide Erganzungsgruppen stehen gegenseitig im Spiegel Verhaltnis 13 Komplexionen Typus C Beide Erganzungsgruppen sind an sich verschieden aber jede ist in sich selber symmetrisch 7 Komplexionen Typus D Beide Erganzungsgruppen sind sowohl ungleich als auch in sich unsymmetrisch Je zwei Komplexionen schliessen sich zu einem doppelten Spiegel Paar zusammen 8 Komplexionspaare Jede der 44 Komplexionen der Gruppierung 6 6 ist einem dieser vier Typen zugeordnet Jeder Typus impliziert bestimmte Moglichkeiten der kompositorischen Behandlung die Simbriger in seinen theoretischen Texten beschreibt Besonderes Augenmerk richtet er auf Moglichkeiten der Melodie und Harmoniebildung sowie auf die Verwendung der Symmetrien im Rahmen von Kanonbildungen Von allen existierenden Komplexionsmoglichkeiten misst Simbriger der Gruppierung 6 6 die grosste Bedeutung zu da diese die beste Ubersicht uber das Tonmaterial ermoglicht Entsprechend geht er auch auf diesen Typ am ausfuhrlichsten ein 6 Typologie 5 7 Bearbeiten Typus A Beide Erganzungsgruppen sind voneinander verschieden aber jede ist in sich selbst symmetrisch Zugleich ist der Funftonkomplex im Siebentonkomplex zwei bzw dreimal transponiert enthalten und ebenso im Spiegel 10 Komplexionen Typus B Beide Gruppen sind in sich selbst unsymmetrisch Je zwei Komplexionspaare dieses Typus stehen zueinander im Spiegel Zugleich ist der Funftonkomplex stets in Spiegelform im Siebentonkomplex enthalten 28 Komplexionspaare Diese Aufteilung dient als eine wichtige Erganzung zur Gruppierung 6 6 Die Besonderheit besteht darin dass sich im Rahmen dieser Gruppierung andere Moglichkeiten der Symmetriebildung und damit der kompositorischen Verwertbarkeit ergeben 7 Dreiteilige Gruppierung BearbeitenDrei Erganzungsgruppen 1 1 10 1 2 9 1 3 8 1 4 7 1 5 62 2 8 2 3 7 2 4 6 2 5 53 3 6 3 4 54 4 4Von den dreiteiligen Schemata streicht Simbriger die besondere Relevanz der ausgewogenen Gruppierung 4 4 4 heraus wahrend er den ubrigen Komplexionen aufgrund der grossen Unterschiede in der Tonanzahl keine besondere Bedeutung beimisst 8 Allenfalls mag noch das Schema 3 4 5 einen gewissen Anreiz als selbstandiger Typus bieten Zudem lassen sich die ubrigen Gruppen als Subtypen zweiteiliger Gruppen begreifen etwa 1 2 9 als Ableitung von 3 9 1 3 8 und 2 2 8 von 4 8 1 4 7 2 3 7 und 2 5 5 als Untergruppen von 5 7 1 5 6 2 4 6 und 3 3 6 als Subtypen von 6 6 Hier bieten die zweiteiligen Typen mehr Moglichkeiten und werden in den meisten Fallen der einschrankenden Dreiteilung vorgezogen Typologie 4 4 4 Bearbeiten Bei der Ordnung 4 4 4 hat Simbriger eine eigene Typologie von 499 Komplexionen von Klangen erstellt und nach Symmetrietypen unterschieden Da diese grosse Anzahl eigentlich unuberschaubar ist und sich damit am aussersten Rand der Praktikabilitat befindet hat sich Simbriger auf die signifikantesten Typen beschrankt Dennoch bieten sich hier einige Symmetrieverhaltnisse die in den ubrigen Gruppierungen so nicht existieren und daher andere kompositorische Anwendungen ermoglichen 9 Typus A Alle drei Tetrachorde sind identisch und zugleich in sich symmetrisch 6 Komplexionen Typus B Andere als Ganzes symmetrische Gruppen 1 Zwei Tetrachorde sind gleich der dritte davon verschieden Alle drei sind in sich symmetrisch 27 Komplexionen 2 Zwei Tetrachorde stehen im Spiegel der dritte davon verschieden ist in sich symmetrisch 52 Komplexionen 3 Alle drei Erganzungsgruppen sind voneinander verschieden aber in sich symmetrisch 10 Komplexionen Typus C Unsymmetrische Gruppierungen 1 Zwei Tetrachorde sind gleich der dritte ist davon verschieden a Es existieren drei Spiegelbeziehungen 12 Komplexionen b Es existieren zwei Spiegelbeziehungen 16 Komplexionen dd 2 Alle drei Tetrachorde sind voneinander verschieden a Drei sind in sich selbst symmetrisch 4 Komplexionen b Zwei sind in sich selbst symmetrisch 46 Komplexionen c Nur ein Tetrachord ist in sich selbst symmetrisch 198 Komplexionen d Alle drei Tetrachorde sind unsymmetrisch 128 Komplexionen dd Vierteilige Gruppierung BearbeitenUnter den vierteiligen Gruppen wird wiederum besonders die Aufteilung des chromatischen Tonmaterials in vier dreistimmige Tongruppen 3 3 3 3 als sinnvoll angesehen wahrend die ubrigen in erster Linie einen theoretischen Wert besitzen aber kaum einen praktischen 10 Generell sieht Simbriger bei der Vierteilung die Grenze des praktisch verwertbaren Bereichs Vier Erganzungsgruppen 1 1 1 9 1 2 2 9 2 2 2 61 1 2 8 1 2 3 6 2 2 3 51 1 3 7 1 2 4 5 2 2 4 41 1 4 6 1 3 3 5 2 3 3 41 1 5 5 1 3 4 4 3 3 3 3Typologie 3 3 3 3 Bearbeiten Da die Anzahl der Komplexionen bei der Aufteilung 3 3 3 3 eine uberaus grosse beinahe tausend ist und weil zwei Trichorde stets aus einem Hexachord gebildet werden konnen ergibt sich eine typologische Verwandtschaft mit der Gruppierung 6 6 als ubergeordneten Typus Simbriger hat hier nur die wesentlichen Typen zusammengefasst 11 Typus A Alle Trichorde sind strukturell gleich gebaut 5 Komplexionen Typus B Drei Trichorde sind gleich der vierte ist davon verschieden 1 Alle vier Dreiklange sind in sich symmetrisch 6 Komplexionen 2 Der vierte Dreiklang ist als einziger auch in sich symmetrisch unbekannte Anzahl Typus C Zwei Dreiklange sind gleich 1 Das zweite Dreiklangspaar bildet die Umkehrung des ersten Paares 13 Komplexionen 2 Je zwei Trichorde sind strukturell gleich 4 Komplexionen 3 Zwei Dreiklange sind gleich und in sich symmetrisch Die beiden ubrigen Dreiklange sind einander ungleich und in sich unsymmetrisch Doch bilden sie jeweils zueinander die Umkehrung 22 Komplexionen Typus D Alle Trichorde sind ungleich 1 Es existieren zwei Paare von spiegelgleichen Trichorden 24 Komplexionen 2 Zwei Trichorde bilden zueinander den Spiegel die ubrigen beiden sind in sich symmetrisch 23 Komplexionen Anwendung BearbeitenDa die Komplementare Harmonik sich als eine unmittelbare Ausarbeitung der Bausteintechnik Josef Matthias Hauers versteht kann sie auch in Werken mehrerer Komponisten nachgewiesen werden wenngleich diese sich meist nicht auf Simbriger bezogen sondern auf Hauer So kann eine Arbeitsweise im Sinne der Bausteintechnik Komplementaren Harmonik u a in Werken der folgenden Komponisten nachgewiesen werden Josef Matthias Hauer Op 20 22 23 25 30 32 38 42 50 und 62 12 Othmar Steinbauer Op 16 Heinrich Simbriger ab Op 77 Quellenangaben Bearbeiten Heinrich Simbriger Komplementare Harmonik Esslingen 1980 S 31 Heinrich Simbriger Komplementare Harmonik S 6 12 Vgl Heinrich Simbriger Komplementare Harmonik S 2 und 13 Heinrich Simbriger Komplementare Harmonik S 209f Heinrich Simbriger Komplementare Harmonik S 39f Heinrich Simbriger Komplementare Harmonik S 38 157 Heinrich Simbriger Komplementare Harmonik S 158 175 Heinrich Simbriger Komplementare Harmonik S 176 Heinrich Simbriger Komplementare Harmonik S 177 200 Heinrich Simbriger Komplementare Harmonik S 201 Heinrich Simbriger Komplementare Harmonik S 201 207 vgl Hans Ulrich Gotte Die Kompositionstechniken Josef Matthias Hauers unter besonderer Berucksichtigung deterministischer Verfahren Kassel u a 1989 S 69 Literatur BearbeitenHeinrich Simbriger Komplementare Harmonik Die Kunstlergilde Esslingen 1979 2 Aufl 1980 Heinrich Simbriger Die Klangfuhrung in der Zwolftonmusik Peritonale Harmonik Die Kunstlergilde Esslingen o J 1991 Hermann Heiss Elemente der musikalischen Komposition Hochstein amp Co Heidelberg 1949 Thomas Emmerig Hg Theorie und Analyse Studien zum Werk Heinrich Simbrigers mit drei Erstveroffentlichungen aus dem Nachlass ConBrio Regensburg 2011 Thomas Emmerig Hg Ich bin vor allem Komponist Biographie und Werk Heinrich Simbrigers mit einer Erstveroffentlichung aus dem Nachlass und einer Tondokumentation ConBrio Regensburg 2012 Siehe auch BearbeitenTropenlehre Tropentechnik Klangreihe Klangreihenmusik Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Komplementare Harmonik amp oldid 228603595