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Das Kartenlegen auch genannt Kartomantie oder Chartomantik Kartenlegekunst ist ein Teilbereich der Wahrsagung Die sehr neuzeitliche Ende des 18 Jahrhunderts in Mode gekommene Technik benutzt spezielle oder standardisierte Spielkarten etwa Lenormand Zigeuner Kipper und Tarot Karten oder auch ein gewohnliches Skatblatt um in einem Gesprach zwischen Wahrsager und Kunde oder in einer Legung fur sich selbst etwas uber Situationen Personen und zugehorige Fragen aussagen zu wollen Vollig unabhangig von der Tauglichkeit als ernsthafte Prognose die bereits im 18 Jahrhundert in Frage gestellt wurde ist die Technik bis in die Gegenwart beliebt und weit verbreitet Die Wahrsagerin 1895 Michail Alexandrowitsch Wrubel Die Kartenlegerin ca 1508 Lucas van Leyden Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Vorgang 3 Neuere Entwicklungen des Kartenlegens 4 Rechtliche Fragen 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDas Kartenlegen soll ab dem 7 Jahrhundert in China entstanden sein als sich dort der Holztafeldruck entwickelte mit dem auch Spielkarten in Mode kamen die bald als Wahrsagekarten eingesetzt wurden Im 18 Jahrhundert wurde die Kartomantie hauptsachlich durch franzosische Okkultisten ein populares Phanomen das bis heute anhalt Die populare Legende vom agyptischen Ursprung der Karten gehort dazu tatsachlich wurde die divinatorische Verwendung erst Ende des 18 Jahrhunderts popular gemacht Sie findet sich weder in fruheren Banden zur Magie noch zu Anwendungen von Spielkarten 1 Jean Francois Alliettes 1783 1784 veroffentlichtes Werk Maniere de se recreer avec un jeu de cartes nommees Tarot frz Wie man sich mit den Tarot genannten Spielkarten zerstreut gilt als zentrale Grundlage Eine fruhere Herkunft durch fahrendes Volk oder Zigeuner wird oft behauptet und ist Teil von entsprechenden Herkunftslegenden Friedrich Christian Ave Lallemant bestatigte in fruhen kriminalistischen Werken die franzosische Herkunft der Wahrsagekarten Er sprach sich nicht nur wegen Betrugsmoglichkeiten fur ein Verbot des Wahrsagens aus sondern weil er das Wahrsagen als generell schadlich fur die Psyche der Wahrsagerinnen empfand und behauptete diese wurden ungewohnlich oft durch Suizid aus dem Leben scheiden 2 Vorgang BearbeitenDie tatsachliche Moglichkeit die Zukunft vorherzusagen wurde schon im 18 Jahrhundert nicht mehr gross wissenschaftlich diskutiert 3 Die dem entgegenstehende nach wie vor anhaltende Beliebtheit des Kartenlesens hat nach Georges Minois mit einer vor allem therapeutischen Funktion der Wahrsager in zumeist Frauen zu tun die den oft durch Lebenskrisen verunsicherten Kunden zu neuem Tatendrang motiviere 3 Die Kartenleger definieren ihre eigene Tatigkeit als Hilfestellung mit dem Ziel zur Losung von Problemen zu gelangen Die ausseren Umstande des Kartenlesens etwa durch Verkleidung Umgebung und besonders symbolhafte Gegenstande sind von Belang Dazu mischt der Kartenleger die Karten und breitet sie nach bestimmten Mustern und Bildern aus wobei die verschiedenen Positionen oftmals Bezeichnungen wie gegenwartige Situation Angste und Hoffnungen oder zukunftige Ereignisse tragen Aus den vorgegebenen Kartenbedeutungen in Verbindung mit der Kartenposition ist die Kartenlegerin bestrebt etwas herauslesen was einen Blick in die Zukunft gestattet und zur Lebensanalyse tauglich sein kann Neuere Entwicklungen des Kartenlegens BearbeitenIm letzten Drittel des 20 Jahrhunderts verlieh die New Age Bewegung der Esoterik und damit auch der Kartomantie eine grosse Popularitat In dieser Zeit entstanden zahllose Derivate der verbreiteten Kartendecks Sowohl Printmedien das Internet verschiedene Fernsehsender und Telefon Hotlines als auch spezielle Esoterikszeneladen bieten heute die verschiedensten Spielarten der Kartomantie an Rechtliche Fragen BearbeitenBereits im Kaiserreich war das Wahrsagen nicht verboten wurde aber polizeilich als asoziale und arbeitsscheue Betatigung eingestuft und als potentiell gemeingefahrlich und betrugerisch einer starkeren Kontrolle ausgesetzt 4 In Sachsen konstatierte der nachmalige Innenminister SED Artur Hofmann 1946 eine erhebliche Zunahme des Wahrsageunwesens in den Nachkriegswirren und erliess ein Verbot des gewerblichen Wahrsagens der Chiromantie der Phrenologie und der Astrologie Es wurden Strafen von bis zu 150 Reichsmark und die Zufuhrung zum Arbeitsamt fur Wiederaufbau angedroht 4 Die durchaus harte und verscharfte Behandlung wich nicht vom grundsatzlichen polizeilichen Vorgehen wahrend des Nationalsozialismus oder im Deutschen Reich ab In den gesamtdeutschen Medien wurde der 1956 vor einem DDR Gericht verhandelte Fall der Kartenlegerin von Suhl Charlotte Marquardt intensiv besprochen Sie wurde zu einer Zuchthausstrafe von zwolf Jahren verurteilt nachdem sie beim Kartenlegen etlichen DDR Burgern eine erfolgreiche Flucht aus der DDR verheissen hatte und mit einem Exemplar des in Westdeutschland vom Verlag Karl Rohm verlegten Lorcher Astrologischen Kalenders auf das Jahr 1956 verhaftet worden war 5 Auch die westdeutschen Medien berichteten uber diesen und andere Falle 1957 wurde eine Kartenlegerin aus Zossen in Luckenwalde vor Gericht gestellt und zu 10 Monaten Gefangnis verurteilt Sie hatte einer Diebin geraten zu verschwinden weil ihr moglicherweise eine Zuchthausstrafe drohe 6 Inwieweit Honorare fur gewerbliches Kartenlegen einklagbar sind ist in Deutschland juristisch umstritten Einerseits sind Vertrage uber offensichtlich unmogliche Leistungen wie Hellsehen nichtig das heisst dass der Erbringer kein Anrecht auf die vereinbarte Zahlung hat Andererseits befand der Bundesgerichtshof 2011 dass auch bei einer objektiv unmoglichen Leistung die Vergutungspflicht nicht entfalle falls sich beide Vertragsparteien im Rahmen der Vertragsfreiheit uber Leistungen geeinigt hatten die man als jahrmarktahnliche Unterhaltung verstehen konne Die Klagerin hatte vom Beklagten bereits mehr als 35 000 fur zahlreiche telefonische Lebensberatungen auf der Grundlage von Kartenlegen erhalten und verlangte nun die Begleichung weiterer 6 700 Der Fall wurde ans Oberlandesgericht Stuttgart zuruckuberwiesen und endete mit einem Vergleich 7 Literatur BearbeitenGerard Analect Vincent Encausse Tarot der Zigeuner der absolute Schlussel zur Geheimwissenschaft Ansata Verlag Bern Munchen Wien 1999 ISBN 3 502 20245 1 Antoine Court de Gebelin Le monde primitif analyse et compare avec le monde moderne Band 8 Eliphas Levi Secrets de la magie Laffont Paris 2000 ISBN 2 221 07808 X Jean Baptiste Alliette Etteilla ou la seule maniere de tirer les cartes Amsterdam 1773 Hugendubel Munchen 1988 Stuart R Kaplan Der Tarot Geschichte Deutung Legesysteme Original Tarot Classic 1972 Aus dem Amerikanischen von Burkhardt Kiegeland 5 Aufl 1988 ISBN 3 88034 224 5 1 Aufl 1984 Weblinks BearbeitenKartenschlagerin die im Digitalen Worterbuch der deutschen SpracheEinzelnachweise Bearbeiten Thomas Korbel Hermeneutik der Esoterik eine Phanomenologie des Kartenspiels Tarot als Beitrag zum Verstandnis von Parareligiositat LIT Verlag Munster 2001 ISBN 978 3 8258 5378 5 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Friedrich Christian Benedict Ave Lallemant Das Deutsche Gaunerthum in seiner social politischen th Das historische Gaunerthum Literatur des Gaunerthums F A Brockhaus 1 Januar 1858 Volltext in der Google Buchsuche a b Martin Bentele Jorg Fellermann Perspektivenzuwachs Drei Texte zu Supervision und Beratung Aus Kulturwissenschaft Schriftstellerei und Regionalentwicklung kassel university press GmbH 2013 ISBN 978 3 86219 446 9 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche a b Sven Korzilius Asoziale und Parasiten im Recht der SBZ DDR Randgruppen im Sozialismus zwischen Repression und Ausgrenzung Bohlau Koln Weimar 2005 ISBN 978 3 412 06604 8 S 44 ff eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Baldur Haase Beim Kartenlegen Reklame fur die Einheit Charlotte M die Kartenlegerin aus Suhl Horch und Guck Heft 25 1999 S 36 39 abgerufen am 31 Oktober 2015 Baldur Haase Die Kartenlegerin von Suhl Ich bin bei der Stasi gefangen 1955 56 Landesbeauftragter des Freistaates Thuringen fur die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der Ehemaligen DDR Erfurt 1998 ISBN 3 932303 16 4 Die Urteilsbegrundung bleibt meist geheim Hamburger Abendblatt abgerufen am 23 Oktober 2015 Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23 Januar 2011 auf juris bundesgerichtshof de Zugriff am 2 August 2013 Maximilian Becker Absurde Vertrage Mohr Siebeck Tubingen 2013 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kartenlegen amp oldid 232513133