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Kerne altgriechisch Kernh lateinisch Cerne ist in der antiken Geographie eine kleine Insel im Atlantik die von Hanno dem Seefahrer auf seiner Erkundungsfahrt ausserhalb der Saulen des Herakles im 5 Jahrhundert v Chr entdeckt wurde Im Periplus des Hanno wird folgendes berichtet 1 Wir liessen uns von ihnen Dolmetscher geben und segelten dann an einer menschenleeren Wuste entlang nach Suden zwei Tage lang von da aber wieder gegen Osten hin eine Tagefahrt weit Dort fanden wir im Winkel einer Bucht eine kleine Insel sie hatte einen Umfang von funf Stadien ca 900m Auf ihr grundeten wir eine Siedlung die wir Kerne nannten Aus unserer Fahrtroute erschlossen wir dass es genau gegenuber von Karthago liegen musse denn die Fahrtstrecke von Karthago bis zu den Saulen des Herakles also der Strasse von Gibraltar entsprach der von dort bis Kerne Eine weitere Beschreibung findet sich im Periplus des Pseudo Skylax 112 der den Bericht des Hanno mit einer weiteren heute nicht mehr bekannten Quelle kompiliert Er beschreibt zunachst die nordafrikanische Kuste zwischen den Saulen des Herakles genauer von Punta Almina bei Ceuta bis Kerne Von Punta Almina erreicht man nach zwei Tagen das Hermes Kap heute Kap Spartel vom Mittelmeer aus gesehen den Ausgang der Strasse von Gibraltar danach gelangt man in drei Tagen vorbei an den Mundungen der Flusse Anides Oued Mharhar oder Oued Ghrifa Lixos Oued Loukos mit der phonizischen Handelsniederlassung Lixos bei Larache und Krathis Fluss Sebou mit der von Phoniziern so genannten Niederlassung Thymiateria romisch Thamusida zum Vorgebirge Soloeis wohl beim heutigen Leuchtturm El Hank nahe dem Hafen von Casablanca oder beim Leuchtturm von El Jadida Nach weiteren sieben Tagen erreicht man die Mundung eines weiteren Flusses mit Namen Xion bei Hanno Lixos hochstwahrscheinlich der Wadi Draa an dessen Ufern die Hesperischen Athiopier Schwarzafrikaner des Westens siedeln und in dessen Mundungsgebiet 2 die heute nicht mehr existierende Insel Kerne liege 3 Die gesamte Strecke von den Saulen des Herakles bis Kerne betragt zwolf Tage Nach Kerne ist das Meer nicht mehr schiffbar weil es seicht sandig und voller Seetang ist Dort treiben die Phonizier Handel wenn sie nach Kerne kommen ankern sie ihre Handelsschiffe auf dem Meer und errichten Unterstande fur sich auf Kerne Sie entladen ihre Waren und bringen sie auf kleinen Booten an Land Auf dem Festland siedeln Athiopier Menschen schwarzer Hautfarbe Mit diesen Athiopiern treiben sie Handel Von ihnen tauschen sie Felle von Hirschen Gazellen Lowen und Leoparden sowie Elefantenhaute und Stosszahne und Felle bzw Haute beides ist griechisch derma von Haustieren Sie die Athiopier sind Reiter hatten also Pferde Speerwerfer und Bogenschutzen sie benutzen in Feuer gehartete Spitzen Die phonizischen Kaufleute importieren zu ihnen Myrrhe agyptische Steine Glassteine Text unklar Juwelen attische Irden und Tonwaren Sie die Athiopier trinken viel Wein den ihnen die Phonizier bringen Die Insel Kerne bildete also offenbar den sudlichsten Handelsstutzpunkt der Karthager was sie von dort importierten gab es zu dieser Zeit in Nordwestafrika Nordafrikanischer Elefant Berberlowe es musste also nicht aus Afrika sudlich der Sahara bezogen werden Nach Hanno und Pseudo Skylax bildete damals der Fluss Lixos bzw Xios die Grenze zu Athiopien also den Menschen schwarzer Hautfarbe Sie wurden erst im Mittelalter durch die Berber nach Suden bis zum Niger zuruckgedrangt Zwolf Tagesreisen betragt in etwa die Entfernung von der Strasse von Gibraltar zur Mundung des Wadi Draa bzw zum nicht weit davon entfernten Kap Bojador das wegen des seichten Wassers und starker Stromungen praktisch nicht kustennah umfahren werden kann Dennoch werden in der Forschung zwei sudlich des Kaps gelegene Inseln als Lokalisierung fur Kerne vorgeschlagen Zum einen die geschutzt in der Bucht Rio de Oro gelegene Insel Herne bei Ad Dakhla die allerdings Hanno der mit Sicherheit uber das Kap Bojador hinaussegelte kurzzeitig als Ankerplatz fur einen Teil seiner Flotte gedient haben mag zum anderen von J Ramin vorgeschlagen eine der noch weiter sudlich gelegenen Inseln im Golf von Arguin vor der mauretanischen Kuste Am wahrscheinlichsten ist allerdings dass die Insel durch Verlanden einer Flussmundung verschwand Das kann durchaus schon in der Antike der Fall gewesen sein denn der augustaische Geograph Strabon meint die Insel existiere gar nicht Geographica I 3 2 Plinius der Altere sagt zu Kerne lateinisch Cerne in seiner Naturalis historia VI 36 4 Dem persischen Meerbusen gegenuber d h auf der geographischen Breite des Persischen Golfes im Westen auf dem Atlantik liegt vor Athiopien Afrika sudlich der romischen Provinzen die Insel Cerne deren Grosse und Entfernung vom Festlande unbekannt ist sie soll nur von athiopischen schwarzafrikanischen Volkern bewohnt sein Ephorus sagt die vom rothen Meere aus dahin Segelnden konnten wegen der grossen Hitze die jenseits gewisser Saulen so heissen mehrere kleine Inseln Meerengen herrsche also durch die sudliche Umfahrung Afrikas nicht zu ihr gelangen Nach Polybius liegt Cerne am aussersten Ende von Mauritanien dem Berge Atlas gegenuber und 8 Stadien ca 1500m vom Festlande nach Corn Nepos liegt sie Carthago gerade gegenuber und dieser giebt ihre Entfernung vom Festlande auf 1000 ca 1500m ihren Umfang auf nicht mehr als 2000 ca 3000m Doppel Schritte an Nordwestafrika nach Ptolemaeus von Girolamo Ruscelli Venedig 1561 mit den Insulae Fortunatae Kanaren unten links und CerneAusserdem findet sich bei Plinius noch folgende Angabe Nat hist X 9 5 Auf der im Ocean liegenden afrikanischen Insel Cerne legen die Habichte aus ganz Masasylien im Atlasgebirge ihre Eier auf die Erde und bruten sie aus sie sind an diese Volker so sehr gewohnt dass sie sich anderswo nicht fortpflanzen Diese Beschreibungen treffen am ehesten auf die Insel Mogador vor Essaouira zu Dort konnte durch archaologische Forschungen in den 1950er Jahren eine Besiedlung bereits durch die Karthager nachgewiesen werden 6 Die Insel und ihre umliegenden Felsen wurden zur Zucht der Purpurschnecke genutzt weshalb sie auch Purpurinseln genannt wurden Ausserdem beheimatet sie eine grossere Kolonie von Eleonorenfalken Die Insel ist nur knapp halb so weit von der Strasse von Gibraltar entfernt wie Karthago In seiner Geographie lokalisiert Claudius Ptolemaus IV 6 14 Kerne in einigen Handschriften Merna bei 5 25 d h 5 O nach dem Ferro Meridian nach dem Greenwich Meridian 12 40 W und 25 40 N 7 also in etwa auf der geographischen Breite der Insel Herne jedoch wie uberhaupt die afrikanische Westkuste bei Ptolemaus zu weit ostlich namlich in der heutigen Westsahara 8 Literatur BearbeitenRE Bd XI 1 Sp 315f s v Kernh nῆsos Theodore Monod A propos de l ile Herne baie de Dakhla Sahara occidental In Bulletin de l Institut Fondamental d Afrique Noire Ser B Sciences humaines Vol 41 No 1 Jan Dakar 1979 S 1 34 ISSN 0018 9642 J Ramin Ultima Cerne In R Chevalier Hrsg Litterature Greco Romaine et Geographie historique Melanges offerts a Robert Dion Paris 1974 Philip Smith Cerne In William Smith Dictionary of Greek and Roman Geography London 1854 Weblinks BearbeitenPhoenician Sea and Land Voyages and Routes Hanno Himilco Necho and othersAnmerkungen Bearbeiten Zit n Karl Bayer Periplus Hannonis In Gaius Plinius Secundus d A Naturkunde Historia naturalis lateinisch deutsch Buch V Artemis Zurich Munchen 1993 ISBN 3 7608 1618 5 S 337ff Griechisch katἁ dἑ taῦta also diesen aber hinab diesen aber flussabwarts Scylacis Caryandensis Periplus in Geographi graeci minores Hg Karl Muller Paris 1855 Bd I S 15 96 hier S 91ff Ubersetzung des Verfassers Zit n ohne Anm G C Wittstein Die Naturgeschichte des Cajus Plinius Secundus Ins Deutsche ubersetzt und mit Anmerkungen versehen Bd I I VI Buch Leipzig 1881 S 485f Zit n G C Wittstein Die Naturgeschichte des Cajus Plinius Secundus Ins Deutsche ubersetzt und mit Anmerkungen versehen Bd II VII XI Buch Leipzig 1881 S 230 Zur archaologischen Forschung mit Literaturangaben 8 April 2023 abgerufen am 8 April 2012 Claudii Ptolemaei geographia ed grecque et trad latine par Karl Muller Bd I Teil 2 Paris 1901 S 753 L M Filatova Dmitri A Gusev Sergey K Stafeyev Ptolemy s West Africa Reconstructed 2005 semanticscholar org abgerufen am 21 Juni 2023 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kerne amp oldid 234832840